Protocol of the Session on October 7, 2010

(Beifall DIE LINKE)

Wir werden ja sehen. Sie haben im Moment die Anfrage und sollen dokumentieren, ob Sie alle Dokumente auch vorlegen und sie auch dem Ausschuss und dem Landtag vorlegen, dann werden wir ganz beruhigt auch die Zielstellung sehen, wie viele Menschen in Zukunft im Thüringer Forst arbeiten und wie viel Geld mit dem Thüringer Forst in Gänze auch verdient wird und nicht in irgendwelchen schwarzen Löchern verschwindet. Ähnlich ist es auch an anderen Stellen, wo ich sage, man muss den Mut haben, den Gemeinden die Möglichkeit zu geben, auch mit eigenen Positionen Geld zu verdienen als einnahmenseitige Verstärkung, damit die Haushalte für alle Bürger da sind. Dazu gehört eben auch ein Gemeindewerk oder ein gut funktionierendes Stadtwerk. Ein Stadtwerk ist auch nicht nur dazu da, um eventuell bestimmte Vereine zu präferieren, sondern ist dazu da, Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge wahrzunehmen, aber gleichzeitig auch gut und effizient geführt zu werden. Insoweit scheuen wir uns nicht davor, auch

tatsächlich bestehende Strukturen, Benchmarks, zu akzeptieren, wenn sie vernünftig und transparent aufgebaut sind und wenn Gleiches mit Gleichem verglichen wird. Dann ist es kein Selbstzweck, einfach nur Geld auszugeben. Ich sage das heute einfach mal in aller Klarheit an die Adresse der Ostthüringer Zeitung: DIE LINKE hat auch in der Zeit, als der Kollege Gerstenberger hier noch als Ausschussvorsitzender tätig war, das Geldausgeben nicht als Selbstzweck thematisiert, sondern wir haben immer gesagt, das Geld muss sinnvoll eingesetzt sein und wir erwarten Sparvorschläge, die man nachvollziehen kann. Deswegen sage ich, diese Zahlen, die im Moment vorgelegt worden sind, sind meines Erachtens planlos, kraftlos und mutlos. Das drücken sie auch aus.

(Beifall DIE LINKE)

Warum sage ich planlos? 7. Oktober, Planwirtschaft ist Gott sei Dank vorbei. Deswegen freue ich mich über die schwarz-rot-goldenen Krawatten als neuen Ausdruck der Identität. Aber planlos kann man feststellen, wenn man hört, dass 17.000 Stellen bis 2020 durch Verrentung, also durch Ausscheiden der Menschen, frei werden. Jetzt ist die Frage, wenn diese Stellen frei werden, muss ich mir doch vorher einen Plan machen, welche Verwaltung will ich eigentlich zukünftig haben? Zu dieser Verwaltung gehört erst einmal eine umfassende Verwaltungsaufgabenklärung. Welche Aufgaben sollen in Zukunft wo gemacht werden? Wie stärke ich eigentlich meine Gemeinden, meine Städte, meine Regionen und wie stärke ich gleichzeitig dieses Bundesland. Ich höre gern von der CDU, von Herrn Günther oder von Frau Walsmann, dass man dieses Land nicht aufgeben möchte. Da bin ich bei Ihnen. Dieses Land einfach aufzugeben, wäre ein sinnloser Akt, ein Offenbarungseid. Aber wenn Sie mir dann noch erklären, wie wir auf 7 Mrd., die wir nach den derzeitigen Planungen im Jahr 2020 haben, von 9,5 Mrd. runterkommen und die Leistungsfähigkeit dieses ganzen Bundeslandes noch aufrechterhalten in den Strukturen, wie sie zurzeit aufgestellt sind, wenn Sie mir das noch erklären, dann bin ich bei Ihnen. Aber diese Erklärung fehlt völlig. Deswegen ist unsere Herangehensweise immer gewesen, dass wir eine umfassende Verwaltungsreform brauchen. Das beginnt aber am Kopf und nicht an den Füßen. Am Kopf heißt, man muss auch mal fragen, ob alle Ministerien so, wie sie noch da sind, überhaupt gebraucht werden. Ich weiß nicht, wozu alle Häuser in der Art aufgestellt sind, wie sie aufgestellt sind. Da geht es mir nicht um die Neiddebatte gegenüber einem einzelnen Minister. Das wäre völliger Quatsch, weil das, was man einspart, im Verhältnis zu dem, was eingespart werden müsste, nicht das Thema ist, sondern die Frage ist, ob wir viel mehr Aufgaben in Zukunft möglicherweise daraufhin prüfen, ob es überhaupt noch erledigt wer

den muss, ob es überhaupt einen Sinn macht, dieses zu erledigen.

