Protocol of the Session on January 23, 2014

Tausende verloren ihre Arbeitsplätze und mussten von den sozialen Sicherungssystemen der Bundesrepublik aufgefangen werden. Eine neue umweltfreundliche Industrie musste aufgebaut und gewaltige Umweltschäden beseitigt werden. Das alles gehört zu einer Berechnung der volkswirtschaftlichen Kosten der Treibhausgasreduktion zwischen 1990 und 1995 dazu.

(Beifall FDP)

Doch selbst das alles genügt Ihnen nicht. Die rotgrüne Koalition im wohlhabenden - die Betonung liegt auf „wohlhabend“ - Baden-Württemberg will bis 2020 gegenüber 1990 25 Prozent der Emissionen einsparen, während Sie hier in Thüringen gleich einmal 30 Prozent verlangen. In Nordrhein-Westfalens Klimaschutzgesetz hat Rot-Grün 80 Prozent Reduktion bis 2050 beschlossen, während Sie hier in Thüringen gleich mal 90 Prozent einsparen wollen. Meine Damen und Herren, ich bin der Meinung, das können Sie unseren Bürgern und auch unseren Unternehmen, die zu 90 Prozent kleine und mittelständische Unternehmen sind, schon jetzt unter dem besonders hohen Druck der Energiepreise nicht zumuten.

(Beifall FDP)

Es wäre natürlich ebenso falsch zu sagen, dass dieser Gesetzentwurf der Grünen nicht auch durchaus Punkte hat, über die es zu diskutieren gilt. Richtig ist, dass wir ein Konzept brauchen, wie wir eine weitgehende Reduktion der Treibhausgase international, in Europa und in Deutschland erreichen können und in der ganzen Welt. Natürlich muss auch Thüringen seinen fairen Anteil dazu bringen. Aber ich möchte noch mal darauf hinweisen, Thüringen ist der ganz, ganz kleine Punkt. Vergessen Sie die großen Player nicht. Richtig ist auch, das ist übrigens ganz wichtig, dass man in dem Konzept auch darüber reden muss, wenn man ein Umweltkonzept schafft, mit welchen Strategien wir Schäden durch den Klimawandel minimieren können, denn ohne diese Klimaanpassungsmaßnahmen wäre Thüringen diesen Folgen natürlich auch ausgesetzt. Bisher war das übrigens bei den Umweltverbänden Teufelswerk, über das Thema der Klimaschäden, die schon vorhanden sind, zu reden, weil das die Botschaft, Treibhausgase zu reduzieren, verwässert hätte. Tatsächlich wäre aber mit Schäden durch den Klimawandel auch dann zu rechnen, wenn die Menschheit von heute auf morgen aufhören würde, Treibhausgase zu emittieren, selbst dann wäre mit Klimaschäden zu rechnen. Wir müssen uns also auf jeden Fall darauf einstellen, dass wir international an Programmen weiter arbeiten. Aber der kleine Mikrokosmos Thüringen mit diesen ambitionierten Zielen, sehr geehrte Kollegen von den Grünen, scheint mir doch zu klein und ich sehe nicht die Notwendigkeit, dass wir ein eigenes Klimaschutzgesetz in Thüringen brauchen, würde mich aber einer Überweisung an den Ausschuss nicht verwehren. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Abgeordneter Adams zu Wort gemeldet.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Will du das jetzt alles vorlesen?)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Barth, fürchten Sie sich nicht!

(Heiterkeit im Hause)

Vieles dessen, was ich im Kopf habe, notiere ich manchmal noch und das schafft es gar nicht in diesen Block hier hinein. Ich möchte mich bei allen Kollegen hier im Thüringer Landtag ganz herzlich bedanken für die Debatte, sie hätte auch anders ablaufen können. Die gerade aus der Koalition angezeigte Bereitschaft zur Überweisung, das will ich ganz deutlich sagen, macht mich froh und dafür

(Abg. Hitzing)

kann ich auch mal in Richtung der Mehrheit sagen, vielen Dank dafür. Wir freuen uns, dass wir diese Debatte fortführen können.

