Meine Damen und Herren, ich bitte um schnelle Behandlung und deswegen nur an den Finanzausschuss, denn das muss jetzt ganz schnell bei den Kommunen ankommen. Vielen Dank, dass sich hoffentlich so viele mit einbringen, damit es schnell geht.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Regierungsfraktionen haben einen Gesetzentwurf für die kommunale Haushaltssicherung, für ein kommunales Haushaltssicherungsprogramm eingebracht und ich möchte hier gleich an einen Aspekt anknüpfen, den Herr Mohring hier am Schluss seiner Rede herausgearbeitet hat. Es heißt „Kommunales Haushaltssicherungsprogramm“ und nicht „FAG-Aufstockungsprogramm“ und damit ist auch klar, dass ein Teil und ich komme jetzt in meiner Rede dazu, ein Teil der Redebeiträge schlicht und einfach an dem Sinn und Zweck des Programms vorbeigegangen ist. DIE LINKE hat einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt mit gleichen Beträgen aber völlig unterschiedlichem Ansatz und Verteilungswirkung. Herr Kuschel, um es gleich einmal vorweg zu sagen: Mit Ihren Verteilungswirkungen, die Sie hier erzielen, können Sie die Probleme der Kommunen, die wir jedenfalls festgestellt haben, nicht erfassen. Ihr Programm, Ihr Gesetzentwurf geht schlichtweg an den Problemen der Kommunen vorbei und insofern ist auch Ihr Gesetzentwurf in meinen Augen verfehlt und ich empfehle insofern auch die Zustimmung zum Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen. Und, Herr Kuschel, Sie haben Ihren eigenen Gesetzentwurf ein bisschen herabgesetzt. Man hat den Eindruck, so ernst ist es vielleicht nicht gemeint. Sie haben ja gesagt, wir sollen es als Anregung verstehen. Nun sind wir angeregt und haben es auch verworfen. Jedenfalls ich sehe hier keinen vernünftigen Beitrag, um den Problemen im kommunalen Bereich zu begegnen.
Ich darf die Positionen kurz erläutern. Wir haben festgestellt, dass es eine Reihe von Kommunen gibt, die Haushaltsprobleme haben, und die Regierungsfraktionen haben sich entschlossen, hier auch mit zusätzlichen Mitteln zu helfen. Aufgabe des kommunalen Haushaltssicherungspakets ist also nicht, sozusagen das FAG zu toppen, sondern Sinn und Zweck des Gesetzentwurfs ist, dass man auf erkennbare Probleme im kommunalen Bereich eingeht. Es geht um maßgeschneiderte Zuweisungen für spezielle Haushaltsprobleme im kommunalen Bereich und eine reine Aufstockung des FAGs kann das in der Tat überhaupt nicht leisten, weil die Kriterien und die Philosophie des Ausgleichs völlig andere sind, und die Kriterien des FAGs können einfach nicht diese Probleme erfassen. Es wäre eine Gießkanne und da muss ich wohl sagen, wenn wir so verfahren hätten, hätten wir wirklich kein Hilfspaket, welches auf ganz spezielle Probleme im kommunalen Bereich eingeht. Es wäre schlichtweg der falsche Weg. Ich mache diese Differenzierung noch einmal deutlich. Der Kommunale Finanzausgleich
mit rund 1,84 Mrd. €, wie er dieses Jahr, letztes Jahr das erste Mal gelaufen ist in 2012, reformiert wurde, garantiert den Gemeinden eine Finanzausstattung, auf deren Grundlage sie ihre kommunale Selbstverwaltung durchführen können. Sie ist zugegebenermaßen knapp bemessen, aber sie ist angemessen. Dieses „knapp bemessen“ ist eben auch Ausfluss der Konsolidierungsnotwendigkeiten des Landes selbst, aber auch der Kommunen. Wir wissen alle - wir brauchen uns das nicht weiter vorzubeten -, dass die Mittel des Landes nicht mehr werden, sondern weniger. Aber was