Protocol of the Session on September 19, 2013

DIE LINKE sagt, diese wichtigen Behördenleiterstellen sind unter demokratischen Gesichtspunkten durch den Amtseid der jeweiligen Stelleninhaberinnen, die Bindung an Grundgesetz, Verfassung sowie Recht und Gesetz und die Verpflichtung, die Amtsgeschäfte unvoreingenommen zu erledigen, ausreichend gebunden. Mehr noch, ein Regierungsgängelband verstößt hier gegen diese Pflicht der unvoreingenommenen Amtsführung. Der Beamteneid bezieht sich jedoch nicht ausdrücklich auf die Treue zur jeweiligen Regierung.

Angesichts dieser Problem- bzw. Gefahrenlage und mit Blick auf demokratische Verfassungsprinzipien ist nicht nachvollziehbar, warum die Fraktion der GRÜNEN ausgerechnet diese Behördenleiterstellen im Katalog der politischen Beamten in § 48 verankert lassen will. Das Problem der unzulässigen politischen Gängelung stellt sich doch für die Behördenleiterfunktion genauso wie für die drei in § 48 genannten Beauftragten. Das für die Behördenleiterstellen im Gesetzentwurf gewählte Alternativmodell ist die zeitlich begrenzte Besetzung der Stellen. Damit erhalten mehr befähigte Menschen Gelegenheit zur Ausübung von Leitungsfunktionen. Die Stellenbewerber können sich bei der Bewerbung schon darauf einstellen, dass es eine zeitlich begrenzte Aufgabe ist. Diese Begrenzung verstößt auch nicht gegen das Prinzip der Lebenszeitverbeamtung, denn sie gibt bei solchen Stellen keinen Anspruch auf Verbleib auf der einmal besetzten Stelle. Mehr Abwechslung in den Leitungsfunktionen beugt auch Verkrustungen und dem Entstehen unguter Routinen vor. Außerdem ist es aus unserer Sicht auch ein tatsächlicher und wirklicher Korruptionsschutz.

Die zeitliche Befristung der Stellenbesetzung erlaubt auch, mit Amts- und Funktionszulagen zu arbeiten. Diese Zulagen müssen für die Stelleninhaber auch ruhegehaltsfähig sein. Im Gesetzentwurf ist für dieses Rotationsverfahren - das sind die neuen §§ 124 und 125 Beamtengesetz - auch ein Schutzmechanismus gegen die Entwertung solcher Stellen im Landesdienst eingebaut. Weitere solche Leitungsstellen zusätzlich zu den drei genannten Leitungsstellen dürfen im Landesdienst geschaffen werden, allerdings nur mit Zustimmung des zuständigen Landtagsausschusses.

Hier nehme ich auch noch einmal Bezug auf die Aussage von Herrn Geibert. Es ist eben nicht so, dass das Bundesverfassungsgericht dort die Aussage getroffen hat, dass es in der Verfassung geändert werden muss. Es ist eindeutig so, dass es einer gesetzlichen Regelung bedarf. Genau dieser gesetzlichen Regelung wollen wir gerade nachkommen, Herr Geibert.

(Beifall DIE LINKE)

Damit ist es auch gesetzlich abgedeckt.

Die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden aus unserer Sicht und sollten aus unserer Sicht in das Ministergesetz eingegliedert werden. Dazu sollen sie mittels Änderung des Artikels 70 der Thüringer Verfassung zu Mitgliedern der Landesregierung gemacht werden. Ein Modell, das keine exotische Erfindung ist, Herr Geibert sprach schon Bayern an, es ist aber eben nicht nur Bayern, es ist unter anderem auch das Saarland noch dabei und da wird es erfolgreich praktiziert in diesen Ländern. Die Eingliederung ergibt sich aus der inhaltlichen Sachnähe beider Tätigkeiten tatsächlich doch in der Praxis. Schauen wir es uns doch an. Welcher andere Beamte, welcher andere Behördenleiter hat denn die Chance, hier an diesem Rednerpult Berichte abzugeben bzw. zu reden. Niemand hat es. Weder der Landesrechnungshof noch die Beauftragten, nur die Staatssekretäre im Auftrag ihrer Minister und ihrer Ministerien. Also gehören sie aus unserer Sicht auch in diese Kategorisierung ganz klar hinein.

