Protocol of the Session on September 20, 2013

Das kann man den Menschen, die Rentenansprüche durch ihre eigene Arbeit erworben haben, nicht mehr erklären und es zeigt, dass dies endlich die Politik erkennt und handelt.

Meine Damen und Herren, wir haben hier im Thüringer Landtag diese Problematik in den letzten zwei Legislaturperioden mit insgesamt sechs Anträgen immer wieder in das Plenum gestellt und debattiert. Unsere Bundestagsfraktion hat dazu 22 Anträge in der 17. Legislatur gestellt. Jedes Mal wurden diese Anträge von fast allen Fraktionen im Deutschen Bundestag abgelehnt und hier im Haus wurden entweder, in der 4. Legislatur damals noch von der Alleinregierung Althaus, Alternativanträge gestellt oder sie wurden abgelehnt. Es wurde immer wieder versichert, dass die Landesregierung sich im Bundesrat mit Initiativen stark machen will, dass diese Rentenproblematik geklärt wird. Seit dieser Zeit, meine Damen und Herren, ist nichts passiert, ist nichts geschehen. Diese Begründung, das Hauptproblem ist ein rechtliches Problem, die Lohnanhebung, die Lohnanpassung bei der Rentenüberleitung sei das Problem, das mag ja rentenrechtlich so sein, aber, meine Damen und Herren, ich habe 1991 beim Sozialverband VDK angefangen zu arbeiten und wir wurden dort als Berater ausgebildet für Sozialrecht. Uns hat man die Rentenformel so eingebläut, muss ich mal sagen, dass wir in der Nacht geweckt werden konnten und ich konnte Ihnen die Rentenformel aufsagen. Das war damals, meine Damen und Herren, 1991 noch möglich. Da war die Rentenformel einfach. Aber in der Zwischenzeit, meine Damen und Herren, ist die Rentenformel mehrmals mit Nachhaltigkeitsfaktoren, Demografiefaktor, Riesterfaktor und sonst welchen Faktoren erweitert worden und geändert worden. Das war auch möglich, meine Damen und Herren, wenn die Politik etwas verändern wollte,

was zum Nachteil der Rentner war, dann hat man Lösungen gefunden, die Rentenformel zu verändern. Nur wenn es darum geht, Gleichstand in Deutschland herzustellen, dann sagt man, gesetzlich ist das nicht möglich. Wir brauchen hier eine Lösung, die muss gefunden werden, deshalb haben wir diesen Antrag gestellt.

(Beifall DIE LINKE)

Danke schön, Herr Abgeordneter. Es gibt einen Geschäftsordnungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Wir stellen heute zum dritten Mal in einer Debatte fest, dass kein Mitglied der Landesregierung anwesend ist. Namens meiner Fraktion beantragen wir die Herbeirufung der Landesregierung.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Dann möchte ich darüber abstimmen lassen. Wer dafür ist, dass wir die Landesregierung herbeirufen, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich sehe Zustimmung in allen Fraktionen. Wer ist dagegen? Ich sehe keine Gegenstimmen. Enthaltungen? Auch keine Enthaltungen. Dann bitte ich die Landesregierung im Plenarsaal zu erscheinen und bis dahin unterbrechen wir die Sitzung.

Wir setzen die Debatte fort, denn ein Mitglied der Landesregierung ist anwesend und das ist nach unserer Geschäftsordnung das Mindestmaß.

Die Landesregierung hat zum Tagesordnungspunkt 14 einen Sofortbericht angekündigt. Die Berichterstattung macht Herr Staatssekretär Dr. Schubert. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich möchte Ihnen zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE folgenden recht ausführlichen Sofortbericht abgeben. Das ist ein wichtiges Thema. Bevor ich jedoch mit diesem beginne, möchte ich noch bemerken, dass im Antrag der Fraktion DIE LINKE „Benachteiligung ostdeutscher Rentnerinnen und Rentner beenden!“ das Problem der unterschiedlichen Rentenberechnung in den neuen und alten Ländern sehr einseitig dargestellt wird. Wenn die Problematik nämlich so einfach zu lösen wäre, wie es in Ihrem Antrag formuliert ist, wäre eine Lösung möglicherweise schon längst gefunden worden.

