Protocol of the Session on September 9, 2010

Danke, Frau Abgeordnete. Wir treten in die Aussprache ein und ich rufe auf als Erste die Abgeordnete Rothe-Beinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Frau Dr. Klaubert, ich sehe Ihnen natürlich nach, dass Sie „Grün“ gerade vergessen haben.

(Beifall DIE LINKE)

Sie haben aber ansonsten den Werdegang des Gesetzes ganz gut vorgetragen, wie wir es jetzt haben. Ich möchte auch noch einmal auf die aktuelle Situation eingehen, wie wir sie im Moment in Thüringen erleben.

Erinnern wir uns zurück. 1989/90 gab es ca. 1.200 Bibliotheken in Thüringen, 2008 waren es noch weit weniger als 300. Es gab, das wissen wir alle, dramatische Einbrüche der Kommunen bei den Gewerbesteuereinnahmen. Es gab Kürzungen bei den Schlüsselzuweisungen des Landes und die Bibliotheken, das wissen wir auch, sind als freiwillige Aufgaben - und das ist auch einer der Kritikpunkte, die ich nachher noch genauer ausführen werde - von Kommunen in arger Bedrängnis. Wir sind längst an der Grenze zur Mindestversorgung angekommen und gerade in ländlichen Räumen darauf hat Frau Dr. Klaubert auch schon hingewiesen - ist die Mindestversorgung schon heute nicht mehr gewährleistet, insbesondere in den Orten, wo es keinen Bücherbus mehr gibt. Da stellt sich doch die Frage, ob der Bürger oder die Bürgerin überhaupt noch die Möglichkeit haben, ohne Weiteres an Informationen zu gelangen, wie er oder sie sie in einer Bibliothek vorfindet.

Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD, den wir ja immer gern zitieren, heißt es: „Die Koalitionspartner prüfen eine gesetzliche Regelung zur Kulturförderung des Landes. Dabei soll auch der besondere

Förderbedarf für Bibliotheken, Musikschulen und Jugendkunstschulen berücksichtigt werden.“

Ich will noch einmal daran erinnern, was unsere Position immer gewesen ist, auch im Wahlkampf, an den wir uns sicher alle noch erinnern, wo auch häufiger - Frau Dr. Klaubert hat eben schon Äußerungen von Herrn Döring als einem engagierten Abgeordneten in dieser Frage vorgetragen - die Frage eine Rolle spielte, wie wir das Bibliotheksgesetz weiterentwickeln. Wir haben immer gesagt, wir halten das bestehende Bibliotheksgesetz für dringend verbesserungswürdig. Es fehlen klare Regelungen zur finanziellen Beteiligung des Landes an den Bibliotheken, ebenso auch beim Bestandsschutz der Bibliotheken. Wir haben - eben sagte ich es - fast drei Viertel aller öffentlichen Bibliotheken im Freistaat verloren und die Tendenz dauert weiter an. Für uns steht fest, dass wir öffentliche Bibliotheken brauchen, und zwar flächendeckend. Jedem Menschen in Thüringen muss ein Zugang zu einer Bibliothek in seiner Nähe möglich sein.

(Beifall DIE LINKE)

Für den Freistaat sehen wir hier die Aufgabe, den Kommunen entsprechende finanzielle Handlungsmöglichkeiten zu schaffen. Das Land selbst sollte sich - jedenfalls sind wir davon überzeugt - auch am Bestandsausbau beteiligen. Wir haben dazu auch einen Vorschlag gemacht, der sicher zunächst einmal etwas unkonventionell klang, aber wir halten ihn nach wie vor für überlegenswert, nämlich pro Jahr 1 € pro Einwohnerin/Einwohner für die Bibliotheken aufzubringen. Der Freistaat könnte sich daran mit 50 Cent pro Einwohnerin/Einwohner beteiligen. Wir würden diese Idee gern auch in der Beratung im Ausschuss, wo wir hoffentlich mit diesem Gesetz hinkommen werden, zur Diskussion stellen. Der Gesetzesvorschlag der LINKEN greift de facto die Drucksache - einige werden sich an sie erinnern - 4/3503 auf, mit der SPD und LINKE in der letzten Legislatur einen gemeinsamen Gesetzentwurf für ein Thüringer Bibliotheksgesetz vorgelegt haben. Insofern ist es natürlich besonders interessant zu sehen, wie die SPD-Fraktion heute zu ihren damaligen Aktivitäten steht.

