Protocol of the Session on October 7, 2010

(Minister Machnig)

digkeit sehen, gemeinsam mit dem Innenminister dafür Sorge zu tragen, dass Rechtsaufsichtsbehörden und Rechnungsprüfungsämter den Gemeinden das auch gestatten und nicht dann derartige Vergabeverfahren beanstanden, weil sie darauf drängen, dass aufgrund der Haushaltslage das billigste Angebot den Zuschlag erhält?

Nein, das ist die Rechtslage. Ein Blick in das Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Der Innenminister und ich sind uns völlig einig, dass das die Rechtsgrundlage ist. Wenn eine Aufsichtsbehörde dann sagt, dass der einzige Grund ist, weil das billigste Angebot nicht genommen wurde, dann kann geklagt werden, dann gibt es den Rechtsweg, der kann beschritten werden. Das ist so. Wir müssen darüber reden. Ich habe es bei mir im Haus erlebt und will es an einem Beispiel vormerken, Herr Kuschel, das ist mir wirklich vorgelegt worden. Die Thüringer Aufbaubank wollte ein neues Produkt in den Markt einführen. Dazu sollten Anzeigen geschaltet werden. Das war gar nicht meine Idee, sondern die der Thüringer Aufbaubank. Dazu hatte ich drei Anzeigenentwürfe vorliegen, und zwar ging es um neue Investitionshilfen. Diese erste Anzeige, die mein Haus mir dann empfohlen hat, die hätte man auch für IKEA, tegut oder andere wichtige Akteure verwenden können. Sie war aber kein Beitrag dazu, die Bürgerinnen und Bürger darüber zu informieren, worum es bei diesem spezifischen Produkt der TAB ging. Da habe ich mir zwei weitere dieser Beilagen angeschaut und dann bin ich auf den Vorschlag 3 gekommen, der mir sofort einleuchtete. Beim Draufschauen konnte ich erkennen, was dort passiert. Mein Haus hat mir aber aufgeschrieben: Lieber Herr Minister, du musst Variante 1 nehmen, weil Variante 1 die billigste ist. Das war also das billigste Angebot. Daraufhin habe ich meinen Leuten gesagt, wir nehmen nicht das billigste, wir nehmen das wirtschaftlichste Angebot. Denn wenn ich eine Anzeige schalte, die niemand versteht, das kann kein wirtschaftliches Angebot sein, das ist aktive Geldvernichtung. Das ist ein gutes Beispiel dafür. Selbst in der Ministerialdemokratie - zumindest in meinem Hause - ist dann nach bestimmten anderen Grundsätzen verfahren worden. Wir müssen darüber reden. Ich denke, das Vergabegesetz ist ein guter Anlass dafür, noch mal klarzumachen, nach welchen Grundsätzen vergeben werden muss. Da gilt der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, das ist die Grundlage für Vergabe plus andere Kriterien, die ebenfalls eingehalten werden sollen. Von daher, glaube ich, müssen der Innenminister und ich das nicht durchsetzen, sondern wir müssen darüber reden und darüber informieren. Man kann im Übrigen dann, wenn eine Aufsichtsbehörde falsche Entscheidungen trifft, den Rechtsweg auch an der Stel

le beschreiten. Weitere Fragen? Nein, gut. Dann bedanke ich mich.

Vielen herzlichen Dank, Herr Minister. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Korschewsky für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Minister hat vorhin ausgeführt, dass alle Gesetze ausgewertet worden sind, die es deutschlandweit gibt. Nachdem ich das Gesetz der Landesregierung gelesen habe, muss ich sagen, er muss auch unseren Entwurf, den der LINKEN, der vor einem Jahr eingereicht wurde, sehr gut ausgewertet haben, weil ein Großteil der Passagen, die da drin sind, Passagen sind, die aus unserem Gesetzentwurf sind und die mit unserem Gesetzentwurf durchaus übereinkommen. Das ist auch okay so, damit haben wir auch gar kein Problem. Die Auswertung ist doch erst einmal das Entscheidende.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: … die Sozialdemokratie an unserer Seite.)

Und dabei hat der Gesetzentwurf der LINKEN auch eine große Rolle gespielt.

(Zwischenruf Machnig, Minister für Arbeit, Wirtschaft und Technologie: Das Copyright liegt bei mir.)

(Unruhe CDU)

Das ist okay. Wir können mit dem Copyright leben.