wir getan haben mit dem FAG, ist eben auch, dass wir ein Versprechen eingegangen sind, nämlich ein Versprechen der Stabilität, der Stetigkeit und Planbarkeit, und Sie wissen, dass dieses System weitere Vorteile außer der angemessenen Ausstattung hat. Wir nehmen keine Verrechnungen mehr vor, weder bei den kommunalen Steuermehreinnahmen noch bei den zusätzlichen Bundeszuweisungen und gerade dieser Aspekt wirkt sich dieses Jahr das erste Mal positiv für die Gemeinden aus. Die Gemeinden bekommen 20, 22 Mio. € mehr Zuweisungen des Bundes für die Grundsicherung und dieses Geld bleibt voll inhaltlich bei ihnen. Ich bitte das auch zu betrachten und mit in Rechnung zu stellen. Der Garantiefonds, den wir ausgestattet haben letztes Jahr mit 98 Mio. €, dieses Jahr mit 80 Mio. €, zusammen für die beiden Jahre mit 178 Mio. €, hat genau die Aufgabe, den Übergang vom alten System in das neue System für die Kommunen abzufedern, berechenbar zu machen und dass sie dieses gestalten können und diesen Reformprozess mitmachen können. Das ist der tiefere Sinn. Dieses System ist abgeschlossen.
Womit wir uns jetzt beschäftigen, hat mit diesen Dingen nichts zu tun, hat damit nichts zu tun. Ich möchte auf die kommunale Kassenstatistik zu sprechen kommen, die im dritten Quartal vorliegt. Ich will gleich sagen, ich bin gescholten worden auch von den kommunalen Spitzenverbänden, man sollte Buchungsstände nicht überinterpretieren. Das tue ich auch nicht. Das habe ich auch eindeutig dargelegt. Aber Indizien sehen Sie aus diesen Statistiken schon. Wir können dort zum Beispiel erkennen, dass 40 Mio. € Steuermehreinnahmen schon im III. Quartal im kommunalen Bereich angekommen sind. Das sind 5 Prozent, meine Damen und Herren. Auch wenn wir hier dieses Hilfspaket solide finanzieren können, und zwar aus Steuermehreinnahmen, so sind die 5 Prozent doch mehr als das Mehr der Steuereinnahmen des Landes. Insofern stelle ich hier Stabilität fest. Das heißt natürlich nicht, dass es in einigen Gemeinden auch Steuereinbrüche gibt, darauf komme ich gleich noch zu sprechen, und darauf müssen wir natürlich auch eine Antwort geben.
III. Quartal ein Überschuss von etwa 120 Mio. € festzustellen war. Insgesamt gab es ein Minus von 47 Mio. €, was auch mit Zahlungsterminverschiebungen zusammenhängt. Wenn das gesamte Buchungsergebnis des Jahres 2013 vorliegt, dann werden wir sehen, wie der Finanzausgleich, der hier noch einmal angesprochen worden ist, als geschlossenes System gewirkt hat. Ich bin sehr hoffnungsfroh, dass alles in allem gesehen eine stabile Finanzlage festgestellt werden kann. Auch deshalb haben wir gesagt, wir wollen auf der Basis des ersten Jahres 2013 auch noch einmal nachfassen, noch einmal nachdenken usw.
Also, wir haben es hier mit diesem Hilfspaket mit einem anderen Segment, mit einem anderen Ansatz letztlich zu tun. Wenn ich allerdings differenzierte Probleme feststelle, da muss ich erst einmal in die Analyse gehen, da muss ich erst einmal schauen, was ist denn los, wenn eine bestimmte Anzahl von Gemeinden ihre Haushalte bis August zum Beispiel noch nicht haben beschließen können. Wir bewegen uns dann allerdings in der Problemlage nicht mehr im Rahmen der Zusammenhänge des FAG, sondern bewegen uns hier in dem Bereich der kommunalen Haushaltsprobleme und im Bereich der kommunalen Haushaltssanierung und deswegen ist es richtig, diesen Gesetzentwurf „Kommunales Haushaltssicherungsprogramm“ zu nennen.
