Protocol of the Session on December 20, 2013

Bei Personaleinstellung über Drittmittel, meinen wir jedenfalls, ist es außerdem selbstverständlich oder sollte es selbstverständlich sein, dass der Personalrat beteiligt wird. Das meint auch die umfassende Beteiligung, glaube ich, die meine Kollegin Frau Kaschuba hier schon angesprochen hat, die uns oftmals fehlt. Was auch fehlt, Sie haben es vermutlich schon erwartet von mir, ist eine verpflichtende Frauenförderung. Ich hatte schon in der Aktuellen Stunde die Studie „Frauen machen Neue Länder“

erwähnt. Wenn man sich diese anschaut und feststellt, dass Gleichstellung an den Thüringer Hochschulen bisher nur eine - vorsichtig formuliert - untergeordnete Rolle spielt, fragen wir uns, warum es nicht längst das Quoten- bzw. Kaskadenmodell auch festgeschrieben in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen gibt, warum die Kompetenzen der Gleichstellungsbeauftragten nicht längst ausgeweitet wurden. Wir meinen auch, hier hätte ein guter Gesetzentwurf Vorschläge machen müssen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zu der schon häufiger benannten Problematik des Probestudiums. Dieser Vorschlag ist enthalten. Herr Minister, Sie haben das auch ausgeführt, hier geht es um beruflich Qualifizierte und begründet wird es damit, dass die bisher im Gesetz vorgesehenen Eingangsprüfungen kaum angenommen werden. Da hätten übrigens Zahlen interessiert, die habe ich kaum gehört. Zwei sind jetzt vielleicht nicht das, was uns zufriedenstellen kann. Dass eine Öffnung unserer Hochschulen notwendig ist, zeigt uns der internationale Vergleich schon lange. Deutschland ist eines der Länder - und da macht Thüringen leider keinen Unterschied - mit der geringsten Studierneigung. Wir wollen jedoch mehr Menschen für ein Studium gewinnen.

Mehr Beteiligung an Hochschulbildung sorgt selbstverständlich für positive Effekte bei der demografischen Entwicklung und wirkt auch dem Fachkräftemangel wirksam entgegen. Deshalb muss es uns darum gehen, dass wir für Menschen ohne Hochschulzugangsberechtigung die Hürden zur Aufnahme eines Studiums tatsächlich wirksam verringern. Das Probestudium, so wie wir es aber im Gesetzentwurf finden, ist aus unserer Sicht untauglich, denn es werden neue Hürden errichtet und diese sind ziemlich willkürlich, wenn ich das einmal so sagen darf, und auch schwer erfüllbar. Dass zum einen eine zweijährige Berufsausbildung nachgewiesen werden muss, können wir nachvollziehen. Warum aber dann auch noch der Nachweis einer dreijährigen Berufspraxis in dem zum Studiengang fachlich verwandten Bereich als nächste Hürde eingezogen würde, finden wir schon weniger nachvollziehbar. So wird eine berufliche Umorientierung jedenfalls erschwert. Dass die Hochschule nach Ablauf des Probezeitraums über endgültige Aufnahme aufgrund der erbrachten Leistungen und die mögliche Anrechnung der Leistungen entscheidet, sehen wir auch als problematisch an. Wie stellen Sie sich das denn vor? Da entscheidet dann der Professor oder die Professorin danach, ob der- oder diejenige nach dem Probestudium tatsächlich geeignet ist, ein Studium aufzunehmen! Wie bewerten wir denn das im Umgang oder Vergleich mit Abiturientinnen und Abiturienten, die gerade von der Schule kommen. So jedenfalls bauen wir aus unserer Sicht neue Hürden auf, es entstehen neue Unsicherheiten und Ungewissheiten

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

anstatt klarer Perspektiven, um zu offenen Hochschulen zu gelangen. Das würden wir gerne im Ausschuss weiter diskutieren.

