Protocol of the Session on March 20, 2014

(Beifall FDP)

Eine weitere substanzielle Änderung der Vereinbarung, die zugegebenermaßen zwar eher technischer Natur ist, aber den Arbeitsaufwand für uns Parlamentarier merklich reduziert, ist, dass zukünftig zu allen Frühwarndokumenten zusammenfassende und erläuternde Berichtsbögen vorzulegen sind. Neben der Flut der europäischen Dokumente

ist auch deren Umfang sonst in einem Parlament der Größe des Thüringer Landtags kaum zu bewältigen. Auch dies ist aus unserer Sicht eine gute, für die tägliche Praxis, Herr Minister, richtige Erweiterung der Vereinbarung zwischen der Landesregierung und dem Thüringer Landtag.

Eine letzte, aus unserer Sicht zentrale Änderung betrifft den Punkt 6 der Vereinbarung. Bisher war der Umgang mit den Ergebnissen der Ausschussarbeit, ganz ehrlich gesprochen, nicht immer ganz einfach. Ich will es mal so sagen. Natürlich kann man der Meinung sein, dass das Ergebnis der Positionierung des Landtags über die Ergebnisse über die Fraktionen selbst abzuprüfen ist. Aber ich will es auch hier an dieser Stelle ganz, ganz deutlich sagen: Hier ist es manchmal wie im wahren Leben mit den Dokumenten und der Flut der Dokumente aus den Augen, aus dem Sinn. Es ist so und wenn man an die kurzen Bearbeitungsfristen denkt und an die Quantität der Dokumente, die im Europaausschuss zu behandeln sind, auch in den verschiedenen Fachausschüssen mitzuberaten sind, dann blieb bisher kaum Luft, das Ergebnis der eigenen Arbeit und das Wirken der Landesregierung substanziell einer inhaltlichen Kontrolle zu übereignen. Mit der Pflicht zur Information, über den Verlauf und das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens auf EU-Ebene zu berichten, verbessern wir aus unserer Sicht erheblich die Informationsqualität innerhalb des Europaausschusses.

(Beifall FDP)

Auch an diesem Punkt unterstützen wir das gemeinsame Vorgehen vorbehaltlos. In diesem Sinne und mit den drei genannten Punkten, wo wir unsere Priorität noch einmal dargelegt haben, möchte ich abschließend noch einmal allen danken, den Mitgliedern des Europaausschusses, der Landesregierung, aber auch gerade den Mitarbeitern der Verwaltung, die an der richtigen und notwendigen Evaluation der Vereinbarung zwischen der Landesregierung und dem Thüringer Landtag mitgewirkt haben. Sie sind aus unserer Sicht eine gute Grundlage für die zukünftige Arbeit im Europaausschuss über diese Legislatur hinaus. Ich freue mich darauf, daran weiter mitwirken zu können.

Ganz am Ende meiner Rede möchte ich hier die Gelegenheit nutzen, weil ich glaube, dass es richtig, wichtig und auch verdient ist, den Kollegen Bergemann an der Stelle ein Stückchen herauszuheben, der Herr Vorsitzende wird es mir nachsehen. Aber wer sich so mit dem Kollegen Bergemann beschäftigt und mal schaut, wie viele Jahre er für die europäische Idee hier auch im Thüringer Landtag eintritt, auch in seiner Funktion als Vorsitzender des Freundeskreises Litauen, denke ich, gebührt dem großer Respekt.

(Beifall im Hause)

Gustl, ich wünsche Dir von dieser Stelle aus schon mal für die Zeit nach Deiner Mitgliedschaft im Thüringer Landtag viel Erfolg, viel Glück, gute Gesundheit und viel Spaß mit der Familie. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Koppe. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Bergemann für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allen Dingen liebe Besucher auf der Tribüne über die Generationen hinweg, das passt ganz gut, dass die Jugend dabei ist, dass das reife Mittelalter dabei ist, dass Senioren dabei sind, weil Europa uns alle angeht. Europa ist kein Selbstläufer und deshalb bin ich froh, dass wir heute die Gelegenheit haben, zwei Monate vor den Europawahlen und auch ein paar wenige Monate vor dem Ende unserer Legislatur unseren Beschluss vom Mai 2011 umzusetzen, dass wir die Vereinbarung evaluieren. Das haben wir uns vorgenommen, das wollten wir innerhalb von zwei Jahren tun. Da sind wir im Limit. Wenn wir in Europa mitreden wollen und wenn wir Europa richtig machen wollen, ist es wichtig, dass wir uns als Parlament einbringen.