Wir haben also bei der Analyse festgestellt, dass bis zum 31. August etwa 122 Gemeinden noch in der vorläufigen Haushalts- und Wirtschaftsführung waren. Wir haben dort nachgefasst, wie es denn dazu kommen kann. Wir haben festgestellt, dass eine gewisse Anzahl dieser Gemeinden mit deutlich überdurchschnittlichen Schulden zu tun hat. Ein Beispiel: In der Größenklasse der Gemeinden bis 1.000 Einwohner und weniger gibt es einen durchschnittlichen Schuldenstand von 555 €; die hier allerdings die Haushalte nicht zubekommen haben, haben im Durchschnitt 1.350 €, also mehr als Doppelte. Insofern sind auch die Tilgungslasten und die Zinslasten, die die Gemeinden zu tragen haben dies konnten wir feststellen -, mehr als fünfmal so hoch, als es in ihrer Größenklasse üblich ist. So muss man an diese Probleme herangehen, also hohe Kassenkreditbestände, deutlich überproportionale Schuldenstände - ich könnte Ihnen mehr dazu sagen. Ich nehme mal eine Gemeinde raus, die Gemeinde Obermehler. Sie ist die höchstverschuldete Gemeinde in Thüringen mit 6 Mio. €, einen Schuldenstand von 6.000 und etwas. Ursache, meine Damen und Herren, sind hohe Investitionen in Wohnungsbestände, die später nicht ausgelastet worden sind. Ich gebe Ihnen ein zweites Beispiel, das wäre Schlotheim. Außerdem ist in Obermehler noch ein Regionalflughafen, der auch nicht ausgelastet ist.
Meine Damen und Herren, das sind die Ursachen für die Probleme, die wir hier feststellen und auf die wir eine Antwort geben wollen.
Ein Weiteres: Wir sind dann hingegangen, wie Sie es auch in der Zeitung vernommen haben, wie wir es auch der Öffentlichkeit vorgestellt haben, dass wir eine Taskforce eingesetzt haben, die ihrerseits mittlerweile eine Umfrage durchgeführt und auch ausgewertet hat. Jetzt werden Sie die Struktur dieses Hilfspakets erkennen können. 48 Prozent der gefragten Gemeinden rechnen ihre Haushaltsprobleme dem Bevölkerungsrückgang an, fast 50 Prozent. Und da muss man doch auch sagen, wenn jetzt hier die Regierungsfraktionen eine Investpauschale auflegen, die sozusagen eine Antwort geben soll auf diese Probleme des Bevölkerungsrückgangs, dann stochern wir gerade nicht im Nebel, sondern gehen spezifisch auf Probleme im kommunalen Bereich ein. 39 Prozent der Gemeinden haben gesagt, dass es gemeindeindividuelle haushaltsbelastende Faktoren gibt, 29 Prozent sagen, abrupte Gewerbesteuerzusammenbrüche, und 22 Prozent sagen, dass es Einzelprojekte in ihrer Gemeinde gibt. Also, meine Damen und Herren, es ist doch dann nicht die Gießkanne angesagt, sondern, wenn Sie sich ernst nehmen, dann muss man doch spezifisch auf diese Probleme auch zuwendungsmäßig eingehen, sonst wäre es wirklich ein Verkleckern von Geld. Das wollen wir nicht und das spiegelt der Gesetzentwurf auch nicht wider. Interessanterweise haben 40 Prozent der befragten Gemeinden auch gesagt, dass sie auch noch Rücklagen haben, die übrigens oberhalb der Mindestrücklage liegen.
Warum habe ich das angeführt? Ich habe es angeführt, weil es einen Strauß von Ursachen gibt, warum bestimmte Gemeinden mit dieser Finanzausstattung, die wir uns leisten können, nicht klarkommen. Jetzt kann ich davor die Augen verschließen und sagen, gut, irgendwie stocken wir das auf und werden diese Probleme zugedeckt, aber dafür haben sich die CDU-Fraktion und auch die SPDFraktion eben nicht entschieden. Wir wollen keine Gießkanne, sondern wir wollen ein Programm, was auf diese Probleme eingeht. Diese Probleme wurden mit den kommunalen Spitzenverbänden erläutert, die Spitzenverbände waren dort hilfreich und insofern ist es auch zu diesem Programm gekommen.