(Vizepräsidentin Hitzing)

(Beifall FDP)

Ich werde deshalb im ersten Teil meines Berichts auch grundsätzliche Bemerkungen zu den Punkten machen, die die heute noch unterschiedliche Berechnung der Rente maßgeblich beeinflussen. Dabei handelt es sich in erster Linie um die Unterschiede in der Bewertung der Entgelte des Rentenwerts und der Beitragsbemessungsgrenze.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der ehemaligen DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 wurde unter anderem geregelt, dass die Überleitung von der Zielsetzung bestimmt sein soll, mit der Angleichung der Löhne und Gehälter in den neuen Ländern an diejenigen in den übrigen Ländern auch die Angleichung der Renten zu verwirklichen. Im SGB VI Gesetzliche Rentenversicherung ist daher festgeschrieben, dass bis zur Angleichung der Einkommensverhältnisse das Gebiet des Einigungsvertrags gesondert berechnet wird.

Wie ist es bis zum heutigen Tag um die Angleichung der Renten bestellt? Nachdem in der Zeit von 1991 bis zum Jahr 1999 eine sehr deutliche Erhöhung bei den Löhnen und Gehältern und demzufolge auch in der Rentenangleichung zu verzeichnen war und es daher auch bei der Rentenangleichung zu zügigen Fortschritten kam, ist für das Jahrzehnt danach festzustellen, dass der Angleichungsprozess der Renten in den neuen Ländern fast vollständig zum Erliegen gekommen ist. Eine merkliche Erhöhung ist erst wieder mit der diesjährigen Rentenanpassung zum 1. Juli in Höhe von 3,29 Prozent für die Rentner in den neuen Ländern zu spüren gewesen. Gründe hierfür liegen vor allem in der positiven Entwicklung der Löhne und Gehälter in den neuen Ländern in den vergangenen zwei Jahren und in der sehr guten Finanzentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung in jüngster Zeit. Die Rentenanpassung 2013 in den alten Ländern fiel dagegen mit 0,25 Prozent relativ gering aus. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass eine Verrechnung mit einem aus dem Jahr 2005 ausgesetzten, nicht realisierten Dämpfungseffekt erfolgte. Dieser Dämpfungsfaktor, der zeitgleich versetzt die negativen Auswirkungen aus den Jahren der Finanzkrise bei den zukünftigen Rentenanpassungen abbildet, musste jedoch in den neuen Ländern 2013 nicht mehr angewandt werden. Bereits im Jahr 2012 konnte dieser vollständig mit dem ermittelten Rentenanpassungssatz berechnet werden. Dies begründet die höchst unterschiedlichen Anpassungssätze in diesem Jahr.

Somit hat sich das Rentenniveau Ost dem der alten Länder bis zum 1. Juli 2013 von zuletzt 89 Prozent auf jetzt 91,5 Prozent angenähert. Für die kommende Rentenanpassung zum 1. Juli 2014 kann davon ausgegangen werden, dass die Anpassung in den

neuen Ländern nochmals höher ausfallen wird als die Anpassung in den alten Ländern. Ein noch nicht realisierter Ausgleichsbetrag von 0,21 Prozent wird die Anpassung des Rentenwertes in den alten Ländern erneut und wahrscheinlich letztmalig dämpfen.

Für die folgenden Jahre stellt sich die Frage, ob der Angleichungsprozess der Renten, der nach der geltenden Systematik maßgeblich von der weiteren Lohnentwicklung abhängt, weitestgehend abgeschlossen ist oder sich auch in Zukunft fortsetzen wird. Dazu gibt es höchst unterschiedliche Auffassungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bundesregierung schätzt im Rentenversicherungsbericht 2011 anhand von Modellrechnungen zu den einzelnen Varianten Lohnzuwächse Ost/West ein, dass die neuen Länder bis zum Jahre 2030 das Lohnniveau der alten Länder erreicht haben werden. Diese Einschätzung können wir nicht teilen. Auch der Sozialbeirat teilt diese Prognose nicht. Er sieht keine hinreichende ökonomische Grundlage für die unterstellte Annahme der Bundesregierung, wonach die Lohnzuwachsraten der neuen Länder über viele Jahre hinweg Zuwachsraten der alten Länder um mehr als einen Prozentpunkt überschreiten werden. Eine baldige Angleichung des aktuellen Rentenwertes Ost an den aktuellen Rentenwert der alten Länder beurteilt der Sozialbeirat als wenig wahrscheinlich.