(Beifall DIE LINKE)

Die LINKE-Fraktion hat diese Gleichbehandlung beider Funktionen auch schon in der Vergangenheit vertreten. Ich habe dazu schon mehrfach hier gesprochen. Ich erinnere nur noch einmal an den Herbst 2011, an die leider von unserer Seite abgelehnten Änderungsvorschläge zum Ministergesetz, auf die mein Kollege Ramelow hier in der Einbringung schon einmal eingegangen ist, vor allen Dingen auf die Frage der Einführung einer Karenzzeit. Ich will auch noch einmal dazu sagen, ein Weiteres stimmt nicht, Herr Geibert, was Sie hier gesagt haben, dass die Frage der Ernennung in der Landesverfassung damit auch geregelt werden muss. Im Ministergesetz steht klar drin, ich zitiere den § 2 unserer Einbringung: „Das Amtsverhältnis der Minister und Staatssekretäre beginnt mit der Aushändigung einer vom Ministerpräsidenten unterzeichneten Urkunde über die Ernennung oder, falls der verfassungsgemäß vorgesehene Eid schon vorher geleistet worden ist, mit der Vereidigung.“ Damit müssen wir das nicht zwingend in der Verfassung ändern. Die Minister müssen zwingend in der Verfassung verankert sein, die Staatssekretäre eben nicht, die können im Ministergesetz verankert sein. Und deshalb stimmt auch diese Aussage nicht.

Diese Aufnahme der Staatssekretäre in das Ministergesetz führt zu keiner Erhöhung ihrer Bezüge, sondern zum Abbau bisheriger Privilegien. Denn durch die gleichzeitige Änderung des § 14 Thüringer Ministergesetz gibt es in Zukunft keine Möglichkeit des einstweiligen Ruhestandes nach Ausscheiden aus dem Amt mehr. Vielmehr bleibt nur ein Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst, falls die betreffenden Personen vor Amtsübernahme dort gearbeitet haben. Lehnen die Betroffenen die Angebote auf Anschlussstellen ab, können Sie nicht mehr wie bisher einfach in den einstweiligen Ruhe

stand versetzt werden. Sie bleiben in Zukunft zwar nach Ablehnung im Beamtenverhältnis, dieses ruht aber ohne Zahlung von Bezügen.

Die drei Beauftragtenstellen, die bisher als politische Beamte ausgestaltet sind, sollen aus unserer Sicht heraus Wahlfunktionen werden. Die drei Beauftragten sollen jeweils vom Landtag mit einer Zweidrittelmehrheit auf sechs Jahre gewählt werden. Verbänden und Vereinen soll dabei auch ein Vorschlagsrecht eingeräumt werden. Die Beauftragten sind unabhängig und in ihrer Arbeit an keine Weisung gebunden und bekommen weitreichende Kompetenzen, wie zum Beispiel auch ein Beanstandungsrecht.

Ich glaube, dass gerade die Frage der Wahl der Beauftragten durch den Souverän, das Parlament, an der Stelle die Aufgaben, die Befugnisse auch der Beauftragten weitgehend erhöht und sie damit auch einen höheren Stellenwert erhalten, als sie ihn bisher haben.

(Beifall DIE LINKE)

Diese starke, aus unserer Sicht unabhängige Stellung ist nach Ansicht der Fraktion tatsächlich notwendig, um Gleichstellung in allen gesellschaftlichen Bereichen auch wirksam durchzusetzen. Um dieser Funktion auch immer wieder neue Impulse zu geben, ist eine zeitliche Befristung in der Stellenbesetzung angezeigt. Es ist angesichts dieser Sachlage nicht nachvollziehbar, warum die Fraktion der GRÜNEN in ihrem Antrag für diese Beauftragten offensichtlich das Modell der einfachen Lebenszeitverbeamtung in einer weisungsabhängigen Stellung innerhalb der Verwaltungshierarchie vertritt.

(Zwischenruf Abg. Henning, DIE LINKE: Das stimmt.)