Ein paar Worte noch zum Programm selbst. Der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion hat es definiert, es besteht aus fünf Säulen. Die fünf Säulen gehen auf festgestellte Problemlagen der Gemeinden ein. Wir gehen zum Beispiel mit der Investitionszulage auf die Probleme des Bevölkerungsrückgangs ein. Ich möchte hier ein Argument sagen, was eben ganz klar mit dem Bevölkerungsrückgang im investiven Bereich zu tun hat. Infrastruktureinrichtungen haben eine bestimmte Größe und verur
sachen in dieser Größe entsprechende Kosten. Diese Kosten können, da sie teilweise oder zu einem hohen Maße Fixkosten darstellen, nicht stetig mit dem Bevölkerungsrückgang abgebaut werden. Es bedarf also, wenn Sie Kosten reduzieren wollen, zusätzlicher Investitionen auch in Energieeffizienz und andere Dinge. Wir haben teilweise Bevölkerungsrückgänge von 20, 30 Prozent in den Gemeinden festgestellt. Sie können eine Schule und die Kosten einer Schule oder ein Bürgerhaus nicht in dem Maße zurückfahren, wie die Einwohner schwinden. Um die Kosten für die Verbleibenden erträglich zu machen und zu erleichtern, bedarf es zusätzlicher Investitionen, um diesen Remanenzkosten zu begegnen. Das ist der tiefere Sinn auch dieser Investitionspauschale und deswegen ist auch der Schlüssel, dass wir den Bevölkerungsrückgang hier zugrunde legen, für dieses Segment genau das Richtige. Die Stabilisierungspauschale wird zur Dämpfung oder zur Stabilisierung des Verhältnisses Landkreise zu kreisangehörigen Gemeinden beitragen. Eine der wichtigsten Säulen auch im Sinne von kausaler Hilfestellung ist die Aufstockung des Bedarfszuweisungstopfs des Landesausgleichsstocks. Hier können wir antragsgebunden sehr gezielt helfen und auch wenn es notwendig und sinnvoll ist. Es wurde hier schon gesagt, es gibt Gemeinden, die hohe Schulden haben und sehr gut damit klarkommen, und umgedrehte Fälle eben auch, das können Sie nicht mit der Gießkanne, das können Sie nicht pauschal und deswegen ist der Gesetzentwurf der Linken verfehlt.
Wir haben ein objektiviertes Verfahren, ein Antragsverfahren. Der Finanzbeirat wurde von Herrn Fiedler hier schon lobend erwähnt. Ich möchte das auch durchaus hier wiederholen, dieser Finanzbeirat, davon haben Sie kaum was gehört, trotzdem tagt er etwa alle zwei Monate. Er macht gewissermaßen geräuschlos seine Arbeit, aber er arbeitet fachlich ganz prima und ich denke, das war der richtige Ansatz.
Wir wollen schnell helfen, insofern will ich die Debatte über den Nachtragshaushalt nicht weiter aufleben lassen. Das, was die Regierungsfraktionen hier getan haben, ist der schnelle Weg.
Dann vielleicht noch etwas zur Finanzierung. Es ist richtig, dass wir dieses Paket mit Steuermehreinnahmen solide ausfinanzieren können. Es sind weder Schulden dafür notwendig noch sonst irgendein haushalterischer Kniff, es sind Steuermehreinnahmen. Ich hatte hier schon mal gesagt, die Steuermehreinnahmen kommen nicht wie ein Tsunami über Sie. Es gibt viele Länder in der Bundesrepublik, die haben keine Überschüsse, die haben keine Steuermehreinnahmen zu verzeichnen. Steuermehreinnahmen hat immer nur der, der sie nicht vorher im Vorgriff schon verplempert. Und das haben wir nicht getan, insofern ist diese Situation Aus
fluss auch der soliden Finanzpolitik des Landes, sonst könnten wir diese Hilfestellungen hier nicht solide ausfinanzieren.
