Deswegen, meine Damen und Herren, fordern wir seit Jahren von der Landesregierung eine Politik, die die Akzeptanz von schwulen, bisexuellen und intersexuellen Menschen in der Gesellschaft unterstützt und fördert. Allein da passiert nichts. Dafür ist die Erstellung eines Aktionsplans gegen Homophobie und Transphobie ein wichtiger Ansatzpunkt, aber die Überarbeitung und Anpassung von Lehrmaterialien - Sie haben dazu die Gelegenheit, auf der Tagesordnung für dieses Plenum unter TOP 19 zu zeigen, wie wichtig Ihnen das ist. Die Überarbeitung und Anpassung von Lehrmaterialien und Lehrplänen an den Thüringer Schulen, das wäre mal ein Zeichen, um zu zeigen, es ist uns wichtig,
ringen in unsere staatlichen Institutionen, von denen man im Thüringen-Monitor lesen kann, insbesondere insofern in Rede steht, als dass der Eindruck der Machtlosigkeit immer wieder eine Rolle spielt. Fast 25 Jahre nach der friedlichen Revolution haben drei Viertel der Menschen im Freistaat das Gefühl der Ohnmacht gegenüber dem politischen System. Sie meinen, keinen Einfluss zu haben, was die Regierung tut und da muss man, denke ich, hergehen und als Erstes über die politische Kultur in diesem Land reden. Es geht nicht um Revolution. Es geht um die Frage, wie steht es um die politische Kultur in diesem Land? Ich glaube, wir stehen hier an einem Scheideweg. Der Scheideweg, der vor allen Dingen daraus ausgelöst wird, dass es bei den Menschen in Thüringen den Eindruck gibt, es geht hier viel zu oft um Machtkalkül, um Absicherung von vermeintlich Altgedienten, Begünstigungen von Parteifreunden und Personalaffären. Das ist das, was die politische Kultur in diesem Land massiv beschädigt. Da bin ich mir sehr sicher, dass die Landesregierung in den vergangenen Monaten viele, viele Fehler gemacht hat und ich bedaure, dass Minister Gnauck beispielsweise heute nicht da sein kann, weil er derjenige ist, der jetzt auch wieder in Rede steht, sich über Moral und Recht hinwegsetzen zu wollen. Er erkennt nicht, dass wir uns auf sehr dünnem Eis befinden, denn die Debatte um eine schlechte politische Kultur in diesem Land, betrifft nicht nur diejenigen, die sie losgetreten haben, weil sie kein Ehrgefühl und kein Gefühl für Recht und Gesetz haben, sondern die betrifft uns alle
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Gute, das zeigt der Thüringen-Monitor, ist, dass das Interesse an Politik und die Beteiligungsmöglichkeiten insbesondere steigen. Das stärkt unser Gemeinwesen. Das kann unser Gemeinwesen stärken, wenn politische Entscheidungsprozesse transparenter werden. Nicht, dass wir als Grüne nicht schon längst gefordert hätten, wenigstens die Ausschüsse in diesem Land öffentlich tagen zu lassen. Nicht, dass wir nicht darum bitten, dass entsprechende politische Dinge offengelegt werden, um Transparenz auch wirklich herzustellen und umzusetzen. Wir brauchen auch gute Ideen, wie mehr Bürgerbeteiligung nicht als Alibifunktionen auf irgendwelchen Internetseiten mit Alibianhörungen zu Gesetzen stattfindet, sondern wie echte Mitbestimmung und Teilhabe in diesem Land geht, weil das die Basis für Vertrauen in die Politik ist. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir den Menschen für gutes Leben in Thüringen auch mehr zutrauen müssen in diesem Bereich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir tun uns keinen Gefallen, wenn wir die Ergebnisse des Thüringen-Monitors einmal im Jahr nach 48 Stunden Textvorlage abfeiern und dann passiert ein Jahr nichts mehr.
Es reicht nicht, das Gutachten jetzt nach dieser Aussprache wieder in der Schublade verschwinden zu lassen, sondern es geht auch darum, darüber nachzudenken, welche Konsequenzen gezogen werden und das betrifft insbesondere, ich will das noch einmal mit Nachdruck sagen, auch die Frage, wie ist es um die politische Kultur in diesem Land bestellt. Ich glaube, das ist einer der wichtigsten Punkte, wenn es darum geht, die Menschen in Thüringen ernst zu nehmen. Da müssen sich vor allen Dingen diejenigen an die Nase fassen, die absolut nicht verstehen können, dass sie an bestimmten Stellen Grenzen überschreiten und übertreten.
