Fünftens: Wir brauchen einen neuen Blick auf Datensparsamkeit. Sparsamkeit ist immer eine wichtige Sache, zum Beispiel bei der FDP. Deshalb bin ich mir sicher, dass wir auch noch etwas hören werden zur Datensparsamkeit. Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum wir beim Bestellen der einfachsten Dinge von einem Versandhaus zunächst einmal nach dem Geburtsdatum gefragt werden. Wir wollen das nicht. Wir wollen den Bürger schützen, denn es gilt ein ganz einfaches Motto: Wird der Bürger gläsern, wird die Demokratie brüchig. In diesem Sinne möchte ich gern mit Ihnen im Ausschuss weiterdiskutieren. Vielen Dank.
Danke, Herr Abgeordneter. Habe ich das richtig verstanden, dass Sie eine Überweisung an den Innenausschuss wünschen?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag der Fraktion DIE LINKE „Zeitnahe und wirksame Konsequenzen aus dem 8. Tätigkeitsbericht 2008/2009 des Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz“ ist in unseren Augen richtig und notwendig. Es sind etliche Themen aufgeworfen, über die wir miteinander in aller Sachlichkeit reden müssen und ich danke Ihnen an dieser Stelle dafür.
In dem Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, über bestehende Problemfelder zu berichten und unter Lösungsvorschlägen des Datenschutzbe
auftragten aktiv zu werden und die Landesregierung soll nach diesem Antrag dem Landtag bis zum 31. März 2011 einen Bericht über den Umsetzungsstand der unter 1. genannten Maßnahmen erstatten.
Datenschutz, meine Damen und Herren, ist der Schutz des Einzelnen vor einer Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts beim Umgang mit seinen personenbezogenen Daten. Ich denke, da besteht doch schon ein weitgehender Konsens, dass das ein ganz wichtiger Grundgedanke, Grundkonsens sein muss.
In Thüringen bestimmt Artikel 6 Abs. 2 der Thüringer Verfassung das Grundrecht auf Datenschutz. Der Tätigkeitsbericht gibt einen Überblick über den Zeitraum 2008 und 2009. Diesem Tätigkeitsbericht ist zu entnehmen, dass sich zwar bei vielen Behörden des Landes das Datenschutzbewusstsein verbessert hat, dass es aber in der Fläche doch noch gravierende Probleme gibt. Das gibt mir auch persönlich als Kommunalpolitiker sehr zu denken, wenn ich dabei sehe, dass bei der Überprüfung von 40 Kommunen, 16 formelle Beanstandungen zu verzeichnen sind und dass es da durchaus ein sehr unterschiedliches Bild gibt und ein Teil dieser Mängel sich vor allem auf einer schlechten Personalund Finanzausstattung begründet. Herr Stauch erklärt dazu, dass die Schlussfolgerung natürlich nicht lauten kann, dass die gesetzlich festgelegten Datenschutzanforderungen abgesenkt werden. Meine Damen und Herren, ich denke, auch das sollte in diesem Hause Konsens sein.
Eine wesentliche Bedeutung im Datenschutz hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar 2008, in dem das sogenannte ITGrundrecht, also das Grundrecht auf die Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, entwickelt wurde. Auch das Urteil zur Vorratsdatenspeicherung - Frau Kollegin Renner sprach schon davon - vom 2. März 2010 möchte ich hier nennen. Ich teile die Auffassung, dass an dieser Stelle die Position des Ministers zu kritisieren ist. Die FDP sieht das Festhalten an Vorratsdatenspeicherung sehr kritisch.
In den letzten Jahren, meine Damen und Herren, sind immer wieder Gesetze an der Hürde des Datenschutzes gescheitert. Das ist zum einen erfreulich, zum anderen aber auch besorgniserregend. Denn wir sind der festen Überzeugung, meine Damen und Herren, der Gesetzgeber darf sich nicht darauf ausruhen, dass das Bundesverfassungsgericht möglicherweise alles letztendlich noch einmal überprüft und so eine Art Reparaturbetrieb für datenschutzkritische Politik und datenschutzproblematische Politik ist. Das Bundesverfassungsgericht darf nicht ein insgeheimes Gesetzgebungsorgan sein oder als solches missverstanden werden. Hier
sind wir alle miteinander gefordert, unsere eigene Arbeit gerade unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes gründlich zu überprüfen.