Es geht in allen drei Fällen der Gleichstellung von Frauen, der Gleichstellung von behinderten Menschen und der Gleichstellung bzw. Inklusion von Migrantinnen und Migranten um die Verwirklichung von Grund- und Menschenrechten sowie Verfassungsgeboten. Alle drei Gleichstellungsgebote stehen jeweils in Artikel 2 der Thüringer Verfassung. Aus dieser strukturellen Vergleichbarkeit ergibt sich: Alle drei Beauftragtenstellen sind hinsichtlich der Ausgestaltung von Funktionen und Befugnissen auch vergleichbar zu behandeln. Denn alle drei verfassungsrechtlichen Gleichstellungsgebote haben die gleiche Wertigkeit. Warum wir im Fall der Migrationsbeauftragten den Begriff Inklusion verwenden, mag mancher fragen. Um in der Diskussion auf Folgendes hinzuweisen: Das gesellschaftliche Konzept der Inklusion muss nicht nur für die im Alltag ausgegrenzte Bevölkerungsgruppe der behinderten Menschen verwirklicht werden, sondern für alle von der Gesellschaft ausgegrenzten Personengruppen, also auch für Migrantinnen und Migranten. Deshalb diese Einfügung.

(Beifall DIE LINKE)

Dass eine solche starke Beauftragtenfunktion auch tatsächlich wirksam sein kann, aber auch notwendig ist zur Durchsetzung von Grundrechtsgarantien, zeigt die Funktion der Datenschutzbeauftragten, auch bezogen auf die Situation in Thüringen. Das im Gesetzentwurf gewählte Beauftragtenmodell findet sich im Übrigen schon in anderen Gesetzentwürfen der Linksfraktion, wie auch teilweise schon ausgeführt, vor allem im Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen wieder.

Bleibt aus unserer Sicht die Funktion des Regierungssprechers. Er wird in Zukunft ein normaler Angestellter der Regierung. Das LINKE-Artikelgesetz signalisiert durch eine neue Vorschrift im Ministergesetz, dass eigentlich die Miterledigung dieser Aufgabe auf der Ebene der Staatssekretäre den Vorrang haben soll. Nur für den Fall, dass so nicht verfahren wird, solle es einen Regierungssprecher im Angestelltenverhältnis des öffentlichen Dienstes geben. Eine Verbeamtung ist aus unserer Sicht nicht notwendig, weil er keine hoheitlichen Verwaltungsaufgaben erledigen muss.

Eine Besonderheit gibt es bei dieser Angestelltenfunktion aber doch. Es ist in der Neuregelung ein besonderer Kündigungsgrund - sprich, Störung des Vertrauensverhältnisses - festgeschrieben. Denn beim Regierungssprecher - und ich glaube, das leuchtet allen ein - muss logischerweise zur Erfüllung seiner Aufgaben tatsächlich die Übereinstimmung mit der Regierungslinie gegeben sein, sonst wäre es kein Regierungssprecher.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das ist sehr nobel von euch.)

Zum Thema Verschärfung der Anrechnungsvorschriften bzw. der LINKE-Forderung „vollständige Anrechnung aller Einkünfte auf alle Versorgungsleistungen“ wurde in den vergangenen Tagen schon viel gesagt. Nur so viel sei an dieser Stelle noch einmal ergänzt, und ich will es wirklich kurz und knapp machen. In der weiteren Beratung sind auch die Prüfergebnisse aus den beiden angesprochenen Affären einzubeziehen und notwendige Konsequenzen hinsichtlich rechtlicher Änderungen zu ziehen. Wir sind hier im Sinne weiterer notwendiger Verschärfungen natürlich auch für Änderungen aus dem Hohen Haus offen.

Was aber auf jeden Fall schon deutlich geworden ist, das Verhältnis und die Anwendungstechnik der versorgungsrechtlichen Bundes- und Landesregelungen im Verhältnis zueinander muss dringend geklärt werden. Hier besteht große Unübersichtlichkeit und eine Vertreterin der Anti-Lobby-Organisation Transparency kritisierte öffentlich und deutlich die Missbrauchsgefahren, die sich aus dieser Unübersichtlichkeit ergeben und fordert dringend Änderungen. Das war Frau Dr. Rüß, Vorstand von Transpa

rency International, im NDR-Interview am 18.09. Hier muss sich nach Ansicht der LINKEN auch der Thüringer Landtag auf den Weg machen. Ich sage hier, wir haben die Möglichkeit, über eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Beamtenversorgungsrechts des Bundes unseren Einfluss auch im Bund geltend zu machen.

