Im Landkreis Hildburghausen haben in den letzten Jahren mehrere Einheitsgemeinden die 3.000-Einwohner-Grenze unterschritten, bei anderen wird es in den kommenden Jahren geschehen. Auch die bestehenden Verwaltungsgemeinschaften liegen knapp über oder bereits unter der 5.000-Einwohner-Grenze. Es gibt Überlegungen zur Neugliederung, wobei jedoch noch Unklarheit besteht, welche Möglichkeiten dabei existieren.
1. Können im Zuge der geschilderten Neugliederung bestehende Einheitsgemeinden aufgelöst und ihre Ortsteile auf benachbarte Gemeinden bzw. Verwaltungsgemeinschaften aufgeteilt werden?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kummer zu Neugliederungsfragen im Landkreis Hildburghausen beantworte ich für die Landesregierung wie folgt, wobei ich die Antworten zu den Fragen 1 bis 3 zusammenfassen möchte:
Bestandsänderungen von Gemeinden und Strukturänderungen von Verwaltungsgemeinschaften können nur durch Gesetz erfolgen. Die oben genannte Auflösung von Einheitsgemeinden und Aufteilung ihrer Ortsteile auf benachbarte Gemeinden oder Verwaltungsgemeinschaften wäre gegebenenfalls gesetzlich zu regeln. Dagegen bedürfen einvernehmliche Gemeindegebietsänderungen durch die unter Umständen auch einzelne Ortsteile neu zugeordnet werden können, einer von der Rechtsauf
Gebiets- und Bestandsänderungen sind nur aus Gründen des öffentlichen Wohls möglich. Bei Strukturänderungen von Verwaltungsgemeinschaften dürfen Gründe des öffentlichen Wohls nicht entgegenstehen. Dabei ist für jede einzelne Neugliederungsmaßnahme das öffentliche Wohl durch Abwägung aller erheblichen Belange zu bestimmen.
Sofern im Einzelfall Gemeinden in den letzten Jahren bereits von Neugliederungsmaßnahmen betroffen waren und nun wieder neu gegliedert werden sollen, ist außerdem zu prüfen, ob zusätzlich die besonderen verfassungsrechtlichen Anforderungen zu beachten sind, die an Rück- oder Mehrfachneugliederungen gestellt werden.
Zurzeit unterstützt die Landesregierung freiwillige kommunale Gebietsund Bestandsänderungen. Voraussetzungen für die Einleitung eines Gesetzgebungsverfahrens sind dabei insbesondere: Die beteiligten Gemeinden müssen übereinstimmende Beschlüsse sowohl über die konkrete Gebiets- oder Bestandsänderung als auch über die zu ihrer Umsetzung erforderlichen Verträge gefasst haben.
Für den Fall, dass Verwaltungsgemeinschaften neu gegliedert werden sollen, kann von den beteiligten Gemeinden ein Neugliederungsantrag gestellt werden, wenn mindestens die Mehrheit dieser Gemeinden in der außerdem die Mehrheit der Einwohner in der Verwaltungsgemeinschaft wohnt, übereinstimmende Beschlüsse gefasst hat. Die angestrebte Neugliederungsmaßnahme ist auf dem Dienstweg beim Thüringer Innenministerium zu beantragen. Die Kommunen werden bei ihren Neugliederungsbestrebungen von der Rechtsaufsicht unterstützt. Ihr unmittelbarer Ansprechpartner ist dabei die jeweilige kommunale Aufsichtsbehörde.
Zu Frage 4: Der Landesregierung liegen bislang keine Neugliederungsanträge vor, die die Auflösung bestehender Einheitsgemeinden und die Aufteilung ihrer Ortsteile auf benachbarte Gemeinden bzw. Verwaltungsgemeinschaften zum Ziel haben. Vielen Dank.
Herr Staatssekretär, Sie sprachen davon, dass es verfassungsrechtliche Ansprüche an Mehrfachneugliederungen gäbe. Könnten Sie diese benennen?
