Protocol of the Session on January 24, 2014

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Vielen Dank.)

Noch einmal: Die Stadt Eisenach, die mehrfach auch in Gesetzgebungsverfahren, in Haushaltsdebatten hier immer eine Rolle spielt, geht in der ersten Säule, der sogenannten Demografiesäule, der Erstattung vollkommen leer aus. Das zeigt diese Verwerfungen, die können wir so nicht hinnehmen. Oder drei Gemeinden, die waren Gegenstand einer Kleinen Anfrage, Teistungen, Berlingerode und die Stadt Kindelbrück, die auch Bedarfszuweisungen in diesem Jahr erhalten haben, Kindelbrück über 2 Mio. €, gehen in diesem System jetzt erst einmal leer aus. Das zeigt die Verwerfungen.

Deswegen haben wir als Linke vorgeschlagen, das jetzige System der Schlüsselzuweisungen einfach fortzuschreiben. Damit haben wir eine Einwohnerkomponente, die berücksichtigt auch Veränderungen bei den Einwohnerzahlen. Das berücksichtigt aber auch im starken Maße die Steuerkraft und da

mit die Leistungsfähigkeit. Wir meinen, wir müssen da deutlich höher ran. Die Regierungskoalition schlägt 36 Mio. € vor. Wir sagen 56 Mio. €, weil wir wissen, dass hier die Hilfe am konkretesten ist und der Verteilungsmechanismus am gerechtesten. Es löst die Probleme nicht ganz, das wissen wir auch. Aber es ist ein aus unserer Sicht besserer Ansatz, um auf die Realitäten in diesem Lande tatsächlich angemessen zu reagieren.

Wir wissen auch, das allein reicht nicht, die 56 Mio. €, denn es gibt nach wie vor Gemeinden, die sind nicht in der Lage, einen Haushalt aufzustellen. Auch denen müssen wir die Möglichkeit geben, zu investieren. Deswegen ist unsere zweite Säule die Investitionspauschale und die kann dann auch in den Gemeinden zur Wirkung kommen, die gegenwärtig, aus welchen Gründen auch immer, keinen Haushalt zustande bringen.

Jetzt haben Sie eine Arbeitsgruppe, eine Taskforce, eingesetzt, die die Finanzsituation geprüft hat. Sie sagen zum Schluss, nur noch 62 Gemeinden oder Kommunen in Thüringen haben Finanzprobleme, sind sozusagen Problemfälle, alles andere wäre geklärt; wobei es schon erstaunlich ist, dass die Verabschiedung eines Haushaltskonsolidierungskonzeptes durch eine Gemeinde durch Sie dahin gehend bewertet wird, dass damit alle Probleme gelöst sind. Das halte ich für gewagt. Denn in Kenntnis der Lage vor Ort weiß ich, dass sehr viele Haushaltskonsolidierungskonzepte mittelfristig nicht die Lösung darstellen. Sie können nicht eins zu eins umgesetzt werden; es gibt neue Entwicklungen, die hinzutreten. Insofern zu sagen, nur weil dort ein Haushaltskonsolidierungskonzept beschlossen ist, können wir einen Haken dranmachen und sagen, es ist keine Problemgemeinde mehr, das ist eine sehr gewagte Theorie.

Jetzt gibt es Zahlen, die, wenn man sich damit nicht näher beschäftigt, tatsächlich zur Fehleinschätzung führen. Hier sind wir als Parlamentarier in der Verantwortung, dieser Fehleinschätzung entgegenzutreten. Ich will es an zwei Beispielen festmachen: Es wird verkündet, die Anzahl der Gemeinden, die schuldenfrei sind, hat zugenommen. Statistisch stimmt das. Es waren einmal 125 Gemeinden, jetzt sind es ein paar Gemeinden mehr. Die sind schuldenfrei. Wenn Sie sich aber mal mit den Gemeinden beschäftigen, kommen Sie zu der Erkenntnis, dass die meisten dieser Gemeinden nicht deshalb schuldenfrei sind, weil sie leistungsfähig sind oder es ihnen gut geht, sondern sie sind deshalb schuldenfrei, weil sie durch die Rechtsaufsichtsbehörde wegen ihrer Leistungsschwäche keine Kredite genehmigt bekommen. Das ist die Wahrheit.