Ich will gern zum zweiten Teil des Thüringen-Monitors kommen und deutlich machen, dass man sehr gern über gutes Leben reden kann, aber dann auch selber seinen Beitrag dazu leisten muss. Wer Glaubwürdigkeit besitzt, kann über gutes Leben reden und einen Regierungsauftrag erfüllen.
Ich bin froh darüber, das sage ich ganz offen, dass der Thüringen-Monitor in diesem Jahr als zweiten Hauptteil die Frage aufwirft: Wie wollen wir leben? Das ist eine der wichtigsten, die treibt Politikerinnen und Politiker grundsätzlich und immer um. Aber noch mal, Zuckerguss über den Ist-Zustand macht es nicht besser.
Die Frage ist immer, welche Konsequenzen ziehen wir? Welche Konsequenzen ziehen wir daraus, dass wir der demografischen Entwicklung hinterher hecheln, statt sie zu gestalten? Welche Konsequenzen ziehen wir daraus, dass Thüringen hochverschuldet ist und die Frage, wie in fünf, sechs, sieben, acht Jahren Landespolitik gestaltet werden kann, nicht beantwortet ist. Welche Konsequenzen ziehen wir aus den Verwerfungen in der politischen Kultur in Thüringen? Das gehört auch zum guten Leben und zur Frage, wie wird und wie bleibt unser Land lebenswert.
Weil uns das so umtreibt, haben wir als Grüne vor mehreren Monaten eine Studie in Auftrag gegeben. Unser regionaler Wohlfahrtsindex in Thüringen untersucht, inwieweit in den vergangen Jahren Wohlstand und Wohlfahrt tatsächlich gewachsen sind. Es geht um die Frage, was macht Thüringen tatsächlich lebenswert. Lebensqualität ist nicht alleine abhängig - auch, ja, aber nicht nur - von ökonomischen Faktoren. Das sollte man eigentlich wissen. Es geht nicht immer nur um höher, schneller, weiter im Leben, sondern es geht auch um die Frage, wie
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt Dinge, die, wenn wir uns am Bruttoinlandsprodukt orientieren, uns scheinbar suggerieren, es ginge dem Land wirklich gut. Aber wenn Sie mal andere Indikatoren, andere Faktoren einbeziehen, dann kann es ganz schnell sein, dass sie zu dem Schluss kommen, dass Wohlfahrt in Thüringen auf dem absteigenden Ast ist. Genau das sagt auch unsere Studie. Das hat verschiedene Gründe. Es geht um den Niedriglohnbereich, der nach wie vor, auch wenn Sie sagen, es hätte sich verbessert, aber für viele Menschen keine echte Perspektive in Thüringen bietet. Es geht um Umweltverschmutzung, es geht um viele Punkte, die will ich gern noch kurz erläutern.
Unser Wohlfahrtsindex zeigt, dass an verschiedenen Stellen die Lebensqualität in Thüringen gesunken ist. Ich will das an drei Beispielen festmachen. Die Ministerpräsidentin sagte vorhin, gute Bildung ist die soziale Frage des 21. Jahrhunderts. Dann frage ich Sie, ich muss Sie wirklich fragen, Sie betonen auch immer die Wichtigkeit der Wahlfreiheit, die pathetischen Worte hörte ich wohl, aber dass dann 23.000 Schülerinnen und Schüler in Thüringer freien Schulen davon ausgehen müssen, dass sie Schüler zweiter Klasse sind, das geht für mich nicht einher mit Wahlfreiheit. Dann frage ich Sie nach wie vor: Wie können Sie ernsthaft sagen, es geht hier um echte Wahlfreiheit an Schulen, wenn die Finanzierung nicht auskömmlich ist?
Sie haben auch davon geredet, dass gute Politik langfristig gute Rahmenbedingungen schaffen soll. Aber dann frage ich mich sehr, wie Sie, insbesondere wenn es um die Frage des Umweltschutzes geht, so überhaupt keine Aussagen getroffen haben. Sie haben davon geredet, wie lebenswert Thüringen ist, wie wir leben wollen. Sie haben einmal das Wort ökologische Nachhaltigkeit erwähnt und dann völlig ausgeblendet, dass man dann auch sagen muss, wie man sich in Zukunft gute Wasser-, Boden- oder Luftqualität vorstellen muss. Ich meine, ich habe keine Worte von Ihnen dazu gehört, dass in Nordhausen gerade das größte noch zusammenhängende Gipskarstgebiet
Ich habe auch nichts davon gehört, wie die Sanierung in Rositz am Teersee endlich abgeschlossen werden soll, wie die Menschen dort gut leben sollen.