Andererseits - und damit bin ich beim Plan -, ich kann bei Ihrer Landesregierung in Gänze keinen Plan zum Verwaltungsumbau erkennen. Ich erkenne eine CDU, die immer sagt, Gemeindegebietsreform ist tabu, ich erkenne die absoluten Hohenpriester der Kleinteiligkeit, man kann auch sagen der Kleinstaaterei, aber wenn es darum geht, wohin wir dieses Land umbauen sollen, höre ich gar nichts.

Deswegen, meine Damen und Herren, will ich noch mal in Erinnerung rufen: Ich glaube, dieses Land ist überschaubar genug, hat genügend Traditionen, genügend Potenzen, um aus eigener Kraft sich zu modernisieren. Deswegen finde ich den Satz von der zweiten Gründung oder von einer neuen Identität, die wir gemeinsam uns erarbeiten, das ruiniert doch überhaupt nichts Bestehendes und heißt doch überhaupt nicht das wegzuwerfen, was da war, darum geht es überhaupt nicht. Es geht einfach darum eine Bilanz zu ziehen und zu sagen, wo wollen wir jetzt hin, und da gehören die nüchternen Zahlen dazu. Wir wissen, 55 Prozent Eigendeckungsquote ist keine dauerhafte Lebensgarantie für dieses Bundesland.

Die Frage des Solidarpakts III will ich hier gar nicht thematisieren, weil ich dann weiß, was passiert, wenn der Länderfinanzausgleich 2019 in Gänze auf dem Prüfstand steht. Da wird die Auseinandersetzung der starken Länder gegen die schwachen Länder sein. Das ist im Übrigen auch wieder einer der großen Fehler der CDU, dass sie zugelassen haben, dass sich die wirtschaftsstarken Länder, die Südstaaten in Deutschland, in der Föderalismuskommission durchgesetzt haben und sich zur Beutegemeinschaft generiert haben, um damit auch einen Zugriff auf die schwächeren Länder zu bekommen. Das ist der reale Zustand und das ist der Punkt, an dem ich sage, die Schuldenbremse, wie sie jetzt im Grundgesetz verankert worden ist, war ein schwerer Fehler der SPD.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

In dieser Schuldenbremse ist die Einnahmenseite überhaupt nicht thematisiert worden. Wenn wir eine Begrenzung von Geldausgaben reinschreiben würden und eine Unterscheidung dahin gehend, was ist konsumtiv, was ist investiv, machen, könnten wir ja über den Begriff noch einmal reden. Aber wenn es so ist, dass jetzt einfach eine Schuldenbremse 2020 wirkt, die für die Länder stärker wirkt als für den Bund - und die wirtschaftlich stärkeren Länder zu den Gewinnern dieser Situation macht, dann erleben wir bei gleichzeitiger Umgestaltung des Beamtenrechts, dass wir an der Leistungsfähigkeit der Beamtenbezahlung nicht mehr mithalten und damit sind wir beim Thema Bildung. Dann holen uns nämlich die wirtschaftlich stärkeren Länder die besten

Lehrerinnen und Lehrer hier weg. Dann brauchen wir uns nicht wundern, wenn Erzieherinnen und Erzieher und alles, was wir hier ausbilden, das Land verlassen, also der Braindrain weitergeht, von dem Frau Siegesmund gesprochen hat. Deswegen glaube ich, dass wir uns im Kern im Klaren sein müssten, Wettbewerbsföderalstaat oder ausgleichender Föderalstaat? Ich habe das Grundgesetz immer so verstanden, ausgleichender Föderalstaat, denn dann wäre klar, wie wir uns in die anderen Bundesländer um uns herum einbetten. Die CDU hat immer - und die FDP hat es laut gesagt - vom Föderalstaat des Wettbewerbs geredet. Deswegen hoffe ich nicht darauf, dass 2019 stärkere Länder noch irgendwas an „Puseratze“, an Geld für uns überweisen, sondern sie werden uns den Riegel vorschieben. Dann habe ich einfach die Angst, dass wir uns kampflos übergeben müssen.

