Protocol of the Session on April 10, 2014

Nun werden Sie sicher auf die Bürgerbusse in NRW, Baden-Württemberg oder in Österreich verweisen, bei denen diese Systeme schon funktionie

ren und teilweise gut angenommen werden. Außer in NRW, wo Bürgerbusse über die Verkehrsunternehmen auf konzessionierten Linien betrieben werden, bewegen sich meines Erachtens alle anderen Modelle im genehmigungsfreien Raum in einer gesetzlichen Grauzone. Da gibt es auch noch Fragen, die nicht hinreichend geklärt werden - brauchen die eine Genehmigung - ja oder nein? Wie werden die Kosten gedeckt? Wer finanziert das Fahrzeug? Wie gewinne ich ehrenamtliche Fahrer? Ist auf die Erlöse Einkommensteuer zu entrichten? Ist die Mobilität im Sinne einer Vereinsgründung gemeinnützig oder trete ich einem Verein bei, um das zu nutzen?

Da gibt es noch eine Menge Fragen und diese Fragen sind nicht in diesem Gesetz geregelt, sondern müssen im Personenbeförderungsgesetz geregelt werden und dafür ist der Bund zuständig. Wir sind der Auffassung, dass - bevor wir das hier in diesem Gesetz ändern müssen - erst der Bund die Regelungen ändern muss. Das ist auch in dem aktuellen Koalitionsvertrag integriert worden. Wir möchten das als CDU-Fraktion gern zum Anlass nehmen, den Minister Carius zu ermutigen, den Bund von einer Änderung des Personenbeförderungsgesetzes zu überzeugen und Thüringer Modelle zu schaffen, welche insbesondere die Fragen beantworten, wie die Mobilität zukünftig im ländlichen Raum sichergestellt werden kann.

Frau Abgeordnete, ich dachte, Sie haben gesehen, dass die 20 Minuten um sind.

Ja - ich bin auch gleich fertig. Wollte noch ein gutes Beispiel...

Nein - Sie bringen jetzt kein gutes Beispiel mehr. Das waren …

… aus der Gemeinde Werther, Landkreis Nordhausen anschließen, aber das kann man alles nachlesen.

Das können Sie dann woanders machen. Die Redezeit ist zu Ende.

Die CDU-Fraktion stimmt einer Überweisung nicht zu. Danke schön.

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Beifall CDU)

Ich rufe für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Dr. Lukin auf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich finde es eigentlich bedauerlich, dass Frau Tasch und die CDU sich solche Mühe gegeben haben, diesen Gesetzentwurf hier abschließend zu behandeln, nicht an den Ausschuss zu überweisen. Ich denke, man muss nicht mit allen Punkten einverstanden sein, aber das Thema ist sehr wichtig. Es ist auch kein sehr exotisches Thema.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Andere Bundesländer - wie beispielsweise Rheinland-Pfalz - haben seit 1992/93 an der Einführung und Ausweitung eines integralen Taktfahrplans gearbeitet. Sie haben versucht, die Angebote von ÖPNV, das heißt von Schiene und Bus, aufeinander abzustimmen, haben Expressbusse, haben also versucht, die Regionen und die Städte an das Gesamtnetz anzubinden und damit nicht nur die Schülerinnen und Schüler oder diejenigen, die über kein Auto verfügen, für den öffentlichen Personennahverkehr zu interessieren, sondern auch zu versuchen, gerade Autofahrer - also die Fahrer und Mitfahrer - auf das Umsteigen zum ÖPNV zu motivieren.

(Beifall DIE LINKE)

Hier in dem Gesetz finde ich zwei Punkte sehr interessant. Das war einmal die Frage in § 2 Abs. 3, der Thüringentakt - es wird ja auch insgesamt an einem Deutschlandtakt und an der Integration der Verkehrsmittel gearbeitet. Es ist nicht nur so, dass der eine von A bis B nur eine bestimmte Buslinie oder einen bestimmten Zug nutzen möchte, sondern es ist wichtig - man kann es auch insgesamt feststellen - dass die Hälfte aller Reisenden auch Nahverkehrsmittel nutzt, um an das Reiseziel zu kommen. Demzufolge sollte eine Vertaktung und eine Abstimmung schon notwendig sein. Wir können uns in Thüringen nicht darauf konzentrieren, dass wir uns einseitig nur auf die Hochgeschwindigkeitsstrecke orientieren und sternförmig die Expresszüge dort einfahren lassen, sicher auch notwendig, aber wir können, wenn wir uns die Nahverkehrsplanung anschauen, nicht schon vorbereitend mitteilen, dass in Zukunft mindestens 36 Haltepunkte entweder aufgegeben oder zumindest so weit überprüft werden, dass sie schon jetzt auf der - ich hätte jetzt fast gesagt „Abschussliste“, stimmt nicht - Reduzierungsliste oder Abschaffliste stehen. Ich finde es nicht gut, dass wir von vornherein nur auf