Es muss die Anforderung sein, Gesetze zu erlassen, die den Anforderungen eines vernünftigen Datenschutzes entsprechen. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz hat auch erklärt, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch in Thüringen akzeptiert werden müssen, selbst wenn damit die Strafverfolgung in einzelnen Fällen möglicherweise schwieriger wird. Ich will ganz gern eingestehen, dass das selbstverständlich problematisch ist, dass das selbstverständlich auch auf Sorgen, Nöte und Ängste trifft in der Bevölkerung, meine Damen und Herren. Aber Datenschutz ist trotzdem ein hohes Gut, das man nicht populistisch je nach Tageslage aufs Spiel setzen darf.
Datenschutz, meine Damen und Herren, steht grundsätzlich im Konflikt mit der Forderung nach Informationsfreiheit, nämlich den Auskunftsrechten. Informationsfreiheit bedeutet, dass Informationen der öffentlichen Verwaltung - nämlich die Frage der Verwaltungstransparenz - und Politik dem Bürger öffentlich gemacht werden, also das Öffentlichkeitsprinzip. Diese Informationen unterliegen jedoch auch dem Datenschutz und deshalb muss dort genau aufgepasst werden, wo die Grenze zwischen vertraulichem Umgang mit diesen Daten zu ziehen ist.
Es darf dieser Zielkonflikt, meine Damen und Herren, nicht einseitig gelöst werden. Das Verständnis für Datenschutz muss in der Allgemeinheit und auch in den Behörden gestärkt werden. Wenn etwa in einer Polizeidirektion ein „krankfeiernder“ Polizist mit polizeilichen Mitteln observiert wird, ist das ein Fall, der unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten sicherlich problematisch zu bewerten ist.
Gehen wir auf die aktuelle Diskussion ein, etwa der Fingerabdrücke im elektronischen Reisepass. Wenn wir dort lesen müssen, dass die teilweise mehrere Wochen lang unverschlüsselt in Büros und im Rechenzentrum herumliegen, dann, denke ich, sind wir falsch beraten, wenn wir hier an dieser Stelle anfangen, so eine Art „Schwarzer-PeterSpiel“ zu machen, auch wenn das in diesem Hause mitunter missdeutet werden kann, mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Wir sollten uns miteinander Gedanken machen, wie mit diesem Missstand aufgeräumt werden kann.
Meine Damen und Herren, es ist an dieser Stelle auf jeden Fall auch das Schulungsangebot für Mitarbeiter und die Aufklärungsarbeit zu verstärken und voranzutreiben. Durch die rasante Entwicklung im IT-Bereich, in Medien und dergleichen ergibt sich auch ein erheblicher Modernisierungsbedarf im Datenschutz. Hierzu gehört aber auch eine angemessene Ausstattung der Datenschutzkontrollbehörden und natürlich der Kommunen.
An dieser Stelle muss ich auch wieder einmal mahnen, wir können nicht auf der einen Seite den Kommunen immer mehr Geld wegnehmen und auf der anderen Seite sie mit immer mehr Aufgaben überfrachten. An der Stelle muss die Ausstattung der Kommunen natürlich auch zu den datenschutzrechtlichen Verpflichtungen passen.
Ich möchte zum Schluss als Fazit ziehen: In dem Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für Datenschutz werden viele Problemfelder, aber auch Lösungsansätze angesprochen. Da es sich bei dem Antrag allein um eine Aufforderung zur Stellungnahme der Landesregierung handelt, unterstützen wir diesen Antrag und freuen uns auf die Debatte im Innenausschuss. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bergner. Es hat jetzt das Wort die Abgeordnete Marx für die Fraktion der SPD.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, das Thema „Datenschutz“ ist sehr wichtig und es ist immer wert, es ausführlich hier zu diskutieren und anzusprechen.
Hier ist ein bisschen Musik im Raum, mit Musik geht alles besser, aber bei Reden im Plenarsaal unüblich.
