Protocol of the Session on June 18, 2010

Deshalb, meine Damen und Herren, ist es auch erfreulich, dass wir im Thüringen-Monitor sehen können, welch hohe Wertschätzung der Familie als ursprünglichste und für das Leben der Menschen bedeutendste Institution entgegengebracht wird.

(Beifall CDU)

Ich schließe mich in der Analyse uneingeschränkt dem an, was Uwe Höhn von der SPD-Fraktion gesagt hat, welche Notwendigkeiten auch dazu eine Rolle spielen, aber die Familie als ursprünglichster Ort, dass sie ihre Anerkennung bei den Thüringern findet im Thüringen-Monitor, das will ich sagen. Diese Verbundenheit geht über die Generationen hinweg. Zwischen Kindern und Eltern und zwischen Großeltern und Enkeln ist sie ausgeprägt und selbst Onkel und Tanten, Neffen und Nichten sind dabei abgestuft mit in den Blick genommen. Dennoch zeigt sich, die Familien übernehmen viele Aufgaben und reduzieren den Bedarf an sozialpolitischen Leistungen des Staates. Sie sollen sie nicht ersetzen, aber die Mischung zwischen der Verantwortung der Eltern auf der einen Seite und der Hilfestellung des Staats auf der anderen Seite, das zeichnet, glaube ich, einen guten Sozialstaat aus. In dieser Prägung wollen wir auch unseren Freistaat Thüringen fortentwickeln.

Meine Damen und Herren, erfreulich ist für uns auch - und ich will das deutlich sagen -, dass die Eltern selbst sehen, wieder mehr Verantwortung für ihre Kinder übernehmen zu wollen. Nach jüngsten Befragungen wollen fast alle unisono die Erziehung zwischen Eltern und Betreuungseinrichtung aufteilen. Ich denke, wir haben mit der Novelle unseres KitaGesetzes - Uwe Höhn hat es angesprochen - erstens eines der modernsten Kita-Gesetze in Deutschland

und zweitens auch bestmögliche Voraussetzungen geschaffen, dass mit den Rahmenbedingungen, die wir machen können, Familie und Beruf nebeneinander möglich sind und dass immer dann, wenn Eltern sich auch für die Betreuung in der Einrichtung entscheiden, schon frühestmöglich die Betreuung abgesichert wird. Das war unser Anspruch und den haben wir mit der Novelle des Kita-Gesetzes gemeinsam erfüllt.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, wo viel Licht ist, ist meist aber auch viel Schatten. Deshalb lohnt sich ein Blick in den Thüringen-Monitor auch zur Frage: Wie sehen die problematischen Befunde aus? Der Monitor fasst die wahrlich dramatische Bevölkerungsentwicklung seit 1990 zusammen - 20 Jahre, in denen Thüringen 400.000 Einwohner eingebüßt hat, zur Hälfte durch einen negativen Wanderungssaldo und zur anderen Hälfte durch die Halbierung der Geburtenzahlen. Die Ministerpräsidentin hat in ihrer Regierungserklärung heute Morgen ergänzt, dass der Blick auf die nächsten 20 Jahre noch einmal zeigt - das ist ein statistischer Begriff, der umschrieben ist -, die koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung sagt aber am Ende eines aus, dass die demographische Entwicklung uns so weiter heimsuchen wird, dass wir weiter Thüringer verlieren werden und deshalb vor besonders großen Herausforderungen stehen, die sich auch an finanziellen Fragen festmachen. Auch zu denen will ich etwas sagen. Deshalb ist es wichtig - und das will ich vorweg sagen -, dass für die Zukunft unseres Landes dabei ganz entscheidend ist, dass wir dafür Sorge tragen müssen, dass junge Menschen hier in Thüringen bleiben, dass junge hoch qualifizierte Menschen - vor allem hoch qualifizierte junge Frauen - wieder nach Thüringen zurückkommen, die ein Stück den Blick auch von außen auf Thüringen nehmen wollen. Es macht Sinn, dass wir gemeinsam alle möglichen Anstrengungen unternehmen, um Thüringen wieder als Heimat schmackhaft zu machen. Ich und wir als Fraktion stimmen mit der Ministerpräsidentin völlig überein, das beste und probateste Mittel ist, es gibt vernünftige Arbeitsplätze mit vernünftigem Lohn. Dafür müssen wir die guten Rahmenbedingungen schaffen.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, dass die demographische Schieflage aber zu massiven Problemen führt, ist den Bürgern durchaus bewusst - das beweist auch der Thüringen-Monitor in diesem Jahr -, weil sie zutreffend erkennen, dass sich ihre Lebenssituation zwar einerseits gegenüber der DDR-Zeit verbessert hat, aber auch sagt, wie es um die Zukunft der nächsten Generation steht. Wenn man die Menschen fragt, dann sagen sie, dass sie wissen, dass ihre Situa