Schnellverbindungen orientieren, sondern wir müssen auch, Thüringen ist nun mal ein Flächenland, die Bewohner in den Grundzentren, in den dörflichen Gemeinden mit anbinden,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und zwar verbinden vom Busverkehr, von Regionalbahn, von Regionalexpressen bis hin zum Fernverkehr. In dem Zusammenhang ist es auch nicht in Ordnung, dass wir gleichzeitig bestehende ICEVerbindungen reduzieren wollen.

(Zwischenruf Carius, Minister für Bau, Lan- desentwicklung und Verkehr: Wir nicht.)

Die Landesregierung nicht, aber die Bahn. Nicht umsonst wird im gerade beschlossenen Landesentwicklungsprogramm der polyzentrische Charakter von Thüringen erwähnt. Das heißt also, wir müssen uns mit der Nahverkehrsplanung darauf ausrichten. Hier wäre die Diskussion eines Thüringentaktes ein interessanter Gesichtspunkt.

Im Nahverkehrsplan, der mit einem Jahr Verspätung das Licht der Welt oder der Öffentlichkeit erblickt hat, ist leider nur eine Proklamation dazu vorhanden, wie der Schienenpersonennahverkehr und der Busverkehr zusammenfinden sollen. Hier wird wieder auf die kommunale Selbstverwaltung verwiesen und damit eine Barriere zwischen beiden errichtet. Ich denke, hier muss das Land tatsächlich eine koordinierende Funktion übernehmen. Dies ist ein wichtiger Punkt, ob er mit der im Koalitionsvertrag zumindest festgehaltenen Absichtserklärung, einen einheitlichen Verkehrsverbund mit einheitlichem Tarif und Takten in Thüringen zu errichten, ausreichend bestückt ist, wird sich zeigen. Aber zumindest sollte diese Zielstellung in der Landesplanung, sowohl was den Nahverkehr als auch was das Landesentwicklungsprogramm betrifft, noch stärker hervorgehoben werden.

Übrigens, das ist nicht eine Feststellung von Grünen oder von Linken. Sondern auch eine von der Landesregierung in Auftrag gegebene Studie „Zukunft der Organisation des ÖPNV im Freistaat Thüringen“ weist darauf hin, einmal auf die territoriale Kleinteiligkeit der Aufgabenträger, die hemmend an der Konstituierung so einer Vertaktung ist, als auch gleichzeitig darauf, dass wir einen einheitlichen Verkehrsverbund auf ganz Thüringen ausdehnen sollten.

Ein weiterer Punkt, der aus dem vorgelegten Gesetzentwurf interessant ist, ist der § 5 Abs. 2. Hier geht es noch einmal um die Absicht von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass der Thüringer Landtag den Nahverkehrsplan auf Basis des Vorschlags der Landesregierung beschließen sollte. Nun finde ich nicht, dass das so unmöglich ist, diese Forderung. Klar, die Landesregierung hat positive Ansätze für eine öffentliche Diskussion vorgelegt. Wir haben an den Regionalkonferenzen auch teilnehmen können.

(Abg. Tasch)

Dort wurden die kommunalen Verbände, die Kommunen vor Ort eingebunden. Es gab auch, das wurde ebenfalls positiv hervorgehoben, Anfragen an Fahrgastverbände, die sich zum vorliegenden Konzept äußern konnten. Aber nach wie vor ist unklar, was von den Vorschlägen denn überhaupt eingearbeitet wurde. Welche relevanten Gruppen wurden an der Diskussion beteiligt? Frau Tasch hat es erwähnt, es ist gang und gäbe, dass die Stadträte bzw. auch die Kreisräte sich mit einer ausführlichen Diskussion der vorliegenden Nahverkehrspläne beschäftigen und dass es im Stadtrat einen Beschluss dazu gibt, dass es mehrere Diskussionsrunden in öffentlichen Sitzungen, öffentliche Beschlussfassung gibt. Warum hat das die Landesregierung dann nicht gemacht und warum verhalten sich die Koalitionsfraktionen dem so ablehnend gegenüber? Der Nahverkehrsplan des Landes ist doch lediglich eine etwas höhere Stufung. Etwas, was ein Stadtrat für seinen Bereich beschließt, kann auch das Land oder der Landtag für das Land beschließen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Da würde ich keinen Grund sehen, dass man sich dagegen sperrt.

