Protocol of the Session on October 17, 2013

(Beifall FDP)

Deswegen, meine Damen und Herren, sage ich Ihnen, verweigern Sie sich nicht einem fairen Umgang mit Kommunen. Wenn Frau Kollegin Tasch etwa hier anpreist, dass das dann bei so einer Straße, die abgestuft worden ist, so großzügig ist, dass dann mit 90 Prozent gefördert werden kann, dann heißt das doch im Umkehrschluss, dass den Kommunen, die das aufs Auge gedrückt bekommen, 10 Prozent der Kosten aufs Auge gedrückt werden, die normalerweise das Land hätte für eine Sanierung tragen müssen. Das ist doch die eigentliche Wahrheit, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Über die konkreten Regelungen, Kollege Kalich, könnte man sich sicherlich in einer Ausschussberatung austauschen. Da kann ich Ihnen auch einiges aus meiner beruflichen Praxis als Bauingenieur und auch als Straßenbauingenieur sagen. Deswegen, meine Damen und Herren, meine ich, wir sollten im Ausschuss eine sachliche Diskussion führen im fairen Ausgleich zwischen Land und Kommunen. Dafür werbe ich und deswegen beantrage ich auch namens meiner Fraktion die Überweisung an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr und selbstverständlich natürlich auch an den Innenausschuss. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Ich habe jetzt seitens der Abgeordneten keine weiteren Redeanmeldungen. Für die Landesregierung Herr Minister Carius, bitte.

Meine sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kollege Bergner, liebe Kollegen, zunächst mal darf ich mich für die insgesamt doch sehr sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema „Abstufung von Landesstraßen“ bedanken. Ich habe hier immer den Eindruck - bevor ich jetzt auf die einzelnen Maßgaben Ihres Gesetzes eingehen möchte -, dass wir über Transparenz reden, aber eigentlich einen Verteilungskonflikt meinen. Das wird auch schon allein darin deutlich, dass Sie meinen, wir wären in einem intransparenten Verfahren. Das halte ich für nicht sachgerecht, wenn wir bis zum 01.01.2014 rund 1.630 Kilometer Landesstraße abgestuft haben werden und von diesen 1.630 Kilo

(Abg. Bergner)

metern, ich glaube, nicht mal 100 Kilometer von Kommunen beklagt worden sind.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Weil die bei dem Gesetz keine Chance haben.)

Dann kann man nicht von einem intransparenten Verfahren sprechen, sondern dann kann man eher davon sprechen, dass wir offensichtlich ein transparentes Verfahren haben, ein rechtssicheres Verfahren, was auch dazu führt, dass die Kommunen von sich aus sehen, okay, wenn die Verkehrszählung zu dem Ergebnis führt, dass unsere Straße nicht...

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das ist eine relativ dreiste Argumentation.)

Das ist doch keine dreiste Argumentation, wenn ich mich auf dem Boden des Rechts bewege, Entschuldigung.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Aber was für eines Rechts.)

Sie sind doch die Partei, die sonst immer für den Rechtsstaat steht, dann, finde ich, sollten Sie auch akzeptieren, dass man auf gesetzlicher Grundlage argumentieren muss.

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir 1.630 Kilometer bis zum Jahr 2014 abgestuft haben werden, davon nicht mal 100 Kilometer beklagt werden, dann ist für mich völlig klar: Auch wenn die Kommunen ächzen und sagen, Mensch, gern nehmen wir sie nicht, ist völlig klar, dass über das Verfahren und über die Frage des Umgangs miteinander hier eigentlich überhaupt kein großer Dissens besteht. Ich kenne viele Landkreise und auch viele Kommunen, die sagen, natürlich übernehmen wir das und wir machen das auch mit dem Angebot der Unterstützung durch das Land.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das ist der blanke Hohn.)

Das nehmen wir gern wahr, weil wir auf diese Art und Weise unser Straßennetz auch in einen guten Zustand bringen können.