Im Übrigen wissen Sie, zumindest der Finanzminister weiß das, dass die Verschuldung kein geeignetes Kriterium für Leistungsfähigkeit darstellt, über

haupt nicht. Es gibt nur ein Kriterium, das ist die Übersicht der dauernden Leistungsfähigkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben viele Gemeinden, die haben eine hohe Verschuldung, die sind aber leistungsfähig und können die Schulden damit zurückzahlen. Und es gibt andere Gemeinden, die haben keine Schulden und können keine Kredite aufnehmen, weil sie so bettelarm sind.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Des- wegen müssen wir auch differenziert handeln und dafür ist der Gesetzentwurf auch da.)

Richtig, genau.

Ich bitte den Finanzminister, sich zurückzunehmen von der Regierungsbank. Sie haben dann die Möglichkeit zu sprechen.

Ich bin sehr dankbar, denn der Dialog findet auf hohem Niveau statt,

(Heiterkeit und Beifall im Hause)

da ist es okay. Also da habe ich nichts dagegen. Der Finanzminister hat einen wichtigen Hinweis gegeben.

Aber, Herr Abgeordneter Kuschel, es geht nicht um Dialoge.

Der Finanzminister hat hier einen wichtigen Hinweis gegeben: Differenzieren. Wir bemühen uns. Das gelingt uns nicht immer, das geben wir zu, auch wir irren uns. Der Irrtum ist uns nicht fremd, im Gegensatz zu anderen, die sich offenbar nie irren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, den Zahlen, die ich jetzt genannt habe, stehen aber andere Zahlen entgegen, die uns zumindest veranlassen sollten, uns intensiver zu beschäftigen. Wenn der Gemeinde- und Städtebund sagt, 453 Gemeinden jetzt muss Herr Mohring noch mal zuhören, weil er mich das letzte Mal da sehr fehlinterpretiert hat bzw. Herrn Ramelow fehlinterpretiert hat -, 453 Kommunen können ihren Haushalt nicht nach der reinen Lehre mehr aufstellen, sondern nur deshalb, weil sie aus dem Vermögenshaushalt Zuführungen zum Verwaltungshaushalt machen. Das ist eigentlich nicht zulässig, nur bedingt. Im Regelfall müssen die Gemeinden im Verwaltungshaushalt Überschüsse erzielen, mindestens in Höhe der ordentlichen Tilgung, eigentlich auch noch darüber hinaus, um investieren zu können. Das heißt, wenn

aber die Hälfte der Thüringer Gemeinden das nicht mehr hinbekommt, ist das zumindest ein Indiz, noch kein abschließendes, das weiß ich doch, weil man manchmal aufgrund der schwankenden Steuereinnahmen mal ein Tal hat und das gleichen die Gemeinden im nächsten/übernächsten Jahr wieder aus. Aber wir sollten uns zumindest damit beschäftigen. Oder wenn 97 Gemeinden nicht mehr ihre Kreisumlage bezahlen können, pünktlich bezahlen können, also sie stunden lassen müssen das heißt dann doch: jede zehnte oder sogar eigentlich schon jede achte/neunte -, das muss uns doch zu denken geben und da können wir nicht einfach sagen, es ist in Thüringen alles in Ordnung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn eben 200 Gemeinden gegenwärtig, das heißt fast jede vierte, überhaupt keine finanziellen Rücklagen mehr haben, muss uns das auch Veranlassung sein zu reagieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDU hat im vergangenen Jahr ein Konzept angeboten, hat gesagt, wir lösen das durch eine stärkere interkommunale Zusammenarbeit, hat einen Haushaltstitel, 500.000 €, eingestellt und einen alterfahrenen Kommunalpolitiker, den Bürgermeister von Zeulenroda-Triebes, mit der Aufgabe betraut. Dessen Bilanz will ich nur mal benennen und dann kann sich jeder selbst darauf einen Reim machen. Die „Ostthüringer Zeitung“ hat am 03.01. darüber informiert und ich gehe mal davon aus, es stimmt. Es wurde ein Projekt realisiert, und zwar in Nordthüringen die Kooperation zwischen den Landkreisen Nordhausen und Kyffhäuserkreis im Zusammenhang mit der zentralen Rettungsleitstelle; mit 75.000 € wurde das gefördert, wir haben also Geld übrig, und das ist die gesamte Erfolgsbilanz, die dieses Projekt der Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit vorzuweisen hat. Jetzt haben wir gehört, die Gemeinden oder Kommunen sind deshalb zurückhaltend, weil die CDU wieder angekündigt hat, die Förderung zu verbessern. Deshalb warten die Gemeinden und sagen, okay, wenn es eine bessere Förderung gibt, warum sollen wir da jetzt schon Projekte verwirklichen. Das ist jetzt nur Gerücht, aber wenn Sie natürlich so verfahren, dann brauchen Sie sich nicht zu wundern, dass Ihre eigenen Modelle nicht funktionieren. Da haben Sie den Herrn Steinwachs aber dann auch ganz schön in die Bredouille gebracht. Das hat er nun auch nicht verdient, solchen Umgang hat er nicht verdient.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch etwas sagen zu den im Gesetzentwurf der Koalition enthaltenen weiteren Punkten, also Winterdienst bzw. Zinsen der Kreisumlage. Beim Winterdienst bleiben wir bei unserer Position. Es geht hier um die Ortsdurchfahrten von Landes- und Bundesstraßen. Diese Straßen gehören dem Land und dem Bund, für den Bund machen wir das als Auftragsverwaltung mit, also das Land ist zuständig.