Marian Koppe - zu viel der Ehre, darf ich sagen -, aber wir haben gerade vorige Woche an der Stelle eine fraktionsübergreifende Delegationsreise nach Litauen gehabt, die jetzt vielleicht nicht in die Vereinbarung einfließt, aber die uns noch mal über alle Fraktionen hinweg dokumentiert hat, wie wichtig es ist, dass wir uns mit Europa auseinandersetzen im Hinblick auf das, was in der Ukraine passiert ist, die Sorgen und die Nöte, die die Menschen in Litauen haben, die wir aus unserer Vergangenheit heraus teilen, wo wir wissen, wie kritisch auch eine solche Situation sein kann. Wie die Kommission - das sage ich an der Stelle auch mal deutlich - darauf reagiert hat, das darf man sehr in Zweifel stellen. Wenn die Spitzen Barroso und Van Rompuy noch vor Monaten erklären, das ist alles nicht so tragisch und wir machen ein Freihandelsabkommen mit der Ukraine, während die Russen natürlich deutlich sagen, wir wollen eine Zollunion mit Weißrussland, mit Kasachstan und sich um die Ukraine bewerben, dann kann man so ein Land nicht in einen Konflikt bringen und sagen, entweder macht ihr das oder das - so geht Europa nicht. Deshalb doch noch mal vielen Dank an der Stelle, weil ich glaube, dass die Thüringer Delegation in Vilnius einen guten Eindruck hinterlassen hat bei den Kollegen im Seimas, immerhin vergleichbar mit dem Deutschen Bundestag, und das soll auch in der nächsten Legislatur fortgesetzt werden, da bin ich überzeugt, dass die

Kollegen, die mal nach uns in Amt und Würden sind, das weiterführen wollen.

Zurück zum Antrag, den wir fraktionsübergreifend wirklich gut hinbekommen haben, der Vorsitzende hat es noch mal erwähnt und auch Kollege Koppe von der FDP. Marian, es ist eben so, wenn man so eine kleine Fraktion ist, muss man auch mal damit leben, dass man überstimmt wird, das hat der Bürger so gewollt. Am Ende haben wir es natürlich trotzdem fachlich, inhaltlich immer anständig und vernünftig hingebracht. Man muss es den Menschen auch erklären können, denn das ist ein Thema, das wirklich schwierig ist.

(Heiterkeit FDP)

Subsidiarität - wer kann da draußen was damit anfangen und wir sagen da auch immer deutlich, warum ist das so. Wir sind ein Parlament mit Gesetzgebungsbefugnissen. Da sagen die Europäer immer, Thüringen, das ist irgendwo so eine kleine Region in Deutschland. Das zeigt vielmehr, dass wir miteinander auf den entscheidenden Ebenen arbeiten, ob es in der Kommune ist, in der Stadt, im Landkreis oder wir hier auf Landesebene, denn klar ist auch, zurzeit finden 80 Prozent Gesetzgebung in Brüssel statt und die Kommission hat versucht, uns da auch immer ein bisschen außen vor zu lassen oder versucht es heute noch. Die Methode der offenen Koordinierung, Fritz, die kennen wir gut, inzwischen gibt es jetzt die Methode der delegierten Rechtsakte. Ich habe mich mal schlau gemacht, was das ist. Das ist gar nicht so schlecht. Da sagt die Kommission: macht einen Gesetzentwurf, der wird eingesteuert, Rat und Parlament können den Gesetzentwurf nicht mehr verändern, sie können ihn nur ablehnen. Das ist so ein Weg, den man da findet und da meine ich, ist es viel wichtiger für uns, dass wir hier im Land gegensteuern mit unserer Vereinbarung. Die Ausgangslage war das Bundesverfassungsgerichtsurteil, das wissen alle Beteiligten, zur deutschen Lissabon-Begleitgesetzgebung. Wir haben da unsere Mitwirkungsrechte gegenüber der Landesregierung und natürlich auch dadurch gegenüber dem Bundesrat gestärkt. An der Stelle will ich es einfach noch mal sagen, auch von meiner Seite. Das hat gut funktioniert. Die Landesregierung hat, lieber Jürgen Gnauck, auch die Minister vor Dir, wir haben in der Legislatur fast mehr Minister gehabt als wir Abgeordnete sind in dem Arbeitskreis.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Das darf man auch mal an der Stelle sagen, aber alle haben sich gut dran gehalten, was wir im Ausschuss besprochen und diskutiert haben. Was die mitberatenden Fachausschüsse besprochen und diskutiert haben, ist umgesetzt worden. Auch wenn es manchmal schwierig war, ich glaube, wir haben sogar einmal eine deutliche Klatsche gekriegt, weil wir als einziges Bundesland dort Bedenken ange

