Ich habe mir große Sorgen darüber gemacht und habe auch gegrübelt: Haben wir Fehler gemacht in der Vergangenheit mit der Kommunalisierung der Ämter? Wäre es nicht vielleicht besser gewesen, wir hätten das in Landeshoheit gelassen, um schneller Zugriff zu haben? Ich habe dann mit vielen diskutiert, auch in den letzten Tagen noch und dabei ist eigentlich deutlich geworden, nein, es war richtig so, denn es ist völlig egal, ob die Behörde kommunal ist oder eine Landesbehörde ist, wenn Verstöße sind, haben sie zu handeln, unabhängig welche Ebene. Ich sage jetzt ganz ehrlich, ich verstehe es bis heute nicht, wie diese kommunale Behörde nicht handeln konnte.
Unverzeihlich. Wir wollen wissen, was ist da passiert. Wir haben im Detail schon Einiges gehört, dass, wenn irgendwelche Festlegungen getroffen worden sind, dann Widerspruch bei Gericht eingelegt worden ist, und dann wurde es beklagt und dann wurde es wieder abgestellt. Wenn das wirklich so der Fall gewesen ist, hätte es genügt, davon bin ich überzeugt, wenn man uns als Ausschuss diese Informationen hätte zukommen lassen, wir hätten dafür gesorgt, öffentlich, dass das abgestellt worden wäre. Darauf können Sie sich verlassen,
denn solche Zustände kann keiner hinnehmen. Wenn man sich das vorstellt, 25 Prozent der Schlachttiere nicht betäubt zu schlachten, da dreht es sich einem im Magen um. Das kann alles nicht sein. Das wirft ein solch schlechtes Licht auf die Zustände, das kann so nicht sein.
(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Beim Bratwurststand ist das alles wieder vergessen.)
Ach, wissen Sie, es geht mir darum, dass wir abstellen für die Zukunft, dass so etwas wieder passiert. Wir waren ja in dem Schlachthof mehrfach 1994. Da ging es darum, Herr Kummer hat es vorgetragen, die konnten damals die Gebühren für die Veterinäre nicht bezahlen, und immer wieder Ärger, wir sollten das abstellen. Wir haben gesagt, nein, es geht nicht abzustellen. Wir haben deutlich gemacht, diese Kontrollen müssen sein. Oder als BSE war, dass da zusätzlich Veterinärkosten da sind für die Kontrolle des Rückenmarks und, und, und. Das waren immer wieder solche Sachen. Ich habe immer den Schlachthof gesehen, wie kann der Schlachthof - das muss doch irgendwann zu Ende gehen. Es ist in der Lage, in der Beengtheit, überhaupt nicht möglich, dort was vernünftiges Hygienisches hinzukriegen. Ich habe da immer meine Zweifel gehabt. Die haben wir auch mehrfach geäußert und wir haben immer die Antwort bekommen,
nein, sie haben es im Griff. Jetzt kann ich nur hoffen, nachdem das jetzt öffentlich geworden und abgestellt worden ist, so berichtet ja der Staatssekretär, dass ja nun der Insolvenzverwalter Rombach das im Griff hat, dass das vernünftig läuft, so dass er da vielleicht einen Käufer findet, der das dann weiter vernünftig betreibt, oder es muss eine Entscheidung her. Aber solche Zustände dürfen nicht wieder passieren. Wir werden aufpassen und nachfragen, das ist unsere Pflicht. Ich denke, wir haben als Ausschuss vernünftig gehandelt, sehr sensibel, sehr verantwortungsbewusst und da bedanke ich mich bei allen Kollegen, die das im Ausschuss so mitgetragen haben. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär, der Bericht war sehr dürftig und wirft Fragen auf, die noch beantwortet werden müssen.
Daher ist es für uns klar, dass wir regionale Schlachthöfe brauchen und die, die wir haben, halten wollen. Gegenwärtig haben wir in Thüringen 26 kleine und mittlere Schlachthöfe und der Schlachthof Jena ist einer davon. Regionale Schlachthöfe haben den Vorteil, dass für die lebendig angelieferten Tiere keine langen Transportzeiten anfallen. Das ist gut mit Blick auf den Tierschutz und es ist auch gut, auch wenn es makaber klingt, mit Blick auf die Fleischqualität der geschlachteten Tiere. Regionale Schlachthöfe haben den Vorteil, dass sie Abnehmer für die regionalen Tierproduzenten sind und Zulieferer für den regionalen Lebensmittelhandel für die Fleischer, Gaststätten und Essensversorger. Das sorgt für kürzere Transportwege und damit werden weniger klimaschädliche Gase ausgestoßen. Unabdingbar für alle Schlachthöfe ist jedoch, dass die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich Tierschutz, Arbeitsschutz und Lebensmittelrecht eingehalten werden. Diese Einhaltung muss in einem entwickelten Land, wie es Thüringen ja wohl ist, eine Mindestanforderung sein und darauf müssen sich Verbraucherinnen und Verbraucher und Schlachthofmitarbeiter und -mitarbeiterinnen verlassen können. Und Tierschutz, also die möglichst ge
ringe negative Beeinträchtigung vor der Tötung, sind wir auch den Schlachttieren schuldig. Um diese Mindestanforderungen, so wie sie in den Gesetzen stehen, abzusichern, haben wir ein entwickeltes Kontrollsystem mit eindeutigen Verantwortungen, sollte man meinen, und habe auch ich bislang gedacht. Natürlich könnte das Kontrollsystem besser ausgestattet sein, mehr Kontrolleure sollten eingestellt werden.