(Beifall DIE LINKE)

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich noch mal für die Weiterberatung der LINKE-Gesetzentwürfe in den Ausschüssen für Justiz und Verfassung, im Haushalts- und Finanzausschuss und im Innenausschuss werben, zumal ja zu beobachten ist, links hat doch schon ein Stückchen etwas bewegt. Denn wie in Medienberichten der letzten Tage mehrfach zu lesen war, hat auch Finanzminister Voß Änderungsbedarf und wünscht sich wie Rechnungshofpräsident Dette auch eine Reduzierung der politischen Beamtenfunktion und er kann sich auch hier Änderungen vorstellen. Da es ja doch einige Irrungen und Wirrungen auch in den Aussagen von Herrn Minister Geibert zu unseren Gesetzentwürfen gegeben hat, glaube ich, wäre es dringend notwendig, dass wir diese Irrungen und Wirrungen in den Ausschüssen durchaus einmal aufklären könnten und wir Ihnen noch einmal erklären können, Herr Geibert, was in dem einen oder anderen Ding dort gemeint ist, was Sie vielleicht noch nicht so richtig verstanden haben. Ich glaube, es wäre für niemanden in der Thüringer Öffentlichkeit nachvollziehbar nach den Diskussionen, die in den vergangenen Wochen und Monaten im Land stattgefunden haben, wenn Anträge zur Veränderung der derzeitigen Situation noch nicht einmal die Notwendigkeit hätten, in den Ausschüssen des Parlamentes beraten zu werden. Es würde stehen bleiben, es soll alles so bleiben wie es ist. Das wollen wir nicht. Wir wollen gern mit Ihnen gemeinsam darüber diskutieren, wie wir hier zu Veränderungen kommen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Korschewsky, würden Sie das bitte noch einmal konkretisieren. Sie haben jetzt den Antrag auf Ausschussüberweisung gestellt.

Sagen Sie bitte auch noch den Ausschuss, nur einen oder nur zwei?

Ich hatte es, glaube ich, gesagt.

Nein.

Den Ausschuss für Justiz- und Verfassungsangelegenheiten, den Finanzausschuss und den Innenausschuss.

Danke schön. Das gilt für alle drei Punkte?

Meine Damen und Herren, es hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Meyer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Zeit läuft.)

Ich weiß, die Zeit läuft, aber 48 Minuten sind lang.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das wird die Rede deines Lebens.)

Das Thema ist extrem wichtig, das ist keine Frage, aber man braucht trotzdem für diesen Sachverhalt keine 48 Minuten, selbst als kleine Fraktion nicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir fordern in unserem Antrag, der Ihnen vorliegt, zunächst einmal ein ganz kleines unscheinbares Wörtchen, und das meinen wir sehr ernst, nämlich die „unverzügliche“ Vorlage eines Gesetzentwurfs.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Da kann Herr Geibert für unseren Antrag hier noch so freundliche Worte finden, es bleibt dabei. Das, was wir beim Ministergesetz erlebt haben - wir haben ein Jahr geschoben, damit die Regierung irgendwann mal zu einem mehr oder weniger gelungenen Gesetzentwurf gekommen ist, nur damit wir gemeinsam beraten konnten -, soll nun nicht wieder passieren. Jetzt haben Sie selber gesagt, Sie arbeiten schon seit einem halben Jahr daran. Ich weiß nicht, wie lange Sie noch brauchen wollen, Ihre Zeit ist im Juli nächsten Jahres sowieso abgelaufen und bis dahin muss das Gesetz selbstverständlich da sein.

(Abg. Korschewsky)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also es muss schon einmal doppelt so schnell sein wie beim Ministergesetz und dann können Sie über unseren gleich mitdiskutieren, Herr Geibert. Das ist ja eigentlich unsere Absicht. Unverzüglich - da sind wir schon ganz bei Ihnen - heißt für eine Verwaltung auch einmal drei oder vier Monate, aber jetzt haben Sie schon sechs hinter sich. Schaffen Sie es in acht, dann schaffen wir es in diesem Jahr noch zu diskutieren.

(Zwischenruf Geibert, Innenminister: Das ist ein mathematisches Kunststück.)

Ich habe mir schon gedacht, dass es schwierig wird mit dem mathematischen Problem bei diesem Thema, das ist mir schon beim ersten Mal beim Ministergesetz klar geworden, ich weiß.

Was wollen wir in unserem Antrag erreichen, dass in diesem Gesetzentwurf, oder man muss ja sagen Gesetzentwürfen, diskutiert wird, denn - da hat Herr Geibert völlig recht - natürlich muss das Thema der kommunalen Wahlbeamten in einem gesonderten Gesetz behandelt werden.