tion in der jetzigen Generation besser sein wird und ist, als sie selber davon ausgehen, wie es der nächsten Generation gehen wird. Das muss uns auch bedenklich stimmen, wenn wir in die Zukunft schauen. So gut wie der Blick rückwärts ist zur DDR-Zeit, dass die Thüringer sagen, jetzt ist es besser als damals, so bedenklich muss es uns als politisch Verantwortliche stimmen, wenn dieselben Thüringer sagen: Wir wissen aber auch, dass es den nachfolgenden Generationen nicht mehr so gut gehen wird wie uns.

Da beschreibt man eigentlich all die Herausforderungen, die notwendig sind. Immerhin sagen 73 Prozent aller Befragten im Thüringen-Monitor, die jüngere Generation wird die finanziellen Lasten der Älteren in Zukunft nicht mehr tragen wollen. Je jünger die Befragten sind, desto nachdrücklicher wird dies so gesehen.

Deshalb will ich zum finanzpolitischen Aspekt, der sich aus dem Thüringen-Monitor auch wunderbar ableiten lässt, sagen, dass es in unserer Verantwortung steht, in diesem Freistaat Thüringen eben nicht alle Lasten, die wir mit den Aufgaben in diesen Jahren beschreiben wollen, durch Schulden so zu finanzieren, dass wir es einfach den nächsten Generationen aufbürden und sie damit allein lassen. Ich will es auch dramatischer formulieren, weil dieser Begriff der „nächsten Generation“ auch so sonntagsredenbehaftet ist: Da wir schon im Jahr 2019 - und die Rede der Ministerpräsidentin an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena in der vergangenen Woche mit „Thüringen 2020“ hat das ja aufgrund des Gutachtens des ifo-Instituts Halle auch beschrieben - nur noch 6,2 Mrd. € Haushaltsvolumen haben werden, dann ist es nicht die nächste Generation, die 2019 mit 3,6 Mrd. € gegenüber 2010 auskommen muss, sondern das sind wir selbst. Es sind nicht die Kinder, es sind nicht die Enkel, es sind dieselben politisch Verantwortlichen, die jetzt auch Verantwortung für diesen Freistaat Thüringen tragen, und die Generation der Politiker, die selbstredend 2014 erst noch in diesen Thüringer Landtag gewählt wird. Das stellt uns vor neue Herausforderungen, die anders sind, als man sie aus Anfang oder Mitte der 90er-Jahre kannte. Da war der Blick nach 2019 weit weg und als der Solidarpakt II vereinbart wurde mit dem Korb II 50 Mrd. € zusätzlich für die neuen Bundesländer, da war das ein langer Zeitraum. 20 Jahre später wird das alles degressiv und dann ist die deutsche Einheit vollendet nach 30 Jahren, und dann sind wir so gut aufgestellt, dass wir mit den Einnahmen unsere Ausgaben bestreiten können.

Jetzt wissen wir, dass dieser Weg sehr, sehr schwierig sein wird, weil es nämlich eine Herausforderung ist, die in den letzten 20 Jahren noch keine Landesregierung leisten musste, weder in Thüringen noch in anderen neuen Bundesländern, geschweige denn

auch in den Geberländern des Westens. Innerhalb von einem Jahrzehnt politischer Verantwortung 3,6 Mrd. € Mindereinnahmen zu verkraften und das Land so aufzustellen, dass es auch dann noch zukunftsfähig auf eigenen Beinen stehen kann, das ist die große Herausforderung, die sich mit dem Thüringen-Monitor 2010 manifestiert und diesen Thüringer Landtag mit seinen 88 Abgeordneten und natürlich die von den zwei großen Fraktionen getragene Landesregierung vor große Herausforderungen stellt und wir müssen diese Herausforderung lösen.