Der nunmehr vorliegende Gesetzentwurf der LINKEN zur Änderung des Thüringer Bibliotheksgesetzes wird von unserer Fraktion unterstützt, zumal - und das will ich ganz deutlich sagen - er auch zentrale Forderungen des Deutschen Bibliotheksverbandes aufgreift und mit dem Zwei-Säulen-Fördermodell zudem ein finanzielles Bekenntnis des Landes für die Bibliotheken abgibt, denn das steht bis heute aus.

Auf folgende Punkte möchte ich noch einmal im Einzelnen eingehen, weil sie uns ganz besonders wichtig erscheinen.

Das ist zum Ersten die Streichung des Zusatzes in § 1, dass Bibliotheken freiwillige Aufgaben sind, denn da beginnt schon die Problematik. Wir wissen alle, dass alle freiwilligen Aufgaben immer unter Haushaltsvorbehalt stehen und damit auch die Bibliotheken immer wieder in Gefahr geraten.

Zum Zweiten geht es um die Gewährleistung eines gut erreichbaren Zugangs für jeden Bürger und jede Bürgerin zu einer entsprechend ausgestatteten das sage ich auch ganz deutlich - nutzbaren öffentlichen Bibliothek. Dafür braucht es eine Bibliothekenentwicklungsplanung des Landes, in der die kommunalen Spitzenverbände, der Thüringer Bibliotheksverband und die Landesfachstelle für öffentliche Bibliotheken selbstverständlich einbezogen werden sollen.

Drittens: Die Bibliotheken sollen sich an den aktuellen Anforderungen der multimedialen Medien- und Informationsangebote orientieren und damit natürlich auch einen Beitrag zur kulturellen Integration leisten, um der digitalen Spaltung - wir haben darüber heute schon einmal an anderer Stelle diskutiert - entgegenzuwirken.

Viertens geht es um die Sicherstellung der Finanzierung und ein langfristiges Bekenntnis des Landes zur Landesfachstelle für öffentliche Bibliotheken.

Fünftens: Die Betonung der Bibliotheken - Frau Klaubert hat es eben auch schon erwähnt - als Bildungseinrichtung, die der Kooperation im schulischen und im Lesefrühförderungsbereich verpflichtet sind.

Sechstens: Das Land soll den Auf- und Ausbau der Bibliotheken durch ein Zwei-Säulen-Finanzierungsmodell fördern, einerseits ein jährlicher Zuschuss für Neuerwerbungen von Medien, andererseits eine Projektförderung für innovative Ansätze.

Ich möchte an dieser Stelle gern an die Aussage von Frank Simon-Ritz - er war damals Vorsitzender des Thüringer Bibliotheksverbandes - zur Anhörung zum Bibliotheksgesetz anknüpfen, der sich am 20. Juni 2008 in einem Interview wie folgt äußerte ich hoffe, ich darf zitieren, Herr Präsident: „Viele haben in der Anhörung gesagt,“ - so lautet das Zitat „dass der CDU-Entwurf sehr gut als Grundlage für die weitere Beratung dienen kann und dass man daran weiter arbeiten kann. Entscheidend ist aber, dass daran weiter gearbeitet werden muss.“ Genau da setzt das Erste Gesetz zur Änderung des Thüringer Bibliotheksgesetzes an.

Lassen Sie mich noch einige weiterführende Gedanken vorbringen. Bibliotheken gehören zu den Institutionen, die der Bildung am Nächsten stehen. Lebenslanges Lernen ist kein bloßes Schlagwort mehr, sondern vielmehr eine Tatsache. Herr Döring, ich freue mich dann auch auf Ihren Beitrag. Vielleicht lassen Sie mich jetzt ausreden. Den Bi

