Protocol of the Session on April 28, 2010

Ich frage die Landesregierung:

1. Hatten das Innenministerium und die Verbandsversammlung davon Kenntnis?

2. Wurde der Stadtrat der Stadt Eisenach vor der entsprechenden Verbandsratswahl darüber in Kenntnis gesetzt?

3. Ist eine solche Abhängigkeit bzw. Geschäftsverbindung von Mitgliedern der beschlussfassenden Gremien des Zweckverbandes zulässig?

4. Sind Beschlüsse dieser Gremien dadurch möglicherweise ungültig oder angreifbar, wenn ja, welche?

Auch auf diese Frage antwortet der Innenminister Prof. Huber.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Meyer beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Das Thüringer Innenministerium hatte keine Kenntnis. Auch ist nach Mitteilung der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde nicht bekannt, ob die Verbandsversammlung des Zweckverbands von dem hier geschilderten Sachverhalt Kenntnis hatte.

Zu Frage 2: Nach Mitteilung des Landesverwaltungsamts wurde der Stadtrat der Stadt Eisenach vor der entsprechenden Verbandsratswahl nicht über das relevante Vertragsverhältnis des Verbandsrates mit dem Zweckverband in Kenntnis gesetzt. Dieses Vertragsverhältnis wurde erst nach der Verbandsratswahl begründet. Es handelt sich auch nicht um einen Anwendungsfall des § 27 Abs. 3 des Thüringer Gesetzes über die Kommunale Gemeinschaftsarbeit. Insbesondere geht es hier nicht um einen Beamten oder hauptberuflichen Angestellten des Zweckverbands, sondern um eine in geringem Umfang für den Verband freiberuflich tätige Person.

Zu Frage 3: Nach § 27 Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit können Verbandsräte nicht Beamte und hauptberufliche Angestellte des Zweckverbands sein.

Zu Frage 4: Der Verstoß gegen § 27 Abs. 3 des Gesetzes führt im vorliegenden Fall, das sagte ich vorhin bei der letzten Mündlichen Anfrage, weder zur Nichtigkeit noch zur Unwirksamkeit der durch die Verbandsversammlung gefassten Beschlüsse. Nach der zu vergleichbaren Fällen ergangenen Rechtsprechung ist dem Kommunalwahlrecht der Rechtsgedanke zu entnehmen, dass bei ungültigen Wahlen die vorher gefassten Beschlüsse Bestand haben. Dies geschieht aus Gründen der Rechtssicherheit.

Dazu gibt es jetzt Nachfragen. Herr Abgeordneter Meyer.

Herr Innenminister, halten Sie dieses Verhalten, dass ein Verbandsratsmitglied in offenbar gegen Recht verstoßender Weise auch dort beschäftigt war, für einen Einzelfall in diesem Zweckverband oder haben Sie Kenntnis davon, dass in Thüringen diese Fälle häufiger vorkommen?

Die Mündlichen Anfragen heute legen den Verdacht nahe, dass es in dem konkreten Zweckverband häufiger vorgekommen ist. Dass es sich hier um ein flächendeckendes Phänomen handelte, ist mir nicht bekannt, obgleich ich aus der Rechtsprechung der letzten 20 Jahre weiß, dass solche Fälle immer wieder mal vorgekommen sind, nicht nur im Freistaat Thüringen.

Gibt es jetzt weitere Nachfragen? Es gibt eine weitere Nachfrage. Herr Abgeordneter Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Minister, Sie formulieren in Ihren Antworten immer „nach Kenntnis der Rechtsaufsichtsbehörde“ bzw. „nach Information“. Kann man daraus schlussfolgern, wenn die sich anstrengen, nichts in Erfahrung zu bringen, dass sie uns auch hier nichts sagen könnten? Andersherum gefragt: Mit welcher Intensität bemüht sich denn die Landesregierung, an Informationen heranzukommen, um die Fragen der Abgeordneten sachgerecht zu be

antworten?

Herr Abgeordneter Kuschel, mit der verfassungsrechtlich gebotenen Intensität.