(Beifall CDU, SPD)

Meine Damen und Herren, deswegen ist es auch so wichtig, sich mit dieser Frage zu beschäftigen. Ich will deshalb auch alle Zuversicht unserer Fraktion, der CDU, aber, ich glaube, auch der der SPD gemeinsam zum Ausdruck bringen, dass es uns selbstredend gelingen muss, dass die von uns getragene Landesregierung den Haushalt für 2011 so vorlegt, dass er genau diesen Zukunftsansprüchen gerecht wird. Ich will für unsere Fraktion anmerken, dass das selbstredend in den Grenzen der Landeshaushaltsordnung passiert. Ich will auch anmerken, ich glaube, da spreche ich für alle Parlamentarier, dass wir den gemeinsamen Anspruch haben, dass der Haushalt 2011 dann auch pünktlich starten kann,

(Beifall CDU, SPD)

dass er so vorgelegt wird, dass wir auch genügend Zeit haben, im Parlament die Dinge zu beraten. Diese zwei Maßstäbe würde ich gern mitgeben. Der Beifall der Fraktionen zeigt auch, dass das Unterstützung findet. Ich denke, wir sind da auf gutem Weg und die Regierung soll wissen, dass sie Unterstützung von uns hat auf diesem schwierigen Weg, aber er ist unumgänglich, wenn wir sicherstellen wollen, dass wir auch im Jahr 2019 so handlungsfähig sind, dass wir auf eigenem Fundament und auf eigenen Beinen stehen können.

Ich will nur abschließend zu diesem Komplex eine andere Zahl beschreiben, die diese Dramatik auch noch von einer anderen Seite beleuchtet. Wir vergleichen uns oft, wir wollen das ja auch machen in Benchmark mit anderen Bundesländern. Ich greife ein Land heraus nicht aus den neuen Bundesländern, sondern aus den alten Bundesländern - Schleswig-Holstein; manche von hier haben ja auch eine besondere Affinität dazu. Aber es lässt sich auch deshalb gut darstellen, weil dieses Bundesland mit seinen Strukturdaten in einer Bevölkerungsgenese auch sehr ähnlich unserem Bundesland ist. Schleswig-Holstein, die dortige Landesregierung hat jetzt einen Landeshaushalt für 2010 aufgestellt mit einem Haushaltsvolumen von 8,1 Mrd. €. Wir haben einen Haushalt verabschiedet mit einem Haushaltsvolumen

von 9,8 Mrd. €. Dazwischen liegt die nicht gerade kleine Summe von 1,7 Mrd. € Mehrausgaben. Dazu muss man aber finanzpolitisch sauber eine Zahl dagegenrechnen, nämlich die uns zufließenden Solidarpaktmittel, die genau notwendig sind, um teilungsbedingte Lasten aufzuholen. Die betragen ungefähr in dem Haushalt 2010 noch ein Stück mehr als 1 Mrd. €, d.h. aber, selbst wenn man diese Zusatzeinnahmen, die Zusatzausgaben bewirken müssen, dagegenrechnet, bleibt es dabei, dass wir im Vergleich mit den Strukturdaten von Schleswig-Holstein immerhin noch zum gegenwärtigen Zeitpunkt 700 Mio. € mehr ausgeben als das vergleichbare Flächenland West.