Wenn wir also bei Ihnen wären, Frau Walsmann, dann müssen wir dafür sorgen, dass wir noch handlungsfähig sind, und zwar wir als Bundesland, und die Kommunen handlungsfähig sind. Ansonsten wäre mein Vorschlag, macht die Kommunen fit und seht zu, dass wir uns mit zwei anderen Bundesländern, die ähnlich fit sind, zusammenschließen.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist nicht mein Thema, ich will das auch nicht. Ich halte von der ewigen Rederei von Jens Bullerjahn gar nichts. Aber die Konsequenzen, wenn wir nicht sagen, wie wir uns selber finanzieren und wie wir unsere Hausaufgaben machen - die Kollegin Siegesmund hat von der Insolvenz Griechenlands geredet, da müssen wir gar nicht nach Griechenland fahren -, dann werden andere uns als Insolvenzverwalter 2020 die Hosen ausziehen oder zunähen, und das möchte ich nicht. Deswegen würde ich gern erkennen in Ihrem Haushaltsentwurf, an welchen Stellen stärken Sie die Kommunen? Da fehlt das Finanzausgleichsgesetz und das habe ich eben kritisiert. Das wird auch für uns noch Konsequenzen haben, warum wir diesen Weg so nicht mitgehen.

Ein Zweites: Ich habe nicht verstanden beim KitaGesetz, warum Christoph Matschie damals nicht dafür gekämpft hat, dass die Kita-Gelder direkt in seinen Haushalt eingestellt werden, warum seine eigene Fraktion nicht mit uns abgestimmt hat, denn dann wären die Gelder, die dort an die Kommunen weiterzugeben sind, auch tatsächlich zweckgebunden weiterzugeben und würden jetzt nicht im großen schwarzen Loch des Kommunalen Finanzausgleichs untergehen und hinterher war es keiner gewesen. Da kann sich Herr Merten drehen und wenden, wie er will, wie ein Broiler am Spieß, das mag alles so sein, es wird nur nicht erklären, warum die Elternbeiträge steigen. Die Elternbeiträge in einigen Regionen steigen und ich befürchte, wenn weiter einzelne Haushalte nicht beschlossen

werden, dann werden wir in diese Situation kommen, dass wir die ganze Schuld nach unten verlagern und die Kommunalabgeordneten dann gebrandmarkt werden. Ich finde es interessant, der Generationenbeauftragte ist leider noch nicht hier, aber er hat heute morgen schon getwittert und ich schaue mir ja immer an, was so morgens getwittert wird. Er vertwittert als Fraktionsvorsitzender der CDU im Erfurter Stadtrat, wie sehr er den Bausewein (SPD) kritisiert, dass der Haushalt noch nicht vorliegt und dass das alles eine Mogelpackung wäre. Da habe ich ihm zurückgetwittert, das ist dasselbe, wie heute die Finanzministerin Walsmann (CDU) , auch aus Erfurt, daran beteiligt ist, dass der Finanzausgleich hier nicht vorgelegt wird. Ich finde, so kann man eigentlich nicht umgehen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich finde, man sollte nicht hier das eine erzählen und draußen, kommunal, das andere erzählen und dann immer sagen, schuld daran sind irgendwelche fremden Mächte. Deswegen, meine Damen und Herren, wir müssen reden über Einnahmen. Da drücken sich, denke ich, die meisten hier im Hohen Haus, wenn es um ein klares Bekenntnis geht, Spitzensteuersatz, Kapitalertragsteuer, Körperschaftsteuer, Vermögensteuer, Erbschaftsteuer - das sind alles Themen, bei denen ich sage, die sind mit der Farbe rot gekennzeichnet. Darauf bin ich auch stolz, da zeige ich meine Krawatte gern vor und sage, wenn wir eine Steuerreform bekämen, dass die stärkeren Schultern in einer Gesellschaft auch stärker zur Finanzierung herangezogen werden, dann ist mir nicht bange, dass wir Hausaufgaben gelöst bekommen.