(Unruhe DIE LINKE)

Genau vor einem Jahr hat meine Fraktion einen Gesetzentwurf über die Vergabe öffentlicher Aufträge eingebracht. Seither parkt dieser Gesetzentwurf im Wirtschaftsausschuss unter der Prämisse, dass die Landesregierung einen eigenen Gesetzentwurf vorlegt und beide Gesetze sollen dann parallel im Rahmen einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss behandelt werden. Ich frage Sie, ist es Zufall oder Absicht, dass wir uns gerade heute mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zu einem Thüringer Vergabe- und Mittelstandsfördergesetz befassen, nämlich genau und wirklich genau auf den Tag, ein Jahr nachdem meine Fraktion den Gesetzentwurf der LINKEN eingebracht hat? Was ist eigentlich in dem zurückliegenden Jahr bezüglich des Vergabegesetzes in Thüringen passiert? Der Koalitionsvertrag von SPD und CDU enthält das Vorhaben, ein Vergabegesetz auf den Weg zu bringen, in welchem Spielräume für Tarifbindung, Transparenz und Mindestlohnregelung geprüft und genutzt werden sollten. In der Plenarberatung zu unserem Gesetzentwurf im November 2009 brachte der Abge

(Abg. Kuschel)

ordnete Weber zum Ausdruck, dass seine Fraktion versuchen wird, eine feste Lohngrenze einzubringen. Herr Günther von der CDU-Fraktion hat im gleichen Plenum angekündigt, ein Thüringer Vergabegesetz in Einheit mit klaren Aussagen zur Mittelstandsförderung zu bringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist schon interessant, wenn man verfolgt, welches Schicksal der Gesetzentwurf der Landesregierung, welcher dann letztendlich im Juni 2010 vorgestellt wurde, genommen hat. Zu diesem Zeitpunkt der Einreichung hatte dieser Gesetzentwurf noch den Titel „Thüringer Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufgaben“.

Herr Korschewsky, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Weber?

Am Ende gern. Diesen Gesetzentwurf bewerteten wir als einen Schritt in die richtige Richtung und meine Fraktion hätte diesen Gesetzentwurf unter Umständen in großen Teilen auch mittragen können. Kritikpunkt unsererseits an diesem Gesetz wäre gewesen, dass das eindeutige Bekenntnis zur Zahlung eines Mindestlohns bei der Vergabe öffentlicher Aufträge fehlt. Diese Kritik bleibt so oder so, da wir jede Möglichkeit nutzen müssen, endlich vom Billiglohnland Thüringen wegzukommen aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen. Nach acht Monaten der Beratung und Diskussion, unter anderem mit Verbänden und Interessenvereinigungen in Thüringen, so Minister Machnig in der Medieninformation zur Einbringung des Entwurfs für ein Thüringer Vergabe- und Mittelstandsfördergesetz, liegt nun plötzlich ein anderer Gesetzentwurf vor. Dieser nennt sich jetzt Thüringer Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge und zur Förderung des Mittelstandes, Thüringer Vergabe- und Mittelstandsförderungsgesetz.

Zunächst ist zu mutmaßen, dass der Referentenentwurf vom Juni 2010 Gegenstand der Befragungen, schriftlichen Anhörungen von Kammern und Verbänden sowie der Beratungen im Kabinett war. Scheinbar hat sich die CDU-Fraktion mit ihren Vorstellungen durchgesetzt, das Mittelstandsförderungsgesetz vom Jahr 1991 zu ändern.

Nun aber zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 22.09.2010, also dem jetzt vorliegenden. Am Gesetzentwurf der Landesregierung fällt auf, dass er nur bestimmte Vorschriften in den neuen Gesetzentwurf übernimmt, aber das alte Mittelstandsförderungsgesetz ansonsten weiter gelten lässt. Ob eine solche Überlappung von Gesetzesstrukturen systematisch sinnvoll ist, darüber kann man trefflich sicherlich streiten. Schon strukturell bzw. handwerk