Jetzt kommt aber eines dazu: Weil wir wissen, dass die Solidarpaktmittel degressiv sind, müssen wir nicht nur diese 700 Mio. € Mehrausgaben reduzieren, sondern immer auch noch verkraften, unsere Ausgaben zurückführen, dort, wo wir durch teilungsbedingte Lasten Zusatzeinnahmen haben, die Ausgaben bewerkstelligen sollen, dass wir dieses Haushaltsvolumen zusätzlich zurückführen müssen. Das ist die große Aufgabe, die dabei ist, und die stellt uns vor ganz große Herausforderungen. Ich will eines sagen: Alle die, die uns heute noch unterstützen - und es sind immerhin 80 Prozent der Thüringer die sagen, lieber ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag seinlassen, als neue Schulden zu machen. Wenn es konkret wird, ist es natürlich schwieriger, aber uns befreit es als Politiker nicht, sich trotzdem diesen Herausforderungen zu stellen. Ich will das gern auch noch mal an der Stelle deutlich sagen, weil das wichtig ist, dass wir uns nicht verstecken vor diesen wichtigen Aufgaben. Vielleicht kann ich es mit Friedrich Schiller sagen, der hat einmal gesagt vor ziemlich langer Zeit, ohne uns zu kennen und erst recht, ohne unseren Landeshaushalt zu kennen, leisten - also als Anspruch an die Politiker -, die sollen leisten, was das Volk, also was sie bedürfen und nicht, was sie loben. Das ist das Schwierige, was Politik immer wieder neu lernen muss; nicht nur das leisten, was das Volk lobt, sondern das, was das Volk bedarf. Ich will es auch mit unserem Anspruch sagen, weil der Mensch im Mittelpunkt steht, von dem, was wir politisch leisten wollen; immer auch Hilfe zur Selbsthilfe geben, die Schwachen nicht zurücklassen, aber auch Entfaltungsmöglichkeiten geben. Wir werden lernen müssen, dass da, wo wir in den letzten 20 Jahren besonders mit Staatsgeld, sozusagen mit Steuergeld - das ist ja nicht unser Geld, sondern es ist Steuergeld - zusätzliche Unterstützung geleistet haben, dass wir uns da aus manchen Bereichen zurückziehen müssen, um unserer selbst willen, um unseres Freistaats Zukunft willen. Da will ich an alle appellieren: Diese Aufgaben müssen wir leisten und der Thüringen-Monitor wird uns dabei helfen.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, ich will einen dritten Punkt ansprechen - der Zustand der politischen Kultur in Thüringen, weil dazu der Thüringen-Monitor auch sehr hilfreiche und wichtige Impulse für unsere eigene Debatte setzen kann. Der Thüringen-Monitor hat - das ist in den vergangen Tagen wiederholt vermeldet worden - in diesem Punkt zum Glück deutlich mehr Licht als Schatten zu bieten, vielleicht am besten in der Frage zusammengefasst, ob es Risse im politischen Fundament gibt. Der Hauptverfasser der Studie, Prof. Dr. Karl Schmitt, hat diesen alarmierenden Befund vor einigen Jahren zurückgezogen und die Daten geben ihm recht: Es gibt ein ausgesprochen hohes Grundvertrauen in die Demokratie als Staatsidee und wie wir es aus den letzten Thüringen-Monitoren auch wissen, auch zur Verfassungsordnung.

Meine Damen und Herren, das ist gut, dass sich unsere Thüringer Verfassung, das Demokratieverständnis unserer eigenen Bürger so verfestigt hat. Das war nicht abzusehen am Beginn der Gründung dieses Freistaats, dass das so gelingt. Dazu haben alle die beigetragen, die in der Mitte der Gesellschaft stehen und geholfen haben, zur Demokratie zu ermutigen und die Bürger auch einzuladen, an der Demokratie mitzumachen. Es ist gut, dass so viele Thüringer sich zu unserer Verfassungsordnung in Thüringen bekennen.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, damit das auch so bleibt, darf es keine Geschichtsvergessenheit geben. Aus aktuellem Anlass will ich etwas mit Blick auf die Kandidaten der Bundespräsidentschaftswahl sagen - auch wenn wir nicht unmittelbar allesamt beteiligt sind: Wenn ich lese, dass eine der drei Kandidaten zur Bundespräsidentschaftswahl sagt, die DDR sei kein Unrechtsstaat gewesen,

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Lothar de Maizière hat das gesagt.)

dann will ich es mit den beiden anderen Kandidaten, die zur Wahl stehen, halten, die das nämlich genau verurteilt haben und ich sage das ausdrücklich: Wir wenden uns gegen solche Geschichtsvergessenheit.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Ich sage ganz klar, da halte ich es mit Joachim Gauck, der ganz deutlich antwortet auf die Frage - „War die DDR ein Unrechtsstaat?“ -: Ja, es ist keine Frage von juristischen Seminaren, aber der Blick in die DDR zeigt eins, die DDR war keine Herrschaft des Rechts, sie hatte keine Gewaltenteilung, sie hatte keine rechtsstaatlichen Instanzen. Ich finde,