Eine zweite Betrachtung ist, wir müssen die Kommunen fit machen. Das heißt, wir müssen ihnen einen Plan geben, in welchen Regionen sie sich entwickeln können. Zweistufigkeit in der Verwaltung würde völlig ausreichen, wir brauchen kein Landesverwaltungsamt.

(Beifall DIE LINKE)

Acht Regionalkreise würden völlig ausreichen, um in diesen Regionalkreisen die einzelnen Kommunen fit zu machen und die Kommunen wiederum in die Lage zu versetzen, eigenständiges Wirtschaften auch im Sinne von Wirtschaften vornehmen zu können.

Beim Thema Bildung, meine sehr verehrten Damen und Herren, will ich nur einigen in Erinnerung rufen, die in den Sondierungsgesprächen damals von Rot-Rot-Grün dabei waren: Mein Vorschlag, den ich auch in der Föderalismuskommission gemacht habe, war, die gesamte Bildungsfinanzierung als Index im Grundgesetz zu verankern und die Haushalte so anzulegen, dass Bildung niemals als konsumtiv angesehen wird, sondern Bildung nur als investiv betrachtet wird, damit das Geld, was für Erzie

herinnen, für Lehrer, für Pädagogen ausgegeben wird, nicht anschließend als Sparvolumen herangezogen wird. Wenn wir also meinen, dass dieses Land seine einzige Zukunft in dem Wissen seiner Menschen hat, da müssen wir anknüpfen an den Ideen, an der Forschungsfähigkeit, an der Kreativität und deswegen dürfen wir an der Bildung überhaupt nicht sparen. Da kann ich in Ihrem Haushaltsentwurf wiederum nichts, aber auch gar nichts erkennen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir wissen, dass die Leistungsfähigkeit der Kommunen ein Thema ist, das wir auch durch entsprechendes Recht hier schaffen müssen. Im Moment behindern wir die Kommunen und die Stadtwerke an einem gedeihlichen Wettbewerb, an dem sie selber Aufgaben wahrnehmen können. Ich erinnere an die Solaranlage des Bürgermeisters Hellmann. Dem hat man sie in der Gemeinde Viernau sogar von der kommunalen Aufsicht verboten. Jetzt ist es ein fremder Investor, der das Geld damit verdient; das Geld könnte auch die Gemeinde Viernau verdienen. Also glaube ich, dass wir auch an solchen Beispielen dafür sorgen müssten, dass wir eigene Kreativität entwickeln.

Was mir fehlt in dieser Regierung, ist eigentlich: Was will die SPD im Bundesrat eigentlich erreichen? Ich habe gehört, die SPD sei Motor dieser Regierung. Ich nehme nur irgendwelche Explosionen ständig wahr in dieser Regierung. Im Sommer nahm ich wahr, dass ein Haushalt nicht auf den Weg kam. Im Sommer nahm ich wahr, dass ein Fraktionsvorsitzender Mohring der Meinung war, das mit dem Haushalt geht alles so gar nicht. Also das offensichtlich öffentlich Gehake führte dazu, dass dann zwangsweise zusammen gewandert wurde, das sollte die Stimmung verbessern.

(Zwischenruf Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit: Wir waren doch frei- willig unterwegs, Herr Ramelow.)

Klar - das Problem ist nur, dass wir anschließend als Parlament daran gehindert wurden, unsere Arbeit zu machen, weil ihr als Wanderer unterwegs wart.

