Protocol of the Session on November 21, 2013

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sagte es bereits, ein Meilenstein, Frau Ministerpräsidentin, ist diese Verwaltungsreform ganz bestimmt nicht.

(Beifall FDP)

Sie zeichnet ein düsteres Bild von der verbliebenen Gestaltungskraft von CDU und SPD und von Ihrer Führungsfähigkeit, Frau Ministerpräsidentin.

(Beifall FDP)

Sie haben das Thema Verwaltungsreform zur Chefsache erklärt, Sie haben sich in bester Angela-Manier an die Spitze der Bewegung gesetzt. Was kommt dabei heraus? - Ein bestenfalls zaghafter Schritt, mehr aber nicht; die Chefin hat versagt.

(Beifall FDP)

Da hilft es auch nicht, wenn man durch sprachliche Bilder die Reform in einem besseren Licht darstellen will. Natürlich sind Ergebnisse auch subjektiv geprägt. Wenn man als Chefin dieses Projekts die vorgelegte Reform als Meilenstein nach über vier Jahren der Koalition bezeichnet, zeigt es mir eindeutig, welche Ansprüche man an sich selbst und welche Vorstellungen man innerhalb der Koalition von Ergebnissen hat.

(Beifall FDP)

Man muss die eigene Messlatte nur tief genug ansetzen, dann überspringt man sich schon. Aber Sie schaffen es trotzdem, die ohnehin niedrigen Ansprüche noch einmal zu unterbieten.

(Beifall FDP)

Wenn Sie als großartigen Erfolg der Koalition bewerten, dass das Land von 1995 bis ca. 2010 die Zahl der Mitarbeiter um ca. 28 Prozent gesenkt hat und dafür auch noch Mitarbeiter durch Kommunalisierung, das heißt durch die Übertragung auf die Kommunen reduzieren konnte, dann frage ich mich, wie Sie es bewerten, dass die Kommunen in der gleichen Zeit mit neuen Aufgaben und Mitarbeitern vom Land das Personal um 50 Prozent verringert haben.

(Beifall FDP)

Schon hieran, meine Damen und Herren, kann man erkennen, wo der Fehler in den letzten Jahren gelegen haben muss.

Ein weiterer großartiger Erfolg der Koalition ist nach Ihrer Darstellung, Frau Ministerpräsidentin, dass das Haushaltsvolumen von 2011 auf 2012 um rund 450 Mio. € gesenkt worden ist. Wenn Sie ehrlich wären, müssten Sie die Zahlen der Legislatur nennen und die hat nicht 2011 begonnen, sondern 2009.

(Beifall FDP)

Seit 2009 ist das Haushaltsvolumen im Ist um ca. 166 Mio. € zurückgegangen. 2010 wollten Sie or

dentlich das Haushaltsvolumen mit über 600 Mio. € aufblähen, wenn ich Sie daran erinnern darf. Zum Glück ist die Konjunktur angesprungen. Dank der Thüringer Wirtschaft, dank des Thüringer Mittelstands, dank der Thüringer Arbeitnehmer ist es so, dass es bis jetzt nicht so duster aussieht,

(Beifall FDP)

wie es sonst hätte kommen können. Und trotz allem haben wir allein durch die Legislatur, durch die großartige Leistung der Koalition zusätzlich 430 Mio. € neue Schulden aufgenommen. Wenn es nach Ihrer Planung gegangen wäre, wären sogar 880 Mio. € daraus geworden. Wir verdanken es nur den fleißigen Steuerzahlern und Unternehmen, dass es nicht so dramatisch geworden ist.

(Beifall FDP)

Und dramatisch genug ist es allemal. Ich glaube, dass da der Vorsitzende der CDU-Fraktion zumindest 2010 ehrlicher gewesen ist zu diesem Thema, als er in der TLZ zitiert werden konnte, Frau Präsidentin, ich zitiere: „Der Haushalt wurde auf 9,8 Mrd. € aufgebläht. Wir haben konsumtiv in die Kasse gegriffen. Die 1 Mrd. € Mehrausgaben merkt man auch gar nicht, wenn man jetzt durch das Land geht. Nur die Ministerien kommen davon jetzt schlecht runter. Besser wäre zurück auf Los, also zurück zu den Haushaltsansätzen 2009.“ Recht hat er, der Kollege Mohring.

(Beifall FDP)

Nicht nur beim Sparen, auch die Verwaltungsreform ist wiederum ein deutliches Zeichen dafür, dass hier zwei zusammenarbeiten, die einfach nicht zusammenpassen. Die CDU bemüht sich irgendwie, etwas hinzubekommen, was wie eine Reform aussieht, und die SPD hält weiterhin ihre Laudatio auf eine Gebietsreform ohne Substanz und Fakten und mehr nicht.