Ich will auch noch mal deutlich sagen: Was Sie mir hier unterstellen, dass ich unzulässigerweise - und dann aber sagen Sie, das machen Sie ja nur deswegen, weil das Recht das so vorsieht - die Kommunen mit Straßen belaste, die im Grunde eigentlich das Land hätte in Ordnung bringen müssen das möchte ich mit Entschiedenheit zurückweisen. Sondern hier handelt es sich um eine einzigartige Solidaritätsleistung des Freistaats gegenüber den Kommunen, denn der Freistaat hat 1993 die Landesstraßen erster und zweiter Ordnung komplett übernommen und es war völlig klar, dass die Straßen zweiter Ordnung irgendwann den Kommunen übertragen werden müssen. Dass wir bei dieser Übertragung eben nicht wie andere Länder einfach

sagen, wir übertragen die mit einem Schlag und dann habt ihr den ganzen Kram vor der Haustür liegen, sondern dass wir uns für diese Geschichte weit über 25 Jahre Zeit nehmen, das, finde ich, ist zunächst mal eine anerkennenswerte Leistung dieses Freistaats gegenüber den Kommunen.

(Beifall CDU)

Es ist aber genauso klar, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir uns hier in einem Bereich bewegen, wo wir eben nicht von eins auf null umschalten können, dass wir uns aber auch in einem Bereich bewegen, wo klar ist, dass wir als Freistaat uns auch nicht ewig diese Last antun können. Und zwar aus zwei Gründen: Zum einen, weil wir ein sich entwickelndes Straßennetz im Freistaat haben - auch von Bundesstraßen über Landesstraßen, bis hin zu den Kreis- und Ortsverbindungsstraßen, wo völlig klar ist, dass sich diese Verkehrsbedeutung einzelner Landesstraßen oder einzelner Kreisstraßen natürlich im Lauf dieser Zeit erheblich verändern wird. Wenn Sie allein sehen, was wir an Autobahnen gebaut haben, wenn Sie sehen, was wir an Bundesstraßen gebaut haben, was wir auch an Landesstraßen gebaut haben, die wir irgendwann dem Bund abgeben möchten, oder umgekehrt, was an Bundesstraßen gebaut wurde, die wir jetzt in Landesträgerschaft übernommen haben. Da ist doch völlig klar, dass wir uns auch dieser Aufgabe letztlich so stellen müssen, dass sie nicht dauerhaft die Lasten einseitig auf das Landeskonto trägt. Und im Kern, sehr geehrter Herr Bergner, geht es Ihnen eigentlich nur um diese Frage. Es geht Ihnen im Kern nur um diese Frage.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das ver- langt doch keiner.)

Es geht nicht um Augenhöhe zwischen Kommunen und Land - die haben wir -, sondern es geht um die Frage, wie können wir möglichst die Kosten, die wir sonst vor Ort haben, an das Land geben.

(Beifall CDU)

Jetzt möchte ich auf Ihren Gesetzentwurf im Einzelnen eingehen. Wir haben Ihren Gesetzentwurf, diesen bunten Mix von Änderungsvorschlägen, im Sommer schon mal diskutiert. Der war teilweise überflüssig, teilweise nicht stimmig und haushaltspolitisch auch nicht gerade sinnvoll. Der jetzige Entwurf ist demgegenüber schon deutlich besser, aber der ganz große Wurf ist es auch nicht.

Denn, meine Damen und Herren, ich habe ja schon gesagt, Sie haben sich jetzt im Grunde hier der Rosinenpickerei betätigt, haben einzelne Regelungen übernommen, die aber im Grunde auf etwas anderes angewandt. Denn wir haben hier nicht bayerische Verhältnisse, so sehr ich mir sie auch wünsche und so sehr wir auch daran arbeiten, dass wir irgendwann bayerische Verhältnisse bekommen,

(Minister Carius)

auch im Bereich der Straßeninfrastruktur, so haben wir sie nicht.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Gott schütze Thüringen!)

Wir haben eben nicht ein seit über 60 Jahren gewachsenes Straßennetz von Kommunal-, Landesund Bundesstraßen, sondern wir haben im Grunde versucht, in den letzten 25 Jahren hier ordentlich aufzuräumen und haben eine erhebliche Last auch seitens des Landes übernommen.