(Unruhe CDU)

Eine Landesregierung, die wandern gehen muss, aber keinen Haushalt einbringt, der für die Kommunen Sicherheit bringt, keinen Haushalt einbringt, der für die Beamten Sicherheit bringt, keinen Haushalt einbringt, der Zukunftssicherheit zeigt, der in den Kernthemen und Potenzialen, wie Kultur, Wirtschaft und Bildung, kein Signal setzt, wo es eigentlich hingehen soll - eine solche Landesregierung sollte nicht wandern gehen, sie sollte einfach stiften gehen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Lehmann von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, ich denke, wir wollen in der Diskussion wieder von der ideologischen Seite etwas wegkommen und wieder über unseren Haushalt und die Zahlen für Thüringen sprechen - zumindest ich werde das tun. Wir diskutieren heute über einen Haushalt, den man natürlich auch wie die zwei Seiten einer Medaille betrachten kann. Damit das auch nicht gleich falsch interpretiert wird, eine Medaille hat keine schlechte Seite, aber zwei unterschiedliche Seiten. Da kann man eine schöner finden als die andere, eine ist vielleicht etwas glänzender als die andere und so werde ich das auch tun.

Der Haushalt 2011 sichert auf jeden Fall unsere Strukturen in Thüringen und die sind in den Ländervergleichen in vielen Fällen Spitze, die kosten aber auch Geld. Ich meine, die Statistiken zeigen da ein eindeutiges positives Bild auf und wir haben das Geld in den vergangenen Jahren gut investiert. Das möchte ich auch gern anhand von einigen Beispielen belegen. Für den Bereich Wirtschaft zeigt sich, dass dank der vorausschauenden Wirtschaftspolitik in den letzten Jahren Thüringen immer mehr zu einem Land mit besseren beruflichen Perspektiven wird. Die Arbeitslosenquote - und das haben wir gerade letzten Donnerstag wieder zur Kenntnis nehmen dürfen - ist zum wiederholten Male kräftiger gesunken als im nationalen Durchschnitt. Sie liegt jetzt bei 8,6 Prozent hier in Thüringen. Auch die Jugendarbeitslosigkeit ist gegenüber dem Vorjahr um knapp ein Drittel zurückgegangen. Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist deutlich gesunken und im Gegenzug der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gewachsen. Das sind aktuelle Zahlen und Daten, die man hier auch zum Sachstand mal zur Kenntnis nehmen sollte und nicht immer nur alles beklagen und bejammern muss.

Es ist auch eine gute Nachricht für die bisherige bedauerliche Abwanderung junger und qualifizierter Kräfte und vor allem für die junge Generation, für unsere Heranwachsenden, die gerne im Land auch bleiben möchten und hier ihre Zukunftsperspektive finden werden. Das dies so ist, ich meine die Abwanderung in den vergangenen Jahren, hat zwar auch uns mit Sorge immer begleitet, aber wir sind optimistisch. Diese Zahlen, gerade aus der letzten Woche, geben guten Anlass dazu, dass auch die Abwanderung abnehmen wird, wir Zuwanderung haben werden. Dazu trägt sicherlich auch bei, dass wir keine Studiengebühren in Thüringen erheben. Zur Bildungspolitik komme ich aber gleich noch mal.

(Abg. Ramelow)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die demographische Entwicklung ist das eine, was uns in Thüringen Sorge macht, aber wir haben in Thüringen auch ein günstiges Wirtschaftsklima und das haben wir mit unserer Politik in diesen 20 Jahren herausgebildet und stets unterstützt. Für uns ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass jeder Schüler ausbildungsreif ist und mit einem Abschluss die Schule verlässt. Das ist auch seit Jahren eine ganz wichtige Forderung der Wirtschaft an die Politik. Dafür stellen wir mit der jetzt vereinbarten Entwicklungsperspektive für die Regelschulen bis hin zur Oberschule auch eine entscheidende Weiche. Über dieses Gesetz werden wir uns hier in Kürze auch noch verständigen. Wir investieren in die Bildung unserer Kinder vom Kindergarten bis hin zur Hochschule mehr als jedes andere Land in Deutschland. Ich finde schon, dass das nachhaltig ist. Wirtschaft und Bildung sind zwei wichtige Faktoren in der Politik überhaupt und so auch Schwerpunkte unserer Koalition und natürlich unseres Koalitionsvertrags. Dies spiegelt sich auch in den Ausgaben der Einzelpläne wider.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, 20 Jahre nach der Wiedervereinigung haben wir eine lebendige und aktive Zivilgesellschaft und der Aufbau Ost in Thüringen trägt deutlich erkennbare Früchte. Wir verfügen heute über ein kreatives und zupackendes Unternehmertum und viele Menschen, die etwas bewegen und etwas schaffen wollen bzw. dies auch schon getan haben. Dies sind die besten Voraussetzungen für eine gute Zukunft des Wirtschaftsstandortes Thüringen. Herr Kollege Ramelow, dass der Staat die Wirtschaft ausbremst, dass das Ihre Ideologie ist, das haben Sie mit Ihrem Beispiel Viernau eben wieder gezeigt. Und das ist nicht unsere Wirtschaftspolitik.