Ich habe auch nichts davon gehört, wie die nach wie vor stattfindende Salzeinleitung in Werra und Weser von Ihnen bearbeitet wird. Stattdessen habe ich gehört, dass Landwirtschaft in Thüringen deswegen gut funktioniert, weil die Thüringer Kühe „leistungsfähiger sind als die im Allgäu“. Dass das zulasten der Tiergesundheit geht, liebe Frau Lieberknecht, zeigt wieder,
dass Sie unter der Überschrift „höher, schneller, weiter“ auch im Umweltbereich agieren, aber nicht verstanden haben, was Zukunft ist.
Jetzt komme ich zum Bereich Familienpolitik. Auch da frage ich mich, was hat die Landesregierung denn eigentlich unternommen? Jeder Zweite, jede Zweite in Thüringen sagt, dass sie Probleme mit der Work-Life-Balance und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat. Ganz viele tolle Worte, allein die Paraphrasierung Vereinbarkeit von Familie und Beruf, da frage ich mich immer, was ist eigentlich Ihre Idee? Der Anfang, ja, sind gute Kitas, zu denen Eltern ihr Kind mit einem guten Gewissen bringen, aber die müssen dann auch mehr als Aufbewahrungsorte sein, Herr Pidde. Und da muss auch noch ein bisschen was passieren. Begeisternde Lernorte, das ist das, was wir uns da vorstellen. Da kann es nicht sein, dass in Erfurt beispielsweise die Erzieherin aus einer Kita, weil sie den Kindern, die in einem Problemviertel in Erfurt aufwachsen, gern ermöglichen möchte, einmal im Jahr
hier in die Eissporthalle zu gehen, dass sie allein mit 19 Kindern diese Verantwortung wahrnimmt, das kann nicht sein.
Derer Beispiele gibt es viele. Sie müssen sich auch der Verantwortung stellen, dass guter Kita-Ausbau auch heißt, dass Sie die entsprechend richtigen Betreuungsrelationen haben. Dazu habe ich nichts gehört.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht uns auch darum, in diesem Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf darüber nachzudenken, wie in dieser Gesellschaft Aufstiegsbarrieren beseitigt werden. Der soziale Auftrag von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen darf nicht mehr allein durch Herkunft entschieden werden. An vielen Stellen, das hat auch unsere Große Anfrage gezeigt,
klafft nicht nur die Einkommenssituation in Thüringen weiter auseinander - auch das ist ein Grund für die sinkende Lebensqualität -, sondern nach wie vor entscheidet viel zu oft Herkunft und nicht Talent über Zukunftschancen. Das ist kein Plädoyer für Gleichmacherei, sondern worum es geht, Frau Ministerpräsidentin, ist ein Plädoyer für eine Politik der Chancengerechtigkeit.
Es geht nicht darum, etwas gegen Leistungsgerechtigkeit zu sagen, das ist nicht der Punkt, aber es wird niemals Leistungsgerechtigkeit ohne Chancengerechtigkeit geben. Ich glaube, die beiden Dinge zusammenzudenken, das ist wichtig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir als Grüne sagen, Thüringen muss sich bewegen, wenn Lebensqualität gesichert, hergestellt, fortentwickelt werden soll. Dafür gibt es mehr als genug Punkte, die zu benennen, die anzupacken sind. Allein ich weiß, dass vermutlich in den nächsten zehn Monaten diese Landesregierung diesen Mut nicht haben wird. Damit müssen wir umgehen, aber ich bin sehr gespannt, wie Sie zum Beispiel in der Frage des Landeserziehungsgeldes, in der Bekundung auf der einen und auf der anderen Seite, wie Sie an vielen anderen Stellen, wo in diesem Land justiert werden muss, die nächsten zehn Monate wirklich die Kraft und den Willen haben, gemeinsam zu gestalten. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, entsprechend dem hinzugekommenen Schwerpunkt des Thüringen-Monitors Integration und Akzeptanz von Minderheiten und der abgefragten Einstellung zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit möchte auch ich noch ein paar Bemerkungen machen, auch zu dem Schwerpunkt Rechtsextremismus und dann noch ein paar Bemerkungen zu den Ausführungen der Ministerpräsidentin und des CDU-Fraktionsvorsitzenden.
Bevor ich damit anfange, möchte ich eine Grundsatzbemerkung machen. Wir reden beim Thüringen-Monitor über eine Studie zur demokratischen Kultur. Wenn man das glaubhaft machen will, meine Damen und Herren, dann muss man ein Mindestmaß an demokratischer Kultur selbst beweisen, und zwar indem man den anderen Rednerinnen und Rednern zuhört und das kann man für große Teile aus den Koalitionsfraktionen bei der Rede