Jetzt noch zu den Weiterbildungsstudiengängen: Die vorgeschlagenen Regelungen, die hier zu den gebührenpflichtigen berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiengängen getroffen wurden, sehen wir sehr kritisch. Frau Kaschuba hat dazu schon einiges ausgeführt. Wir wollen doch schließlich die Bildungsbeteiligung insgesamt erhöhen und auch die Weiterqualifikation von Berufsbildenden. Wenn wir jetzt allerdings kostendeckende Gebühren für Weiterbildungsstudiengänge einführen, die nach oben gestaffelt sind - im Moment sind das nämlich maximal 500 € im Semester -, dann werden diese hohen Gebühren vor allem abschreckende Wirkung haben und dem Ziel, die Weiterbildungsbeteiligung zu erhöhen, kontraproduktiv gegenüberstehen. Jedenfalls ist das unsere große Sorge.

Aber auch viele andere Detailregelungen können wir sicher noch im Ausschuss besprechen. Es ist eben schon zugesagt worden, so habe ich zumindest Herrn Emde verstanden, dass es eine mündliche Anhörung geben soll. Wir jedenfalls haben auch noch einen positiven Punkt zu bemerken, nämlich dass die Anpassung an die Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen passieren soll. Die Vorschläge zum Findungsverfahren des Dekans des Uniklinikums nehmen wir - ich sage es einmal - freundlich zur Kenntnis, gern würden wir aber darüber noch genauer im Ausschuss sprechen, ebenso über das Verfahren zur Wiederwahl des Hochschulpräsidenten und des Kanzlers, denn für uns ist klar, dass diese Wahlverfahren - Frau Kaschuba hat es auch schon ausgeführt - transparent und demokratisch gestaltet sein müssen.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, das Gesetz wird seinen Ansprüchen und der Überschrift mitnichten gerecht,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

es geht am Großteil der wirklichen Problemlagen schlicht vorbei. Eine mutige und zukunftsorientierte Hochschulpolitik jedenfalls sieht wahrlich anders aus, es passt allerdings ein Stück zum bisherigen Agieren der Landesregierung in diesem Themenfeld. Ich sage nur noch einmal: die fehlende Hochschulentwicklungsplanung das Weihnachtsgeschenk ist immer noch nicht angekommen - und unzureichende Hochschulfinanzierung.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es sind ja noch fünf Jahre Zeit.)

Wie gesagt, wir haben jede Menge Rede- und Klärungsbedarf. Zustimmungsfähig ist dieses Gesetz

in seiner jetzigen Form für uns als BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN jedenfalls nicht. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat Abgeordneter Dr. Hartung von der SPD-Fraktion.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Stell das jetzt mal bitte alles klar.)

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Abgeordneter Hey, ich werde das jetzt alles klarstellen, dein Wunsch ist mir Befehl.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ich dachte, ihr habt Demokratie bei euch in der Fraktion.)

Er ist der stellvertretende Vorsitzende, ich muss machen, was er sagt.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verfolgt die Regierungskoalition im Wesentlichen drei Zielsetzungen, die hier alle schon genannt worden sind. Zum einen ist es natürlich die Profilierung eines der Karrierewege für Nachwuchswissenschaftler, das ist der Tenure Track, zum anderen ist es der verbreitete Zugang von beruflich Qualifizierten ohne Abitur zum Studium und zum Dritten ist es die Einführung von berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiengängen, auch im Rahmen von Bezahl-Studiengängen bzw. gebührenpflichtigen Studiengängen.

Lassen Sie mich zu den geplanten Regelungen im Einzelnen etwas sagen, auch dahin gehend, dass hier schon verschiedene Dinge angeführt worden sind bzw. kommentiert worden sind, die so nicht stehen bleiben sollten. Ja, wir haben in der Anhörung zur Großen Anfrage der Linken verschiedene Probleme im Bereich der wissenschaftlichen Beschäftigung einfach zur Kenntnis nehmen müssen, das heißt, wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Nachwuchswissenschaftler natürlich verlässliche Berufsperspektiven haben wollen. Sie leiden darunter, dass sie befristete Arbeitsverhältnisse haben, klar. Ich hatte so etwas auch einmal. Ich weiß, wie das ist. Ich kann das vollkommen nachvollziehen. Wir müssen da natürlich etwas tun. Natürlich braucht man auch eine adäquate Bezahlung, wir müssen wegkommen von der Unsicherheit der eigenen beruflichen Entwicklung und wir müssen natürlich zur Kenntnis nehmen, dass bislang eine weitere sichere langfristige Lebensplanung, Berufsplanung nur dann möglich ist, wenn man einigermaßen sicher sein kann, einmal eine ordentliche Professur zu ergattern. Für genau diese Gruppe von

(Abg. Rothe-Beinlich)

Wissenschaftlern, jungen Nachwuchsleuten, Talenten, nicht nur aus Thüringen, auch von anderswo brauchen wir verlässliche planbare Karrieremöglichkeiten. Ich denke, da ist der Tenure Track das, was wir als Land machen können, als einen Schritt zur Besserung dieser prekären Beschäftigungsverhältnisse.