Was die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger betrifft, vorhin wurde das Beispiel Jena genannt, dort gab es auch die Erarbeitung eines Bürgernahverkehrsplans, auch das wäre eine Möglichkeit gewesen. Ich muss mal eines sagen, man muss doch nicht, wie vorhin gesagt wurde, jedem Bürger das Papierexemplar nach Hause schicken. Wir haben doch in unserem Land auch ein Internet. Wir haben allerdings vergeblich versucht, den Nahverkehrsplan ständig auf der Seite der Nahverkehrsgesellschaft des Landes zu erblicken.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist uns nicht gelungen, im Gegenteil, es war relativ abenteuerlich, wenigstens ein Exemplar zu ergattern und sich das Konzept vor der Veröffentlichung anzusehen bzw. vor der Diskussion, die über das fertige Konzept im Ausschuss stattgefunden hat. Hier würde ich bitten, dass die guten Ansätze, die zu verzeichnen waren, doch etwas forciert werden und dass man diesen Punkt zumindest mit aufrufen kann, dass der Landtag den Nahverkehrsplan des Landes, ein nicht unwichtiges Dokument für die nächsten fünf Jahre, dann auch beschließen sollte. Das Argument, dass eine Beschlussfassung ohne Landtag vielleicht zu einer Verkürzung der Bearbeitungsdauer führen könnte, hat, glaube ich, das Erscheinungsdatum des diesjährigen Nahverkehrsplans schon widerlegt, indem er ein Jahr später gekommen ist.

(Zwischenruf Carius, Minister für Bau, Lan- desentwicklung und Verkehr: Wenn der Landtag noch beschließen muss, wäre es noch länger gewesen.)

Das glaube ich nicht, wir können auch hurtig sein.

Ein Problem habe ich mit der 20-Jahres-Frist; wenn die Fortschreibung alle fünf Jahre erfolgen soll, da weiß ich nicht, wie sich die Abgrenzungen vollziehen sollen. Diskussionswürdig wäre auch § 8 Abs. 6 Punkt 2, die zusätzliche Aufnahme für die Förderung von Verkehrsverbünden. Also soweit ich die Richtlinie zur Förderung der Kooperation im öffentlichen Personennahverkehr des Landes Thüringen kenne, ist dort der Verkehrsverbund explizit auch als Zuwendungsempfänger aufgeführt.

Ein Problem ist - das ergibt sich aus der Diskussion und deswegen würde ich mich sehr freuen, wenn wir die im Ausschuss auch führen könnten -, das Land Thüringen hat seit 2011 keine eigenen Landesmittel mehr in den Nahverkehr und auch in die Förderung von Verbünden oder von Angeboten im Land gesteckt. Das heißt, es werden nur die Bundesmittel durchgereicht und hier wäre es sehr sinnvoll, dass man für die Förderung von Verkehrsverbünden auch wieder Landesmittel zur Verfügung stellen sollte.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In § 8 Abs. 6 Punkt 3 ist die Anlauffinanzierung und sind Modellversuche von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit erwähnt. Hier kann man ebenfalls in der Kooperationsrichtlinie nachlesen, dass die Einführung flexibler Bedienformen, darunter fallen auch die alternativen Angebote, schon mit aufgenommen ist, zumindest in Richtlinien. Inwieweit man das in Gesetzesform noch mal nehmen soll, das wäre eine Diskussion, die man im Ausschuss führen kann. Ein Problem haben wir oder habe ich mit der Frage Bürgerbusse.

(Beifall DIE LINKE)

Es kann auf gar keinen Fall sein, dass die Bürgerbusse die fehlenden Nahverkehrsverbindungen und die fehlenden Busangebote des ÖPNV im Flächenland Thüringen ersetzen dürfen.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist zu schwierig - klar, es gibt bundesweit schon 220 Projekte -, aber es ist zu schwierig, wenn man diese Fragen, die eigentlich zur Daseinsvorsorge gehören, dass jeder mobil sein kann, dass jeder Arztpraxen, andere Städte bzw. auch Ziele seiner persönlichen und privaten Wahl mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichen kann, wenn man die auf ein ehrenamtlich betriebenes Fahrzeug verlagern sollte. Hier würde ich sagen, man soll nicht das Ehrenamt zum Einsatz bringen, um praktisch fehlende Landesmittel oder fehlende Mittel der Gebietsverbände oder der Städte auszugleichen. Uns sollte der öffentliche Personennahverkehr so wichtig sein, dass wir zwar alternative Projekte, wie zum Beispiel

