Vielen Dank. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Fraktion DIE LINKE will mit ihrem Antrag eine Bundesratsinitiative initiieren, wodurch Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit ein aktives und passives Wahlrecht erhalten, wenn sie seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben.
Das Wahlrecht zu modernisieren bzw. bestimmten Entwicklungen anzupassen, dem stehen wir ausdrücklich offen gegenüber, meine Damen und Herren. Deswegen haben wir auch dem Gesetzentwurf zur Absenkung des Wahlalters auf 16 zugestimmt. Bei dem vorliegenden Antrag geht es aber nicht um eine Modernisierung, sondern um eine angebliche Integration durch die Wahrnehmung des Wahlrechts.
Meine Damen und Herren, wir sind davon überzeugt, dass das Wahlrecht keine Maßnahme zur Integration sein kann, die Wahrnehmung des Wahlrechts ist vielmehr nach unserer Auffassung ein Ausdruck von erfolgreicher Integration.
Bisher lässt Artikel 28 Abs. 1 Grundgesetz auf der kommunalen Ebene das Wahlrecht für EU-Bürger zu. Auf der Landes- oder Bundesebene gibt es ein solches Wahlrecht bisher nicht. Eine Erweiterung des Wahlrechts auf die Landesebene für Unionsbürger hat der Ausschuss der Regionen ausdrücklich begrüßt. Ich erinnere daran, dass Dr. Poppenhäger als Vorsitzender der deutschen Delegation im Ausschuss der Regionen auch das Thema sehr beworben hat und durchaus auch bei uns auf eine positive Resonanz gestoßen ist, da es sich mit unseren Überlegungen deckt.
Die Fraktion DIE LINKE greift das Thema nun auf und will das Wahlrecht auch auf Nichtunionsbürger ausweiten. Die Auffassung der LINKEN, durch die Wahrnehmung von Wahlen integrieren zu wollen, zäumt aber nach unserer Auffassung das Pferd von hinten auf.
Das Wahlrecht, meine Damen und Herren, legt demjenigen, der wählen darf, Rechte, aber eben auch eine besondere Pflicht gegenüber unserem
Land auf. Um diese Rechte, aber auch Pflichten verantwortungsvoll für ein Land wahrnehmen zu können, muss man die Gepflogenheiten eines Landes kennen. Diese kann man aber in der Regel nur kennen, wenn eine gewisse Integration stattgefunden hat. Deswegen, meine Damen und Herren, sehen wir es als richtiger und wichtiger an, die Integrationsbestimmungen zu verbessern und die Integrationsbemühungen zu verstärken. Das ist der richtige Schritt.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, in den letzten vier Jahren ist in dieser Beziehung in Deutschland auch viel passiert. Daher bin ich auch davon überzeugt, dass die vergangenen vier Jahre Bundesregierung vier gute Jahre auch für dieses Thema waren.
Gerade die ausländer- und zuwanderungsrechtlichen Integrationsbestimmungen in Deutschland haben sich deutlich verbessert. Ich will hierfür auch Beispiele nennen. Erstmals gibt es für minderjährige und heranwachsende geduldete Ausländer ein vom Aufenthaltsrecht der Eltern unabhängiges Bleiberecht in einem Bundesgesetz. Es wurde zwangsverheirateten Frauen in Not durch ein Rückkehrrecht die Chance gegeben, sich zu befreien und auch zurückzukommen. Die FDP-Fraktion hat hier im Landtag einen Antrag eingebracht, sich im Bundesrat für ein stichtagsunabhängiges Bleiberecht einzusetzen. Ich erinnere daran, dieser Antrag wurde von LINKEN und GRÜNEN, die sonst immer so auf Integration pochen, aber auch von CDU und SPD abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ich möchte die Vorwürfe, die wir uns von LINKEN und GRÜNEN für diesen Antrag anhören durften, gar nicht wiedergeben, da diese teilweise weit unter die Gürtellinie gegangen sind.
Genau solche Maßnahmen sind aber wichtig für die Integration und laufen darauf hinaus, dass das Wahlrecht früher oder später wahrgenommen werden kann. Es ist richtig, auch darüber nachzudenken, weitere Anreize zu geben, damit sich die Menschen stärker in unsere Gesellschaft einbringen. Die doppelte Staatsbürgerschaft oder die Vereinfachung der Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit kann dazu gehören, zum Beispiel durch eine Verkürzung der entsprechenden Frist.