Das haben wir als LINKE-Fraktion und insbesondere meine Fraktionskollegin Diana Skibbe und ich immer wieder gefordert.
Na klar haben wir das gefordert, nur wenn Sie nicht zuhören, Herr Primas, dann ist das ja Ihr Problem.
Und dann stehen Sie hier und sagen, DIE LINKEN waren verantwortlich für Bischofferode - ja genau. Genau so.
Wir brauchen mehr Kontrolleure, um die Sicherheit von Lebensmitteln, Futtermitteln, Konsumgütern usw. zu gewährleisten. Aber, und jetzt kommt das große „aber“, man muss sich natürlich darauf verlassen können, dass Missstände, die bei Kontrollen festgestellt werden, auch abgestellt werden. Darauf muss man sich verlassen können, sonst war doch die Kontrolle hinfällig. Da ist es ein bodenloser Skandal, wenn herauskommt, dass dies bei einem Betrieb nicht geschehen ist. Es ist ein Skandal, wenn erst während eines Insolvenzverfahrens thematisiert wird, dass der betroffene Schlachthof von Anfang, also von 2002 an, als der Schlachthof die lebensmittelrechtliche Zulassung bekommen hat, Schwierigkeiten bei der Überwachung gemacht hat, zehn Jahre lang. In den letzten Jahren, so wurde im Ausschuss berichtet, also von 2008 bis 2012, seien diese Probleme eskaliert.
Im Januar 2013 - das wurde gesagt - meldete der Betrieb Insolvenz an; auch zu diesem Zeitpunkt waren die Zustände laut Überwachungsbehörde unhaltbar. Aber es war eben nicht nur zum Schluss so, dass die Zustände so schlimm waren, vier Jahre lang waren die Zustände so schlimm. Dann bei der Insolvenz, wo auch die Mitarbeiter gemerkt haben, sie verlieren ihren Job, es sind ja mindestens 50 entlassen worden, da kam dann dieses anonyme Schreiben, wer auch immer das verfasst hat, aber dann kam das ja erst. Das hat Herr Kummer schon gesagt, es ist ja so, dass Abgeordnete des Thüringer Landtags nicht auf jedes anonyme Schreiben anspringen sollten, sondern erst einmal nachgegangen werden sollte, was auch passiert ist.
In der Ausschuss-Sitzung im April 2013 wurde ein umfangreicher Bericht zur Kenntnis gegeben. Dieser Bericht aber ließ einem wirklich die Haare zu Berge stehen. Denn das wirkliche Problem mit dem Schlachthof und der Umgang seitens der Kontrollbehörden und des als oberste Kontrollbehörde zuständigen Sozialministeriums sind ja die Jahre vor der Insolvenz. Was dem Fass dem Boden ausschlägt ist doch, dass all die Jahre diese Hygieneund Tierschutzverstöße auf höchster Kontrollebene bekannt waren und die Eigentümerin oder Betreiberin mit den Behörden Katz und Maus gespielt hat. Was dabei so skandalös wie traurig ist, offensichtlich haben sich das die Behörden über Jahre gefallen lassen, aus welchen Gründen auch immer.
Auch der Wechsel an der Spitze des Ministeriums nach 2009 hat da nichts geändert. Es wurde nichts Grundlegendes unternommen. Das ist eigentlich ein Totalversagen. Da hätte man sich mehr erwünscht. Ich finde es auch schade, dass Frau Taubert jetzt nicht da ist.
Herr Primas, natürlich ist die Veterinärbehörde zuständig, das ist mir wohl klar, aber im Endeffekt, wenn ein System nicht funktioniert, dann ist die oberste Ebene zuständig. Das ist eben der Unterschied. Das ist auch das, was Sie nicht kapieren, was ja gestern wie absurdes Theater angemutet hat. Herr Vogel war damals in der Regierung, war Ministerpräsident bei Bischofferode und da erzählen Sie auch irgendetwas anderes.
Also Herr Staatssekretär ist da. Ich finde es schade, dass Frau Ministerin Taubert nicht da ist. Denn man muss doch einfach Tatsachen feststellen: Wenn Betäubungsanlagen nicht richtig funktionieren und bis zu 25 Prozent der Schweine ohne ordentliche Betäubung geschlachtet werden, wenn Rinder bis zu viermal in den Kopf geschossen werden, weil die Fixierung nicht richtig funktioniert, dann ist das ein schwerer Verstoß gegen den Tierschutz. Das ist aber auch ein nicht hinzunehmender Verstoß gegen den Arbeitsschutz, gegen die Arbeitsbedingungen der Schlachter.
