Protocol of the Session on April 28, 2010

Herr Präsident, die Landesregierung ist immer antwortfähig. Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten

Adams beantworte ich daher im Namen der Landesregierung im Zusammenhang wie folgt:

Nachdem das Bundesfinanzministerium mitgeteilt hatte, dass für Thüringen ca. 1,2 Mio. € aus der dritten Tranche des Mauerfonds zur Verfügung gestellt werden können, sind die Fachressorts gebeten worden, geeignete Projekte vorzuschlagen. Wegen des bevorstehenden Endes der 4. Legislaturperiode sollte es der Landesregierung in der 5. Legislaturperiode vorbehalten bleiben, über die durchzuführenden Projekte zu entscheiden. Zwischenzeitlich ist mit den Ministerien, die Mittel aus dem Fonds beansprucht haben, Einvernehmen über die Projekte erzielt worden. Dieser Vorschlag wird der Landesregierung im Mai 2010 zur Entscheidung vorgelegt. Bei der Entscheidung über die Projekte ist der Beschluss über den Haushalt 2010 zu berücksichtigen. Weiterhin dürfen die Mittel des Mauerfonds nach der Mauergrundstücksverordnung nicht für die Erfüllung von rechtlichen Verpflichtungen eingesetzt werden. Die Durchführung der Projekte steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages, der die Mittel entsperren muss. Sobald diese Entscheidung vorliegt, können die Mittel projektbezogen beim Bundesfinanzministerium abgerufen werden. Es ist noch darauf hinzuweisen, dass die Projekte über mehrere Jahre verteilt durchgeführt werden können. Es ist also kein Zeitpunkt vorgegeben, bis zu dem die Mittel abgerufen werden müssen. So sind die Mittel der ersten Tranche zwischen 2001 und 2004 verausgabt worden. Aus den Mitteln der zweiten Tranche, die 2005 zur Verfügung gestellt wurden, laufen Projekte des Grünen Bandes sowie Initiativen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur noch in diesem Jahr. Pressemitteilungen, wonach Thüringen irgendwelche Mittel aus dem Mauerfonds hätte verfallen lassen, sind nicht zutreffend.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Doch, es gibt - leicht verspätet - eine Nachfrage vom Abgeordneten Adams.

Sehr geehrter Herr Minister, meine Frage 1 hieß ja: Warum hat man nicht schon Mittel abgefordert? Das frage ich besonders vor dem Hintergrund eines Schreibens aus dem Bundesfinanzministerium an die Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages aus dem März dieses Jahres. In diesem Schreiben wird nämlich zu der Mittelfreigabe hier gesprochen. Alle anderen Länder, die im Einigungsvertrag genannt sind, Sachsen und Brandenburg, die auch Landtagswahlen und auch neue Re

gierungen haben, haben schon abgefordert und jetzt kommt meine Frage: Ist es nicht peinlich für Thüringen, dass in diesem Schreiben sich folgender Satz findet - es fängt mit Sachsen-Anhalt an und beginnt dann mit Thüringen - „... und Thüringen sich trotz gewährter Fristverlängerung derzeit nicht in der Lage sieht, Vorschläge für Förderprojekte zu übersenden, wird die Entsperrung lediglich für den Gesamtbetrag von“ - dieser ist jetzt abgesenkt - „beantragt. Ein Antrag auf Freigabe, der dem Freistaat Thüringen aus der dritten Tranche zustehenden Mittel wird zu einem späteren Zeitpunkt gestellt.“ Das heißt also, es ist schon richtig, wie Sie sagen, dass wir die Mittel nicht verfallen lassen haben, aber wir sind das absolute Schlusslicht in ganz Ostdeutschland und die Frage ist: Ist das nicht peinlich?

Sehr geehrter Herr Adams, für die Landesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren, kommt es darauf an, dass wir vernünftige Projekte definieren und nicht möglichst schnell Mittel verausgaben, insofern, glaube ich, ist der hier besprochene Weg der Landesregierung, dass wir uns im Mai 2010 auf vernünftige Projekte einigen, ein deutlich besserer, als sich womöglich vorzeitig und übereilt auf Projekte zu verständigen, die vielleicht nicht so klug gewählt sind.