(Abg. Koppe)

meldet haben und alle anderen deutschen Bundesländer uns nicht gefolgt sind, aber das muss man auch aushalten, das gehört dazu. Wichtig für uns war, dass wir in den klassischen Bereichen, wo wir als Länder zuständig sind, also Bildung, Wissenschaft, Kultur, Polizei oder Medien, dass wir da insbesondere aufpassen und uns auch einbringen an den entsprechenden Stellen. Ich will jetzt nicht noch einmal auf die ganzen Protokolle eingehen. Wichtig ist mir nur, dass in Subsidiaritätsprotokoll 2, wo noch einmal deutlich geregelt ist, welche Möglichkeiten wir als nationale und regionale Parlamente haben, wo auch Fristen festgeschrieben sind, sollte man an dem Vertrag irgendwann rütteln, die Debatte haben wir in der politischen Öffentlichkeit, den Lissabon-Vertrag an dieser oder jener Stelle möglicherweise mal öffnen oder bilaterale Vereinbarungen zwischen den einzelnen Nationen und Brüssel zu fällen. Darauf müsste man schon achten, dass die 8-Wochen-Frist noch einmal angegangen wird, weil das haben wir in der Arbeit gemerkt, Marian hat es gesagt, das ist einfach für uns zu kurz, das insgesamt zu bewerten, weil viele Papiere und Dokumente auch sehr kurzfristig eingesteuert werden. Da braucht man einfach, um auch mal fachlich fundiert auf so ein Thema einzugehen, ein bisschen mehr Zeit. Wir hatten gestern die Debatte auch zur Genpolitik insgesamt. Auch dafür braucht man viel Zeit. Da kann man sich auch keine Schnellschüsse erlauben, wie gerade jetzt, im Europäischen Parlament kurz vor Toresschluss einer Legislatur noch alles durchzupeitschen und Jahre später wundern wir uns dann, was da passiert ist. Egon hat das gestern noch einmal deutlich gemacht. Dass man natürlich auch Chancen hat, erfolgreich zu sein, ist so. Monti II will ich nur erwähnen, das die Kommission zurückrudern musste. Also es gibt durchaus Möglichkeiten, die ganze Problematik Privatisierung Trinkwasser ist auch so ein Beispiel, wo man auch den Leuten vermitteln kann, es lohnt sich, sich mit den Dingen auseinanderzusetzen. Vielleicht noch einmal zum Schluss zu der Evaluierung und der Bilanz, die wir gezogen haben. Von den Handlungsoptionen ist das schon mal angesprochen worden. Klar ist, wenn wir das heute so beschließen, und wir waren uns in den Fraktionen einig, dann gehe ich auch davon aus, dass wir das hinbekommen werden, dass die Ministerpräsidentin und die Präsidentin unseres Landtags, Birgit, dann am Ende die neue Vereinbarung unterzeichnen werden mit den Änderungen, die wir aus der Praxis heraus gemacht haben. Das sind jetzt auch keine Schnellschüsse, sondern da haben wir uns richtig viel Mühe gegeben. Auch wir als Koalition haben da einige Zeit gebraucht, bis wir uns da beraten hatten, aber am Ende war es gut und ich glaube schon, dass wir gerade die Fragen, die alle angesprochen worden sind, ob jetzt Grün- und Weißbücher, Informationen, Dokumente, dass wir zu jedem Vorgang, den wir beraten, auch ein Dokument oder ein Informati

onsblatt erhalten, das ist ja auch unstrittig mit der Landesregierung, auch weil es für sie ein Vorteil ist, das so zu tun. Ich bin auch der Linksfraktion dankbar, weil auch die Debatte zur Gesetzgebung noch mal da stand, wollen wir ein Gesetz machen, wollen wir nicht, aber was ein nächstes Parlament natürlich unbenommen machen kann. Aber wir waren uns wirklich einig, es hat so funktioniert, wo wir gesagt haben, Änderungen müssen rein, dann haben wir sie auch durchsetzen können. Abstimmungsverhalten habe ich gesagt.