Gestern hat, Frau Kollegin Hitzing hat das, glaube ich, schon angesprochen, der EU-Kommissar Oettinger sein Energie- und Klimaschutzpaket 2030 vorgestellt. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat heftige Kritik geerntet, weil die Kommission, wie der Kommissar darstellt, wesentliche Antworten, wie man im Klimaschutz vorwärtskommt, schuldig bleibt. Das beantwortet das Paket vom Oettinger nicht. Die Probleme werden im Wesentlichen verschoben, weil dieses Paket nur bis 2030 denkt und bis dahin auch nur eine ungenügende Reduzierung vorschreibt. Ambitioniert ist das nicht. Ich glaube, als Indikator kann hier gewertet werden, wenn selbst in der FAZ heute dieses unambitionierte Ziel steht, bis 2030 den Ausstoß der klimaschädlichen Gase um 40 Prozent zu reduzieren. Wir fordern an der Stelle 50 Prozent. So weit liegt das nicht auseinander und ich denke, dass es Thüringen gut zu Gesicht CO2 steht, wenn wir dieses ambitioniert angehen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein wesentliches Instrument der EU-Kommission wäre es gewesen, die Verschmutzungsrechte hier zu reformieren. Da hat man sich nicht herangewagt. Alle wissen in der Gesellschaft und in der Wissenschaft, 2 Mrd. Zertifikate müssten vom Markt genommen werden, um hier vorwärtszukommen.

Ich möchte im Folgenden ganz kurz auf das eingehen, was in der Debatte gesagt wurde oder auch als Frage an uns gestellt wurde, und wollte gerne zuerst auf Herrn Barth und Frau Hitzing eingehen. Sie haben zu Recht, die Frage ist absolut berechtigt, die Frage gestellt oder in den Mittelpunkt Ihrer Kritik gestellt, mit diesem Klimaschutzgesetz halten wir dann den Klimawandel auf hier in Thüringen. Die Frage ist absolut berechtigt, meine sehr verehrten Damen und Herren, absolut berechtigt. Aber die Antwort kann doch nicht sein, bevor nicht die Elfenbeinküste, China, Eritrea, die USA, Brasilien, Indien ihren Beitrag geleistet haben, werden wir hier in Thüringen keinen Beitrag leisten. Das kann doch nicht die Antwort sein auf so eine globale Herausforderung.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin mir sicher, dass auch in der FDP im Wesentlichen ein Grundsatz, der bei uns Grünen gilt, für solche schwerwiegenden großen Probleme gilt, nämlich global denken und lokal handeln. Es ist die Verantwortung dieses Parlaments, die Wege für Thüringen festzulegen und nicht die Wege für die ganze Welt festzulegen und sich nicht darauf auszuruhen, dass die Wege in der Welt noch nicht klar sind und deshalb in Thüringen keiner gebraucht wird. Wir müssen unseren Weg gehen und be

schreiben und ich bin froh, dass wir das mit dieser Debatte bekommen können.

Erstaunt war ich bei der Kollegin Hitzing, dass sie Investitionen in unseren Industriestandort für schädlich hält. Was ist denn an Investitionen schlecht? Thüringen ist Exportmeister, auch gerade bei Umwelttechnologie. Wie wollen wir da in der Entwicklung vorwärtskommen, wenn wir unsere Umwelttechnologie nicht selber einsetzen?

(Beifall DIE LINKE)

Wer soll das in der Welt kaufen, wenn wir unsere Umwelttechnologie hier nicht selbst einsetzen? Diese Investitionen werden sich dreifach auszahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wenn wir Grüne überzeugt sind, dass Klimaschutz Geld spart, dann reden wir natürlich über längere Zyklen. Dann reden wir darüber, dass wir Lebenszyklenbetrachtungen für Produkte, für Gebäude in den Kern oder in den Fokus nehmen müssen. Wir können nicht mehr sagen, was muss ich jetzt investieren, um eine Bretterbude hinzustellen, und über die Energiekosten mache ich mir hinterher Gedanken. Das ist der falsche Weg. Dieser Weg hat in eine Sackgasse geführt und, meine sehr verehrten Damen und Herren, davon wollen wir uns verabschieden.