bliotheken kommt dabei eine große Bedeutung zu. Deshalb werben wir für Anreizsysteme, die die kulturelle Bildungsarbeit der Bibliotheken auch honorieren. Bibliotheken sind zum Beispiel wichtige Akteure in der Zusammenarbeit mit Kindergärten und Schulen und leisten zudem einen großen Beitrag in der kulturellen Bildung von Menschen mit Migrationshintergrund.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Aufgaben finden jedoch bei der finanziellen Ausstattung von Bibliotheken noch keine ausreichende Berücksichtigung. Wir wollen daher, dass auch öffentliche Bibliotheken in kommunaler Trägerschaft an Programmen und Einzelmaßnahmen des Bundes zur kulturellen und zur Erwachsenenbildung teilhaben können. Der Abschlussbericht der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ auf Bundesebene empfiehlt die Errichtung einer Bibliotheksentwicklungsagentur als zentrales Steuerungsinstrument für Innovationen und Qualitätssicherung in den Bibliotheken und diese Idee findet unsere volle Unterstützung. Auch hier bin ich sehr auf die Debatte im Ausschuss dazu gespannt.

Auf Bundesebene unterstützen wir zudem die Forderung nach einer nationalen Bibliotheksstrategie und werben für ein Bibliotheksrahmengesetz im Bund, worin die Aufgaben und Funktionen der Bibliotheken sowie die Finanzierungsmodalitäten definiert werden. Unser Wunsch ist, dass Bund und Länder gemeinsam ein derartiges Rahmengesetz erarbeiten und wir hoffen, dass das Thüringer Gesetz in der hoffentlich dann geänderten Form dafür einen guten Baustein darstellt.

Gestatten Sie mir noch eine Frage am Ende des Redebeitrags: In den Mitteilungen des Landesverbandes Thüringen im deutschen Bibliotheksverband Nummer 1 von diesem Jahr 2010 wird über das am 11. Februar - Herr Matschie, Sie werden sich sicher erinnern - stattgefundene erste Gespräch des Vorstands mit Ihnen als Minister berichtet. Da heißt es mit Blick auf den derzeit in Erarbeitung befindlichen Bibliotheksentwicklungsplan für die öffentlichen Bibliotheken in Thüringen, ich zitiere: „Ein erster Entwurf soll bis Ende April 2010 erarbeitet und dann allen Mitgliedern der Arbeitsgruppe, dem DBV-Vorstand und dem Vorstand BIB-Landesgruppe Thüringen übergeben werden.“ Ich frage Sie, Herr Minister, wie weit ist denn der aktuelle Stand der Erarbeitung desselben und wann und wo wird dazu die Debatte im Landtag bzw. im Ausschuss geführt? Sie würde sehr gut zur Diskussion dieses Gesetzentwurfs passen. Können die zuständigen Fachabgeordneten zudem den Entwurf zur Kenntnis erhalten? Ich würde mich sehr darüber freuen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Kellner von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, beim vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE handelt es sich fast wortgleich um den damaligen Änderungsantrag der Fraktionen der LINKEN und der SPD zum Gesetzentwurf der CDU zum Thüringer Bibliotheksrechtsgesetz in der 4. Legislaturperiode. Für die CDU-Fraktion gilt Folgendes: Das Bibliotheksgesetz wurde erst vor zwei Jahren vom Thüringer Landtag beschlossen und es gibt aus unserer Sicht derzeit keinen Änderungsbedarf an diesem Gesetz. Thüringen war 2008 das erste Bundesland, in dem die Arbeit der Bibliotheken einen eigenen gesetzlichen Rahmen erhalten hat. Wenn man über Deutschland allerdings hinausblickt, ist festzustellen, dass beispielsweise innerhalb der Europäischen Union bereits in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten auf den jeweils zuständigen Gesetzgebungsebenen eigenständige Bibliotheksgesetze existieren.

Grundgedanke des Gesetzes ist der freie Zugang zu Bibliotheken. Eine freie Lesesaalbenutzung nicht nur öffentlicher, sondern auch öffentlich geförderter Bibliotheken in kirchlicher oder privater Trägerschaft ist darin festgeschrieben. Hochschulbibliotheken sowie Gemeindebibliotheken sind für jeden Bürger und jede Bürgerin ebenso geöffnet wie auch Behördenbibliotheken. Damit erkennen wir die Bedeutung der Bibliotheken als Einrichtung für Bildung, Wissenschaft, Information und Kultur ausdrücklich an. Ziel dieses Gesetzes ist aber nicht nur, den freien Zugang zu Bibliotheken gesetzlich zu verankern und dem Bibliothekswesen einen rechtlichen Rahmen zu geben, sondern auch weitestgehend Fördermöglichkeiten für die wertvolle Arbeit der Bibliotheken zu eröffnen.