Was, als letzter Punkt, vielleicht noch ein bisschen verstärkt werden müsste, ist diese Netzwerkpolitik, Kontakte zu bestehenden Netzwerken und Organen, die ja vorhanden sind, die muss man auch mal systematisch nutzen. Ich will jetzt nicht nur den AdR ansprechen, es gibt die CALRE, die COSAC, die Präsidentin ist in der einen Vereinigung, wo die Präsidenten der Landtage sich treffen oder die Parlamente sich treffen. Der Austausch müsste intensiviert werden, auch mit dem KGRE, weil im Kongress der Gemeinden und Regionen Europas sitzen alle europäischen Länder, nicht nur die EU-Mitgliedsländer wie im AdR, sondern es sind alle dabei. Ich kann da aus eigener Erfahrung sagen, das lohnt sich, dort zu arbeiten. Vom AdR-Lenkungsausschuss, der für den Bereich Subsidiarität zuständig ist, hat man wenig gehört bisher, ich jedenfalls. Da gibt es eine Expertengruppe, die ist besetzt mit Personen der lokalen und der regionalen Ebene, Gebietskörperschaften und aus nationalen Parlamenten auch. Da gibt es auch einen Vertreter Thüringens oder eine Vertreterin, die kommt aus dem Justizministerium - der Minister ist gerade nicht da, aber ich habe von der Dame bisher noch nichts gehört, das kann sich durchaus bessern oder es wird neu besetzt. Also wir sollten an diesem Netzwerk weiter arbeiten. Und bezüglich der Integrationsverantwortung, die aus dem Vertrag des Bundesverfassungsgerichts für uns entstanden ist, Öffentlichkeitsarbeit, Artikulation, näher am Bürger sein, da sind wir, glaube ich, in der richtigen Situation hier vor Ort. Wir sind da relativ nah dran, wir müssen auch oft Frage und Antwort stehen zu Beschlüssen, die gefasst werden, die nicht immer einfach sind. Da kann man schon mal sagen, es wäre gut, wenn man nicht ganz so regionalblind wäre, etwas weiter entfernt von uns, auch was föderalistische Strukturen anbelangt.

Letztendlich vielen Dank, dass wir im Ausschuss so gut miteinander gearbeitet haben, alle fraktionsübergreifend. Die Beschlussempfehlung liegt da. Zu dem Informationssystem EUDISYS wird vielleicht der Minister noch etwas sagen, da haben wir noch einen offenen Punkt, wo sich die Bundesebene ein bisschen sperrt gegenüber uns kleinen Landesparlamenten, aber ich bin da auch guten Mutes, dass wir das hinkriegen, und darf mich jetzt darauf freuen, dass wir das gemeinsam so verabschieden

werden und damit auch einen wichtigen Punkt in dieser Legislaturperiode erfüllen. Denn in der nächsten haben wir ja in der Vereinbarung drinstehen, dass wir das alle vier Jahre machen werden. Ich werde da nicht mehr dabei sein. Ich wünsche den Kollegen nach mir, die sich für Europa engagieren, viel Erfolg und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall im Hause)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bergemann. Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Meyer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sowohl an die Kolleginnen und Kollegen im Saal und vor allen Dingen auch an die Bürgerinnen und Bürger, die uns gerade zuhören, ich glaube, es wird bei diesem Tagesordnungspunkt schon deutlich, welche eigentlich überraschende Einigkeit in diesem Hause dazu herrscht und man kann nur sagen, das ist auch gut so. Wir, alle Fraktionen, haben im Europausschuss die Situation, dass wir - ich habe versucht, nach dem Wort zu suchen - in diesem Ausschuss ein besonderes Klima haben wegen einem gemeinsamen - ich sage mal - Gegenüber, die Europäische Union respektive deren Verwaltung als Gegenüber durchaus ambivalent, manchmal wirklich als Moloch, als Gegenüber im Sinne von Gegner und manchmal einfach nur als eine Maschine, die man auch mit ein bisschen steuern kann, wenn man sie kennt, und die aber, und das macht die Sache wahrscheinlich wirklich besonders, eben sehr wenig noch eine Parteifraktion erkennen lässt. Also wir können nicht immer sagen, warum die Kommission jetzt so oder anders entschieden hat, das ist manchmal sehr sozialdemokratisch, manchmal sehr konservativ, ganz selten auch mal grün, aber in der Regel eben überparteilich und das macht natürlich auch die Arbeit in dem Ausschuss so, dass wir häufiger dort im Konsens arbeiten, als es in anderen Ausschüssen, glaube ich, erwartbar gewesen wäre.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Trotz der vielen Minister.)