Deswegen sagen wir, es ist kein Gnadenakt, wenn jetzt das Land anteilig die Kosten der Räumung mit übernimmt.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist eine verdammte Pflicht, die sich aus der Straßenbaulastträgerschaft ergibt. Da sollten Sie Gemeinden nicht als Bittsteller auftreten lassen und Sie übernehmen jetzt 50 Prozent der Kosten bis zu einem Drittel, weil nur Schneeräumung finanziert werden soll, Schneeabtransport aus der Ortslage, aber nicht der eigentlich laufende Winterdienst. Damit müssen wir uns im Ausschuss noch einmal beschäftigen, weil wir dafür sind, dass die Gemeinden dort einen Anspruch auf Kostenerstattung in voller Höhe haben.

(Beifall DIE LINKE)

Das kann man auch pauschalieren, das ist unstrittig. Aber es jetzt so darzustellen, als würden Sie dort ein Problem abschließend lösen im Interesse der betroffenen Gemeinden, das sehen wir nicht. Da hat sich ja die SPD, wenn ich eine Presseinformation von Frau Mühlbauer richtig interpretiert habe, nicht durchsetzen können. Die SPD hatte vorgeschlagen, tatsächlich diese Aufgabe wieder dem Land zuzuordnen, und wenn das Land sich dann sozusagen der Kommunen als Dienstleister bedient, hätte man das vertraglich regeln müssen einschließlich der Finanzierung; das wäre eine Sache so weit der Hinweis an die SPD -, wenn Sie das hier in den Landtag einbringen, können wir zumindest Zustimmung signalisieren. Aber den Mut werden Sie nicht haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch zu den Zinsen, was die Kreisumlage betrifft: Da greifen Sie eine Forderung von uns auf. Das ist auch in Ordnung. Wir erheben dort nicht Anspruch, dass wir die Autoren sind. Wenn Sie das machen, ist das in Ordnung. Ich möchte nur auf Folgendes verweisen, und zwar dass es nicht reicht, das Problem ausschließlich für den Bereich der Kreisumlage zu lösen. Wir haben ein weiteres Problem, das sind Rückforderungen des Landes von ausgereichten Fördermitteln gegenüber den Gemeinden. Das ist ein zunehmendes Problem, insbesondere, weil in Einzelfällen die Bearbeitung der Zuwendungsbescheide und damit die Rückforderungen einen langen Zeitraum umfassen, mehrere Jahre, manchmal sogar über zehn Jahre. Damit haben bei einer Zinslast von 6 Prozent natürlich die Zinsen zum Teil eine vergleichbare Höhe wie der Rückforderungsbetrag. Nun haben die Gemeinden nur bedingt Einfluss darauf, wie schnell Landesbehörden diese Zuwendungsbescheide bearbeiten und die Rückforderungen geltend machen. Nun kommt natürlich auch immer jemand aus dem Finanzministerium, der sagt, die Gemeinden können zwischenzeitlich mit dem Geld „arbeiten“. Da wissen wir, beim jetzigen Zinsniveau bekommen die Gemeinden 0,8 Prozent,

vielleicht einmal 1 Prozent Zinsen, müssen aber 6 Prozent Zinsen dann bezahlen, und das mit Zins und Zinseszins. Und das finden wir einfach nicht mehr zeitgemäß, dass wir untereinander derartige Zinsen vereinbaren. Deshalb werden wir im Ausschuss auch weiterhin dafür plädieren, dass unser Gesetzentwurf, der auch diese Fälle umfasst, tatsächlich möglicherweise Eingang in den Gesetzentwurf der Regierungskoalition findet. Da haben wir überhaupt nichts dagegen, wenn Sie das aufgreifen. Uns geht es dort um die Sache.

