Protocol of the Session on June 26, 2014

Klimaschutzgesetz des Freistaates Thüringen (ThürKlSchG) Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/7145 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz - Drucksache 5/7893

dazu: Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/7911

ZWEITE BERATUNG

Zunächst erhält der Abgeordnete Kummer das Wort zur Berichterstattung aus dem Ausschuss.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir beschäftigen uns bei diesem Tagesordnungspunkt mit dem Gesetzentwurf zu einem Klimaschutzgesetz des Freistaats Thüringen, ein Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der durch Beschluss des Landtags in der 141. Plenarsitzung am 23. Januar 2014 an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz überwiesen wurde.

Unser Ausschuss hat sich in vier Sitzungen mit diesem Thema beschäftigt. Wir haben ein Online-Diskussionsforum dazu durchgeführt und eine mündliche Anhörung. In der mündlichen Anhörung gab es

eine ganze Reihe von Hinweisen zum Gesetzentwurf. Daraus resultierte ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und in diesem Änderungsantrag ging es vor allem darum, einen finanziellen Ausgleich für die Kommunen festzulegen bezüglich der Kosten für die Herstellung von Klimakonzepten sowie eine Ermächtigung der Landesregierung zum Erlass einer Verordnung zu schaffen. Diese Änderungsanträge der Grünen wurden mehrheitlich im Ausschuss abgelehnt, genau wie auch der Gesetzentwurf; diese Beschlussempfehlung liegt Ihnen heute vor. Danke schön.

Ich eröffne die Aussprache und als Erste hat für die FDP-Fraktion Frau Abgeordnete Hitzing das Wort.

Frau Präsidentin, vielen Dank. Sehr geehrte Damen und Herren, wir beraten heute in zweiter Lesung das Klimaschutzgesetz. Herr Kollege Kummer hat die Berichterstattung abgegeben. Wir haben lange im Ausschuss darüber geredet und eines muss man als Allererstes sagen: Klimaschutz, das ist eine sehr große Herausforderung für alle gesellschaftlichen Schichten, alle Länder dieser Welt. Wir haben im Übrigen auch letztes Wochenende zum Tag der offenen Tür eine Diskussionsrunde zu genau diesem Thema gehabt. Das einzige Abkommen, auf das sich viele Länder der Welt konzentrieren - leider nicht alle - und womit sie sich zur Reduktion der Treibhausgasemission verpflichten, ist eben das Kyoto-Protokoll. Das ist das einzige Abkommen. Auch wenn vielen die Zahlen nicht weit genug gehen, auch wenn Folgevereinbarungen gescheitert sind, ist Kyoto doch die Grundlage der Klimapolitik. Auf europäischer Ebene haben wir weitere Ziele vereinbart wie eine Reduktion um 20 Prozent bis 2020 gegenüber 1990 sowie in den aktuellen Vorschlägen eine Reduktion der Emissionswerte um 40 Prozent bis zum Jahr 2030. Und wir sind auf dem Weg auch schon weit vorangekommen. Ich möchte es benennen: Deutschland hat seine derzeitigen Verpflichtungen mit einer Reduktion von 23,6 Prozent übererfüllt. Dazu hat gerade, meine Damen und Herren, natürlich die deutsche Wirtschaft einen erheblichen Teil beigetragen.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: So ist es). Grundlage des Klimaschutzes in der EU ist das europäische Emissionshandelssystem und dieses sieht eine Obergrenze für Emissionen aus Industrie- und Energieerzeugung vor. Wenn man sich nun als Land eine höhere Vorgabe zur Reduktion der Treibhausgase gibt, dann führt das dazu, dass letztlich am Markt mehr handelbare Zertifikate zur Verfügung stehen, deren Preis fallen wird. Damit (Minister Matschie)

kann in anderen europäischen Ländern mehr CO2 in die Luft geblasen werden.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: So ist das!)