Trotz der vielen Minister, völlig richtig, die müssen sich halt uns anpassen, das haben sie jetzt davon. Das stimmt.

Trotzdem - und das gehört auch mit zu dem Thema dazu - herrscht in diesem Ausschuss keine EUGläubigkeit. Auch das sollte man hier in dem großen Raum mal sagen, weil wir schließlich durchaus der Ausschuss sind, der mit seinen Sonderbefugnissen, die er vom Parlament verliehen be

kommen hat, auch hier rechenschaftspflichtig ist, und das machen wir auch gerade.

Wir haben für die Situation, das merkt man an der Menge der Dokumente, die wir dort verarbeiten dürfen, dass die EU zunehmend unsere Rechtsnormsetzung prägt. Das gefällt nicht allen, auch das gehört dazu. Wir kommen häufiger mit einer Diskussion so ein bisschen in den Dissens, wenn es um die Frage geht, finden wir es eigentlich schön, was die EU da wieder vorhat. Dann wird es immer spannend - ich musste so ein bisschen schmunzeln -, da bin ich eigentlich immer so der kleine Ausreißer, der die Subsidiarität, für die Erklärung, also die Frage, ob die EU uns mal wieder in unsere eigenen Angelegenheiten reinpfuschen darf oder nicht, immer eigentlich derjenige ist, der ganz besonders sagt: Doch, darf sie wahrscheinlich. Ich hatte durchaus auch einige Treffer, wo eine Mehrheit im Ausschuss der Meinung war, nein, darf sie nicht, und dann feststellen musste, doch, durfte sie. Aber das waren wirklich nur kleine Treffer. Insgesamt haben wir da große Einigkeit gehabt bei dem Thema.

Wir sind im Ausschuss durchaus dissent, also gegeneinander, wenn es um die Frage geht - und das war regelmäßig -, wie und ob und wann die EU sich eigentlich weiterentwickeln soll, übrigens auch wohin - aber auch diese Frage steht dann so selten im Raum -, aber wie die EU sich weiterentwickeln soll, ob wir dazu aktiv werden oder nicht, da sind wir durchaus dissent. Da kommt dann auch die Parteipolitik rein und das ist auch gut so. Nichts wäre schlimmer als so ein Harmonieausschuss, der so tut, als wenn wir immer als Thüringen gegen Europa gemeinsam stehen. Das ist Quatsch. Da hat Herr Kollege Bergemann völlig recht. Manchmal müssen wir auch neben uns treten und mal überlegen, wie denkt eigentlich jemand in Sizilien oder in Irland oder in Estland über diese Frage und über die Frage, wie wir mit dem Thema umgehen. Dann bekommt man manchmal einen anderen Blick darauf.

Aber - und das ist dann auch schon der Schluss meiner kurzen Ausführungen hier - wir haben vor allen Dingen in diesem Ausschuss einen Konsens, dass wir einerseits die Arbeit der EU kontrollieren wollen und dass das zunehmend wichtiger wird. Wir müssen die Damen und Herren, die hier links und rechts von mir Platz nehmen sollten, wenn sie da wären, kontrollieren, aber wir müssen auch zunehmend die Europäische Union kontrollieren. Ich bin ein überzeugter Europäer, Sie kennen meine Haltung. Ich hoffe doch darauf, dass ich es noch erleben darf, dass wir nicht mehr Thüringen haben, sondern nur noch Europa und ein Europa der Regionen und Thüringen vielleicht eine Region ist, aber kein Staat mehr. Das fände ich toll, das ist meine Vision. Die teilen hier nicht alle im Raum, aber man muss eine Vision haben, auf die man hinsteuert. Dann wird es immer mehr notwendig sein,

(Abg. Bergemann)

dass wir die Europäische Union und ihre Rechtsetzung kontrollieren können. Auch das gehört dazu. Fremdsprachenfähigkeit, Fähigkeit, Europa überhaupt zu begreifen. Unsere regelmäßigen Treffen in Brüssel zeigen uns jedes Mal wieder, wie - entschuldigen Sie bitte den Ausdruck - wir in der Provinz sind. Das meine ich ganz neutral gesprochen, weil es eigentlich jedem so geht, vielleicht mit ganz wenigen Ausnahmen in München oder Bologna oder Paris, wenn es darum geht, wie Europa eigentlich tickt.