den Kombibus oder Projektbus, wo Fahrten begleitet werden, auch finanziell unterstützen, oder einen Fahrradbus, dass man solche Sachen fördert, das finde ich richtig. Dass man alternative Angebote diskutiert, dass man die Frage der Reisekette diskutiert, wie kommt man zum Bus, wie kommt man zur Bahn, welche Möglichkeiten bestehen da, ob es Pedelecs sind, ob das Kleinbusse sind, das wären interessante Diskussionsangebote. Ich würde mich freuen und würde an der Stelle meiner Vorrednerin widersprechen, wenn wir die Diskussion weiterführen könnten, zumal es ganz wichtig ist, dass wir einen sehr gut finanzierten, einen ausreichenden ÖPNV haben. Wir brauchen uns doch nichts vorzumachen, sinkende Schülerzahlen führen in Kommunen und Gemeinden auch zu einem sinkenden Nahverkehrsangebot. Hier müssen wir einen Ausgleich schaffen, hier müssen wir gemeinsam mit den Landkreisen, mit den Städten und Kommunen von Landesseite ein Netz schaffen, auch mit einer Landesfinanzierung, dass wir wirklich wieder ÖPNV-Angebote auch in der Fläche erhalten.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Schubert von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Danke, Herr Präsident. Ich wähnte mich am Ende der Rednerliste, wie das sonst üblich ist, aber gut, so kann ich direkt auf die beiden Vorrednerinnen eingehen. Frau Tasch, ich habe selten eine Rede gehört, die so widersprüchlich war, und nebenbei bemerkt, Sie waren auch schon mal sachlicher.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben uns am Anfang die Tatsache vorgeworfen, dass wir den Bürgerbus als zusätzliche Möglichkeit in das Gesetz aufgenommen haben, das sei des Teufels und wir würden hier Linienangebote ersetzen wollen, so habe ich Sie verstanden, um am Ende zu sagen, mit dem Bürgerbus, da sind wir noch nicht weit genug. Gleichzeitig wollen Sie Herrn Carius bitten zu prüfen, inwieweit man das Personenbeförderungsgesetz für solche Lösungen anpassen muss. Das habe ich jetzt nicht verstanden, wie das zusammengeht. Aber ich sage jetzt nicht, warum ich denke, dass das so war.

Frau Lukin, ich gebe Ihnen recht, der Bürgerbus ist auch umstritten, das merken wir immer wieder bei den Konferenzen und wir sind grundsätzlich auch der Meinung, dass es nicht darum gehen kann, vor allem bestehende Angebote durch Bürgerbusangebote zu ersetzen. Aber da, wo im Moment nichts ist,

und da, wo man Ergänzungen braucht, die wir im Moment nicht finanzieren können, ist es durchaus sinnvoll, darüber nachzudenken, Bürgerbusangebote zu schaffen. Wie schwierig das ist, weiß ich auch aus Jena.

Frau Tasch, wenn Sie mir immer vorwerfen, ich würde nur aus der Städtesicht argumentieren, auch Jena hat Ortsteile, die sich einen Bürgerbus gewünscht haben, um Anschluss zu einem Halt des Linienverkehrs zu haben. Das ist aus verschiedenen Gründen gescheitert. Die Nahverkehrsgesellschaft wollte das. Ich will damit nur sagen, die Probleme sind zum Teil sehr ähnlich. Ihre ewigen Vorwürfe, wir würden nur aus der Perspektive Jena, Weimar, Erfurt, Gera argumentieren - Gera haben Sie eben nicht erwähnt -, sind einfach haltlos. Sie sagen einerseits, wir wollen, wir müssen bedarfsgerecht anbieten, wir müssen nur bedarfsgerecht anbieten, nach dem Motto: Wir können nicht überallhin einen Bus schicken. Das ist richtig. Dann schreiben wir hinein, es gibt ergänzende Angebote wie Sammeltaxi, Bürgerbus - das wollen Sie dann auch wieder nicht. Dann reden wir über ein Landesbusnetz, das wollen Sie dann auch wieder nicht finanzieren. Da geht es vor allem um den ländlichen Raum, Frau Tasch, nicht um den Fernlinienbusverkehr zwischen Eisenach und Jena.