an dieser Stelle in der Bewertung der Geschichte DDR ist Joachim Gauck vollends zuzustimmen.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Deshalb nicht nur der Blick zurück, aber er ist wichtig, weil der Blick zurück auch zeigt, auf welchem Fundament wir uns für die Zukunftsfragen bewegen können. Deshalb will ich das an dieser Stelle angemerkt haben. Ich will aber auch sagen, dass es die Frage am Ende ist, wie wir uns unseren Bürgern selber zuwenden als Politiker in unserer Gesamtheit, wie wir auch auftreten, wie wir Debatten führen, wie wir miteinander in der Kultur der Debatte umgehen. Ich will ausdrücklich sagen: Ich bin ein Freund der politischen Debatte, sonst wäre ich gar nicht Mitglied dieses Parlaments. Es muss diese Auseinandersetzungen geben und es muss diese klare Trennschärfe geben. Wir müssen wissen, warum sind wir in der CDU-Fraktion und warum sind die anderen bei den GRÜNEN gelandet und warum haben uns die Liberalen - jedenfalls für die nächsten vier Jahre noch - unsere Mandate weggenommen. Das wird sich alles wieder ändern,

(Heiterkeit FDP)

aber dazu braucht man eine gute Debatte und die muss dieses Parlament auch deutlich leisten.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das ist Ihr Demokratieverständnis.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wundern uns - ich habe das ja im Vorfeld gelesen -, dass nicht alle Thüringer wissen, wie viele Fraktionen in diesem Parlament sind. 20 Prozent haben richtig getippt, die also wussten, dass neben CDU, SPD und LINKE auch noch die GRÜNEN und die FDP im Thüringer Landtag sind. Wir haben das immer begrüßt von Anfang an dieser Wahlperiode und haben gesagt, der Landtag ist bunter, er ist vielfältiger, es ist schöner, mehr miteinander zu streiten. Das hat ja auch den Vorteil - das habe ich ja auch zum Tag der offenen Tür wiederholt -, dass nicht eine Oppositionspartei meint, sie hat den Alleinvertretungsanspruch für Opposition. Das beruhigt uns mehr als regierungstragende Fraktion, dass da mehr Breite in der Opposition ist, das ist gut so. Es freut uns und hilft auch der Debatte. Aber ich will eins sagen, ich bin da nicht so erschüttert, dass nicht alle Thüringer wissen, wie viele Fraktionen in diesem Parlament sind. Ich will es aber auch ganz selbstverständlich sagen. Wenn 40 Prozent der GRÜNEN-Anhänger und der FDP-Anhänger nicht wissen, dass ihre Fraktion oder ihre Partei im Parlament vertreten ist, dann wissen es immerhin 60 Prozent. Jetzt muss man mal aus

rechnen, wie viele das dann wieder sind von den Befragten im Prozentanteil. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Anteil derer, die das wissen, immer noch höher ist als die Wähler, die die beiden Fraktionen jetzt am Ende am 30. August als Wähler auf sich vereinigen konnten. Dann ist es auch ein Erfolg, wenn nicht nur die wissen, die eine Fraktion, die sie gewählt haben, ist im Landtag vertreten, sondern dass dieser Kreis größer geworden ist. Das kann uns doch ermutigen, aber ich sage auch mal eins, das will ich auch deutlich sagen, dass nicht alle CDU-Wähler wissen oder wissen wollen, dass es fünf Fraktionen in diesem Parlament sind, das ist auch nicht schlimm. Die haben die Hoffnung darauf, dass 2014 wir wieder größer werden und darauf haben sie sich einfach in ihren Antworten konzentriert.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Oh, oh, oh. Erich Honecker würde er- blassen.)

(Unruhe im Haus)