So ist das System. In diesem System führen gesteigerte nationale oder gar regionale Vorgaben also nicht zu mehr Klimaschutz,

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das ist der Zusammenhang.)

sondern vor allem zu Wettbewerbsnachteilen.

(Beifall FDP)

Diese Gefahr, meine Damen und Herren, sehen wir auch gerade bei Ihrem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, denn Sie setzen ganz besonders ambitionierte Ziele. Eine Reduktion von 30 Prozent bis 2020 bzw. von 90 Prozent bis 2050, das geht sogar über die Vorgaben der rot-grünen Landesgesetze in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, die einerseits 25 Prozent bis 2020 wollen und andererseits 80 Prozent bis 2050, hinaus. Und sie gehen außerdem noch vom üblichen Referenzjahr 1990 ab und wollen auf 1995 als Basis. Wir finden, das ist willkürlich gesetzt, das 1995, aber damit wollen sie natürlich zunächst die Reduktion der Emission infolge des Zusammenbruchs der DDR-Wirtschaft ausklammern. Aber, meine Damen und Herren, wir dürfen nicht vergessen, dass aus dem Niedergang der sozialistischen Misswirtschaft viele andere Belastungen für die Menschen, besonders auch in Thüringen, entstanden sind,

(Beifall FDP)

zum Beispiel Arbeitsplatzverluste, Umweltschäden mussten bearbeitet werden. Gerade die Menschen in Thüringen und alle in den neuen Bundesländern müssen mit diesen Schwierigkeiten bis heute leben und müssen diese auch bis heute tragen. Jetzt wollen Sie das Ende der DDR noch als Begründung nehmen, um von den Menschen in unserem Freistaat höhere Anstrengungen beim Klimaschutz zu fordern als in anderen Ländern. Das ist meines Erachtens nicht fair. Deshalb werden wir auch, das können Sie sich denken, diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

(Beifall FDP)

Ich möchte aber vor allem auch die Kritik aufgreifen, die in der Anhörung des Ausschusses von den kommunalen Spitzenverbänden vorgebracht wurde. Ein zentraler Klimaschutzplan mit neuen Standards würde massiv, aber sehr massiv in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen, meine Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wieso denn?)

Denn er setzt Vorgaben auf Landesebene, nach denen sich auch die Kreise, Städte und Gemeinden

richten müssten, und dem folgt die verpflichtende Vorgabe kommunaler Klimaschutzkonzepte.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die erstellen die selbst.)

Die Erarbeitung - Moment noch, Herr Adams - und die Umsetzung derartiger Konzepte ist erstens mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden und bedeutet natürlich ebenfalls eine Erhöhung kommunal belastender Standards. Dazu fehlen eine Kostenfolgeabschätzung und eine klare Regelung des Kostenausgleichs für die zu beschließenden Maßnahmen. Das steht nirgends. So wird finanzielle Belastung, finanzielle Verantwortung zulasten der Kommunen verschoben und es wird den Kommunen aber nicht gesagt, wie sie das eigentlich schultern sollen. Das ist nicht akzeptabel.

(Beifall FDP)

Im Entwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird zudem die Klimaanpassung unserer Meinung nach unzureichend berücksichtigt. Wir müssen uns aber zum Beispiel bei der Bauplanung, in der Land- und Forstwirtschaft und beim Hochwasserschutz auch auf die Folgen des Klimawandels einstellen. Dies ist eher durch Landespolitik zu gestalten als die Vorgabe von Zielen zur Reduktion von Emissionen. Ich habe bereits erklärt, warum das regional wahrscheinlich nach hinten losgehen kann.