Ich sehe keinen weiteren Fragebedarf. Danke, Herr Minister. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/715.

Danke, Herr Präsident.

Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens zur Einleitung eines Bürgermeisterabwahlverfahrens

Mit der Neuregelung in der Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) sind die Zulässigkeitsbestimmungen für die Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden erweitert worden. Ein erfolgreicher Bürgerentscheid hat die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses. Nach § 28 Abs. 6 ThürKO bedarf die Einleitung eines Bürgermeisterabwahlverfahrens eines Beschlusses von zwei Dritteln der Mitglieder des Gemeinderates. Der „Unzulässigkeitskatalog“ für Bürgerbegehren nach § 17 Abs. 2 ThürKO enthält keinen Verweis hinsichtlich der möglichen Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens zur Einleitung eines Bürgermeisterabwahlverfahrens.

Ich frage die Landesregierung:

1. Inwieweit ist ein Bürgerbegehren zur Einleitung eines Bürgermeisterabwahlverfahrens zulässig und wie wird dies durch die Landesregierung begründet?

2. Wie gestaltet sich das konkrete Verfahren zur Durchführung eines Bürgerbegehrens und Bürgerentscheids, das auf die Einleitung eines Bürgermeisterabwahlverfahrens zielt?

3. Sollte ein Bürgerbegehren zur Einleitung eines Bürgermeisterabwahlverfahrens aus Sicht der Landesregierung unzulässig sein, wie begründet es sich, dass im „Ausschlusskatalog“ des § 17 Abs. 2 ThürKO die Unzulässigkeit eines solchen Bürgerbegehrens nicht ausdrücklich benannt wird?

4. Welcher gesetzgeberische Klarstellungsbedarf besteht aus Sicht der Landesregierung im Zusammenhang mit dem nachgefragten Sachverhalt und wie wird dies begründet?

Für die Landesregierung antwortet der Innenminister Prof. Huber.

Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Ein Bürgerbegehren zur Einleitung eines Bürgermeisterabwahlverfahrens ist nicht zulässig. Das Abwahlverfahren ist in § 28 Abs. 6 ThürKO abschließend geregelt. Einem Antrag, der auf Einleitung eines Abwahlverfahrens im Wege des Bürgerbegehrens oder Bürgerentscheids nach § 17 ThürKO gerichtet wäre, stünde die spezialgesetzliche Regelung des § 28 Abs. 6 ThürKO entgegen. Er wäre deshalb als Antrag, der ein gesetzwidriges Ziel verfolgt, nach § 17 Abs. 2 Nr. 8 ThürKO unzulässig.

Zu 2: Die konkreten Vorgaben zur Einleitung eines Abwahlverfahrens sind in § 28 Abs. 6 Sätze 4 und 5 ThürKO geregelt. Danach bedarf es zur Einleitung des Abwahlverfahrens eines Beschlusses von zwei Dritteln der Mitglieder des Gemeinderates. Zwischen der Antragstellung und Beratung sowie der Beschlussfassung müssen mindestens 14 Tage liegen.

Zu 3: Hier verweise ich auf meine Ausführungen zu 1.

Zu 4: Die Landesregierung hält die bestehenden Regelungen für sachgerecht; ein gesetzgeberischer Klarstellungsbedarf wird nicht gesehen.

Es gibt eine Nachfrage durch den Fragesteller.

Danke, Herr Präsident. Herr Minister, vieles spricht dafür, dass es eine Auslegungsfrage ist, was Sie jetzt formuliert haben, deswegen meine Nachfragen. In § 28 Abs. 6 ThürKO steht, dass die Einleitung des Abwahlverfahrens durch Beschluss des Gemeinderates mit Zweidrittelmehrheit erfolgt. In § 17 ThürKO geht es um die Wirkung des Bürgerbegehrens/Bürgerentscheides, hier steht, dass ein erfolgreicher Bürgerentscheid einen Beschluss des Gemeinderates mit der Wirkung von zwei Jahren ersetzt. Jetzt müssen Sie noch mal erklären, wieso ein Bürgerbegehren, das einen Gemeinderatsbeschluss ersetzen kann - die Stellung des Bürgermeisters ist im Negativkatalog nicht mehr erfasst -, ein rechtswidriges Ziel darstellen soll?