Danke, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, Sie haben ja auf das Prinzip der doppelten Mehrheit bei der Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft hingewiesen. Wenn es dann in der Folge zu einer Gemeindeneugliederung kommt, sind wir jetzt in der Phase der Freiwilligkeit, was soll denn dann mit den Gemeinden geschehen, die sich schon bei der Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft dagegen ausgesprochen haben? Wie ist denn das Verfahren geregelt? Kann dann gegen deren Willen auch in der jetzigen Phase der Freiwilligkeit eine Neuordnung durch den Gesetzgeber erfolgen?
Ja, das ist möglich. Doppelte Mehrheit bedeutet natürlich nicht Einstimmigkeit. Es kann also auch gegen einzelne Voten ein Gesetz entsprechend eingebracht und durchgesetzt werden.
Es gibt keine weiteren Nachfragen, so dass ich die zweite Mündliche Anfrage aufrufe, und zwar die des Herrn Abgeordneten Kuschel, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 5/1360.
In der 4. Legislatur wurden durch mehrere Abgeordnete des Landtags insgesamt 652 Kleine Anfragen zum Inkrafttreten von gemeindlichen Straßenausbaubeitragssatzungen an die Landesregierung gestellt. Die damalige Landesregierung beauftragte daraufhin den Rechtsprofessor der Friedrich-Schiller-Universität Jena, um gutachterlich klären zu lassen, ob die Landesregierung zur Beantwortung verpflichtet sei. Für diese Tätigkeit zahlte die Landesregierung ein Honorar von 18.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer.
Das Rechtsgutachten wird zwischenzeitlich durch Prof. Brenner publiziert und ist käuflich zu erwerben.
1. Unter welchen Voraussetzungen sind Gutachter, die im Auftrag der Landesregierung tätig werden, grundsätzlich berechtigt, die erstellten Gutachten
im eigenen Namen zu publizieren und eigene Einnahmen zu erzielen und liegen diese Voraussetzungen im geschilderten Fall vor?
2. Inwieweit befinden sich Gutachten, die durch externe Dritte im Auftrag der Landesregierung erstellt werden, im Eigentum der Landesregierung und inwieweit macht sich deshalb bei einer späteren Publikation die Zustimmung der Landesregierung erforderlich und liegen diese Voraussetzungen im geschilderten Fall vor?
3. Inwieweit wird bei der Vereinbarung von Honoraren zur Erstellung von Gutachten für die Landesregierung eine Klausel zur Verrechnung von möglichen zu erzielenden Einnahmen bei einer späteren Publikation durch den Gutachter vereinbart?
4. Inwieweit ist die Landesregierung im geschilderten Fall grundsätzlich berechtigt, das Honorar für Prof. Brenner nachträglich um die zusätzlichen Einnahmen, die der Gutachter durch die Publikation des Gutachtens erzielt, zu reduzieren und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: Gutacher sind grundsätzlich berechtigt, die erstellten Gutachten im eigenen Namen zu publizieren und eigene Einnahmen zu erzielen. Ein Gutachten ist als wissenschaftliches Werk in der Regel nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte urheberrechtlich geschützt. Der Gutachter genießt daher den Schutz des Urheberrechtsgesetzes und hat als Urheber des Werkes auch das alleinige Verwertungsrecht für das Gutachten. Dieses Recht verliert der Gutachter nur dann, wenn er durch eine vertragliche Regelung dem Freistaat Thüringen ein ausschließliches Nutzungsrecht am Gutachten einräumt und zugleich auf jegliches eigenes Nutzungsrecht verzichtet. Eine solche vertragliche Vereinbarung wurde im Fall des Herrn Prof. Dr. Brenner nicht getroffen. Ihm ist es somit aufgrund des ihm als Urheber des Gutachtens obliegenden alleinigen Nutzungsrechts gestattet, das Gutachten unter seinem Namen zu publizieren und hierfür eigene Einnahmen zu erzielen.