Und - und das ist natürlich zum Abschluss einer Rede einfach notwendig, zu sagen -, wir sind auch dafür da, die positive Seite von Europa stets und ständig weiter hier in diesem Rund nach außen zu tragen und an die Bürgerinnen und Bürger an den Bildschirmen oder auch hier im Saal: Europa ist eine extreme Erfolgsgeschichte. Allein die Tatsache, dass wir Europa kritisieren dürfen, ist eine Erfolgsgeschichte. Darüber heute zu diskutieren, was der Europäische Rat oder die Europäische Kommission falsch gemacht hat, zum Beispiel in der UkraineKrise, allein dass sie das dürfen im Gegensatz zu unseren Kolleginnen und Kollegen zum Beispiel in Russland, die wahrscheinlich auch etwas zum Thema Putin zu sagen hätten und auch zu sagen haben und auch gern sagen würden, allein diese Tatsache immer wieder klarzumachen,

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Die auch nicht.)

dass die EU dafür sorgt, dass wir hier Demokratie haben, und zwar eine ernsthafte, echte Demokratie, auch wenn es um die Krümmungswinkel von Gurken oder Bananen geht, das ist unsere Aufgabe und daran arbeiten wir weiter. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Meyer. Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Marx für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ja, Kollege Meyer hat das schon richtig gesagt, es geht auch um Demokratie in Europa und darum, dass wir die Europäische Demokratie bei uns lebendig hier erleben im Thüringer Landtag. Auf die Krim ist auch gerade hingewiesen worden. Das ist, glaube ich, auch heute mal wichtig, das hier zu erwähnen, dass wir natürlich auch von unserem kleinen Land Thüringen aus mit Sorge auf Regionen in Europa blicken, die noch nicht Teil der europäischen Einigung, an der europäischen, gesamteuropäischen Politik des Ringens um mehr Demokratie und um Mitbestimmungsmöglichkeiten für alle Bürger sind. An der Stelle vielleicht einmal

das Zitat eines deutschen evangelischen Theologen, Friedrich Rittelmeyer, das uns auch nochmals deutlich vor Augen führt, warum auch unsere Tätigkeit hier all die Mühe wert ist und sein sollte: „Unausweichlich geht Europa ins Chaos, wenn nicht das gemeinsame Ich gefunden wird.“ Diese beiden Zeilen können wir uns heute auch einmal ins Stammbuch schreiben. Trotz aller Differenzen und unterschiedlichen Positionen der hier vertretenen Parteien in diesem Haus zur Europapolitik, zu den Inhalten, auch im Europawahljahr 2014 bleibt es unser gemeinsames Bestreben, Europa und die Europäische Union weiter zu einem lebendigen Gemeinwesen fortzuentwickeln, das sich der Freiheit, dem Recht, der sozialen Solidarität und dem Wohlstand verpflichtet fühlt und nicht ohnmächtig den Entwicklungen auf der Welt zusehen muss.

Wie passt die Subsidiaritätsvereinbarung in diesen großen politischen Kontext? Sie hat unseren Blick, die Subsidiaritätsvereinbarung und die damit verbundenen Informationsrechte und -pflichten, auf die EU und ihre politischen Vorhaben sehr deutlich geschärft. Das Mysterium vom fernen Europa, wo irgendetwas stattfindet, mit dem wir alle nichts zu tun hätten und das wir nicht beeinflussen können, das ist, das denke ich, deutlich und positiv entzaubert worden für uns alle. Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht, dass unsere Meinungen, die wir im Ausschuss diskutiert und entwickelt haben, nicht einfach nur ein weiteres Papier erzeugt haben, sondern dass die auch tatsächlich in Brüssel gehört worden sind. Kollege Bergemann hat schon einmal auf die Sache mit der Privatisierung von Wasser hingewiesen. Das war also schon eine wirklich eindrucksvolle Erfahrung, wenn ein Vertreter des zuständigen Kommissariats sagt, das nehmen wir sehr ernst, schreiben Sie uns das noch einmal genauer auf, was Sie da in Deutschland für ein Problem haben. Das berücksichtigen wir dann bei der Ausgestaltung der Richtlinie.