Jetzt möchte ich auf die einzelnen Vorschläge eingehen. Als Erstes wird in Anlehnung an die Regelungen in Bayern ein sogenanntes Einigungsmodell vorgeschlagen. Nach diesem Modell erfolgt dann eine Umstufung durch den neuen Baulastträger, wenn er sich mit dem bisherigen Baulastträger über die Umstufung einig ist und die zuständige Straßenaufsichtsbehörde auch keine Einwände hat. Klingt auf den ersten Blick gut. Aber im Gegensatz zu Bayern, wo das nur bei Gemeinde- und Kreisstraßen gilt, soll das hier nach den Vorstellungen der FDP-Fraktion für alle Straßen, also auch für Landesstraßen gelten. Die Bundesstraßen haben Sie natürlich jetzt nicht mit geregelt, die wären aber, wenn, mit einzubeziehen. Aber gut, so wäre beispielsweise eine Gemeinde, die sich mit dem Land über die Abstufung einer Landesstraße zur Gemeindestraße geeinigt hat, verpflichtet, diese Einigung auch noch gegenüber dem Land anzuzeigen. Das finde ich jetzt nicht ganz so sinnvoll, mal abgesehen von der Frage, ob das insgesamt eine sinnvolle Regelung ist. Im Übrigen brauchen wir eine solche Regelung auch nicht, denn Umstufungen sind jetzt an klare gesetzliche Voraussetzungen geknüpft, die vom Land rechtlich geprüft werden müssen. Wenn sich Kreise und Gemeinden als beteiligte Baulastträger einig sind und die Umstufung rechtlich zulässig ist, ist das Land schon heute verpflichtet, die Umstufung dann auch zu vollziehen. Nach der bestehenden Rechtslage müssen die beteiligten Baulastträger, also die Kreise oder Gemeinden, dazu einen Antrag stellen, über den dann entschieden wird. Insofern bleibt unklar, was sich die FDP hier unter einer zweckmäßigeren Lösung vorstellt und wo gerade der Vorteil dieses Verfahrens liegen soll.

Ich kann auch weiterhin nicht erkennen, inwieweit mit der Änderung die Rechte der Kommunen gestärkt würden. Es ist auch heute nicht so, dass das Land par ordre du mufti über Abstufungen entscheiden kann und die Kommunen das kommentarlos hinnehmen müssen. Denn erstens sind diese Umstufungsentscheidungen an gesetzlich genau definierte Voraussetzungen und Kriterien gebunden und gerichtlich jederzeit überprüfbar. Zweitens sieht das Gesetz eine Pflicht zur Anhörung der Beteiligten vor, damit der Sachverhalt vor einer Entscheidung gründlich ermittelt und alle Argumente sorgfäl

tig geprüft werden können. Und ich kenne bislang kein einziges Beispiel, wo wir dieser Pflicht, wenn hier Kritik oder Bedenken vor Ort geäußert wurden, nicht nachgekommen sind.

Auch in Bayern erfolgt die Umstufung der dortigen Staatsstraßen nach der Anhörung der Kommunen durch das Land. Aber auch dort, wo in Bayern die Möglichkeit einer Einigung eingeräumt ist, nämlich bei Kreis- und Gemeindestraßen, ist die Einigung nicht Voraussetzung für eine Umstufung, sondern eben nur eine weitere Möglichkeit, nämlich die der einvernehmlichen Abstufung. Wenn eine Einigung über die Umstufung nicht zustande kommt, dann entscheidet auch in Bayern die oberste bzw. die obere Straßenbaubehörde, bei uns also das Ministerium oder Landesamt für Bau und Verkehr.

