Protocol of the Session on June 19, 2013

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist nicht nur in diesem Fall inzwischen eine Unsitte in diesem Land, dass für Fehler, gerade auch im Zusammenhang mit Steuerverschwendung, niemand Verantwortung übernehmen will. Das ist das, was mich vor allem ärgert.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Vizepräsidentin Dr. Klaubert)

Niemand will Verantwortung übernehmen. Diese Verantwortung, die kann nur ein Appell sein, das kann man nicht erzwingen, aber in einem Punkt haben wir eine Auskunftspflicht und das ist die einfache Frage an Frau Klaan: Was hat uns der ganze Spaß gekostet? Darüber möchte ich als Abgeordnete dieses Hauses Auskunft haben. Was hat uns dieser ganze Spaß gekostet?

Ich kann abschließend Herrn Reiner Holznagel nur unterstützen, er ist der Präsident des Bundes der Steuerzahler und hat sich in einem sehr lesenswerten Interview zu dem Thema Steuerhinterziehung erklärt. Ich kann ihm nur beipflichten, dass wir auch bei dem Thema Steuerverschwendung andere, bessere, schärfere Sanktionsmöglichkeiten brauchen, und kann für meine Fraktion sagen wie auch für meine Partei, wir werden diese Bemühungen nach Kräften unterstützen. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich rufe für die CDU-Fraktion Frau Abgeordnete Tasch auf.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, erstmals ist Thüringen Austragungsort einer Internationalen Bauausstellung. Das Jahr 2013 wird zum Auftaktjahr der IBA in Thüringen. Zur Durchführung der Internationalen Bauausstellung Thüringen wurde im vergangenen Jahr die IBA Thüringen GmbH gegründet und aufgebaut. Mit der Berufung eines internationalen Fachbeirats, der Einrichtung des Kuratoriums, des Aufsichtsrats sowie der Geschäftsstelle ist dieser Aufbau nun abgeschlossen. Der zehnjährige IBA-Prozess kann nun auch praktisch gestaltet werden. Professionelle Strukturen sind für ein derartiges Projekt ebenso unabdingbar wie erstklassig qualifiziertes Personal, was nicht zuletzt auch für die Geschäftsführung gilt. Seit dem 1. Juni 2013 wird die IBA vom Geschäftsführer Prof. Dr. Engelbert Lütke Daldrup geleitet, der sein Amt Anfang April 2013 angetreten hat. Mit Herrn Prof. Lütke Daldrup hat die IBA eine profilierte Persönlichkeit gewinnen können, die langjährige Planungserfahrung auf kommunaler, Landes- und Bundesebene mitbringt. Es ist meines Erachtens sehr wichtig, dass bereits im Vorfeld eine optimale und inhaltlich ausgewogene Zusammensetzung der Gesellschaft gefunden wird, um den Gestaltungsprozess bestmöglich zu koordinieren. In diesem Zusammenhang unterstellen Sie, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass die Auswahl der Geschäftsführung eine Spielwiese der Landespolitik sei, wie dann auch der Titel dieser Aktuellen Stunde glauben macht, und Sie sprechen damit das Ausscheiden der ehemaligen Geschäftsführerin indirekt an.

Nach meiner Information gab es unterschiedliche Auffassungen über die weitere strategische Ausrichtung der IBA, weshalb Frau Prof. Eich-Born um die Auflösung ihres Vertrages bat. Ich denke, dies ist nichts Ungewöhnliches. Derartige Beispiele gibt es viele in Politik, in Wirtschaft, im Sport, im öffentlichen Dienst. Liebe Frau Schubert, ich habe Ihre Pressemitteilung vom 6. Juni 2013 gelesen. Dort begrüßen Sie die Personalentscheidung für Herrn Prof. Lütke Daldrup ausdrücklich, weshalb ich nicht so recht verstehe, warum Sie heute diese Aktuelle Stunde aufgerufen haben.

Auch Ihnen müsste doch am Erfolg der IBA gelegen sein, denn die Schwerpunkte der IBA, die energetischen und demografischen Veränderungen im Freistaat, sind gerade Themen, mit denen Sie sich ja insbesondere auch identifizieren. Die IBA ist eben keine Spielwiese, sondern deren Organisation eine klar zielorientierte internationale Ausstellung, welche die gesellschaftlichen Entwicklungen in den Mittelpunkt stellt, den Wandel langfristig gestalten soll und in erster Linie den Menschen im Freistaat dient.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Namen der CDU-Fraktion möchte ich mich ganz besonders bei Frau Prof. Eich-Born für ihr Engagement bedanken und ihr für die Zukunft …

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das war jetzt geheuchelt.)

Nein, das ist nicht geheuchelt. Wir bedanken uns bei ihr und wünschen ihr für die Zukunft alles Gute und wir wünschen auch Herrn Prof. Lütke Daldrup alles Gute, einen guten Start und wir hoffen, dass die IBA für uns in Thüringen nicht nur beispielhaft für den Freistaat ist, sondern auch weltweit mit innovativen Ideen zum demografischen, energetischen und soziokulturellen Wandel von sich reden macht.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE rufe ich den Abgeordneten Kuschel auf.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich muss nun wieder versuchen, das Niveau anzuheben nach der Vorrednerin.