Geben Sie den Menschen Perspektiven, trauen Sie den Menschen etwas zu und geben Sie ihnen neue Chancen. Das ist der Ausdruck einer aktiven Inte
Hier müssen wir ansetzen und nicht am Ende einer erfolgreichen Integration. Die von LINKEN und GRÜNEN geführte Politik nach dem Motto „Freibier für alle“ wird den Menschen nicht gerecht, die nach Deutschland kommen
und sich integrieren wollen, und auch den Menschen nicht, die sich tagtäglich für Integration einsetzen.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Ihre Reaktion zeigt mir, dass ich es offensichtlich richtig gemacht habe.
Einer Ausschussüberweisung werden wir uns nicht verweigern, um mögliche Alternativen zu diskutieren. Den Antrag als solchen betrachten wir nicht als zustimmungsfähig.
Vielen Dank, Herr Bergner. Als Nächste hat jetzt die Abgeordnete Regine Kanis für die SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Wahlrecht für Menschen ohne deutsche Staatsagehörigkeit ist auf Antrag der LINKEN durch eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Grundgesetzes zu erreichen. Sie fordern, dass Nichtdeutsche mit rechtmäßigem Wohnsitz seit mindestens fünf Jahren in Deutschland ein aktives und passives Wahlrecht erhalten.
Damit komme ich auf den eigentlichen Grund dieses Antrags zurück. Wir haben ja jetzt schon einige Dinge gehört, das eine oder andere hat uns nicht nur zum Schmunzeln gebracht. Herr Bergner, die Ausflüge im Bundestagswahlkampf haben wir auch vernommen.
Na klar, das Loben der guten Koalitionspolitik in Berlin, das war uns schon ganz klar. Beim Wahlrecht unterscheiden wir kommunales Wahlrecht, EU-Wahlen und Wahlen auf Landes- oder Bundesebene das ist ein entscheidendes Kriterium. Dazu unterscheiden wir noch zusätzlich, wer ein Wahl
recht hat, nämlich die deutschen Staatsbürger, EUBürger oder Drittstaatenangehörige oder Staatenlose. In Deutschland, wir haben es schon mehrfach gehört, gibt es kein allgemeines Wahlrecht für Ausländer und dies wurde 1990 durch das Bundesverfassungsgericht noch mal ganz klar bestätigt. Ausgenommen sind von diesen Regelungen nur die EU-Bürger bei Kommunalwahl und der Wahl zum EU-Parlament.
Das aktive und passive Wahlrecht ist für mich nicht die einzige Beteiligung an politischen Prozessen und der Weiterentwicklung der Demokratie oder das Vertreten von Interessen und dessen aktiven Einsatz dafür.
Eine Möglichkeit für alle in Deutschland lebenden Ausländer ist in Ausländerbeiräten und als beratende Bürger in kommunalen Gremien durchaus gegeben. Beim kommunalen Wahlrecht, auch das wurde ja schon angeführt, haben deutsche Staatsangehörige und EU-Bürger mit Wohnsitz in den Kommunen ein Wahlrecht. Durch die Initiativen von rund 100 Städten und Gemeinden sollen die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass auch Drittstaatler, die dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland leben, dieses Wahlrecht erhalten. Die letzte Initiative, die mir dazu bekannt ist, ist die der Bremer Bürgerschaft vom Januar 2013. Dort hat man mit einem Beschluss den Vorstoß gewagt, Ausländer an den Beiratswahlen teilnehmen zu lassen und EU-Bürger über den Landtag mit entscheiden zu lassen. Der Staatsgerichtshof wurde eingeschaltet, um juristisch klarzustellen, ob es hier eine verfassungsrechtliche Problematik gibt.
Wir als SPD sind seit Längerem für eine Erweiterung des Kommunalwahlrechts auf Ausländer. Wir hatten schon 1998 ein allgemeines kommunales Ausländerwahlrecht angestrebt, aber aufgrund der Mehrheiten im Bundesrat ist es nicht zu einer Initiative gekommen.
Zum Internationalen Tag der Demokratie am 15.09. hat unser Minister Matschie sich auch ausdrücklich dafür ausgesprochen, dass Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, die 10 Jahre hier leben, ein Kommunalwahlrecht erhalten sollen unabhängig von ihrer Herkunft. Dieses kommunale Wahlrecht ist ja in einigen EU-Ländern bereits umgesetzt. Frau Astrid Rothe-Beinlich hat einige Länder bereits aufgezählt. Es gibt aber kein einziges europäisches Land, was ein uneingeschränktes Wahlrecht für Ausländer hat. Es ist also keinem Bürger möglich, ohne entsprechende Staatsbürgerschaft auf allen Ebenen zu wählen, und dies wird nach meinem Wissensstand auch in keinem einzigen Land angestrebt.