Aber der Laptop taugt übrigens auch für andere Dinge. Da Sie ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, mehrheitlich im Besitz eines eigenen Laptops sind, wollte ich Ihnen eigentlich mal ein Experiment für zu Hause vorschlagen. Geben Sie einmal zu Hause gemeinsam mit Ihrem Nachbarn über verschiedene Internetanschlüsse ein oder mehrere identische Suchwörter bei Google ein und vergleichen Sie dann Ihr Suchergebnis. Sie werden dann erstaunt sein, denn mit hoher Wahrscheinlichkeit werden Sie feststellen, dass das Ergebnis verschieden ist. Google, aber auch andere Suchmaschinen merken sich Ihre früheren Suchanfragen und versuchen, die ermittelten Suchergebnisse anhand Ihrer bisherigen Suchanfragen für Sie zu optimieren. Sie sehen das übrigens auch, wenn Sie bei einer erneuten Suche unter dem gleichen Stichwort diese Links farblich unterlegt finden, die Sie schon einmal aufgerufen haben. Sollten Sie bei einem Großanbieter, wie zum Beispiel Amazon, ein Kundenkonto unterhalten, werden Sie bei jedem Anklicken ein inhaltlich auf Ihre bisherigen Käufe ausgerichteten Bestellvorschlag finden oder auch eine Werbung. Das
heißt, wir haben es hier mit Profilbildung zu tun, möglicher Profilbildung anhand gespeicherter Nutzerdaten, und das ist schon lange nicht mehr nur ein Problem für Menschen, die in den sogenannten sozialen Netzwerken wie schüler- und studiVZ oder Facebook von sich aus persönliche Daten und Vorlieben preisgeben. Die Auswertungsmöglichkeit unserer Nutzungsdaten für kommerzielle Zwecke wie zielgerichtete Werbung ist vielmehr der von uns allen zu entrichtende Mindestpreis für vermeintlich kostenlos angebotene alltäglich genutzte Dienste, denn diese bezahlen sozusagen ihre Dienstleistung mit den Werbeeinnahmen und müssen deswegen die Werbeeinnahmen natürlich auch an den User, an den Kunden, an den Nutzer, an uns alle bringen. Für die überfällige Modernisierung des Bundes- wie auch des Thüringer Datenschutzgesetzes ist daher ein zentrales Anliegen, die Nutzung persönlicher Daten öffentlicher wie privater Stellen zu regulieren und zu kontrollieren. Zu den öffentlichen Datensammlungen ist viel gesagt, das ist das klassische Thema immer im Datenschutz, den datensammelhungrigen Staat in die Schranken zu weisen, die Abwägung zwischen Sicherheitsinteressen und Datenschutz richtig und angemessen stattfinden zu lassen. Das sind alltägliche oder bisher schon gewohnte Debatten, die natürlich auch immer noch aktuell und wichtig sind.
Ich möchte mich aber heute einmal auf diese ausufernde private Datensammlung und Auswertungswut begrenzen. Das Argument, wer im Netz keine elektronischen Spuren hinterlassen wolle, müsse es ja nicht nutzen, geht längst an der Lebenswirklichkeit vorbei. Längst ist die Internetnutzung unverzichtbarer Bestandteil nicht nur unserer alltäglichen Kommunikation, sondern auch der Informationsgewinnung. Elektronischer Informationsaustausch wird mittlerweile in einigen Bereichen zwingend vorgeschrieben, zum Beispiel bei gewerblichen Steueranmeldungen. Der Schutz vor elektronischer Ausforschung durch private und öffentliche Stellen ist daher eine und wenn nicht die zentrale Aufgabe eines modernen Datenschutzes. Der Schutz der Privatsphäre, eine Verbesserung des Schutzes der Privatsphäre ist dringlich. Hast du den oder hast du die schon gegoogelt? Diese Frage ist längst nicht nur eine gängige Methode bei Personalchefs, es gilt auch mehr und mehr im privaten Bereich. Das hat bestimmt der eine oder andere von Ihnen auch schon einmal gemacht. Ich kenne es jedenfalls aus Erlebtem und Gehörtem. Das Besondere an Ergebnislisten von Google ist, dass zwischen wichtig und unwichtig, falsch oder richtig, seriös oder peinlich nicht unterschieden wird und auch gar nicht unterschieden werden kann. Alltagsvorfälle, die im Leben vor dem Internet der Vergessenheit anheimgefallen wären, wie das übermäßige Trinken bei einer Party, stehen vermeintlich gleichgewichtig zwischen zentraleren Informationen wie Seminarbeiträgen oder vielleicht einer Zeitungsnotiz über eine erfah