Ich glaube, bei der Kritik, die bei Frau Hitzing ein bisschen stark geworden ist, finde ich, gilt das Luther-Wort: „Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, ich würde heute noch einen Apfelbaum pflanzen.“

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und das sollte uns tragen. Das ist Ausdruck einer Hoffnung, dass all unser Handeln nämlich nicht sinnlos ist. Deshalb wollen wir herangehen.

Was mich wirklich geärgert hat, ist diese Arm-undreich-Debatte und besonders erstaunlich fand ich die gerade von der FDP. Wer nichts anderes mehr aufzubringen hat, als den Neid zu schüren zwischen Baden-Württembergern und Thüringern, das finde ich, ehrlich gesagt, der Debatte überhaupt nicht angemessen. Und das hat Frau Kollegin Hitzing gemacht. Sie hat dargestellt, warum sollen die reichen Baden-Württemberger

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das ist doch dummes Zeug, purer Unfug.)

mehr leisten als wir armen Thüringer. Ich glaube, an der Stelle sollte man in diesem Jahr auch immer noch einmal die Betrachtung wagen, wie viel haben die Baden-Württemberger für uns schon geleistet und wie wichtig wäre es, davon auch ein Stück zurückzugeben beim Engagement.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das ist schon fast üble Nachrede.)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrter Herr Primas, selten kann ich das, aber das will ich deshalb heute einmal ganz ausdrücklich machen: Ich möchte Ihnen für Ihre Rede danken. Ich bin zwar nicht an allen Punkten mit Ihnen einverstanden und Ihre Darstellung, dass wir in Thüringen oder in Deutschland den Klimawandel maximal um drei Minuten aufhalten, ich glaube, das ist zu defätistisch und das ist eigentlich auch nicht Gehalt dessen, was christlich-demokratische Politik ausmacht. Ich glaube, da ist Ihre Partei viel weiter als dieser eine Halbsatz, den Sie gewählt haben.

Der Rechnungshof - und das haben Sie selbst unterstrichen und das fand ich gut - hat sich doch nicht damit befasst, weil es egal ist, wie wir in Zukunft mit Energie und unserem Klima umgehen, sondern weil der Rechnungshof weiß, frühzeitig muss hier geprüft werden und wir müssen neue Regelungen schaffen, denn so kann es nicht weitergehen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Sie haben auch zu Recht - und das fand ich sehr gut, vielen Dank dafür - gesagt: Das ist ein dynamischer Prozess. Ich glaube, ein Blick in unseren Gesetzesvorschlag zeigt in der Frage von wissenschaftlicher Beratung an den Klimarat, der dann einen Bericht an die Landesregierung gibt, diese Landesregierung diskutiert es, schreibt damit den Klimaplan fort. Daraus werden die Klimaschutzpläne auf der kommunalen Ebene fortgeschrieben, dass das diesen dynamischen Prozess in eine gesetzliche Form, auf eine Regelungsbasis stellt.

Es ist vollkommen klar, dass wir nicht alles ausgeführt haben - Kollege Weber hatte das kurz kritisiert -, wir haben nicht alles ausgeführt bis ins Letzte, wo wir hingehen wollen. Wir haben uns nicht an Baden-Württemberg, wo das im Prinzip ein Regierungsentwurf ist, orientiert. Wir haben uns an den Kollegen in Sachsen-Anhalt orientiert, die ähnlich wie wir einen Kanal, einen Weg aufzeigen wollten, aber wie er ausgestaltet wird, das diskutieren wir gerne auch mit Unterstützung der Landesregierung, die sicherlich hier auch mitmachen will.

Wichtig ist aber, Herr Primas, dass das nicht in einen falschen Hals kommt: Wir wollen die maximale Freiheit für die Landkreise, die kreisfreien Städte und die großen Kommunen. Das steht auch so im Gesetz. Wir schreiben hier nichts vor. Das, was in den Klimaschutzkonzepten dann geleistet werden soll, soll Inhalt eines Vertrags zwischen der Landesregierung und den kommunalen Spitzenverbänden werden. Das wird die Basis für das sein, was die Kommunen leisten müssen. Keine Vorschriften, keine Verbote, sondern Kommunikation. Das ist unser Ziel, und das immer begleitet auch von einer starken Evaluation.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Das ist ein Lerneffekt.)