Auch im Thüringer Kommunalrecht gilt der allgemeine methodische Grundsatz „lex specialis derogat legi generali“, das heißt: Die allgemeinen Regeln gelten nicht, soweit es speziellere Bestimmungen gibt. Eine systematische Interpretation der von Ihnen zitierten § 28 Abs. 6 und § 17 Thüringer Kommunalordnung ergibt, dass sich der Gesetzgeber - und das ergibt sich insbesondere aus dem qualifizierten Mehrheitserfordernis - auf eine einzige Form der Abwahl eines Bürgermeisters festgelegt hat, nämlich auf diejenige, die durch den Gemeinderat mit Zweidrittelmehrheit initiiert wird. Das macht auch Sinn vor dem Hintergrund, dass der Bürgermeister direkt gewählt ist und insofern eine unmittelbare demokratische Legitimation besitzt, die nicht permanent infrage gestellt werden soll. Es rechtfertigt sich aber aus der Stabilität der Ämter und der Effektivität der Verwaltung.

Rein dogmatisch, auslegungstechnisch kann man, glaube ich, aus diesen qualifizierten Anforderungen entnehmen, dass es sich um eine Spezialregelung handelt, die den allgemeinen Regelungen über Beschlussfassung von Gemeinderäten und ihnen gleichstehenden Bürgerentscheiden vorgeht.

Die zweite Nachfrage durch den Fragesteller.

Danke, Herr Präsident. Herr Minister, welche Kenntnisse haben Sie denn zu möglichen Regelungen in dieser Frage in anderen Bundesländern?

Keine präsenten Kenntnisse, aber jeder Jurist kann sich in neue Rechtstexte einarbeiten.

Danke, Herr Innenminister. Ich sehe keine weiteren Nachfragen und rufe deshalb auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Untermann von der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/797.

Danke, Herr Präsident.

Information zur Verkehrsschilderproblematik in Thüringen

Aufgrund der Änderungen der Straßenverkehrsordnung im letzten Jahr sollte eine große Anzahl von Verkehrsschildern ersetzt werden bzw. gab es eine Reihe neuer Verkehrsschilder (wie z. B. zu den Umweltzonen). Nach Information des Ausschusses für Bau, Landesentwicklung und Verkehr seien die schon beschlossen gewesenen etwa 300 Änderungen der Straßenverkehrsordnung nichtig, man wolle diese Änderungen jedoch unter Beachtung aller rechtlicher Regelungen (auch des Zitiergebots) bis zum Herbst dieses Jahres wieder aufleben lassen. Eine Information der Kommunen und der Öffentlichkeit darüber sowie über die Betroffenheit vom zu erwartenden Verkehrsschilderaustausch in den neuen Ländern und über das beabsichtigt gewesene Fortgelten alter Verkehrsschilder erscheint - weil zu wenig bekannt - meines Erachtens sinnvoll.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hat die Landesregierung bzw. wie beabsichtigt sie die Verantwortlichen vor Ort in den Kommunen und die Öffentlichkeit als Verkehrsteilnehmer über die derzeitige Rechtslage bezüglich der Straßenverkehrsordnung, über das beabsichtigte Verfahren der Änderung der Straßenverkehrsordnung im Herbst 2010 und über das beabsichtigte Fortgelten bisheriger Verkehrsschilder zu informieren, bzw. wie hat sie diese Anliegen beim Bundesverkehrsminister im Interesse der Vorgenannten vorgetragen?

2. Wie hoch beziffert die Landesregierung auf der Grundlage der für Herbst 2010 zu erwartenden neuen Straßenverkehrsordnung die Kosten für die

Modernisierung der Verkehrsschilder (eventueller Austausch bzw. notwendige neue Verkehrsschilder) in Thüringen insgesamt (bitte nach Personal- und Sachkosten differenzieren)?

3. Wie viele Verkehrsschilder wären von der beabsichtigten Änderung der Straßenverkehrsordnung im Herbst 2010 nach Kenntnis der Landesregierung in Thüringen betroffen?