(Beifall SPD)

Außerdem müssen wir natürlich auch klarmachen, dass viele Probleme auch aus dem derzeitigen Wissenschaftszeitvertragsgesetz resultieren. Hier muss auf Bundesebene natürlich eine Anpassung, eine Verbesserung erfolgen. Wir werden als Land selbstverständlich nicht dabei stehen bleiben, jetzt dieses Tenure-Track-Verfahren eingeführt zu haben, sondern wir werden natürlich weiterhin Verbesserung in diesem Bereich angehen. Das ist vollkommen notwendig. Auf diese Art und Weise ist es für uns dann möglich, qualifizierte Nachwuchswissenschaftler im Wettbewerb um die besten Köpfe, nicht nur in Thüringen, sondern auch anderswo, auch international zu gewinnen. Deswegen denke ich, ist das ein Schritt, Thüringen besser aufzustellen.

Damit komme ich jetzt zum zweiten Schwerpunkt der Novellierung, dem verbesserten Zugang zum Hochschulstudium für beruflich Qualifizierte ohne Abitur. Es ist von verschiedenen Seiten Kritik geübt worden, es sind Bedenken geäußert worden, durchaus auch vom Koalitionspartner. Ich persönlich glaube, das Probestudium ist eine sehr wichtige Ergänzung zur Eingangsprüfung. Ich glaube sehr wohl, dass die Eingangsprüfung Menschen abschreckt. Ich weiß aus den Zahlen, die kann man sich raussuchen, Frau Rothe-Beinlich, dass ist jetzt nicht so, dass das Herrschaftswissen und geheim wäre. Die gibt es im Internet.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht um die Stellung- nahme in diesem Fall und nicht um Herr- schaftswissen.)

Ich weiß. Nein, beim Herrschaftswissen ging es auch darum, dass Sie nicht wissen, wie viele Studenten in Thüringen das machen.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Doch, ich habe schon intensiv zugehört.

Ich würde sagen, die Debatte verlegen wir dann auf den Ausschuss, wenn denn überwiesen wird.

Danke, Herr Präsident. Es ist auf jeden Fall so, dass wir feststellen müssen, dass die Eingangsprüfung nicht so wahrgenommen wird, wie wir uns das

wünschen würden. Es zieht nicht die Zahlen an Studienanfängern ohne Abitur in ein Studium, die wir brauchen würden, um dem Fachkräftemangel vorzubeugen. Deswegen ist die Einführung eines Probestudiums der richtige Weg. Frau Kaschuba, selbstverständlich ist dieses Probestudium ein Präsenzstudium, ein Vollzeitstudium. Es ist kein berufsbegleitendes Studium, es ist kein Wochenendstudium und damit ist es natürlich gebührenfrei.

(Beifall SPD)

Es gibt mit der SPD keine Gebühren für ein Präsenzstudium, es gibt keine Gebühren für ein Vollzeitstudium, das werden wir nicht zulassen.

(Beifall SPD)

Wenn das alles so schlecht wäre - jetzt auch einmal mit Blick auf den Koalitionspartner - ein Probestudium einzuführen, warum haben denn andere Bundesländer, wie das nicht sozialdemokratisch regierte Bayern, aber auch NRW, Schleswig-Holstein, Saarland, Hamburg oder Bremen, sehr gute Erfahrungen mit einem Probestudium gemacht? Ich glaube, wenn man den Rahmen zwischen zwei und vier Semestern ansetzt, hat man auch die Flexibilität an die Hochschulen gegeben, dass man zum einen sagt, es ist nicht jeder Studiengang wie der andere, bei manchen Studiengängen kann man wahrscheinlich nach zwei Semestern entscheiden, ob das was für den jeweiligen Studenten ist, und bei anderen braucht man vielleicht vier Semester. Das soll aber die Hochschule selbst festlegen, das muss Studiengang für Studiengang individuell geregelt werden. Natürlich muss am Ende eines solchen Probestudiums die Entscheidung fallen, ob der Student ohne Abitur geeignet ist zu studieren oder nicht.