(Beifall CDU)

Jetzt gibt es noch eine Fragemöglichkeit für Sie, Herr Kuschel.

Eine zweite Frage, Frau Präsidentin. Herr Minister, zu Recht haben Sie darauf verwiesen, es gibt offenbar mehr Fälle. Verstärkt sich nicht der Eindruck und müssten Sie dort nicht handeln und wenn ja, in welcher Richtung, dass sich offenbar die Werksleitung und die Verbandsführung durch Abhängigkeitsverhältnisse die entsprechenden Mehrheiten in den Beschlussorganen sichern?

Herr Abgeordneter, wir haben die Frage im Innenausschuss auch schon gestreift. Ich würde Ihnen und Herrn Meyer sagen, wenn es ein flächendeckendes Phänomen ist und sich Anhaltspunkte dafür ergeben sollten, wird die Rechtsaufsicht natürlich intensiviert werden. Dafür habe ich im Moment aber keine Anhaltspunkte. Es reicht aus meiner Sicht, durchzusetzen, dass das Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit beachtet wird und Beamte und Angestellte des Zweckverbands nicht zugleich Verbandsräte sein können. Damit ist auch jeder Manipulation, wie Sie sie in Ihrer Frage unterstellen, der Boden entzogen.

Es gibt keine weiteren Nachfragen. Ich rufe jetzt die Anfrage der Frau Abgeordneten Schubert, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in der Drucksache 5/696 auf.

Förderung des Alltagsradverkehrs in Thüringen

Die Ministerpräsidentin führte in ihrer Regierungserklärung zum Amtsantritt aus: „Natürlich ist auch das Fahrrad in vielen Fällen eine gute und vor allem umweltfreundliche Alternative. Deshalb forcieren wir die Förderung und den Ausbau des Radwegenetzes nicht nur zu touristischen Zwecken, sondern auch für den Alltagsverkehr. Wir brauchen

Alltagsradwege im Land für die Menschen, die hier leben und arbeiten.“

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie ist der aktuelle Modal-Split des Radverkehrs im Berufsverkehr in Thüringen und welche Zielgrößen strebt die Landesregierung an?

2. Welche konkreten Maßnahmen plant die Landesregierung, um die in der Regierungserklärung angekündigten Verbesserungen für den Radverkehr im Alltag umzusetzen?

3. Betrachtet die Landesregierung die geplanten zehn Kilometer an neuen Radwegen an Landesstraßen als ausreichend, um das erklärte Ziel zu erreichen?

4. Sind für diese Maßnahmen Gesetzesänderungen geplant?

Für die Landesregierung antwortet Frau Staatssekretärin Dr. Eich-Born

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Schubert beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Nach Ergebnissen der bundesweiten Studie „Mobilität in Deutschland“, die auf Befragungsergebnissen des Jahres 2008 und 2009 beruht und im Februar 2010 veröffentlicht wurde, liegt der Modal-Split des Fahrrades bei den beruflichen Wegen, also in Ausübung eines Berufs oder Gewerbes in Thüringen, bei 7,6 Prozent. Thüringen wird damit nur von Berlin - man merke, einem Stadtstaat - mit 8,4 Prozent übertroffen. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 3,4 Prozent. Soweit die Anfrage sich auf die Nutzung des Fahrrads auf dem Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bezieht, ist leider eine aktuelle Antwort erst möglich, wenn die von Thüringen in Auftrag gegebene Regionalauswertung dieser Infratest-Studie vorliegt. Dies wird im Laufe des kommenden Sommers der Fall sein.

Zu Frage 2: Die Landesregierung hat die Absicht, mit dem Bau seitenbegleitender Radwege an Bundes- und Landesstraßen vorrangig an Strecken, die sowohl dem touristischen als auch dem Alltagsradverkehr dienen, schrittweise ein Netz von Radwegen zu entwickeln, das das Radfahren sowohl im Alltag als auch in der Freizeit attraktiv macht. Verbesserter Service und vielfältige Informationen

sollen dazu beitragen, öfter auf das Rad als Verkehrsmittel umzusteigen.