Mein Fazit, unser Fazit: Wir brauchen Anstrengungen für mehr Klimaschutz, ja, und auch die Landespolitik ist hier gefordert, ja. Den Weg der Grünen mit besonders hohen Vorgaben zulasten der Kommunen hier in Thüringen und des Wirtschaftsstandortes Thüringen, den lehnen wir hingegen vehement ab. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Primas das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Ziel des Gesetzentwurfs ist eine gesetzliche Verankerung der Klimaschutzziele in Thüringen und die Schaffung der rechtlichen Grundlagen für die Erarbeitung und Umsetzung von Emissionsminderungs- und -anpassungsmaßnahmen. Dazu wollen die Grünen verbindliche Klimaschutzziele festlegen, einen Landesklimaschutzplan und kommunale Klimaschutzkonzepte vorschreiben, einen Klimaschutzrat einrichten und umfangreiche Berichtspflichten sowie eine wissenschaftliche Begleitung gesetzlich verankern. All das soll für Land, Kommunen und Bürger verpflichtend werden. Meine Damen und Herren, ich sage das gleich am Anfang, all das lehnen wir ab.

(Abg. Hitzing)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und was machen wir stattdes- sen?)

(Beifall CDU)

Wir sind der klaren Auffassung, dass es eben nicht helfen wird, Herr Adams, den Menschen in diesem Bereich auch noch Vorschriften mit einem eigenen Gesetz zu machen. Vor dem Hintergrund der bisherigen Klimaschutzpolitik ist ein solches Gesetz auch völlig überflüssig. Wir haben bereits ein sogenanntes Klima- und Anpassungsprogramm sowie eine Energie- und Klimastrategie für Thüringen 2015. Zudem wurde im Sommer 2013 vom Landwirtschaftsministerium das integrierte Maßnahmenprogramm zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels im Freistaat Thüringen IMPAKT vorgestellt. Alle Notwendigkeiten sind dort beschrieben und es sind die Wege aufgezeigt, Klimaschutzziele auch zu erreichen. Was alles in diesem Bereich schon getan wird, wird von Ihnen völlig negiert. Für eine gesetzliche Regelung, ich sage es noch einmal, besteht tatsächlich keine Notwendigkeit. Insbesondere lehnen wir die verpflichtenden Regelungen für die Kommunen ab, die zu zusätzlichen Ausgaben führen. Das haben die Kommunen uns in der Anhörung auch erzählt, das geht gar nicht.

Meine Damen und Herren, wir haben aber nicht umsonst den Gesetzentwurf im Ausschuss mehrfach beraten. Herr Kummer hat darüber berichtet und schon Stellung bezogen. Wir haben umfangreiche Anhörungen durchgeführt. Dabei ist uns ausdrücklich ins Bewusstsein gerufen worden, dass der Klimawandel ein globales Problem mit regionalen Konsequenzen ist. So weit, so gut.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit lokalen Handlungsmöglichkei- ten.)

Es ist ja nun nicht so, dass wir uns darüber nicht vorher im Klaren waren. Was wir aber ganz konkret brauchen, ist, wir müssen entsprechende Strategien zum Umgang mit dem Klimawandel entwickeln.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Okay.)

Das wird immer dringender. Und deshalb hat die Landesregierung eine solche Strategie vorgelegt,

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, nur zur Anpassung.)

das integrierte Maßnahmenprogramm zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels im Freistaat Thüringen IMPAKT vorgelegt.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau, nur Anpassung.)

Es liegt alles da.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie haben den Klimaschutz schon aufgegeben.)

Es ist nur nicht von Ihnen, das ist das Problem. Wenn das jetzt von Ihnen gewesen wäre, hätten wir die Diskussion hier überhaupt nicht.

(Beifall CDU)

Aber es ist nun einmal von der Landesregierung vorgelegt worden und das passt Ihnen nicht. Und da machen wir schnell noch einmal ein Gesetz, um in der Öffentlichkeit deutlich zu machen, wir sind eigentlich die, die es machen. Was die da in der Landesregierung oder CDU oder Koalition machen, das ist ja alles nichts. Das müssen wir negieren und beiseitelegen.

(Zwischenruf Abg. Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ja auch so.)