Wie schlimm ist das denn für einen Schlachter, wenn der viermal nachschießen muss, weil sich das Tier hin und her schmeißt. Bei so einem Tatbestand ist neben der Tiermisshandlung unbedingt zu prüfen, ob ein Verstoß gegen den Arbeitsschutz
vorliegt. Wenn Geräte und Anlagen verschmutzt sind, wenn bauliche Mängel bestehen, dann ist das ein schwerer Verstoß gegen das Lebensmittelrecht und dann reicht mir nicht, dass nach Aussagen der Zuständigen im Sozialministerium die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher durch diese Hygienemängel nicht akut gefährdet war. Und, Herr Staatssekretär, dieses Wort „akut“ haben Sie galanterweise aus Ihrem Bericht auch noch weggelassen und haben gesagt, sie waren gar nicht gefährdet. Auch latente Gefährdungen oder Gefährdungen, die durch Zusammenspiel verschiedener Faktoren auftreten könnten, sind nicht hinzunehmen. 19 Ordnungswidrigkeiten wurden von 2008 bis 2012 festgestellt und eine Strafanzeige gestellt. Das muss man sich auch mal vorstellen. Da kommt der zuständige Kontrolleur, also der Tierarzt, und wird nicht reingelassen. Dass so etwas überhaupt gehen kann, ist auch ein Ding der Unmöglichkeit.
Wie konnte passieren, Herr Staatssekretär, dass trotz dieser Verfahren keine Konsequenzen erfolgten? Und was bedeutet vor diesem Hintergrund Verhältnismäßigkeit? Verhältnismäßigkeit; klar, diese Eigentümerin, die mit den Behörden Schlitten gefahren ist, die hat jedes Rechtsmittel eingelegt. Trotzdem darf man dann nicht kuschen und sagen als Behörde, meine Sache ist verhältnismäßig. Wie kann passieren, Herr Staatssekretär, dass es erst 2012, als die Firma schon wirtschaftlich ins Trudeln gekommen war, ein Thema wurde, dass die Beseitigung der Mängel eine Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Zulassung ist? Das ist doch vorher schon ein Thema gewesen. Wie kann es dann passieren, Herr Staatssekretär, dass die von der Zulassungsbehörde Mitte des Jahres 2012 festgestellten Mängel, deren Beseitigung für die Aufrechterhaltung der Zulassung erforderlich war und bis zum 31.12.2012 verfügt wurde, Mitte Januar überwiegend fortbestanden? Wie kann es sein in einer Demokratie, dass in einem Betrieb, der Lebensmittel herstellt und Kontrollpersonal den Zutritt verweigert und der nach Aussagen des Kontrollpersonals seit Anbeginn Probleme bei Hygiene und Tierwohl hatte, dass es da keine öffentliche Debatte gab und damit verbunden natürlich auch kein öffentlicher Druck vonseiten der Verbraucherinnen und Verbraucher aufgebaut werden konnte? Denn das ist doch eine Stärke der Demokratie. Weil Probleme öffentlich und transparent werden, werden diese Probleme meist schneller und nachhaltiger beseitigt.
Viel zu lange ist beim Schlachthof Jena stillgehalten und sind die Tatbestände unter der Decke gehalten worden.
ren, trägt dazu bei, dass Probleme nicht gelöst werden, das kennen wir doch aus unserer Geschichte. Das zu tun, ist definitiv der falsche Weg. Auch hier, Herr Staatssekretär, ist auf oberster Ebene versagt worden. Und da muss ich auch zu einigen Kollegen eigentlich aller Fraktionen - und Herr Primas hat es ja vorhin noch einmal angesprochen - sagen, kein Abgeordneter sollte sich einen Maulkorb verpassen lassen oder sich selber zum Stillhalten verpflichten, wenn so ein Skandal vorliegt. Wenn ich dann angegriffen werde, weil ich den Skandal in die Öffentlichkeit gebracht habe - jetzt ist Herr Weber leider nicht da, ich sehe ihn nicht; ach so, er ist entschuldigt; kann er nachlesen -,
immer werde ich mich nach meinem Gewissen verhalten. Angesichts solcher Missstände in Lebensmittelhygiene und Tierschutz stillzuhalten, kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren.
(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Sie haben es bis heute nicht begriffen und Sie werden es nicht begreifen, das ist sinnlos.)
Sie haben wohl alles begriffen und deswegen stehen wir hier und diskutieren diese Missstände? Das SPD-geführte Ministerium und die Landesregierung aus CDU und SPD insgesamt hätten längst Öffentlichkeit herstellen müssen und Verbraucherinnen und Verbraucher informieren müssen und nicht über vier Jahre ohne jeden Erfolg einfach vor sich hin wursteln sollen.