Meine Damen und Herren, nichtsdestotrotz auch noch mal ganz ernsthaft gesagt, dass das Zutrauen in Regierung und Parlament abgenommen hat, in den zehn Jahren Thüringen-Monitor, das kann uns als Politiker nicht mit Heiterkeit erfüllen. Das muss uns zum Nachdenken bewegen. Da ist es natürlich gut, da habe ich auch an der einen Stelle Beifall geklatscht, auch bei der Rede von Bodo Ramelow von der Linkspartei, als er gesagt hat, vielleicht hilft auch mehr Übertragung dieses Parlaments an sich, um mehr Leute an der Debatte teilhaben zu lassen. Wir haben insgesamt die Aufgabe als Parteien, aber auch als Fraktionen, mehr politische Bildungsarbeit zu leisten. Wir haben auch dieses Jahr schon gemeinsam etwas Richtiges entschieden, wir haben nämlich entschieden, im Haushalt 2010, dass die politischen Stiftungen mehr Geld für politische Bildungsarbeit bekommen, weil sie genau an diesem Defizit ansetzen sollen, mit mehr politischer Bildungsarbeit dazu beizutragen, dass mehr Demokratieverständnis entsteht und mehr Bezug zum Parlament und der Arbeit hergestellt wird. Ich glaube, der Thüringer Landtag hat an der Stelle mit der Verabschiedung zum Haushalt 2010 eine wichtige und richtige Entscheidung getroffen.

Meine Damen und Herren, der Thüringen-Monitor gibt auf die Frage der Feinde des demokratischen Verfassungsstaates auch eine Antwort: Er gibt keinen Grund zur Entwarnung, er gibt auch keinen Anlass zu besonderem Alarm. Die unter dem Gesichtspunkt der Systemstabilität problematischste Gruppe, so schreibt es der Thüringen-Monitor und seine Verfasser - nämlich die Gruppe der Antidemokraten -

liegt seit Jahren relativ konstant um 6 Prozent und die Demokratieskeptiker oder Nichtdemokraten erreichen einen Wert von etwa 15 Prozent, der seit Langem sich ebenfalls auf diesem Niveau bewegt.

Es ist eine Gruppe, die hadert mit der Demokratie. Wir lesen aus dem Thüringen-Monitor, dass sie deshalb nicht der Diktatur zugeneigt sind, aber es muss unsere Aufgabe sein als Demokraten der Mitte, dafür Sorge zu tragen, dass die, die sich selbst als Demokratieskeptiker sehen oder gar als Nichtdemokraten, und noch schlimmer die, die sich als Antidemokraten sehen, dazu beizutragen durch Bildungsarbeit und durch unser kluges, auch vorausschauendes Handeln, zu helfen, dass diese Leute sich auch zur Demokratie bekennen. Das bleibt die große langfristige Aufgabe, die wir gemeinsam leisten müssen.

(Beifall CDU, SPD)

Meine Damen und Herren, ob der freiheitlich-demokratischen Grundordnung daraus eine Gefahr erwächst, das hängt allerdings davon ab, welche systemalternativen Vorschläge den Bürgern vorschweben. Ich will ausdrücklich an das, was Uwe Barth gesagt hat, anknüpfen, weil ich das auch so sehe, dass wir am Ende zunächst schauen müssen, dass alle die, die sich als Antidemokraten sehen, als Nichtdemokraten sehen, als Demokratieskeptiker sehen oder noch schlimmer, die, die mit dem Verfassungsstaat hadern, dass die am Ende zunächst alle theoretisch auch zu Diktatoren werden können und zu Extremisten sich auch auslegen lassen und damit unsere Demokratie in der Mitte auch gefährden. Deshalb müssen wir unseren Blick sowohl ausdrücklich auch gegen den Rechtsextremismus richten, aber ich sage auch vornehmlich, es muss unsere gemeinsame Anstrengung sein - ich bin der Sozialministerin Frau Taubert besonders dankbar, weil sie das in dieser Woche gesagt hat -, wir müssen auch darauf schauen, dass die linksextremistischen Gewalttaten in Thüringen zurückgehen und nicht weiter zunehmen, wie man es aus den Verfassungsschutzberichten kennt.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Dass wir am 1. Mai jetzt fast zur Regelmäßigkeit 1 Mio. € Steuergelder in die Hand nehmen müssen, um dafür Sorge zu tragen, dass Verfassungsfeinde und Extremisten nicht mit Gewalt aufeinander losgehen, unsere Innenstädte zerstören und Eigentum kaputtschlagen, weil Polizeiaufwand so groß ist, das muss uns mit Sorge erfüllen. Wenn dann auch noch diese Chaoten, diese Gewalttäter die Faust und Steine heben gegen Polizisten und gegen Rettungskräfte, dann müssen wir Sorge dafür tragen, dass wir rechtliche Rahmenbedingungen schaffen, dass diese Gewaltexzesse gegen die Helfer der Demokratie

nicht zunehmen, sondern mit harter Strafe bestraft werden.