(Beifall FDP)

Thüringen macht man nicht zukunftsfähiger, wenn zwei CDU-geführte Ministerien ihre Behörden zusammenlegen, sonst aber nichts passiert. Thüringen macht man auch nicht zukunftsfähiger, wenn man eine Studieneinrichtung wie die traditionsreiche Gothaer Baufachschule einfach nur kommunalisiert. Unsere Kritik

(Beifall SPD)

- das habe ich mir gedacht - an dem Vorgehen beim Thema JVA will ich aus Zeitgründen jetzt hier nicht näher erläutern, dazu haben wir uns ja auch schon deutlich gestritten. Auch wenn die Zahl der Verwaltungseinheiten durch Zusammenlegung von 60 auf 24 gesenkt wird, bleiben aber die Aufgaben bestehen, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Genau dieses ist der fundamentale Fehler bei der vorgelegten Reform. Es wurde keine grundlegende Aufgabenkritik vorgenommen. Ohne eine solche grundlegende Aufgabenkritik werden wir jedoch eine spürbare Entlastung von Kommunen und Landesbehörden nicht hinbekommen.

(Beifall FDP)

Ohne Aufgabenkritik sparen wir allein auf Kosten der Bediensteten. Die sogenannten Indianer müssen einfach mehr Aufgaben wahrnehmen und gekürzt wird nach meinem Eindruck vorrangig bei den Indianern und nicht bei den Häuptlingen.

(Beifall FDP)

Nicht mehr und nicht weniger steht aus unserer Sicht hinter Ihrer Verwaltungsreform. Ein Beispiel ist die Thüringer Polizei. Von ca. 2.000 Stellen, die beim Innenministerium bis ins Jahr 2020 abgebaut werden sollen, werden bei der Polizei 915 gestrichen. Das Motto „mehr Blau auf der Straße“ hat sich somit schneller in Luft aufgelöst, als es dem Innenminister lieb sein kann. Dass man den Bediensteten einfach die Aufgaben überträgt, kann aber nur bis zu einem gewissen Punkt funktionieren. Irgendwann ist die Schraube überdreht. Dass der Krankenstand bei der Thüringer Polizei ca. 9 Prozent beträgt, das kommt doch nicht von ungefähr. Die Konkurrentenklagen gegen Beförderungen von Kollegen sprechen doch auch nicht gerade für ein optimales Klima, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Ohne eine tatsächliche Entlastung der Polizeivollzugsbeamten von Aufgaben wird es nicht funktionieren, auch nicht mit der neuen Polizeistruktur. In ähnlicher Art und Weise wird es sich früher oder später aber bei unseren Kommunen, aber auch auf der mittleren Verwaltungsebene widerspiegeln, wenn wir nicht strukturiert an eine Funktionalreform herangehen.

(Beifall FDP)

Die durch die Reform versprochenen Einsparungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, von 340 Mio. € bis 2020 reichen bei Weitem nicht, wenn man weiß, dass wir in Thüringen ca. 1,5 Mrd. € bis 2020 strukturell eingespart haben müssen. Der Sparbeitrag dieser Verwaltungsreform beträgt im günstigsten Fall lediglich ein Fünftel. Woher die restlichen vier Fünftel kommen sollen, liebe Kolleginnen und Kollegen, bleiben Sie uns hier schuldig. Verständlich, denn im nächsten Jahr sind ja Landtagswahlen.

Deswegen, meine Damen und Herren, ist es aus unserer Sicht unentbehrlich, endlich eine ernsthafte Aufgabenkritik vorzunehmen. Und die müssen Sie leisten.

(Beifall FDP)

Erst dann kann und muss über Aufgabenverzicht, Aufgabenverlagerung oder Privatisierung nachgedacht und gesprochen werden. An dritter Stelle kann aufgrund von Aufgabenkonzentration, Aufgabenverzicht und Aufgabenverlagerung auch eine zweckmäßige Behördenkonzentration erfolgen. Die FDP-Fraktion hat im Oktober 2013 ein Thesenpapier für zukunftsfähige Verwaltungsstrukturen in Thüringen vorgestellt.

(Beifall FDP)

Neben der schon genannten Vorgehensweise

1. Aufgabenkritik

2. Aufgabenverzicht und

3. Aufgabenverlagerung und Behördenreform

schlagen wir aber noch weitere Maßnahmen vor, meine Damen und Herren, die Thüringen für die nächsten Jahre fit machen sollen. In Ihrer Regierungserklärung sprechen Sie viele Punkte an, die auch die FDP in ihrem Thesenpapier fordert, nämlich die Kommunen als Fundament zu sehen und damit eine Reform von unten nach oben aufzubauen,

(Beifall FDP)

die interkommunale Zusammenarbeit zu stärken

(Beifall FDP)

und E-Government zu nutzen. Das alles sind bekannte Forderungen. Warum, meine Damen und Herren, nutzen wir sie in Thüringen nicht endlich ernsthaft? Die Möglichkeiten, die uns durch E-Government oder interkommunale Zusammenarbeit geboten werden, werden durch die Landesregierung in dieser Wahlperiode bei Weitem nicht ausgenutzt. Leider ist dazu in der Reform nicht wirklich etwas zu finden.

(Beifall FDP)