Frau Tasch, wir wollen auch, dass die IBA ein Erfolg wird. Eine der wesentlichen Voraussetzungen dafür ist, dass die CDU spätestens im nächsten Jahr aus der Regierungsverantwortung gewählt wird.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Das ist ein Appell an die Wählerinnen und Wähler

(Abg. Schubert)

(Unruhe CDU)

und wir gehen davon aus, dass dieser Appell ankommt.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Die Spitzel kommen nicht dran.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was hier heute Gegenstand der Aktuellen Stunde ist, ist kein Einzelfall und überrascht nicht, sondern das ist Konzept dieser Landesregierung, nämlich auch über Landesgesellschaften Personalprobleme zu lösen oder Leute zu versorgen, die so etwas brauchen.

Ich darf daran erinnern, ursprünglich gab es ja die Idee, Herrn Krätzschmar dort zum Geschäftsführer zu machen, weil er irgendwie nicht mehr in die LEG-Landschaft gepasst hat. Das ging dann irgendwie schief, warum auch immer, und dann hat man gesagt, jetzt haben wir aber einmal die Gesellschaft, dann „entsorgen“ wir eben jemand anderes und das war dann die Staatssekretärin aus dem Bauministerium. Offenbar ist da der Abstand zum Minister Carius nicht groß genug und deswegen musste sie jetzt ganz gehen. So ist das eben und das ist ja auch nicht schlimm, wenn man dazu stehen würde. Das Problem ist nur, dass man das vertuscht, und ein höheres Maß an Öffentlichkeit und Transparenz würde auch den Nährboden für Spekulationen entziehen,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

denn es kann auch objektive Gründe geben; die kennen wir nicht. Also von daher fordern Sie ja regelrecht dann zu Spekulationen heraus.

Eine zweite Tatsache ist etwas verwunderlich in diesem Zusammenhang. Es gab schon eine Ausschussbefassung zu diesem Thema, und zwar Mitte Mai, am 15. Mai, und dort hat der zuständige Fachminister noch so getan, als wäre alles in Ordnung und die Gesellschaft würde auch künftig von zwei Geschäftsführerinnen mit großem I geführt werden. Nur 14 Tage später gibt es eine einvernehmliche Auflösung des einen Gesellschaftervertrags und vorsorglich, also da haben dort der Aufsichtsrat und die Verantwortlichen der Landesregierung einen Weitblick, der ist erstaunlich, weil man schon im April vorsorglich den neuen Geschäftsführer mit Alleinvertretungsvollmacht ausgestattet hat. Wenn ich böse wäre, würde ich sagen, man hat schon Ende April gewusst, dass man sich von der einen Geschäftsführerin trennen will, und hat damit offensichtlich den Bauausschuss Mitte Mai belogen.

(Beifall DIE LINKE)

Insofern kann ich die GRÜNEN verstehen, dass sie das heute zum Gegenstand der Aktuellen Stunde machen. Wie geht es jetzt weiter? Es ist tatsächlich jetzt so, dass wir verlangen, dass die Landesregie

rung nun diese Personalquerelen um diese Landesgesellschaft beendet, weil die Landesgesellschaft sich jetzt schnellstmöglich um die eigentliche Arbeit kümmern muss, nämlich die Vorbereitung der Internationalen Bauausstellung, wenn es zum Erfolg werden soll. Dort verlangen wir, dass die Landesregierung zumindest gegenüber dem zuständigen Fachausschuss des Landtags, aber auch gegenüber der Öffentlichkeit dann ein höheres Maß an Transparenz an den Tag legt, um diese Irritationen und die Spekulationen um diese Gesellschaft, dass das alles eigentlich nur dazu dient, um bestimmte Leute zu versorgen, dass das ein Ende hat. Das ist die Hauptverantwortung der Landesregierung.

Insofern ist ja der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heute die Gelegenheit, dass die Landesregierung hier jetzt ihre Informationspolitik ändert und auch heute die Aktuelle Stunde nutzt, um für Aufklärung zu sorgen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Doht das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich will es kurz machen. Zum einen, ob ein Geschäftsführerposten nun ausgeschrieben wurde oder der so besetzt wurde, hat per se noch nicht zur Folge, dass dadurch mehr Geld ausgegeben wurde. Dass eine Gründungsgeschäftsführung manchmal anders aussieht als dann der Geschäftsführer, der das laufende Geschäft betreut, das gibt es in vielen Unternehmen. Ansonsten ist der Aufsichtsrat zuständig für die Bestellung des Geschäftsführers und dort gehören Personalangelegenheiten auch hin und nicht in die öffentliche Sitzung. Ich habe keine Lust, mich hier an weiteren Spekulationen in der Öffentlichkeit zu beteiligen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Was für ein Beitrag!)