Auch eine im Auftrag des Forschungsnetzwerkes Alterssicherung der Deutschen Rentenversicherung Bund erstellte Studie von Becker und Jansen kommt zu der Annahme, dass die jährlichen Zuwachsraten in den neuen Ländern dauerhaft um etwas mehr als durchschnittlich einen Punkt höher als in den alten Ländern ausfallen, und kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie der Sozialbeirat. Also auch dort wird das bezweifelt.

Zusammenfassend wird von den verschiedenen Expertenmeinungen immer wieder als relativ unwahrscheinlich eingeschätzt, dass sich die Löhne und Gehälter in den alten und neuen Ländern in einem überschaubaren Zeitraum tatsächlich angleichen werden. Es ist allgemein bekannt, dass in den alten Ländern seit jeher ein ausgeprägtes NordSüd-Gefälle im Lohnniveau existiert. Dennoch gab es dort von Anfang an ein einheitliches Rentenrecht. Diesen Umstand wird es in gewissem Maße auch in Zukunft zwischen den neuen und den alten Ländern, sogar innerhalb der neuen Länder geben.

Dies allein ist Grund genug, um das Rentenrecht in Deutschland losgelöst von der Frage der Entgelte durch die Politik zu vereinheitlichen. Die nachfolgenden Ausführungen zu den Einkommensverhältnissen in Deutschland mögen dies nochmals verdeutlichen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die durchschnittlichen Einkommen in den neuen Ländern sind durchschnittlich geringer als im

(Staatssekretär Dr. Schubert)

Westen, das ist hinlänglich bekannt. Nach den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes betrugen die durchschnittlichen Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer im Inland im Jahre 2011 in den neuen Ländern ohne Berlin 23.802 €. Der Referenzwert in den alten Bundesländern ohne Berlin betrug hingegen 30.300 €. Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes konnte in den einzelnen ostdeutschen Bundesländern ein relativ homogenes, jedoch nicht einheitliches Bruttolohngefüge festgestellt werden. Im Jahre 2011 betrug das durchschnittliche Bruttoeinkommen in Sachsen 24.206 €, in Thüringen 23.665 €, in Sachsen-Anhalt 23.334 €, in Mecklenburg-Vorpommern 23.061 € und in Berlin 24.163 €. In den alten Ländern sind deutlich größere Unterschiede bei den Bruttolöhnen und -gehältern gegeben. Sie betrugen beispielsweise in Hessen 33.000 €, in Baden-Württemberg 31.480 €, in Niedersachsen 26.963 € und in Schleswig-Holstein 25.688 €. Da sieht man, das ist schon ein Wert, der nahe bei den neuen Ländern liegt. Dieses ausgeprägte Nord-Süd-Gefälle belegt, dass das Verdienstniveau innerhalb der neuen Bundesländer nicht nur durchweg geringer als in den alten Bundesländern ist, vielmehr verdeutlicht es auch, dass regionale Einkommensunterschiede auch in den alten Ländern existieren, die dennoch keine unterschiedliche Berechnung der gesetzlichen Rentenansprüche zur Folge haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bereits in den einleitenden Worten hatte ich darauf hingewiesen, dass die Unterschiede bei der Berechnung der Rente in Ost und West maßgeblich von den Faktoren „Bewertung der Entgelte“ und „Rentenwert“ beeinflusst werden. Auch die unterschiedlichen Beitragsbemessungsgrenzen spielen, wenn auch in begrenztem Maße, eine Rolle, deshalb möchte ich Ihnen nachfolgend zu diesen Faktoren nur kurz die wesentlichen Unterschiede darlegen.

Die Bewertungen der Entgelte: Entgelte, für die der Arbeitgeber mit Hauptsitz in den neuen Ländern Beiträge entrichtet hat, werden vom Rentenversicherungsträger mit einem Aufwertungsfaktor hochgerechnet, um sie dem Verdienst in den alten Ländern gleichzusetzen. Für dieses Jahr, also 2013, beträgt die vorläufige Hochrechnung 17,67 Prozent. Im Hinblick auf die höhere Wertung der Entgelte in den neuen Ländern hat der Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten 2008/2009 bereits empfohlen, das Rentenrecht baldmöglichst losgelöst vom weiteren Lohnangleichungsprozess zu vereinheitlichen. Die Beibehaltung des jetzigen Berechnungssystems führe in den neuen Ländern mittlerweile zu Effekten, die verteilungspolitisch kaum mehr zu vermitteln sind.