rene Ehrung oder ein Sportergebnis. Diese Lektion für ein Persönlichkeitsprofil wird so für willkürliche Verzerrungen geöffnet. Das vermeintlich objektive Register ist gerade nicht objektiv und auch nicht gerecht, denn die Veröffentlichungsstreuung ist willkürlich und damit auch nicht wirklich sachlich. Vermeintliche Selbstbeschränkungen der Internetanbieter zur Datenspeicherung funktionieren faktisch nicht oder immer schlechter. Das Regelwerk zum Schutz bei Facebook hat inzwischen ein größeres Textvolumen erreicht als die amerikanische Verfassung. Businessinsider hat deswegen dazu getextet: Privatsphäre schützen ist das neue Videorecorderprogrammieren. Sie können sich vielleicht noch an das altertümliche Gerät, ihren Videorecorder erinnern, den niemand so richtig bedienen konnte; der Schaden war aber ungleich geringer. Sie konnten dann halt Ihren Film dann doch nicht aufnehmen. Wenn Sie aber Ihre Privatsphäreeinstellungen mit einem normalen technischen oder intelligenten Computerbenutzerwissen nicht einstellen können, dann ist der Schaden größer. Auch für Geübte ist es inzwischen kaum zu überblicken, was, wann und wo irgendwann einmal öffentlich auftauchen kann. Die öffentlich breit diskutierte und auch in ihrem Antrag der Linkspartei aufgegriffene Sorge, dass die Fassade meines Hauses bei Google Street View zu sehen sein könnte, ist dabei nach meiner Überzeugung vergleichsweise harmlos gegenüber bereits massenhaft gesammelten, im Netz herumvagabundierenden persönlichen Daten von jedem von uns. Nur am Rande, für Google Street View sind wir hier im Land definitiv nicht zuständig. Der Sitz ist in Hamburg, da kann allenfalls die Hamburger Datenschutzbehörde eingreifen. Wie gesagt, man kann das als problematisch ansehen, das tun auch die Bürger und Sie wollen auch mit Ihrem Antrag auf Bundesebene die Entwicklung vorantreiben, aber Google Street View ist aus meiner Sicht ein kleineres Problem.
Der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg rechtfertigt das Streuen privater Informationen durch Facebook in einem Interview im Januar so: Die Menschen hätten sich daran gewöhnt, inzwischen mehr Informationen über sich selbst preiszugeben. Die soziale Norm habe sich mit der Zeit verändert. Herr Zuckerberg glaubt nicht daran, dass jemand verschiedene Identitäten lebt und pflegt, eine Vateridentität, eine Jobidentität und eine Identität für seinen Freundeskreis. Er wird zitiert: „Die Zeiten, in denen man für seine Kollegen ein anderes Image pflegte als für andere Menschen, die man kennt, werden wohl nicht mehr lange andauern.“ Er geht sogar noch weiter und wird zitiert mit dem Satz: „Zwei Identitäten zu haben, zeigt, dass es einem an Integrität mangelt.“ Ein sehr gefährlicher Satz. Wenn das so wäre, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass jeder überall und irgendwo alles und alles gleichermaßen über sich preisgeben sollte, egal gegenüber welchem Personenkreis, weil er sonst eine
gestörte oder mangelnde Integrität hätte, dann könnten und sollten wir das Post- und Fernmeldegeheimnis abschaffen und Sie könnten dann bitte, wenn Sie heute oder morgen nach Hause kommen, alle Ihre Vorhänge zu Hause abhängen. Oder haben Sie etwas zu verbergen? Ist das Bestehen auf einer geschützten Privatsphäre ein Zeichen gestörter Integrität? Ganz sicher ist es das nicht.