Auch der zweite Änderungsvorschlag ist im Grunde an die bayerische Regelung angelehnt und läuft darauf hinaus, dass Straßen zukünftig auch dann abgestuft werden können, wenn sie dem Ausbauzustand der zukünftigen Straßenklasse entsprechen. Eine solche Regelung, meine Damen und Herren, geht im Grunde nicht auf Thüringen ein, denn im Freistaat Bayern, wo über Jahrzehnte ein kontinuierlich gewachsenes Straßennetz sicher vorhanden ist, haben wir eine solche Situation in den neuen Ländern überhaupt nicht mit den übernommenen maroden Straßen der früheren DDR. Das würde jeden finanziellen Rahmen sprengen und wäre haushaltspolitischer Unfug. Ich sage Ihnen auch ganz eindeutig, warum. Weil wir auch Landesstraßen haben, die im Grunde dem Charakter eines verbesserten Feldwegs entsprechen und wo ich überhaupt nicht einsehe, warum wir diese in einer Art und Weise noch ausbauen müssen. Wenn die Gemeinden von sich aus sagen, wir wollen das gern, weil wir das hier noch als Ortsverbindungsstraße sehen, dann kann man über alles reden, was wir da fördern können. Aber dass wir uns als Freistaat hinstellen und eine Ortsverbindungsstraße bauen, das kann ich nicht als sinnvoll erkennen.

Ein solcher Ansatz würde im Übrigen auch der Intention der Überleitungsregelung des Thüringer Straßengesetzes widersprechen, wonach zunächst alle früheren Bezirksstraßen als Landesstraßen übernommen wurden. Mit der Übernahme war auch der Auftrag verbunden, diese Straßen entsprechend ihrer tatsächlichen Verkehrsbedeutung umzustufen. Das umfasste, wie ich bereits sagte, alle Landesstraßen erster und zweiter Ordnung. Ich will da noch mal deutlich sagen, wir haben uns hier in einer einzigartigen Solidaritätsleistung gegenüber den Kommunen in den vergangenen Jahren viel geleistet und müssen das aber auch langsam zurückfahren. Sachsen beispielsweise hat eine ganz andere Regelung vorgenommen und alle zweiten Ordnungsstraßen unmittelbar zu Kreisstraßen umgestuft. Sicher kommen sie dann anteilig auch mit

(Minister Carius)

weniger Geld für ihre Landesstraßen klar, um die auch in einen ordentlichen Zustand zu versetzen.

Ich glaube, die im Thüringer Straßengesetz 1993 vorgesehene Übergangsregelung war ganz erkennbar nicht mit der Forderung verbunden, diese Straßen vorher zunächst einmal auf moderne Standards nachzurüsten. Insofern bin ich dann sogar nicht nur bei den Kollegen der Koalitionsfraktionen, sondern auch bei Frau Schubert. Es kann uns doch nicht darum gehen, dass wir, wenn wir insgesamt einen Straßenzustand haben, der sich zwar erheblich verbessert hat von 50 besser als gut auf über 60, die besser als gut sind, wo wir noch einen erheblichen Nachholbedarf haben, dass wir uns hier Standards leisten an Stellen, wo überhaupt nicht der Verkehr ist, der vor Ort an der einen oder anderen Stelle mal behauptet wird.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern ganz herzlichen Dank und ich bitte um Ablehnung des Gesetzentwurfs.

(Beifall CDU, SPD)

Sie haben noch Redezeit, Herr Abgeordneter Bergner, 3:45 Minuten für die FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren. Herr Minister, Sie haben im Prinzip eigentlich am Anfang die Katze aus dem Sack gelassen, indem Sie gesagt haben, es geht um einen Verteilungskonflikt. Das ist ein Verteilungskonflikt, den Sie als der Stärkere zulasten der Kommunen lösen und zwar auf unanständige Art und Weise.

(Beifall FDP)

Wenn Sie sich hinstellen und sagen, die Kommunen müssen das auch heute nicht kommentarlos annehmen, das stimmt. Die dürfen kommentieren und dann zur Kenntnis nehmen, was Sie gnädigst festlegen. Das ist die Wahrheit.

(Beifall FDP)

Wenn Sie in diesem Zusammenhang von einer einzigartigen Solidaritätsleistung sprechen, dann ist das schlicht und einfach Hohn gegenüber den Kommunen in Thüringen und unanständig, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)