Die europäische Politik haben wir damit sozusagen aus den Hinterzimmern herausgeholt. Wir haben damit ein weiteres Versprechen, übrigens auch aus unserem gemeinsamen Regierungsprogramm und Koalitionsvertrag von 2009 erfüllt. Ich habe schon am 23. Mai, als wir gesagt haben, wir wollen diese Vereinbarung jetzt evaluieren, im Plenum recht ausführlich zu Einzelbeispielen Stellung genommen. Wir haben dann noch einmal im Europaausschuss ausführlich debattiert über den heute vorliegenden Erfahrungsbericht. Dort finden Sie die Ergebnisse. Auch ich möchte an dieser Stelle den Kolleginnen und Kollegen, den beteiligten Ministern danken, aber auch vor allen Dingen der Landtagsverwaltung für ihre Zuarbeit zu dem Sachstandsbericht vom September 2013, auf den wir unseren Erfahrungsbericht aufbauen konnten.

Alle Fraktionen waren am Ende im Ausschuss überzeugt, dass sich die bestehende Vereinbarung

(Abg. Meyer)

bewährt hat, aber sanft geändert werden muss oder kann oder sollte, um das, was erwähnenswert ist. So gilt es vor allem, den Europaausschuss künftig verstärkt über Entwicklungen im prälegislativen Bereich zu unterrichten, um mögliche inhaltliche Anregungen und Stellungnahmen des Landtags zu Vorhaben der EU, die Auswirkungen auf unseren Freistaat haben können, rechtzeitig im Rechtsetzungsverfahren der EU einbringen zu können. Das gilt im Speziellen für die sogenannten Grün- und Weißbücher. Ich möchte es noch einmal kurz erklären. Die Weißbücher sind diese Bücher, die bekanntlich Vorschläge für Maßnahmen der Gemeinschaft in einem bestimmten Bereich enthalten. Diese Weißbücher konkretisieren zumindest teilweise die Grünbücher, deren Zweck es ist, sogenannte Konsultationsprozesse auf europäischer Ebene in Gang zu bringen. Wenn wir uns stärker in diese Prozesse mit einschalten können und dann, wie gesagt, auch durchaus von Interesse ist, was auch unser kleines Land dazu einbringen kann, dann brauchen wir auch nicht versuchen, mit der Subsidiaritätsrüge zu mogeln. Das haben wir ja in dem einen oder anderen Fall sicherlich mal gemacht. Kollege Meyer hat darauf hingewiesen, dass er dann gesagt hat, Leute, hier geht es nicht um Subsidiarität, sondern ihr sagt nur, irgendwie passt uns gerade etwas nicht, aber dazu hatten wir eben auch einmal Lust. Das steht einem Europaausschuss dann auch mal zu, aber es hat natürlich nicht immer in das strenge Kriterium einer Subsidiaritätsrüge gepasst.

Ich möchte nicht verhehlen, dass wir uns auch eine externe wissenschaftliche und ländervergleichende Evaluierung zur Umsetzung des Subsidiaritätsfrühwarnsystems gewünscht haben. Das hat sich nicht durchsetzen lassen. Ich hoffe, dass wir trotzdem zu Vorschlägen für eine effektive ressourcensparende Verfahrensgestaltung im Freistaat Thüringen kommen können.

Auf der anderen Seite - das ist schon gesagt worden - bestand eine klare Einigkeit darüber, dass wir derzeit keine Veranlassung sehen, die Vereinbarung durch eine gesetzliche oder gar verfassungsrechtliche Regelung, wie in anderen deutschen Ländern erfolgt, zu ersetzen, denn die Landesregierung hat die bisherige Vereinbarung auch schon eingehalten und wir gehen davon aus, dass sie das in der Neufassung auch machen wird. Das ist eine freundliche Bitte, ein Auftrag, aber, wenn Sie so wollen, vielleicht auch eine Warnung für eine künftige Landesregierung; wir könnten dann auch anders. Aber jetzt, denken wir, sind wir mit der Vereinbarung gut gefahren.