Die informationelle Selbstbestimmung - ein vom Bundesverfassungsgericht erfundenes Wortungetüm - wird vor diesem Hintergrund verständlich und wichtiger denn je. Das Recht, selbst zu bestimmen, welche Informationen ich über mich preisgebe, hat bei uns Verfassungsrang. Es wird Zeit, die sprunghaft ansteigende alltägliche Aushebelung dieses Rechts zu beenden. Dabei geht es auch, aber nicht nur um Jugendschutz. In den USA entsteht derzeit so etwas wie eine Art, man könnte es Maulwurfbewegung nennen. Man versucht, möglichst bar zu bezahlen, tauscht untereinander Kundenkarten aus, um sein Einkaufsprofil zu verfälschen, meldet sich gezielt mit falschem Namen bei Internethändlern und Geschäften an. Der Google-Gründer Schmidt wird aktuell im SPIEGEL-ONLINE von gestern mit der Idee zitiert, dass es Kindern erlaubt werden sollte, mit Erreichen der Volljährigkeit ihren Namen zu ändern, damit sie das Auffinden ihrer Jugendsünden im Netz verhindern können.
Als ich das gestern las, fand ich das schon sehr lustig, weil ich mich vor Kurzem hier im Landtag mit Fraktionskollegen darüber aber eigentlich im Scherz - unterhalten habe, dass es heutzutage sehr wichtig wäre, mehr als einen Vornamen zu haben, weil man dann unter mehreren Vornamen, seit kein Name mehr als Rufname eingetragen wird, in jeder Phase seines Lebens wechseln kann und auf diese Weise das Gegoogelt-Werden im Netz jederzeit durch Wechseln des Vornamens unterlaufen kann. Es kann aber in der Wirklichkeit nicht ernsthaft ein Rezept sein und in Betracht kommen, dass man seinen Namen ändern können muss, um sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu wahren. Hierzu gibt es verschiedene Wege. Das Verhindern der Speicherung und Weiterverbreitung nicht wirklich benötigter personenbezogener Daten von Anfang an etwa durch vorgeschriebene Anonymisierung ist ein Weg. Der andere ist, spätere Löschungsrechte vorzusehen oder Löschungspflichten von Anfang an vorzuschreiben.
Sanktionsmöglichkeiten sind ebenfalls wichtig. In einigen Staaten der USA ist es mit zunehmender Tendenz mittlerweile Gesetz, dass Verstöße gegen Datenschutzregeln, man könnte sagen Persönlichkeitsschutzstörfälle, öffentlich bekannt gegeben werden müssen. Das übt präventiv Druck auf datenverarbeitende Unternehmen aus.
Die erlaubte Datensammlung und Verwertung von vornherein einzugrenzen - Stichwort Datensparsamkeit -, ist sicher zielführender als Löschungsrechte oder Automatismen im Nachhinein vorzusehen. Ist eine Information erst einmal erhoben und gespeichert, besteht immer die Gefahr der unkontrollierten Weitergabe und Verbreitung, so dass der Adressat eines späteren Löschungsanspruchs nur einer von vielen Speicherstellen sein kann, und an einem solchen Fall läuft der Löschungsanspruch dann letztlich ins Leere.
Die breite öffentliche Debatte über erforderliche neue Regelungen läuft auch mithilfe Ihres Antrags heute in der Öffentlichkeit endlich an und ist wichtig. Die Erarbeitung eines neuen Datenschutzgesetzes für Thüringen haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart. Sie muss nicht zwingend im Innenministerium erfolgen, dies kann und sollte ebenso gut auch die Aufgabe von uns allen sein.