Meine Damen und Herren, dann noch einen Schlenker zu dem Wortbeitrag der Linken: Herr Kuschel, es ist schon wunderbar gewesen, wie Sie auf die differenzierten Probleme eingegangen sind und damit Ihren eigenen Gesetzentwurf eigentlich desavouiert haben. Sie haben eigentlich damit begründet, dass es der falsche Ansatz ist, das nur mal nebenbei.
Ansonsten bitte ich auch um zügige Beratung, Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss. Ich bin auch dem Vorsitzenden des Haushalts- und Finanzausschusses dankbar, dass wir hier eine Sondersitzung haben werden und das auch zügig durchberaten können, in aller Sorgfalt, aber die ersten Zuweisungen können, soviel ich weiß, dann auch in der zweiten Woche März fließen. Schönen Dank.
Danke, Frau Präsidentin. Herr Mohring sollte jetzt wieder zuhören, vielleicht überzeuge ich ihn politisch nicht, aber er kann immer was lernen.
Herr Minister, mich enttäuscht etwas, dass Sie hier möglicherweise fehlendes Detailwissen voraussetzen und wir deshalb nicht immer nachvollziehen, dass Sie in Einzelfällen einen falschen Eindruck in der Öffentlichkeit erzeugen wollen. Das betrifft Ihre Ausführungen zur Kassenstatistik. Sie sind Finanzfuchs genug, um zu wissen, worin die Schwächen der kameralistischen Kassenstatistik bestehen. Für die Öffentlichkeit muss man das einfach klarstellen, denn in der Finanzwirtschaft ist sehr umstritten, ob die Kassenstatistik ein geeignetes Instrument darstellt, um wirklich die finanzielle Leistungsfähigkeit und die Finanzsituation einer Kommune abzubilden. Das ergibt sich aus Folgendem: In der Kassenstatistik erscheint kein Investitionsstau. Das heißt, nicht getätigte Investitionen zum Erhalten des gemeindlichen Anlagevermögens werden in der Kassenstatistik nicht abgebildet. Die meisten Gemeinden können ihre Haushalte aber nur dadurch
überhaupt noch aufstellen, weil sie auf notwendige Investitionen verzichten und die in die Zukunft schieben. Damit entsteht ein Investitionsstau, da bin ich privilegiert, denn ich durfte Kommunalpolitik in zwei Systemen machen und weiß, wo das hinführt, wenn über Jahre nicht in Anlagevermögen investiert wird. Irgendwann bricht diese Infrastruktur einfach zusammen.
Die Erscheinung haben wir jetzt schon wieder, weil Investitionen nach 1990 jetzt wieder erneuert werden müssen, und da fehlt das Geld. Das bildet die Kassenstatistik nicht ab, Herr Finanzminister.
Es gibt aber noch etwas Weiteres, Herr Minister. Wenn eine Gemeinde Anlagevermögen veräußert, zum Beispiel ein Gebäude, erscheint das in der Kassenstatistik als Einnahme, obwohl es nur ein Vermögenstausch ist, ein Aktivtausch, weil nur Vermögen umgewandelt wird, nämlich Anlagevermögen in Fiskalvermögen. Andersherum, wenn die Gemeinde etwas kauft, Anlagevermögen, ein Grundstück, dann erscheint das als Ausgabe, obwohl da gegenüber ein Vermögen steht, was sie erwirbt. Also auch dort verzerrt die Kassenstatistik das reale Leben, weil natürlich die Kassenstatistik gerade durch die Veräußerung von Vermögen „aufgehübscht“ wird, aber dadurch ist auch Vermögen verlorengegangen.