Eine weitere Sache, die müsste den Finanzminister sehr stark interessieren - weil er es nicht persönlich bezahlen muss, aber er verwaltet treuhänderisch für uns alle das Geld des Landes -, das sind die Stundungszinsen für die Wasser- und Abwasserbeiträge. Die sind immer noch mit 6 Prozent verzinst. Da haben die Aufgabenträger einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Land. Da kann man die Frage stellen, also insgesamt auch bei Stundung nach § 7 b Abs. 2, ob man nicht dort auch den Zinssatz an einen Basiszinssatz koppelt, weil das dazu führt, dass auch das Land Geld spart, weil die Erstattungsbeträge geringer werden. Da müssen Sie gar nicht das Wohl und Weh des Bürgers im Blick haben, obwohl das eigentlich auch so ein wenig Verantwortung von uns darstellen sollte und es schwierig ist. Mein Zweckverband, der Wasser- und Abwasserzweckverband Arnstadt - ich „liebe“ ihn so, wenn sie auch ordentlich arbeiten würden -, beschließt in einer Verbandsversammlung vor einer Woche, die Stundungszinsen der Bürger bleiben bei 6 Prozent, aber die Stundungszinsen für Verbindlichkeiten der Mitgliedsgemeinden gegenüber dem Zweckverband werden mit 2,7 Prozent verzinst. Und ich halte 2,7 Prozent beim jetzigen Zinsniveau für angemessen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Hört, hört!)

Aber stellen Sie sich doch die Frage, warum die Bürgermeister das nur für ihre Gemeinden beschließen, aber nicht für die Bürgerinnen und Bürger. Das ist doch die Frage und das versteht keine Bürgerin und kein Bürger mehr, warum die dort so agieren. Also von daher; auch da haben wir ein Angebot in unserem Gesetzentwurf gemacht, auch die Stundungszinsen, die allgemeinen Stundungszinsen im Bereich des Kommunal- und Abgaberechtes dem jetzigen Zinsniveau anzupassen. Da ist ab und zu einmal die Befürchtung geäußert worden, wenn das Zinsniveau steigt, was dann wird. Das kann man flexibilisieren, das kann man also auch flexibilisieren. Es heißt ja nicht, wenn es einmal abgesenkt ist, dass es für ewig bleibt. Also auch dort sehen wir weiteren Diskussions- und Erörterungsbedarf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wir wollen, dass im Interesse der Kommunen und der dort lebenden Bürgerinnen und Bürger möglichst

zeitnah dieses Gesetz auf den Weg kommt, und werden also deshalb sehr konzentriert und sehr sachbezogen die Diskussion in den Ausschüssen begleiten. Wir haben selbst etwas vorgelegt und damit auch eine Basis dafür geschaffen. In dem Sinne erwarten wir aber auch, gerade von den Vertretern der Regierungskoalition, dass sie sich nicht nur an ihrem Gesetzentwurf orientieren, sondern auch zumindest unseren Gesetzentwurf als Anregung verstehen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Abgeordneter Meyer.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. „Cui bono“ - habe ich mir als Nichtlateiner noch mal angeguckt - heißt: „Wem nützt es?“ Ich will versuchen, meinen Beitrag zu diesem sogenannten Hilfspaket für die Kommunen etwas größer aufzuziehen in der Frage: Wem nützt eigentlich dieses Vorhaben, das Sie heute hier einbringen als Koalition? Ich habe das in vier Bereiche geteilt und versuche, damit ein bisschen Struktur in diese Debatte zu bekommen, und stelle schon fest und das ist auch nicht überraschend gewesen, dass die großen Fraktionen in diesem Haus durch den 25. Mai und den 14. September geprägt zu dem Thema nur noch mit sehr gebremstem Schaum agieren, denn eigentlich müsste man dieses Gesetz meiner Ansicht nach in Bausch und Bogen verdammen und nicht wie die Linken versuchen zu reformieren.