Drei Worte innerhalb des Gesetzes sind es, die den Bibliotheken den Weg zu einem Projektmittel ermöglichen: Bibliotheken sind Bildungseinrichtungen. Die CDU-Fraktion hat im Rahmen der Gesetzgebungsverfahren auf diese Formulierung ein besonderes Augenmerk gelegt. Neben den bereits etablierten Förderinstrumenten im Rahmen der Richtlinie zur Förderung von Kunst und Kultur stehen den Bibliotheken demnach unter bestimmten Voraussetzungen jetzt auch Projektmittel im Rahmen der Richtlinie zur Förderung von unterrichtsbegleitenden und außerunterrichtlichen schulischen Maßnahmen in Thüringer Schulen offen.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat dem Gesetzgeber in seinem Urteil vom 21. Juni 2005 aufgegeben, die Finanzausstattung der Kommunen durch das Land grundlegend neu zu regeln. Unter anderem hat der

(Abg. Rothe-Beinlich)

Verfassungsgerichtshof gefordert, dass die Kommunen im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung weitgehend frei über die Verwendung der vom Land zur Verfügung gestellten Mittel entscheiden können. Zweckgebundene besondere Finanzzuweisungen seien potenziell selbstverwaltungsfeindlich. Die bis 2007 jährlich vom Land ausgereichten Zuschüsse für Bibliotheken in Höhe von 350.000 € wurden ausschließlich aus den Landesmitteln finanziert und mussten daher entsprechend der Vorgabe des Verfassungsgerichts in die Schlüsselmasse überführt werden.

Herr Kellner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kuschel?

Danke, Frau Präsidentin. Sie haben jetzt das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichts zitiert, was die Zweckbindung betrifft. Würden Sie mir zustimmen, dass der Vorbehalt, der durch das Gericht formuliert wird, nur für den Fall gilt, dass die Finanzausstattung nicht angemessen ist? Anders formuliert: Wenn die Finanzausstattung angemessen ist, wie das immer vonseiten der Landesregierung behauptet wird, dann ist natürlich auch der Gesetzgeber berechtigt, bestimmte Zweckbindungen auszusprechen.

Ob die Mittel angemessen sind - sie sind in die Schlüsselmasse eingegangen -, muss letztendlich die Kommune entscheiden. Sie können frei damit umgehen und können das so verwenden, wie sie das für angemessen halten. Das, denke ich, war ja der Kern der Sache, dass es eben keine Bindung ist, sondern freigestellt wird, wie sie die Mittel verwenden. Dass dies in die Schlüsselmasse überführt wird, führt aber nicht automatisch dazu, dass den Bibliotheken jetzt weniger Mittel zur Verfügung stehen. Ganz im Sinne der vom Thüringer Verfassungsgerichtshof geforderten Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung entscheidet jetzt die Kommune im Rahmen ihrer politischen Prioritätensetzung über die Ausstattung der von ihnen getragenen Bibliotheken. Seit dem Haushaltsentwurf 2008/2009 sieht der Landeshaushalt dementsprechend keine Landesförderung für öffentliche Bibliotheken in Thüringen mehr vor. Die CDU-Fraktion hat in den parlamentarischen Beratungen zu diesem und auch zu dem späteren Landeshaushalt dafür gesorgt, dass zusätzliche Mittel für die Breitenkultur, insbesondere auch für den Bereich der

öffentlichen Bibliotheken, eingeplant wurden. Die öffentlichen Bibliotheken in kommunaler Trägerschaft bieten ein breites ausgewogenes Medienund Informationsangebot für alle Bürger des Landes und übernehmen als Teil der öffentlichen Kulturinfrastruktur eine wichtige Aufgabe im Sinne der kulturellen Grundversorgung. Wir sind bereit, uns der Aufgabe des Erhalts eines leistungsfähigen öffentlichen Bibliothekenwesens zu stellen. Diese Aufgabe wird auch weiterhin die Landesfachstelle für öffentliche Bibliotheken gezielt unterstützen, so wie wir es im ersten Bibliotheksgesetz Deutschlands gesetzlich festgeschrieben haben. Die Verwaltungskosten der Landesfachstelle werden bereits durch das Land erstattet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Koalitionspartner CDU und SPD haben sich im Koalitionsvertrag zu ihrer Verantwortung für die Kulturfinanzierung bekannt, denn sie sichern die kulturelle Grundversorgung und kulturelle Teilhabe.