Zu Frage 3: Der Bau von Radwegen ist nur ein Teil der Lösung und kann nur langfristig konzipiert werden. Was wir auch benötigen, ist natürlich eine veränderte Mobilitätsphilosophie. Diese Aufgabe ist nicht mit Geld verbunden und hier ist Überzeugungsarbeit nötig.

Kommen wir zum pekuniären Teil, den Sie ja auch ganz konkret in Ihrer Frage ansprechen. Sie zielen ab auf einen Kostenansatz, der von unserem Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr benannt wird für den Bau von Radwegen pro Kilometer. Da ist ein Richtwert gegeben von um die 150.000 bis 170.000 € pro Kilometer neuen Radweg. Wenn Sie sich jetzt auf den Titel 10 06 im Haushalt berufen, dann sind dort insgesamt 1,53 Mio. € verankert. Das entspräche in der Tat in etwa der von Ihnen angegebenen Zahl von 10 Kilometern neuen Radwegen. Allerdings verfügt die Titelgruppe 766, der dieser Titel zugeordnet ist, über insgesamt 97 Mio. €, die darunter subsumierten Titel sind gegenseitig deckunsfähig, so dass sich hier noch der eine oder andere Spielraum ergibt.

Zu Frage 4: Die kann ich klar mit Nein beantworten.

Es gibt Nachfragen. Bitte, Frau Abgeordnete Schubert.

In den vergangenen Jahren war dieser Etat auch mit 1,5 Mio. jährlich angesetzt. Da sind sozusagen durch Umschichtung der Mittel am Ende über 2 Mio. € rausgekommen. Wie ist Ihre Einschätzung, wie sich das in den nächsten Jahren entwickeln könnte?

Also grundsätzlich: Erfahrungsgemäß ist es wohl so gewesen, dass hier immer zugeschustert werden konnte. Über die Höhe kann ich zurzeit keine Aussage machen. Ich bitte da um Ihr Verständnis. Das hängt von vielen Imponderabilien ab.

Es gibt keine weiteren Nachfragen. Die nächste Anfrage ist die des Abgeordneten Kuschel, Fraktion DIE LINKE, in der Drucksache 5/710.

Danke, Frau Präsidentin.

Hauptamtlicher Bürgermeister als ehrenamtlicher Beigeordneter des Ilm-Kreises

Der Kreistag des Ilm-Kreises hat unlängst den hauptamtlichen Bürgermeister der Gemeinde Wolfsberg zum ehrenamtlichen zweiten Beigeordneten des Landkreises gewählt. Der erste Beigeordnete des Ilm-Kreises ist hauptamtlich tätig.

Nach § 110 Thüringer Kommunalordnung vertreten die Beigeordneten den Landrat bei dessen Verhinderung. Da der Landrat auch als Rechtsaufsichtsbehörde gegenüber den kreisangehörigen Gemeinden fungiert, müssten die Beigeordneten bei Abwesenheit des Landrates auch diese Aufgabe der Rechtsaufsicht wahrnehmen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Unter welchen Voraussetzungen ist es zulässig, einen hauptamtlichen Bürgermeister einer kreisangehörigen Gemeinde zum ehrenamtlichen Beigeordneten eines Landkreises zu wählen, und liegen diese Voraussetzungen im nachgefragten Fall vor?

2. Wer nimmt die Aufgaben der Rechtsaufsicht im Ilm-Kreis wahr, wenn sowohl der Landrat als auch der erste Beigeordnete abwesend sein sollten und der zweite Beigeordnete gleichzeitig hauptamtlicher Bürgermeister einer kreisangehörigen Gemeinde ist?

3. Welche Rechtsfolgen im nachgefragten Fall entstehen, wenn sich bestätigen sollte, dass ein hauptamtlicher Bürgermeister einer kreisangehörigen Gemeinde nicht gleichzeitig ehrenamtlicher Beigeordneter des Landkreises sein darf?