Ich würde gern noch einmal kurz auf den Kollegen Kummer, dem ich auch für seinen Beitrag danken möchte, eingehen und noch einmal eine Sache klarstellen: Es geht nicht darum, dass alles CO2, das in dieser Welt entsteht, zum Beispiel dadurch, dass wir atmen, dadurch, dass wir leben, nicht alles CO2, das in unseren Nutztieren entsteht oder in den Tieren und Pflanzen oder durch die Verwesung von Laub entsteht, dass das hier das Ziel ist, dass das reduziert werden soll um 90 Prozent. Sondern es geht ganz klar um das anthropogen entstandene CO2, das heißt, das vom Menschen verursachte Kohlendioxid. Darum geht es und das ist zu differenzieren von dem natürlich entstehenden CO2, meine sehr verehrten Damen und Herren. Da ist der Richtwert im Prinzip das aus Umsetzen fossiler Energieträger oder aus fossilen Quellen stammende CO2. Das nur noch einmal zur Klarstellung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, noch einmal mit meiner Antwort auf die sehr wohlwollenden und sehr guten Beiträge deutlich gemacht zu haben: Wir in Thüringen haben schon viel geleistet, Herr Primas, auch da stimme ich Ihnen zu. Aber es muss weitergehen. Wir dürfen uns nicht darauf ausruhen, dass 1990 eine umweltschädliche Volkswirtschaft zum Glück zusammengebrochen ist, nämlich die der DDR, und wir daraus schon allein 45 Prozent Absenkung der klimaschädlichen Gase errungen haben. Wir müssen uns in fairen Wettbewerb auch mit den westlichen Bundesländern begeben, das heißt, wir müssen einen anderen Ausgangspunkt beschreiben und das ist der Ausgangspunkt 1995.

Eine Antwort will ich nicht schuldig bleiben. Kollege Weber hat gefragt, was denn der Genderansatz ist, also die Frage der Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann. Eins ist doch ganz klar: Unsere Verkehrsstatistiken zeigen ganz deutlich, dass längere Autofahrten besonders von Männern unternommen werden, das ist ein Punkt. Aber es ist auch so, dass das Dienstwagenprivileg, das hier im Energieeinsparungsteil natürlich immer eine wesentliche Rolle spielt, ein Privileg ist, das besonders Männern zusteht. Wir alle kennen die Statistiken, dass vor allen Dingen Männer in höheren Positionen beschäftigt werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit ist das relevant. Gender gehört für uns in jedes Gesetz und wenn es auch nur um das Autofahren geht. Wir würden gerne noch die Überweisung an den Ausschuss für Bau und Verkehr mit hinzufügen. Justizausschuss ist, glaube ich, klar, dass der noch mit beteiligt wird. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Abgeordneter Kummer zu Wort gemeldet.

(Zwischenruf Reinholz, Minister für Landwirt- schaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz: Was hat er denn vergessen?)

Danke schön. Die Überweisung an den Ausschuss für Bau und Verkehr werden wir natürlich unterstützen, wenn man betrachtet, dass gerade die Verkehrsemissionen die anderen Emissionsminderungen der vergangenen Jahre immer wieder aufgefressen haben und dass wir hier ein besonders wichtiges Handlungsfeld haben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Herr Minister Reinholz, auf Ihre Frage, was ich vergessen habe: Ich habe nichts vergessen, der Hauptgrund, warum ich noch mal vorgegangen bin, war die Rede vom Kollegen Primas. Es gibt ein paar Thesen, die, wenn sie in den Raum gestellt werden, mich doch ärgerlich machen und weshalb ich etwas dagegen sagen muss. Da komme ich zuallererst zur Frage der Energiepreissteigerungen durch das EEG. Ich habe mir 1995 eine Ölheizung zugelegt, weil das damals die einzige Möglichkeit bei uns im Dorf war, sein Haus vernünftig zu heizen. Ich habe damals für 15 Cent - es waren noch Pfennige, 30 Pfennig - Heizöl gekauft. Der Heizölpreis ist seitdem um das Sechsfache gestiegen. Wenn Sie sich die Strompreise mal ansehen, da hatten wir trotz EEG eine niedrigere Preissteigerung. Also wir haben es insgesamt mit gigantisch steigenden Energiepreisen zu tun, die relativ unabhängig vom EEG sind, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)