4. Plant die Landesregierung nach Inkrafttreten der für Herbst 2010 beabsichtigten neuen Straßenverkehrsordnung die Kommunen bei der Finanzierung zu unterstützen und wenn ja, in welchem Umfang soll die Unterstützung erfolgen?

Für die Landesregierung antwortet der Minister für Bau, Landesentwicklung und Verkehr. Herr Minister Carius, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, vielen Dank. Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Untermann beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt. Gestatten Sie mir allerdings vorab einige klarstellende Ausführungen zum Sachverhalt.

Im Rahmen der Beratung zur 46. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften wurde vom Bundesjustizministerium die Streichung einer Übergangsfrist eingefordert, die die Gültigkeit von Verkehrszeichen in der Gestaltung nach der bis zum 1. Juli 1992 geltenden Fassung der Straßenverkehrsordnung vorsah. Ein Übergangszeitraum von 17 Jahren wurde als ausreichend bewertet.

Als Folge begann durch die Straßenverkehrsbehörden eine Überprüfung der angeordneten Verkehrszeichen und ein Austausch alter Schilder. Es kam hierbei zu Beschwerden, da die Verkehrszeichen aus Sicht der Kommunen nur wegen kleiner Änderungen in der Motivgestaltung ausgetauscht werden müssten und die Kosten hierfür nicht gerechtfertigt seien. Das Bundesverkehrsministerium ließ daraufhin die Verordnung überprüfen.

Am 13. April 2010 erklärte der Bundesverkehrsminister, dass er wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot die letzte Änderung der Straßenverkehrsordnung für nichtig halte. In der Folge seien die vor 1992 aufgestellten Verkehrsschilder weiterhin gültig. Ein hierzu vom Bund angekündigtes Schreiben auf Staatssekretärsebene mit mehreren Hinweisen an die Länder ist bisher nicht eingegangen.

Nun zu den einzelnen Fragen:

Zu Frage 1: Die für die Umsetzung zuständigen unteren Straßenverkehrsbehörden wurden entsprechend meiner Eingangsbemerkung zum Sachverhalt informiert. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wurde von den Ländern gebeten, das Thema Nichtigkeit der 46. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften und mögliche Folgerungen für die Länder auf der nächsten Sitzung des Bund-Länder-Fachausschusses Straßenverkehrsordnung/Ordnungswidrigkeiten vom 4. bis 5. Mai 2010 zu behandeln. Im Ergebnis dieser Beratungen können weitere Informationen zum angedachten Verfahren der Änderung der Straßenverkehrsordnung an die Straßenverkehrsbehörden erteilt werden.

Zu Frage 2: Da die Übergangsregelungen der neu zu erarbeitenden Straßenverkehrsordnung nicht bekannt sind, kann hierzu noch keine konkrete Aussage getroffen werden. Es werden diesbezüglich auch keine Statistiken zu Verkehrszeichen geführt. Eine Abfrage bei einzelnen Straßenverkehrsbehörden hat allerdings ergeben, dass es wahrscheinlich nur noch wenige alte Verkehrszeichen in der Gestaltung bis 1992 in Thüringen gibt. So wurden von der Stadt Erfurt 10, von Eisenach ca. 15, von Heiligenstadt 22, von Meiningen 5 und von Waltershausen 4 Verkehrszeichen gemeldet.

Zu Frage 3: Ich verweise auf meine Ausführungen zu Frage 2.

Zu Frage 4: § 5 b des Straßenverkehrsgesetzes entsprechend trägt der Straßenbaulastträger die Kosten der Beschaffung, Anbringung, Entfernung, Unterhaltung und des Betriebs amtlicher Verkehrszeichen. Eine Unterstützung der Kommunen bei der Finanzierung ist durch die Landesregierung nicht vorgesehen und scheint mit Blick auf die gemeldeten Fälle auch entbehrlich zu sein. Es wird im Übrigen davon ausgegangen, dass nach der Neufassung der Straßenverkehrsordnung nur Verkehrszeichen aus Verkehrssicherheitsgründen zu ersetzen sein werden, insofern also eine relativ weitgehende Übergangsregelung getroffen wird.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke, Herr Minister. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/821.

Danke, Herr Präsident.