Zum Rentenwert: Der aktuelle Rentenwert liegt derzeit im Osten bei 25,74 € und in den alten Ländern bei 28,14 € und dieser ist der maßgebliche Faktor, um die Höhe des Rentenanspruchs am Ende zu er

mitteln. Er bildet den Anspruch für ein Versicherungsjahr mit Durchschnittsverdienst ab. Sofern das Einkommen im Durchschnitt liegt, werden also gegenwärtig im Osten je Rentenpunkt 25,74 € Rentenanspruch erworben. Bei weniger Einkommen ist der Wert geringer. Liegt er höher, steigt auch der Anspruch entsprechend an.

Zur Beitragsbemessungsgrenze: Das maximale versicherbare Entgelt wird durch eine von der Bundesregierung jährlich festzusetzende Beitragsbemessungsgrenze bestimmt. Es beträgt 4.900 € in den neuen Ländern und 5.800 € in den alten Ländern. Obwohl es nur einen kleinen Teil der Bevölkerung hier bei uns im Land betrifft, werden Versicherte, die über der Beitragsbemessungsgrenze Ost und unter der Beitragsmessungsgrenze West verdienen, benachteiligt. Ihnen ist es nicht möglich, Beiträge entsprechend ihres Einkommens zu entrichten und damit höhere Ansprüche für die Altersrente zu erwerben. Außerdem gehen dem System natürlich durch diesen Unterschied Beitragseinnahmen verloren. Zu den genannten Unterschieden hat sich auch der Bundesrechnungshof geäußert. Auch er kommt in seinem Bericht aus dem Jahre 2010 an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags zu dem Schluss, dass eine Beibehaltung der Hochrechnung der Entgelte in neuen Ländern auf unbegrenzte Zeit infrage zu stellen ist. Das Akzeptanzproblem des Rentensystems entstehe nicht allein aus den unterschiedlichen Rentenzahlungen als Folge unterschiedlicher Erwerbsbiografien oder Rentenwerte, sondern auch aus einer Ungleichbehandlung bei gleicher Beitragsleistung hinsichtlich der damit verbundenen Rentenansprüche. Die über Jahre vorgenommene Angleichung der Renten in den neuen Ländern hat nicht mehr explizit dem Verhältnis des Durchschnittsentgelts Ost zum Durchschnittsentgelt West entsprochen, da Anpassungen an den aktuellen Rentenwert entsprechend der gesetzlichen Vorgabe mindestens dem Anpassungswert in den alten Ländern zu entsprechen haben. So erfolgten in den Jahren 2000, 2007, 2008 und 2011 die Rentenerhöhungen in den neuen Ländern auf der Feststellung der Entwicklung der Ansprüche, die in den alten Ländern vorzunehmen waren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es stellt sich die Frage, wie sich das derzeitige und zukünftige Niveau der Renten auf die Problematik der drohenden Altersarmut auswirken könnte. Hier kommt die Bundesregierung in ihrem Sozialbericht 2013 zu der Feststellung, dass die heutige Rentengeneration nur zu einem sehr geringen Anteil auf Grundsicherung im Alter angewiesen ist. Gegenwärtig seien bei den 65 und älteren Personen 2,6 Prozent in der Situation, auf Grundsicherung angewiesen zu sein. Weitere 3,2 Prozent Rentenhaushalte bezögen Wohngeld. Allerdings gäbe es deutliche Hinweise darauf, dass die zukünftigen Generationen

(Staatssekretär Dr. Schubert)

mit dem Thema Altersarmut konfrontiert werden. Wir sehen das ja auch bei den Zahlen, die wir hier im Landeshaushalt für die Grundsicherung Alter einstellen, dass die pro Jahr um ca. 5 Prozent steigen, und wir können davon ausgehen, dass die in den nächsten Jahren noch deutlicher steigen werden. Besonders betroffen hiervon sind natürlich Geringverdiener. Auf die Thüringer Verhältnisse werde ich nachfolgend noch mal kurz eingehen.