(Beifall CDU, SPD)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Untermann das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Zuschauer auf der Zuschauertribüne, diese Aktuelle Stunde ist für mich dahin gehend nicht so relevant, weil dieses ein zu wichtiges Thema ist, um es in dieser kurzen Zeit zu besprechen, und auch einen solchen Umfang hat, um es in nur fünf Minuten hier

(Abg. Kuschel)

abzuhandeln, aber wir werden versuchen, das Beste daraus zu machen. Ich möchte mit einem kurzen zeitlichen Abriss beginnen. Im Juni 2011 wurde das IBA-Konzept im Kabinett beschlossen und die Studie den Abgeordneten ausgehändigt. Im darauffolgenden Juni-Plenum stand das Thema IBA erstmals auf der Tagesordnung. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde die Unvollständigkeit des Konzepts kritisiert und dass noch offene Fragen bestehen, angefangen von den Personalien bis hin zur Projektfinanzierung. Da hieß es noch seitens der Landesregierung, wir wollen offen bleiben für kreative Ideen. So weit, so gut.

Weiterhin wurde Kritik an der fehlenden Transparenz und am Informationsfluss gegenüber der Öffentlichkeit geübt. Hier wurde auf die Internetseite der IBA verwiesen. Termine sollten nun noch zu dem Zeitpunkt auf der Seite eingestellt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, das war vor genau zwei Jahren. Seit Juli 2011 bis Frühjahr 2013 gab es keine wesentlichen Neuigkeiten, nur die Namen der Geschäftsführer änderten sich. Was hat die IBA in dieser Konzeptphase getan? Wie ich eben schon erwähnte, machte die IBA Thüringen hauptsächlich durch Personaldebatten von sich reden.

Einige Fakten zum aktuellen Stand nach parlamentarischen Anfragen und Ausschuss-Sitzungen: Im Januar 2013 informierte Frau Staatssekretärin Klaan, dass die IBA-Geschäftsstelle in Weimar installiert wurde, dazu zwei IBA-Werkstätten, eine in der Bauhaus-Universität und eine in der Fachschule in Nordhausen, und dass sich die IBA am Gemeinschaftsstand der EXPO REAL in München beteiligt hat.

Da hält sich der Neuigkeitsgrad auch in Grenzen. Im Ausschuss wurde angekündigt, zügig zu einem strategischen Konzept zu gelangen und detaillierte Ausformulierungen des IBA-Prozesses in Thüringen vorzunehmen.

Meine Damen und Herren, ein Konzept zur weiteren Vorgehensweise haben wir schon vor zwei Jahren gefordert. Ich frage mich ernsthaft, woran es bis jetzt gelegen hat - doch nicht nur an der fehlenden Kontinuität bei der Personalbesetzung. An dieser Stelle wünsche ich auch der ausgeschiedenen Geschäftsführerin, Frau Eich-Born, alles Gute für ihren weiteren Lebensweg.

Die Aktuelle Stunde bietet nicht ausreichend Zeit, um Details zur weiteren Vorgehensweise zu diskutieren. Die Umsetzung von Projekten im Rahmen der IBA Thüringen muss den regionalen Anschub für Prozesse in der regionalen Entwicklung geben. Dieses ist eine große Chance. Die sollten die Regionen auch nutzen. Dafür benötigt die Region die Macher vor Ort und einen Moderator und auch entsprechende Ansprechpartner. Nach meiner Auffas

sung müssen das im Rahmen des IBA-Prozesses die Mitarbeiter der Geschäftsstellen und der Werkstätten sein. Nach zwei Jahren wurden sie dieser Rolle in keiner Weise gerecht. Beispiele aus anderen Bundesländern zeigen, dass durchaus positive Effekte erzielt werden können. Wir stellen uns dem IBA-Prozess nicht entgegen. Die Fraktion wird den IBA-Prozess weiter kritisch beobachten und ihn auch unterstützen. Dazu zählen Fragen zur weiteren Finanzierung der Personalentwicklung, der Geschäftsstelle, einer oder zwei Geschäftsführer und der Werkstätten zur Projektauswahl und der Vergabekriterien oder zur Projektfinanzierung.

Frau Klaan, es wäre schön, wenn sich der neue Geschäftsführer, Herr Prof. Dr. Lütke Daldrup, in diesem Zusammenhang einmal im Bauausschuss vorstellen würde. Ich hoffe, dass er dann vielleicht zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen in einer großen Zeitung vom 08.06. auch Stellung nimmt, zu sogenannten Amigo-Vorwürfen.

(Beifall FDP)

Wir fordern eine klare Aussage zu diesen Fragen. Ich gehe davon aus und hoffe, dass der neue Geschäftsführer etwas länger tätig sein wird. Wir als Opposition haben Ihnen zwei Jahre Zeit gegeben. Wir wollen eine Aussage, welches Ziel Sie bis 2020 durch die IBA erreichen wollen und, noch wichtiger, mit welchen langfristigen Strategien die Landesregierung dieses Ziel erreichen will. Ich danke Ihnen.