lich besteht in Zukunft wegen der Ähnlichkeit der Gesetzestitel eine Gefahr der Irritation bzw. der Verwechslung. Man könnte auch sagen, doppelte Bürokratie und nicht Entbürokratisierung. Aber auch politisch spricht aus einem bestimmten Blickwinkel vieles für eine Rettung von Mittelstandsförderung und Vergaberegelungen. Für eine Vermischung sprechen natürlich neoliberal konservative Ansätze. Er geht davon aus, dass Vergaberegelungen vor allem der Wirtschaftsförderung dienen. Dabei kann man es aber, glaube ich, nicht stehen lassen. Unser Ansatz sieht vor allem auch den Arbeitnehmerschutz und die Qualitätssicherung zugunsten der öffentlichen Hand als Arbeitgeber als Schwerpunkt. Deshalb ist DIE LINKE für eine strukturelle Trennung von Vergabegesetz und Mittelstandsfördergesetz. Dass der neue Gesetzentwurf im Unterschied zu dem im Juni vorgestellten viel deutlicher von neoliberalen Zügen gekennzeichnet ist, zeigt sich auch in § 6, der einen Vorrang dahin gehend festschreibt, dass bei gleicher Eignung und Wirtschaftlichkeit die Erledigung durch den privaten Anbieter bzw. Unternehmer zu wählen ist und keine Durchführung durch die öffentliche Hand bzw. öffentliche Anbieter erfolgen darf. Dieses Dogma, privat vor öffentlich, mag die FDP und die neoliberalen Vertreter der CDU sicherlich freuen, für die SPD ist es eigentlich ein politischer Offenbarungseid. Es war ja auch die neoliberale FDP, die vor einigen Jahren den geltenden Artikel 15 des Grundgesetzes, die Möglichkeit zur Vergesellschaftung von Schlüsselindustrien und Rohstoffproduktion durch ein Privatisierungsgebot zum Ausverkauf der öffentlichen Infra- und Dienstleistungsstruktur, ersetzen wollte. Zum Glück ist es gescheitert. Der Ausverkauf findet aber leider weiter im Konkreten statt. Eine Regelung wie die in § 6 vorgesehene leistet einer solchen Verdrängung und einem solchen Ausverkauf der öffentlichen Hand Vorschub. Auffällig ist auch, dass entgegen der sonstigen Gepflogenheiten der Landesregierung dieser Gesetzentwurf keine Befristung aufweist, wenn auch eine Evaluationsklausel in § 26 enthalten ist. Wir als LINKE befürworten durchaus die turnusmäßige Evaluation, sprich die Überprüfung der Gesetze auf ihre Wirksamkeit. Die Befristungsorgien, die in der Vergangenheit in Thüringen bei Gesetzen vorgenommen wurden, wie zum Beispiel beim Personalvertretungsgesetz, lehnen wir grundsätzlich ab,

(Beifall DIE LINKE)

vor allem wenn sie wie zum Beispiel ebenfalls beim Personalvertretungsgesetz zu einer hilflosen Pauschalverlängerung kurz vor Ablauf der Geltungsfrist führen. Das zeigt, dass aber die Landesregierung in der Vergangenheit auch bei Gesetzen mit sozialer Funktion vor einer Befristung nicht zurückschreckt. Wenn es um Wirtschaftsförderung geht, kommen dann plötzlich Skrupel auf. Oder ist die Nichtbefristung tatsächlich nur der Rechtssicherheit für Verga

beverfahren geschuldet? Dann wäre sie zu begrüßen. Oder ganz anders gewendet, entfristen Sie doch in Zukunft auch wieder die Gesetze aus den sozialen und anderen Reglungsbereichen. Wir hatten das letztlich erst beim Glücksspielgesetz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, abgesehen von der Tatsache, dass wir die Vermischung eines Vergabegesetzes mit einem Mittelstandsförderungsgesetz als äußerst bedenklich bewerten, abgesehen davon, dass zahlreiche Passagen und Paragraphen mit unserem Gesetzentwurf vom 07.10.2009 identisch sind, warum hat es dann ein Jahr gebraucht, um einen eigenen Gesetzentwurf auf die Beine zu stellen?

(Zwischenruf Abg. Günther, CDU)

Das wäre eine wahrscheinliche Möglichkeit gewesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, hätten Sie unserem Gesetzentwurf vor einem Jahr zugestimmt, der hier beraten wurde, hätten Sie sich den Koalitionspoker der vergangenen acht Monate ersparen können. Mit der Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf hätte auch die SPD-Fraktion unter Beweis stellen können, dass sie sich öffentlich zur Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns bekennt. Das haben Sie leider nicht getan. Stattdessen eiern Sie in Ihrem Gesetzentwurf herum, beschränken sich auf die Einhaltung der Mindestvorgaben von Tarifverträgen sowie für andere gesetzliche Bestimmungen über Mindestentgelte. Bei einer Tarifbindung der Unternehmen in Thüringen von knapp 25 Prozent ist das schon eine sehr abenteuerliche und ganz bestimmt nicht im Interesse der Arbeitnehmer liegende Regelung. Schade, dass Sie hier nicht auch von unserem Antrag, explizit von § 3, ausgegangen sind. Lediglich zur Übernahme des Absatzes 2 konnten Sie sich noch hinreißen lassen. Der letzte Ruck allerdings hinsichtlich der Zahlung von 8 € Mindestlohn - ist sicherlich an der CDU gescheitert. Dadurch entsteht unseres Erachtens eine besonders auffällige soziale Lücke, nämlich eine ausdrückliche Mindestlohnvorschrift, und zwar eine solche, die sich landesweit auf alle Branchen bezieht. Eine solche gesetzliche Regelung wäre nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs auch möglich bzw. zulässig. Andere EU-Länder haben solche gesetzlichen Mindestlohnbestimmungen auch. Es gibt im Übrigen mehr EULänder mit Mindestlohn als solche ohne. Das muss man sich auch einmal durch den Kopf gehen lassen, und wir sagen immer, dieses ist gesetzlich nicht möglich.