(Beifall CDU)

(Zuruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Herr Hu- ber hat mittlerweile ausdrücklich bestätigt, dass dies zulässig ist.)

Ja, Sie können sich nachher gern noch einmal zu Wort melden. Es ging ganz klar hervor, der Staat soll die Wirtschaft ausbremsen. Das, Herr Kollege Ramelow, zeigt wieder einmal auf, was Ihre Partei wirklich will.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir verfügen in Thüringen über viele motivierte und hoch qualifizierte Fachkräfte und benötigen weitere. Auch dazu gibt es entsprechende Zahlen, die das aufzeigen. Wir haben ein beispielhaftes Bildungssystem, das im Bundes- und im europäischen Vergleich in der Spitzengruppe liegt. Wir leisten uns eine Schüler-Lehrer-Relation, die in Deutschland unerreicht ist. Ich denke, auch darauf sollten wir an dieser Stelle noch einmal eingehen. In den allgemeinbildenden Schulen beträgt diese Relation hier in Thüringen ein Lehrer zu 10,5 Schüler - es gibt

natürlich keine halben Schüler, aber die Statistik sagt das so aus. Im Bundesdurchschnitt sieht es so aus, dass ein Lehrer auf ca. 15 Schüler kommt. Dies alles kostet natürlich auch Geld und viele Millionen an Mehraufwendungen - auch weil wir keine Studiengebühren erheben -, die jungen Menschen, die in Zukunft in Form von Steuereinnahmen der gut ausgebildeten Menschen auch wieder in das Staatssäckel zurückfließen sollen. Seit 1990 hat sich im Freistaat auch eine leistungsfähige und innovative Forschungslandschaft entwickelt, die ebenfalls viele Arbeitsplätze für hoch qualifizierte Fachleute bietet und gemeinsam mit der Wirtschaft innovativ tätig ist. Auch dafür werden wiederum im Jahr 2011 erhebliche Beträge zur Verfügung gestellt. Ebenso wurde in die Verkehrsinfrastruktur in diesen 20 Jahren in Thüringen flächendeckend investiert. Diese ist wichtige Voraussetzung für unsere Anbindung und auch gute Erreichbarkeit mitten in Deutschland. Die Ansiedlung zahlreicher neuer Unternehmen in diesen Jahren ist ebenso ein Beleg dafür. Aber auch die touristische Entwicklung mit all den hervorragenden Projekten - auf die wir alle in unserer jeweiligen Region, aus der wir kommen, zu Recht auch stolz sind - ist ausgesprochen gut. Auch diese Entwicklung soll weiter vorangebracht werden. Wir verkennen auch nicht, dass weitere Investitionen, insbesondere im Straßenbau, für Ortsumgehungen und Brückenbauten oder Sanierungen erforderlich sind. Dies ist aber eine Aufgabe jetzt, die nicht in einem Jahr bewerkstelligt werden kann und deswegen auch mit Blick auf die kommenden Jahre sukzessive verteilt, aber doch gemacht werden muss. Allein die genannten Beispiele zeigen auf, dass Thüringen gute Zukunftschancen besitzt, um auch nach 2020 weiter als Freistaat Thüringen in der Ländergemeinschaft mitreden zu können. Wir dürfen uns nicht auf dem Erreichten ausruhen. Ich denke, das ist auch allen bewusst. Wir haben noch einen langen Weg vor uns. Wir wollen und müssen weitere Finanzmittel auch für all diese Dinge gezielt einsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herausforderungen sehe ich in den Nachwirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise, die heute - wie es mir scheint - eher verschwiegen wurde, noch nicht so richtig zur Sprache kam, die wir aber auch nicht vergessen wollen, denn auch das hat Ursachen für weniger Steuereinnahmen. Wir haben Herausforderungen im demographischen Wandel, in der Sicherung von Fachkräften, im Abbau unnötiger bürokratischer Hürden sowie der weiteren Absenkung der Nettoneuverschuldung auf Null - das ist unser Ziel und auch darin, dass der teilungsbedingte Aufholprozess noch nicht abgeschlossen ist. Erfreulicherweise erholt sich insbesondere die Industrie gegenwärtig sehr schnell von den herben konjunkturellen Einbrüchen des vergangenen Jahres. So hat der Gesamtumsatz der Thüringer Industrie im 1. Halbjahr 2010 um fast 15 Prozent zugelegt. Das sind