Ich habe nun allerdings ein Problem. Der Bericht, der heute um 13.55 Uhr mit der gleichlautenden Drucksachennummer - eine schöne Koinzidenz 5/1355 in die Fächer verteilt ist, den habe ich mir jetzt noch nicht vollständig ansehen können und angesehen; deswegen weiß ich nicht, inwieweit das von Ihnen verlangte Berichtsersuchen nicht möglicherweise schon erfüllt ist. Ich würde es deswegen für zielführender halten, dass wir eigentlich diesen Bericht der Landesregierung uns alle mal in Ruhe ansehen und dann an anderer Stelle noch einmal ausführlich darüber diskutieren. Für heute ist es eine wichtige Debatte, das Thema sollte jeden von uns umtreiben. Wir stehen insoweit auch in der Pflicht, das, hoffe ich, habe ich mit meinen Beispielen deutlich machen können, Schaden von unseren Bürgern abzuwenden.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Marx. Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Hauboldt für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es freut mich, als ich die Debatte verfolgt habe, dass es sehr sachlich zugegangen ist. Kurz und prägnant der Kollege Adams, etwas ausführlicher der Kollege der FDP, Herr Bergner, aber auch sehr sachlich und, ich denke, auch dem Anliegen angemessen.
Frau Marx, Sie haben so ein bisschen den Exkurs in den Privatbereich unternommen, das ist auch legitim, und haben hier an Einzelbeispielen dargelegt, wo sich das Spannungsfeld bewegt, mit welchen Komplikationen dabei zu rechnen ist. Interessanterweise, gestatten Sie mir durchaus die flapsige Be
merkung, wenn Sie natürlich googlen und Ihren Namen noch eingeben, dann wird es auch noch politisch gefährlich, also mit Marx gibt es vielleicht ein Problem, zumal ja Google auch für ein Jahr die Datenspeicherung vornimmt, also insoweit kann man immer darauf zurückgreifen.
Aber Spaß beiseite, um auch gleich am Anfang auf Ihre Frage zu antworten, Frau Kollegin Marx, Sie haben die Fragestellung an uns gerichtet, inwieweit das Berichtsersuchen damit erfüllt ist. Wenn Sie allein die Komplexität unserer Fragestellung einmal berücksichtigen, mit einem kurzen Blick auf den heute uns zugesandten Bericht der Landesregierung - ich will mir noch kein abschließendes Urteil darüber erlauben, weil ich es auch nur ganz kurz erst mal in Augenschein nehmen konnte - ist natürlich das Ersuchen viel weitreichender. Insofern meine Bitte auch noch mal an Sie, zu überlegen, dass wir durchaus bei der Terminstellung bleiben könnten, wir die Überweisung an den Innenausschuss machen und dort diese Thematik, wie alle hier schon bekundet haben, weil es ein wichtiges Anliegen ist, dort weiterberaten können.
Gestatten Sie mir aber trotzdem noch mal einen Exkurs in die Aktualität. Ich will noch mal darauf verweisen mit Blick auf die aktuelle Situation: Im März 2010 hat die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder auf insgesamt 35 Seiten Eckpunkte - also wirklich nur Eckpunkte - für ein modernes Datenschutzrecht für das 21. Jahrhundert der Öffentlichkeit vorgestellt. Ich meine, eine grundlegende Überarbeitung des Datenschutzrechts hat ebenfalls verbal und auch schriftlich der Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz in seinem Jahresbericht 2008 und 2009 angemahnt. Eine Modernisierung des Datenschutzrechts wird immer dann - bedauerlicherweise sage ich auch dazu - auf die öffentliche Tagesordnung gesetzt, wenn Datenschutzskandale die Medien und die Bürgerinnen und Bürger alarmieren und das ist momentan allein nur mit Blick - und das haben Sie ja auch benannt - auf Google Street View der Fall. So wurde die Forderung rund um den Skandal von zum Beispiel 100.000 von Adressaten aus Call-Centern und von Adressenhändlern, sogar aus Datenbeständen von Meldebehörden laut, aber die Grundsatzreform wurde auch dort meines Erachtens leider nicht angepackt.
Nun wird wegen Google Street View aus der Berliner Regierungskoalition nach einer Novelle des Datenschutzrechts gerufen. So vermeldete vor wenigen Tagen zum Beispiel der „Spiegel“ und soeben habe ich erfahren, dass Google bekannt gegeben hat, auch die Einspruchsfrist zu verlängern. Also auch da ist Bewegung im Gange. Was mich etwas stört an der Diskussion, meine Damen und Herren, ist, dass ausgerechnet von den Befürwortern innerhalb der Bundesregierung für Datenvorratspeicherung, für ELENA und Volkszählung der Ruf nach