CDU und FDP, oder neuerdings vielleicht auch die SPD, werden jetzt wieder behaupten: Ja, aber der Landesgesetzgeber darf nicht. Gegenfrage - wirklich nicht? Wieso konnte dann der Berliner Senat in seinem Gesetzentwurf eine Mindestlohnregelung festschreiben? Es sind 7,50 €, also die alte Forde

rung der Gewerkschaften. Wir als LINKE verlangen weiterhin mindestens 8 €, so wie es in unserem Gesetzentwurf steht. Die Gesetzgebungskompetenz der Länder für einen Mindestlohn ergibt sich aus folgenden Tatsachen: Das Wirtschaftsrecht und das Arbeitsrecht gehören nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 11 und 12 des Grundgesetzes zu den Bereichen der sogenannten konkurrierenden Gesetzgebung. Die Landesgesetzgeber dürfen danach so lange handeln, bis der Bundesgesetzgeber handelt. Das hat der Bundesgesetzgeber in Sachen eines allgemeinen, flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes für alle Branchen bisher noch nicht getan. Den Landesgesetzgebern steht daher frei, in diesem Bereich selbst zu handeln. Ein gesetzlicher Mindestlohn ist im Übrigen auch kein unzulässiger Eingriff in die Tarifautonomie. Der Thüringer Landesgesetzgeber sollte auch mit Blick auf das Staatsziel in Artikel 36 der Landesverfassung einen gesetzlichen Mindestlohn festschreiben.

(Beifall DIE LINKE)

Dort heißt es: „Es ist ständige Aufgabe des Freistaats, jedem die Möglichkeit zu schaffen, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte und dauerhafte Arbeit zu verdienen.“ Ich fordere Sie an dieser Stelle auf: Tragen Sie diesem Staatsziel endlich Rechnung und schaffen Sie einen flächendeckenden Mindestlohn.

(Beifall DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, dafür hat es bei der ILO-Kernarbeitsnorm und beim Nachunternehmereinsatz wieder geklappt, warum in § 18 - Wertung unangemessen niedriger Angebote - ein weiterer Absatz 1 eingefügt wurde. Mit den Regelungen in Absatz 2 wird diese Aussage überflüssig. Sozusagen auf unserer Linie sind Sie dann aber wieder in § 21 - Kontrollen. Hier stimmen unsere Gesetzentwürfe wieder überein. Trotzdem, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir zusammenfassend feststellen: Soziale Standards, Mindestgebot und Festschreibung eines Mindestlohns fehlen im Gesetzentwurf der Landesregierung. Die ökologischen Standards werden immerhin zu Vergabekriterien gemacht, aber es fehlen die sozialen Standards. Zwar sind die Kriterien der Ausbildungssicherung und der Chancengleichheit von Frauen scheinbar erfasst - aber nur scheinbar. Denn in § 17 heißt es: Die beiden Gesichtspunkte können in der Ausschreibung Berücksichtigung finden, müssen es aber nicht. Gerade aber die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern darf nicht in ein solch beliebiges Ermessen gestellt werden. Denn in Artikel 2 Abs. 2 der Thüringer Verfassung steht ein ausdrückliches Verwirklichungsgebot, das die öffentliche Hand, also auch den Gesetzgeber, verpflichtet, alle wirksamen Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichstellung auch tatsächlich im Lebensalltag durchzusetzen. Daher ist dieses