(Beifall SPD)

Wir haben selbstverständlich auch eine Verpflichtung gegenüber unserem Hochschulsystem, wenn wir sagen, es geht am Abitur vorbei zum Studium, dass dann am Ende auch die dort landen, die dafür geeignet und qualifiziert sind. Wir haben gar nichts davon - da bin ich allerdings auch nicht beim Herrn Emde -, dass man Menschen in einer Hochschule parkt. Aber ich glaube auch nicht, dass das eine Bildungsbiografie unterbrechen würde, wenn man nach zwei oder vier Semestern Probestudium am Ende feststellt, okay, die Uni-Karriere ist doch nicht das, was ich mir vorgestellt habe, und sich deswegen zurückzieht. Insofern bin ich davon überzeugt, dass wir mit dem Probestudium einen Schritt in die richtige Richtung machen.

(Beifall SPD)

Der dritte Punkt, den ich anführen möchte, sind die hier schon viel gescholtenen Bezahlstudiengänge, die gebührenpflichtigen berufsbegleitenden Studiengänge. Es ist natürlich so, wenn man immer

nur das Schlechte in der Welt sieht, könnte man sagen, das öffnet die Tür in die schleichende Studiengebühr. Dann geht die Hochschule hin und sagt, ich dünne die Präsenzkurse, die Präsenzstudiengänge aus und baue dafür das berufsbegleitende Angebot aus. Aber die Hochschule wird davon doch nicht profitieren. Die staatlichen Fördermittel, die staatlichen Zuschüsse orientieren sich ja gerade an der Zahl der Präsenzstudenten. Sie orientieren sich gerade an der Zahl derer, die jeden Tag an ihre Hochschule gehen, die ihre Kurse belegen, die nicht nebenbei arbeiten, die natürlich auch keine Gebühren bezahlen müssen. Es ist ganz klar so, dass wir und das ist ein ausdrücklicher Wunsch der Hochschulen, gerade der kleineren Hochschulen - ihnen die Möglichkeit geben, sich auf dem Markt mit privaten Anbietern zu messen, dass wir ihnen die Möglichkeit geben, berufsbegleitend Studiengänge anzubieten, und dass wir ihnen die Möglichkeit geben, diese berufsbegleitenden Studiengänge auch in ihr Repertoire aufzunehmen.

Dabei ist es überhaupt nicht so, dass man davon ausgehen soll, dass diese Gebühren immer von den Studenten bezahlt werden. Ich kenne eine ganze Reihe Betriebe, die ihren Studenten diese Gebühren erstatten, einmal davon abgesehen, dass die Leute nebenbei arbeiten, Geld verdienen und diese Gebühren steuerlich voll absetzbar sind.

Es ist nicht so, dass wir irgendwo hinkommen und sagen, der arme Student muss nebenbei arbeiten und deswegen führen wir jetzt Teilzeitstudiengänge ein. So ist es nicht. Wir bedienen einen Markt, der derzeit boomt. Wir bedienen einen Markt, der derzeit gar nicht die Nachfrage abarbeiten kann. Deswegen ist genau diese Möglichkeit richtig

(Beifall SPD)

und sie ist wichtig und sie wird nur dann greifen, und das betone ich noch mal, wenn das berufsbegleitende gebührenpflichtige Studium flankiert wird von einem Präsenzstudiengang, der selbstverständlich, und das werde ich nicht müde zu betonen, gebührenfrei bleibt.

(Beifall SPD)

Ich bin der Überzeugung, wir werden diese Gesetzesnovellierung im Ausschuss intensiv diskutieren, gerne auch in einer mündlichen Anhörung. Auch wenn wir darüber so dezidiert noch nicht gesprochen haben, aber dem werde ich mich natürlich nicht verweigern. Ich danke für die Aufmerksamkeit.