Vergleiche der Rentenwerte, bezogen auf die Kaufkraft zum 1. Juli 2013, ergeben einen Unterschied von 2,4 € pro Entgeltpunkt. Bezogen auf die sogenannte Eckrente - darunter versteht man 45 Arbeitsjahre bei Durchschnittsverdienst - ergibt sich eine Bruttorente in Höhe von 1.185 € in den neuen Ländern und für die alten Länder ein Bruttowert von 1.266 €. Dem Eckrentner in den neuen Ländern stehen somit durchschnittlich monatlich 108 € weniger Einkommen zur Verfügung als einen Standardrentenbezieher in den alten Ländern. Konkret für Thüringen heißt das, dass allein dadurch 1,2 Mio. € Kaufkraft pro Monat bezogen werden. Das wäre natürlich auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, wenn das Geld zur Verfügung stehen würde, denn gerade bei Rentnern wird ja das Geld aufgrund der geringen Höhe auch eher ausgegeben.

Zwar bleibt die maßgebliche Säule der Alterssicherung die Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, jedoch erreichen die private und die betriebliche Altersvorsorge einen wichtigeren Stellenwert als noch vor zehn Jahren. Dies wird auch an den von der Bundesregierung vorgenommenen Veränderungen im Rentenrecht bei der Berücksichtigung von Zeiten der Arbeitslosigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung deutlich. So wurde mit dem am 9. Dezember 2010 beschlossenen Haushaltsbegleitgesetz geregelt, dass die Versicherungsbeitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld II entfällt. Seit dem 1. Januar 2011 gehen diese Zeiten als unbewertete Anrechnungszeiten in die Rentenberechnung ein. Dieser Umstand befördert die drohende Altersarmut natürlich zusätzlich.

Aufgrund der in den neuen Ländern deutlich höheren Arbeitslosigkeit sind diese hiervon weit mehr betroffen als die alten Länder. In dem schon von mir benannten Sozialbericht wird festgestellt, dass mehr und mehr zukünftige Rentner und Rentnerinnen nur mit einer Ergänzung durch betriebliche oder private Altersvorsorge den Lebensstandard im Alter sichern können. Hierzu seien steuerlich geförderte Anreize zu schaffen. Natürlich muss man die Frage stellen, dass es gerade da, wo die Einkommen niedrig sind, kaum möglich sein wird, noch zusätzlich für eine private Altersvorsorge sorgen zu können. Das war ja das, was die Bundesregierung zu dem Thema als Lösung angeboten hat, wir teilen das nicht in vollem Umfang.

Weitere Anreize sollen nach dem Willen der Bundesregierung so ausgebaut werden, dass keine Altersarmut eintreten kann, sofern 40 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt und auch private Vorsorge getroffen wird.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Wer soll das schaffen? Wer?)

Angedacht sei, dass das Niveau dieser Altersrente dann über dem der Grundsicherung garantiert werde. Die Bundesregierung möchte das Vorhaben so bald wie möglich in einer sogenannte steuerfinanzierten Lebensleistungsrente auf den Weg bringen. Ich glaube, auch dazu haben wir in den letzten Wochen viele Diskussionen gehört und auch die unterschiedlichen Positionen zu dem Thema sind uns allen bekannt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Jahr 2012 lebten in Thüringen rund 2,14 Mio. Bürgerinnen und Bürger. Davon waren 37 Prozent Rentenbezieher, also 815.000. Davon erhielten ca. 560.000 Menschen eine Rente wegen Alters. Diese Zahl wird in den nächsten Jahren beträchtlich ansteigen, wenn wir uns die demografische Entwicklung ansehen. Der durchschnittliche Rentenbetrag aller Renten in Thüringen in der Zeit von 2009 bis 2012 entwickelte sich von rund 750 € auf 767 € im Monat. Sicher wird es Ihrer Aufmerksamkeit nicht entgangen sein, dass dieser Wert deutlich unter dem Eckwert liegt, den ich vorhin erwähnt habe. Das ist natürlich - das wissen wir auch alle - vor allen Dingen darauf zurückzuführen, dass der Durchschnittsverdienst wesentlich niedriger ist und dass gerade diese gebrochenen Erwerbsbiografien eine große Rolle spielen, dass also Zeiten von langer Arbeitslosigkeit dort mit reingefallen sind.