Im Übrigen werden auch die Entnahmen und Zuführungen aus den Rücklagen in der Kassenstatistik nicht abgebildet. Ich hatte Ihnen aber dargelegt, dass über 350 Gemeinden ihren Haushalt nur dadurch aufstellen konnten, dass sie aus den Rücklagen Entnahmen tätigen mussten. Das wird auch in der Kassenstatistik nicht abgebildet. Das heißt, Herr Finanzminister, zumindest von Ihnen erwarte ich doch, dass Sie hier nicht die Kassenstatistik heranziehen, um die Finanzsituation in den Thüringer Gemeinden schönzurechnen oder schön darzustellen, das ist nicht solide. Dass das manchmal in der politischen Auseinandersetzung möglich ist, will ich Ihnen zugestehen, aber ich hatte Ihnen gesagt, es ist wohltuend mit Ihnen, auf hohem Niveau hier die Debatte im Plenum zu führen.
Meine Damen und Herren, noch einen zweiten Hinweis. Herr Finanzminister, Sie haben zwei Beispiele genannt, Obermehler und Schlotheim. Da stellt sich aber die Frage: Wer hat denn diesen Gemeinden die Kredite genehmigt? Wer hat sie denn genehmigt? Das war eine Landesbehörde, die Rechtsaufsichtsbehörde und die war verpflichtet, vorher zu prüfen, ob überhaupt diese Kreditaufnahme der Leistungsfähigkeit der Gemeinde entspricht. Und die Kredite wurden genehmigt, jeder Kredit in diesem Land, den eine Gemeinde, ein Landkreis aufnehmen will, muss genehmigt werden. Insofern hat das Land eine Mitverantwortung, wenn sich später herausstellt, dass die Gemeinde überhaupt nicht in
der Lage ist, die mit Kredit finanzierte Investition in irgendeiner Art und Weise rentierlich zu gestalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Finanzminister hat aus der Umfrage zitiert, aus dem Lagebericht, wo die Gemeinden sich zu den Ursachen der Finanzkrise geäußert haben, und hat zu Recht darauf verwiesen, dass ein Teil der Gemeinden sagt, der Bevölkerungsrückgang ist eine Ursache. Aber was Sie verschwiegen haben, ist, dass 45 Prozent der Befragten darauf verwiesen haben, eine Ursache ist der Rückgang der Schlüsselzuweisung des Landes. Das heißt, es gibt also nicht nur Ursachen vor Ort, sondern auch wir als Landesgesetzgeber mit den Finanzzuweisungen haben offenbar eine Ursache für die Finanzkrise in einigen Gemeinden gesetzt.
Meine Damen und Herren, eine abschließende Bemerkung: Der Finanzminister hat auf die Hintergrundarbeit des Finanzbeirats verwiesen. Diese Hintergrundarbeit könnte man etwas transparenter gestalten, wenn auch der Thüringer Landtag in diesem Beirat mit vertreten wäre. Ich bin überzeugt, dass die Fraktionen durch Vertreter in diesem Finanzbeirat einen konstruktiven Beitrag leisten können, um diese Arbeit nicht nur noch zu versachlichen, sondern eben auch transparenter zu gestalten. Danke.
Jetzt schaue ich noch mal in die Runde. Es gibt keine weiteren Redeanmeldungen. Damit kann ich die Aussprache zu den beiden Gesetzentwürfen schließen und wir kommen zur Abstimmung der Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss.
Als Erstes rufe ich auf den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/7065. Wer der Ausschussüberweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall.
Dann kommen wir zum Überweisungsantrag des gleichen Gesetzentwurfs an den Innenausschuss. Wer diesem seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion und der CDU-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? Die gibt es nicht. Damit ist die Ausschussüberweisung an den Innenausschuss mit Mehrheit abgelehnt worden.
Nun rufe ich auf den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drucksache 5/7162, hier die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss. Wer dieser seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen. Vielen Dank. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Gibt es auch nicht.
Auch hier ist die Überweisung an den Innenausschuss beantragt worden. Wer der Überweisung an den Innenausschuss seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPDFraktion und der CDU-Fraktion. Ich frage nach Stimmenthaltungen. Die gibt es nicht. Mit einer Mehrheit ist diese Ausschussüberweisung an den Innenausschuss auch abgelehnt worden.