Zu Frage 2: Beim Begriff des Eigentums ist zwischen dem Eigentum an den in körperlicher Form vom Gutachter an die Landesregierung übergebenen Gutachten, beispielsweise in Papierform, und
dem geistigen Eigentum, sprich dem Urheberrecht, zu unterscheiden. Das Eigentum am Gutachten in körperlicher Form geht mit der Übergabe desselben gemäß § 929 BGB an die Landesregierung vollständig auf den Freistaat Thüringen über. Das geistige Eigentum am Werk, sprich das Urheberrecht, verbleibt grundsätzlich beim Gutachter als dessen Urheber, da dieses nicht durch Rechtsgeschäfte übertragbar ist. Es kann lediglich das Nutzungsrecht übertragen werden. Ob und wieweit ein Nutzungsrecht am erstellten Gutachten auf den Freistaat Thüringen übergeht, hängt, wie ich soeben bereits erläutert habe, von der vertraglichen Gestaltung im Einzelfall ab. Eine Zustimmung der Landesregierung zur Publikation eines im Auftrag der Landesregierung erstellten Gutachtens ist nur dann erforderlich, wenn sich die Landesregierung ihre Zustimmung vorbehalten hat, oder wenn die Nutzungsrechte dem Freistaat Thüringen vollständig übertragen worden sind. Da entsprechende vertragliche Vereinbarungen im Fall des Herrn Prof. Dr. Brenner nicht getroffen wurden, bedurfte es zu Publikationen des Gutachtens nicht der Zustimmung der Landesregierung.
Zu Frage 4: Wie bereits ausgeführt, hat Herr Prof. Dr. Brenner nach wie vor die Urheberrechte des Gutachtens inne. Er ist daher sowohl zur Veröffentlichung als auch zur Erzielung von Einnahmen berechtigt. Eine Rechtsgrundlage zur nachträglichen Reduzierung des Honorars seitens der Landesregierung besteht damit nicht.
Danke, Frau Präsidentin. Gestatten Sie, dass ich gleich beide mir zustehenden Nachfragen formuliere? Danke.
Herr Staatssekretär, inwieweit hat denn der Verzicht auf die Nutzungsrechte für das Gutachten Auswirkungen auf die Honorargestaltung? Im vorliegenden Fall geht es um 18.000 € plus Mehrwertsteuer.
Zweitens: Weshalb verzichtet die Landesregierung auf die Nutzungsrechte an Gutachten, die sie selbst in Auftrag gibt, und weshalb behält sie sich nicht vor, bei der nachträglichen Publikation durch den Autor zumindest ein Informationsrecht zu bekommen, um möglicherweise eine missbräuchliche Verwendung dieser Gutachten dann auszuschließen?
Inwieweit sich das auswirkt, kann ich nicht sagen. Es ist natürlich so, dass, wenn sie auf diese Verwertungsrechte verzichten, das günstiger wird. Die Landesregierung ist natürlich bedacht, die Ausgaben gering zu halten und wird deshalb auf diese Verwertung verzichten. Es ist nicht Aufgabe des Staates, solche Gutachten zu verwerten, zumal nur eine sachliche Frage dahinter steht, die, wenn sie geklärt ist, sich auch erschöpft hat. Wenn ich mich dann noch mit dem Verwerten von Gutachten als Staat beschäftigen würde, wäre ja wieder Personal gebunden und das kann nicht im Interesse der Bürger sein. Ich danke Ihnen.
Es gibt keine weiteren Nachfragen. Ich rufe die Mündliche Anfrage der Frau Abgeordneten Leukefeld, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 5/1382 auf.
In der Öffentlichkeit wird drängender die Frage nach einer Gebietsreform und in diesem Zusammenhang nach der Kreisfreiheit der Stadt Suhl gestellt. Der Stadtrat Suhl hat dazu am 24. März 2010 eine Erklärung verabschiedet, diese der Ministerpräsidentin übermittelt und die Landesregierung zum Handeln aufgefordert. In einem Antwortschreiben vom 21. April 2010, unterzeichnet von Minister Schöning, wird darauf verwiesen, „dass die Landesregierung im Licht der demographischen Entwicklung, der allgemeinen Haushaltsentwicklung und vor dem Hintergrund der Degression des Solidarpakts II durch unabhängige Gutachter prüfen lässt, ob, in welchem Umfang und in welchem Zeitrahmen eine Funktional- und Gebietsreform zu Einsparungen und Effizienzgewinnen auf kommunaler Ebene und im Landeshaushalt führt. In Auswertung des Gutachtens wird die Landesregierung dann eine Entscheidung über weitergehende Maßnahmen treffen.“