Ich will jetzt versuchen, vom Speziellen ins Allgemeine zu kommen. Nützt dieses Gesetz, was heute vorgelegt wird, und auch das Alternativgesetz der Linken den Kommunen? Wenn man auf die einzelne Gemeinde schaut, kann man anfangen, im Klein-Klein - Herr Bergner hat es getan, Herr Hey hat es getan und auch Herr Kuschel hat es getan Einzelnes zu finden, was funktioniert. Schaut man auf den ländlichen Raum insgesamt, kann man da schon sehr geteilter Meinung sein. Es soll ja gar nicht allen Kommunen dienen, jedenfalls nicht in der ersten Säule, sondern den sogenannten bedürftigen. Welche Kommunen sind eigentlich die bedürftigen? Die Verteilung über die Einwohnerentwicklung als sinnvoll zu erachten, ist dann, wenn man auf die einzelne Gemeinde schaut und sagt, die haben ein richtiges Problem, eine Möglichkeit, die allerdings auf jeden Fall auch ungerecht ist. Herr Kuschel hat zu Recht darauf hingewiesen, einige andere auch ganz kurz. Auf keinen Fall kann man davon ausgehen, dass alle Gemeinden, die weniger als 4 Prozent Einwohnerverlust hatten, nicht zu den Bedürftigen gehören würden. Man

(Abg. Kuschel)

kann auf keinen Fall aber auch behaupten, dass alle, die mehr als 4 Prozent Einwohner verloren haben, bedürftig sind. Das ist auf keinen Fall richtig. Man kann auch nicht behaupten, dass alle schuldenfreien Gemeinden nicht bedürftig sind. Darauf hat Herr Kuschel auch zu Recht hingewiesen. Aber Herr Kuschel hat natürlich auch freundlicherweise eine Zahl dann weggelassen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Da- mit Sie auch noch eine haben.)

(Heiterkeit DIE LINKE)

Danke. Die schuldenfreien Kommunen haben von 2007 bis 2012 von 126 auf 145 zugenommen. Das sind 15 Prozent mehr, was noch nicht mal richtig stimmt, denn, obwohl es ja keine vernünftige Gemeindegebietsreform gegeben hat, hat es doch immerhin einige freiwillige Zusammenschlüsse gegeben. Die Zahl der Kommunen 2007 war höher als die Zahl 2012 und das heißt, es war sogar noch ein höherer Prozentsatz an Menschen betroffen davon, dass sie jetzt in schuldenfreien Gemeinden leben. Das habe ich mir jetzt nicht ausgerechnet, das ist auch nicht so wichtig. Aber die zweite Zahl, die dazugehört, ist, dass die abundanten Gemeinden zugenommen haben von 43 im Jahr 2011 in nur zwei Jahren auf 50. Das sind auch 15 Prozent mehr. Das kann ja mal die Vermutung in den Raum stellen, dass es den Kommunen, anders als ihre Vertretung es uns immer wahrhaben lassen will, so schlecht gar nicht geht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das hat vor einem Jahr oder eineinhalb Jahren an diesem Platz sogar noch die Koalition behauptet, als sie den KFA reformieren wollte. Ich will es mal mit einem Analogieschluss machen. Wenn jemand gerne Auto fährt und darauf angewiesen ist, muss man noch lange kein Freund des ADAC sein, um das Gefühl zu haben, dass man vernünftigerweise vertreten werden sollte, wenn man Autofahrer ist. Aber - und da komme ich jetzt auf Wesentliches Autofahrer sind nicht nur Autofahrer, Autofahrer brauchen auch noch anderes. Und in diesem konkreten Fall, was braucht der ländliche Raum eigentlich? Die schnelle Hilfe für notleidende Kommunen oder strukturelle Änderungen? Strukturelle Änderungen werden mit dem, was hier vorliegt, in keiner Weise organisiert.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das haben übrigens auch schon hier die eigentlich zu Vertretenden deutlich gemacht. Wir haben alle einen Brief der Stadt Vacha bekommen, in dem der Bürgermeister zu Recht darauf hinweist - und ich zitiere jetzt mal aus diesem Brief, mit Erlaubnis -: Die demografische Entwicklung einer Kommune lässt keine Rückschlüsse auf deren Finanzkraft zu. So ist es. Das heißt, wenn man den ländlichen Raum unterstützen will, könnte man sich auch die Frage

stellen, warum nicht eigentlich die, die weniger Einwohnerverluste hatten, dieses Geld dringend brauchen, um ihren erfolgreichen Kurs fortzusetzen. Was ist denn eigentlich so schlimm daran, erfolgreich zu sein? Ich denke, Sie sind für die Leistungsstarken? Was ist der Grund, warum die anderen nicht leistungsstark sind? Sind es eigene Fehler, sind es Fehler von außen? Oder ist es die Behauptung, dass der KFA gerade diese Kommunen benachteiligt? Das zu beweisen wird Ihnen schwer fallen.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: So ist es, Herr Meyer.)