Der Zahlbetrag bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit blieb trotz Rentenanpassung in diesem Zeitraum fast konstant. Er stieg lediglich von 671 € im Jahre 2009 auf 676 € im Jahr 2012. Hier wird deutlich, dass sich das Rentenniveau künftig zum Beispiel wegen des sogenannten Nachhaltigkeitsfaktors nach unten bewegen wird. Somit hat dieser Personenkreis einen realen Kaufkraftverlust zu verzeichnen. Dies erhöht das Risiko von Altersarmut. Der Altersarmutssicherungsbericht der Bundesregierung von 2012 zeigt auf, dass die Schichtung der zur Verfügung stehenden Einkommen der über 65-Jährigen in den Gebieten Ostdeutschlands und Westdeutschlands deutlich voneinander abweicht.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Wer hat’s gemacht?)

In den alten Ländern lag die häufigste Schichtung der Nettoeinkommen bei Ehepaaren zwischen 1.750 und 4.000 €. In den neuen Ländern steht 76 Prozent der Ehepaare ein Gesamteinkommen zwischen 1.500 bis 3.000 € monatlich zur Verfügung.

(Staatssekretär Dr. Schubert)

Dies spiegelt die Unterschiede in den Lohnverhältnissen während der Erwerbstätigkeit und die unterschiedlichen Säulen der Altersversorgung in Ost und West wider.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Thüringen hat sich auch in dieser Legislaturperiode für eine Rentenangleichung eingesetzt. Wir sind nicht der Meinung, dass dies allein der Rentenformel überlassen werden kann und sich irgendwann von selbst regelt. So wurde der MPK-Vorsitz Ost, der am 01.12.2012 begonnen hat, also unter Thüringen, genutzt, um diese Thematik aufzuarbeiten und weiter unter den Ländern mit dem Bund zu beraten. Dazu wurde die Problematik der Rentenangleichung Ost-West mit dem Geschäftsführer der Rentenversicherung Deutschland, also Mitteldeutschland, Herrn Dr. Kohl, erörtert. Weiterhin haben Gespräche mit dem Geschäftsführer des Ifo-Instituts, Niederlassung Dresden, Herrn Prof. Dr. Ragnitz stattgefunden, der verschiedene Modelle der Rentenangleichung hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Bestands- und Zugangsrentner gerechnet hat. Im Lichte dieser fachlichen Beratung hat die Thüringer Ministerpräsidentin die Thematik unter den ostdeutschen Ministerpräsidenten in der MPK-Ost am 29. April 2013 erörtert. Dabei ist festzustellen, dass die von Wissenschaft und Politik derzeit zur Diskussion gestellten Modelle nicht den Interessen aller Betroffenen gerecht werden können und daher Mehrheiten für eine Umsetzung eines dieser Vorschläge derzeit nicht gefunden werden können. Dies macht deutlich, dass es mit der bloßen Auflistung von Maximalforderungen nicht getan ist.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Also machen wir so weiter.)

(Beifall FDP)

Man muss eben am Ende Mehrheiten finden, um diese Forderungen auch umsetzen zu können. Sie können sich sicher sein, dass sich die Landesregierung auch weiterhin für die Rentenangleichung OstWest einsetzen wird. Hierfür ist der Bundesrat nicht das einzige und auch nicht immer das beste Gremium.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich komme zu einem weiteren Punkt in der Auflistung der Dinge, zu denen wir einen Sofortbericht abgeben möchten.

Ein besonderes Problem bei der Frage nach einer gerechten Altersabsicherung stellen die nach DDRRecht geschiedenen Frauen dar. Hinsichtlich der Benachteiligung von in der DDR geschiedenen Frauen, die nach derzeit geltenden gesetzlichen Regelungen weder eine Witwenrente erhalten können und für die auch kein Versorgungsausgleich vorgesehen ist, hat sich Thüringen gemeinsam mit anderen ostdeutschen Ländern bereits seit Jahren um eine Lösung in dieser Frage bemüht. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat auf Antrag von