Zahlen, die uns auch positiv stimmen, auch gerade was Haushaltspolitik und Steuereinnahmen angehen. Viele Thüringer Unternehmen sind gestärkt aus der Krise hervorgegangen. Wir werden diesen Trend auch weiterhin mit diesem Haushalt 2011 mit einer immer noch hohen Investitionsquote von 16,5 Prozent unterstützen und EU- und Bundesprogramme kofinanzieren. Das ist auch ein weiterer wichtiger Schwerpunkt der Politik unserer Koalition. Dafür müssen wir aber auch Kredite in Anspruch nehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Haushaltsentwurf hat ein Volumen in Höhe von knapp 9,5 Mrd. €, darin enthalten sind die heute schon viel genannten knapp 620 Mio. € neue Schulden. Das Haushaltsvolumen sinkt gegenüber 2010 um 333 Mio. €. Die ab dem 01.01.2011 in neuer Form geltenden Regelungen in der Landeshaushaltsordnung zur Kreditaufnahme werden eingehalten und im Vergleich zum Vorjahr ist das Defizit um 424 Mio. € gesenkt worden. Neben Einsparungen bei den Investitionen wird auch in der Verwaltung gespart. In allen Ressorts mussten zudem Einsparpotenziale in verschiedenen Bereichen erbracht werden. Ich habe bei Durchsicht des Haushaltsentwurfs natürlich auch die Aufwüchse in einigen Bereichen bzw. Haushaltsstellen gesehen. Zu den Gründen dafür werden wir im Rahmen der Beratung im Haushalts- und Finanzausschuss noch diskutieren bzw. diese hinterfragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß, welcher Kraftakt erforderlich ist, 333 Mio. € an Ausgaben zu kürzen. Die Fraktionen von CDU und SPD haben für den jetzigen laufenden Haushalt in den Haushaltsberatungen im Frühjahr auch 60 Mio. € Einsparung gebracht. Das war auch mühsam. Umso mehr ist die jetzige Leistung der Landesregierung anzuerkennen, 333 Mio. € an Ausgaben zu senken und trotzdem in den uns wichtigen Politikfeldern, wie z.B. der Jugendpauschale, der Kultur, beim Landesblindengeld und beim Landeserziehungsgeld, nicht zu kürzen, die Kindergartenfinanzierung fortzusetzen und die Förderprogramme auch kozufinanzieren. Dies muss an dieser Stelle positiv erwähnt werden. Ich kenne die Umfragen, dass zwischen 60 und 80 Prozent der Thüringer grundsätzlich keine neuen Schulden des Staates haben wollen und pflichte dem auch bei. Die Thüringer müssen sich in den kommenden Jahren auf Ausgabenreduzierungen vorbereiten und wir müssen sie auf diesem Weg auch mitnehmen. Wir werden uns in Zukunft bestimmte Standards in etlichen Bereichen nicht mehr leisten können. Das ist die eine Seite der Medaille.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe Vertrauen in jeden Einzelnen in diesem Land, in seine Fähigkeiten und in seinen Willen, sich für das Land einzusetzen und Thüringen weiter voranzubringen. Vor 20 Jahren, Herr Kollege Ramelow,

standen wir hier in Thüringen - aber das wissen Sie vielleicht nicht, weil Sie auf der anderen Seite der Grenze gelebt haben - vor einem wirtschafts- und umweltpolitischen Scherbenhaufen.

(Beifall CDU, FDP)