Wir haben uns auch darauf verständigt, eine gesetzliche Regelung zur Kulturförderung des Landes zu prüfen. Dabei soll auch der besondere Förderbedarf der Bibliotheken, Musikschulen und Jugendkunstschulen berücksichtigt werden. Zunächst soll aber mit einem breiten kulturpolitischen Diskurs um das Leitbild Kulturland Thüringen ein Konsens über wesentliche kulturpolitische Grundsätze Thüringens erzielt und eine Verständigung über den Wert von Kunst und Kultur in der Region erreicht werden. Dieses Leitbild soll dann die Basis für die Weiterentwicklung des Kulturkonzepts und der weiteren Diskussion um die Kulturförderung des Freistaats bilden. Den Entwurf der Fraktion DIE LINKEN werden wir deshalb nicht an den zuständigen Ausschuss überweisen.

Gestatten Sie mir noch ein paar Anmerkungen, was die Förderung anbelangt, Pflichtaufgabe, freiwillige Leistung, die mehrfach angesprochen wurde. Ich denke, auf die Haushaltssituation muss man nicht näher eingehen, aber die Diskussion wurde 2008 schon intensiv geführt und hier wurde ja auch mitgeteilt, in welcher Größenordnung unter Umständen die Belastungen für das Land ausfallen würden, von ca. 20 Mio. € war damals die Rede, was das bedeuten würde und, ich denke, diese Diskussion unter den derzeitigen Umständen wird sehr schwierig werden zum einen und zum anderen, das ist eigentlich ein wesentlicher Punkt, ist gerade mit dieser Freiwilligkeit auch die Möglichkeit gegeben, den Kommunen das so zu gestalten, dass die Bibliothek auch vor Ort angenommen wird, dass sie eben nicht vom Land bestimmt wird, eine Grundausstattung zu bekommen, und hinterher die Bibliothek nicht in der Region so angenommen wird, wie sie vielleicht angenommen würde, wenn die Kommune das selber gestalten kann. Ich denke, das ist ein wesentlicher Aspekt, dem man auch Rechnung tragen sollte und Rechnung tragen muss.

Und was die Dichte anbelangt, meine Damen und Herren, 1989/90, verwundert mich das schon, da hat jedes Dorf eine Bibliothek gehabt. Über Inhalt und Ausgestaltung will ich mich jetzt nicht auslassen. Ich kenne viele Bibliotheken, habe das 20 Jahre lang mitgemacht in Kommunen und ich weiß auch, wie die Abwicklung bzw. Auflösung stattgefunden hat, nicht, weil kein Geld da war, sondern weil zum Schluss kein Leser mehr da war. Und weil die Welt sich auch weiterdreht, wird das natürlich für Bibliotheken schon schwieriger. Nur, den Vergleich heranzuziehen von 1989/90 ist sehr weit hergeholt und entspricht überhaupt nicht mehr der Realität. Das sollte man zur Kenntnis nehmen und man sollte das auch nicht ständig vorbeten und damit auch die fehlende Dichte begründen. Das ist ja auch der Punkt, wenn man sagt, angemessen soll die Entfernung sein. Da muss man das mal konkret definieren, was man darunter versteht. Wie viele Bibliotheken, meinen Sie denn, braucht Thüringen? Oder wie weit müssen die entfernt sein? Oder wie soll der Zugang geregelt werden? Ich denke, hier sind mehr Fragezeichen gesetzt worden als Ausrufezeichen. Das sind nur einige Punkte, die sich für mich nicht erschließen. Deswegen werden wir dabei bleiben, wir werden diesen Gesetzentwurf nicht an den Ausschuss überweisen. Danke.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Kellner. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Franka Hitzing für die FDP-Fraktion.

Verehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, wir werden diesen Antrag heute ablehnen, diesen Gesetzentwurf, und zwar nicht, weil wir den Ausbau der Bibliotheken ablehnen, ganz im Gegenteil, Bildung ist ein ganz wichtiger Punkt und ein zentrales Bürgerrecht. Wir werden ihn auch nicht ablehnen, weil wir die hehren Ziele, die in diesem Entwurf enthalten sind, vor allem in den Bereichen der Schülerförderung und der Lesekompetenz, besonders der Lesefrühkompetenz, in irgendeiner Weise ablehnen würden, nein; aber sowohl Kommunalhaushalte als auch den Landeshaushalt mit diesen Pflichtaufgaben noch zusätzlich zu belasten, das ist der Punkt, wo wir sagen, das ist falsch und geht am Ziel vorbei. Die Freiwilligkeit wird mit dieser Änderung außen vor gelassen, das würde zu weiteren strukturellen Problemen führen, nicht nur in den Kommunen, sondern auch im Land. Vor dem Hintergrund der kommunalen Finanznot, die die Kommunen bereits jetzt schon an den Rand ihrer Möglichkeiten bringen, teilweise arbeiten sie schon längst über die gegebenen Rahmen hinaus -, scheint der Gesetzesvorschlag so nicht praktikabel

zu sein und ist deshalb nach unserer Auffassung abzulehnen.

Die finanzielle Situation der Kommunen und des Landes lassen das aus unserer Sicht nicht zu. Es ist für die Kommunen, gerade kleineren Kommunen, sehr schwierig, bestimmte Aufgaben, die vorher in der Freiwilligkeit waren, jetzt als Pflichtaufgabe zu bewältigen und das hat nichts mit dem Willen zu tun, dass das eine Kommune eventuell nicht wollte, aber manchmal sind ganz einfach ganz harte Realitäten da, an denen man nicht vorbeikommt. Gerade als kleine Kommune ist das oftmals auch die Grenze, weiter kann man dann nicht gehen.

Die Haushaltslage des Thüringer Landes ist so prekär, dass es in den Sternen steht, wie die Regierung einen verfassungskonformen Haushalt zustande bringt, wann sie ihn zustande bringt und ob da eine stärkere Unterstützung der Kommunen im Bereich der Bibliotheken vorgesehen und möglich ist, scheint mir unrealistisch zu sein. Realistisch erscheint mir die Annahme, dass es eventuell zu keiner größeren Unterstützung diesbezüglich kommen kann.

Ich denke, wir sollten uns deshalb auf die bestehenden Bibliotheken konzentrieren - die Kollegin Rothe-Beinlich hat es schon ausgeführt -, die sind zahlenmäßig im schrumpfen. Das ist nicht gut und das ist auch eine Entwicklung, die man tatsächlich nicht gutheißen kann und man sollte auch versuchen, das zu bremsen. Ich sage aber, wir sollten versuchen, die noch bestehenden Bibliotheken zu stärken, sie auch zu erneuern und so aufzustellen, dass sie den neuen Ansprüchen und Bedarfen der Nutzer auch gerecht werden können und besonders auch dem jüngeren Klientel so erstrebenswert und so interessant werden, dass sie diese Bibliotheken auch nutzen.

In dem Gesetzentwurf wird der Punkt aufgeführt nach erreichbarer Nähe und der entsprechenden Ausstattung der Bibliotheken. Dabei bleibt für mich völlig offen, wie ist die erreichbare Nähe gemeint. Könnte man da eventuell den Schluss ziehen, dass das bedeutet, dass jede Kommune eine Bibliothek vorzuhalten hat? Von welcher Größe der Kommunen sprechen wir hier? Das ist die nächste Frage, die sich mir dann stellt. Soll jede kleine selbstständige Kommune eine Bibliothek vorhalten oder soll vielleicht ein Verbund von Kommunen, von Gemeinden z.B. im Bereich einer erfüllenden Gemeinde oder einer Verwaltungsgemeinschaft eine Bibliothek vorhalten? Das ist eine Frage, von der ich denke, die müssen wir noch klären. Dazu würde ich auch sehr gern im Ausschuss noch mal mit Ihnen ins Gespräch kommen. Auch die Erreichbarkeit ist hier die Frage, wann reden wir von Erreichbarkeit, wie weit muss der Mensch fahren oder zu Fuß diese Bibliothek erreichen können. Das ist mir alles noch ein bisschen zu vage. Ich glaube, die finanzi

(Abg. Kellner)