Dass es ein Ausschluss von politischen Mitwirkungen ist, dass es den Menschen ohne Wahlrecht verschlossen oder versperrt ist, das kann ich so
auch nicht ganz nachvollziehen, es wird ja als Begründung im Antrag mit aufgeführt. Das Einzige, was Ihnen wirklich versperrt ist, ist die Entscheidung im Zusammenhang mit Wahlen. Sie können sich bei der Erarbeitung von Programmen, Entwürfen oder bei der Meinungsbildung ganz aktiv einbringen. Hier gibt es keine staatsbürgerlichen Einschränkungen. Bei Vereinen, Organisationen und Parteien bringen sie sich schon heute sehr stark ein. Sie leben nicht nur durch ihre gewählten Vertreter, sondern sie sind selbst aktiv.
Die SPD in Thüringen steht für ein Wahlrecht für EU-Bürger auf Landesebene, Herr Bergner hat es angesprochen. Unser Justizminister Dr. Poppenhäger hat sich ganz besonders im Ausschuss der Regionen dafür eingesetzt, dass die Prüfung zur Erweiterung des Wahlrechts über die kommunale und über die europäische Ebene erfolgt. Der Vorschlag, dass entsprechende Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten ergriffen werden sollen, kam ganz bewusst durch seine Initiative. Auch hier hat sich Minister Matschie am 15.09. noch mal dazu geäußert.
Unser Landesparteitag hat schon am 17.03.2012 einen Beschluss gefasst, die Einführung eines regionalen Wahlrechts für EU-Bürger mit mindestens zwei Jahren Hauptwohnsitz in Thüringen einzuführen. Es gab dafür eine große Mehrheit. Ich weiß auch, dass Herr Poppenhäger ganz viele Gespräche mit den einzelnen Fraktionen geführt hat, Herr Bergner hat es noch mal bestätigt. Aber auch hier haben wir leider kein Entgegenkommen durch die CDU gehabt. Deswegen ist dieser Punkt noch nicht vorangebracht worden.
Unserer Meinung nach sollten wir erst mal diesen ganz konkreten Schritt realisieren, bevor wir darüber diskutieren, dass das Wahlrecht so wie es die Opposition im Moment will, komplett von der Staatsbürgschaft entkoppelt wird. Wir werden deswegen den Antrag ablehnen. Unser Standpunkt ist ganz klar. Wir wollen das regionale Wahlrecht für EU-Bürger. Wir wollen, dass sie so die Rechte und Möglichkeiten verstärkt wahrnehmen können. Aber wir wollen auch eine verstärkte Einbürgerung, denn die 7,2 Mio. Ausländer, die schon sehr lange hier leben, können ihre volle politische Teilhabe durch diese Einbürgerung ermöglichen. Deshalb sollte diese angestrebt werden. Dass sie nicht für alle möglich ist, das weiß ich natürlich auch. Dies ist durch ein geändertes Staatsangehörigkeitsrecht in den letzten Jahren schon zu erleichtern versucht worden. Einbürgerung ist für uns auch eine Schlüsselvoraussetzung für gelungene Integration. Dabei darf allerdings die Mehrstaatlichkeit nicht ausgeschlossen werden, sie ist für uns genauso Ziel wie das kommunale und regionale Wahlrecht.
Vielen herzlichen Dank, Frau Kanis. Als Nächste hat jetzt die Abgeordnete Sabine Berninger für die Fraktion DIE LINKE das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt ein grundlegendes demokratisches Prinzip: Die Menschen, die von staatlichen Entscheidungen betroffen sind, sollen zumindest darüber entscheiden, wer die Repräsentantinnen bzw. Abgeordneten sein sollen, denen sie die Verantwortung über die konkreten Sachentscheidungen übertragen.
Ich bin erschrocken, Herr Abgeordneter Bergner, dass Sie das Wahlrecht als Freibier bezeichnen und das als Abgeordneter des Thüringer Landtags. Sie sollten tatsächlich noch mal in sich gehen und diesen Satz, den Sie da gesagt haben, im Protokoll noch mal nachlesen.