„kann“ in § 17 zu wenig. Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE schreibt im Falle des Ausbildungskriteriums wie auch in Sachen Gleichstellung als Vergabevoraussetzung jeweils eine Muss-Vorschrift vor. Ich denke, diese sollte auch hier hinein. Es ist zu begrüßen, dass der Gesetzentwurf in § 18 eine Schutzvorschrift vor Dumpingangeboten enthält. Allerdings ist nicht klar, wie die Vorschrift in der Praxis funktionieren soll. Absatz 2 schreibt die 10-Prozent-Grenze als Stoppschild und als Grenze vor, die Prüfpflichten beim Auftraggeber auslöst. So weit stimmt diese Vorschrift sehr deutlich auch mit Regelungen im Gesetzentwurf der LINKEN überein. Welche Funktion allerdings Absatz 1 in § 18 des Regierungsentwurfs haben soll, bleibt uns zumindest verborgen. Dort wird auch die in Absatz 2 klar definierte 10-Prozent-Grenze wieder verbessert. Wo soll denn im konkreten Einzelfall in der Praxis die Grenze zum ungewöhnlich niedrigen Angebot, wie es wörtlich in Absatz 1 heißt, verlaufen? Der Schutz vor Dumpingangeboten ist aber vor allem auch aus der Sicht von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dringend geboten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen in vielen Punkten können wir dem Gesetzentwurf der Landesregierung zustimmen, schon allein deshalb, weil er in diesen Punkten fast identisch ist mit unserem Entwurf. Im Wirtschaftsausschuss wird unter anderem zu klären sein, ob es nicht sinnvoller wäre, ein Thüringer Vergabegesetz und ein neues Mittelstandsfördergesetz zu verabschieden, und zwar statt zwei Parallelgesetze - eines von 1991 und eines von 2010.

Wir denken, sehr geehrte Damen und Herren, dass Ihr Geburtstagsgeschenk zu unserer Einreichung vor genau einem Jahr am 07.09., diese Diskussion heute zu führen, für unseren Gesetzentwurf zum Thüringer Vergabegesetz eine gute Grundlage für eine Anhörung im Ausschuss bietet, und auch ich sage, wir würden uns freuen, wenn wir im Ausschuss auch die eine oder andere Sache diskutieren könnten, um dieses Gesetz noch weiter verbessern zu können. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Korschewsky, gestatten Sie jetzt die Frage des Abgeordneten Weber?

Aber sicher doch.

Herr Kollege, würden Sie diesem Hohen Hause das Schicksal erklären, das die bisherigen landesweiten

Mindestlohnregelungen gegangen sind nach der europäischen Rechtsprechung?

Sehr geehrter Kollege Weber, Sie wissen, dass es in vielen europäischen Ländern Mindestlohngesetze gibt und dass diese Geschichten auch von der Gesetzgebung her gedeckt sind, auch nach dem EuGH.

(Beifall DIE LINKE)

Gestatten Sie noch eine weitere Nachfrage? Nein. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Günther für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem Koalitionsvertrag haben die Fraktionen der CDU und der SPD das gemeinsame Ziel definiert, den Mittelstand zu fördern, das Vergaberecht zu überarbeiten und ein europarechtskonformes Gesetz auf den Weg zu bringen. Meine Damen und Herren, ich traue unserem Wirtschaftsminister wirklich eine ganze Menge zu, aber eines nicht: Er schreibt von Ihnen nicht ab. Das glaube ich nicht.

(Beifall CDU, SPD)

Es ist richtig, dass die CDU-Fraktion sich jahrelang gegen ein Vergabegesetz ausgesprochen hat - mit Recht und mit gutem Gewissen -, denn wir fanden uns dabei stets in guter Gesellschaft weiter Teile der Thüringer Wirtschaft, weil eigentlich alles das, was zu regeln ist, bereits in der VOB und VOL festgeschrieben ist und noch festgeschrieben werden kann. Wir sind damit ganz gut gefahren, mit den Richtlinien zur Vergabe öffentlicher Aufträge. Ich erinnere nur an die Flexibilität bei der Umsetzung des Konjunktur-II-Pakets. Damit meine ich insbesondere aber auch das, was für den Koalitionspartner seit Jahren Herzenssache ist: die tarifliche Bindung. Aber auch das kann schon jetzt auf Grundlage der VOB und VOL geregelt werden.

Um aber nicht wieder Zweifel aufkommen zu lassen, auch ich und meine Fraktion möchten, und das nicht erst seit diesen Tagen, dass die Menschen in diesem Land guten Lohn für gute Arbeit erhalten. Gerade vor dem Hintergrund der vollständigen Herstellung der Arbeitnehmerfreizügigkeit ab Mai 2011 ist nun wichtig, dies zu sichern und Lohndumping zu verhindern.

(Beifall CDU, SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun liegt der Gesetzentwurf der Landesregierung hier im Hohen Hause vor und grundsätzlich geht dieser in die