Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Thüringer Verfassungsgerichtshof gab dem Gesetzgeber auf, bis zum 30.09.2013 das Polizeiaufgabengesetz in einigen Punkten neu auszugestalten, hören Sie zu, in einigen Punkten, Frau Renner. Das Verfassungsgericht beanstandete formelle Rege
lungen des Thüringer Gesetzes zur Änderung sicherheits- und verfassungsschutzrechtlicher Vorschriften in der Fassung 16. Juli 2008. In aller Deutlichkeit muss ich hier feststellen, dass die beanstandeten 12 Regelungen gerade nicht für verfassungswidrig erklärt wurden. Sie wurden mit der Verfassung für unvereinbar erklärt.
Ja, wer jetzt lacht, hat keine Ahnung. Das ist einfach so. Man muss immer noch ein bisschen Ahnung haben, Herr Kollege von der FDP.
Ich habe nicht falsch geschlafen, ich denke immer noch an die Schildkröte von gestern. Ich hoffe, dass Sie das noch verinnerlicht haben.
Sie wurden mit der Verfassung für unvereinbar erklärt, weil die Verfahrensregelungen nach Ansicht des Gerichts auslegungsfähig waren. Ob das Gericht eine Norm für verfassungswidrig erklärt oder sie für unvereinbar hält, stellt einen erheblichen Unterschied dar. Wären die Verfassungsverstöße gravierender Art gewesen, hätte es die Norm für nichtig erklärt. Allein daran kann man erkennen, dass nur Randkorrekturen notwendig in dem heutigen Gesetzentwurf erfolgen. Das Klagevorbringen des Anwaltvereins war darüber hinaus bereits in einigen Fällen gar unzulässig oder sogar unbegründet. Das Änderungsgesetz aus dem Jahr 2008 war zudem das größte Vorhaben seit Einführung unseres modernen Polizeiaufgabengesetzes im Jahr 1992. Die weit überwiegende Anzahl der vor fünf Jahren erfolgten Änderungen wurde von den Beschwerdeführern gar nicht erst angegriffen. Sie haben nur einen verhältnismäßig kleinen Anteil kritisiert und davon haben sie noch eine Schlappe einfahren müssen. Man muss auch nichts dazu sagen, wenn andere Verfassungsgerichtshöfe den Richtervorbehalt bei einer polizeilichen Observation nicht verlangen, man sehe vergleichsweise nur beispielsweise nach Bayern, deren Verfassung dort auch nicht anders ausgestaltet ist, und nunmehr für Thüringen ein Richtervorbehalt gefordert wird. Ich sage auch nichts dazu, dass ein Senat des Bundesverfassungsgerichts die Straftatenkataloge in der Strafprozessordnung für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet und der andere daran verfassungsrechtliche Zweifel hat. Ist aber ein Polizeiaufgabengesetz nicht bestimmter mit einem abschließend geregelten Straftatenkatalog als ohne? Ich kann auch damit leben, wenn eine gesetzliche Definition zum Kernbereichsschutz nach Ansicht des Verfassungsgerichts ersatzlos gestrichen werden muss, wenn es ohne eine Definition keine Auslegungsprobleme geben soll. Hier muss man aber nicht nur rhetorisch fragen, ob gar keine Definition
nicht eine höhere Unbestimmtheit für den Gesetzesanwender und den Bürger entsteht. Wenn Polizei dogmatisch ableitbare und historisch gewachsene Regelungen in den südlichen Länderpolizeigesetzen 60 Jahre Bestand haben und dann wie von heiterem Himmel auf einmal für verfassungswidrig erklärt werden, sieht man doch, wie weit Rechtsansichten auseinander liegen können. Bei diesen meinen Aufzählungen an höchstrichterlichen Entwicklungen kann sich ein parlamentarischer Gesetzgeber einfach nur wundern. Es sei andererseits dringend daran erinnert, dass beispielsweise der ADAC damals die Thüringer Regelung zur automatischen Erfassung von amtlichen Kennzeichen als vorbildlich bezeichnete. Es sei auch daran erinnert, dass Thüringen die Vorratsdatenspeicherung sehr restriktiv regelte, so dass der Anwaltverein nicht mal einen Klageansatz fand. Gleiches gilt für die sogenannte Quellentelekommunikation. Ich stelle auch vorweg, dass der Verfassungsgerichtshof in keinem Punkt die materiellen Eingriffsrechte kassierte, vielmehr sah er ausschließlich formelle Verfahrensbestimmungen mit der Verfassung nicht im Einklang.
Und in Richtung Innenministerium muss ich auch einmal klar und deutlich sagen: Hätte die Landesregierung damals einen besseren Gesetzentwurf eingebracht, der über 30 verfassungsgerichtliche Entscheidungen beachtet hätte, hätte der Landtag im Gesetzgebungsverfahren nicht die Werkstattreparatur übernehmen müssen. Schließlich ressortierte auch damals schon das Verfassungsrecht im Innenministerium. Der Gasser-Entwurf hätte vor Weimar den TÜV-Stempel nicht erhalten, sondern hätte die verfassungsgerichtliche Zwangsstilllegung des Polizeiaufgabengesetzes bedeutet. Daran, dass in der nunmehr über fünfjährigen Anwendungsphase des Änderungsgesetzes nicht ein einziges Verfahren gerichtsanhängig wurde, mag man erkennen, dass das Polizeiaufgabengesetz seine Feuertaufe bestanden hat. Die Anhörung der polizeilichen Berufsverbände ergab, dass es in der Praxis keine Anwendungsschwierigkeiten gab. Die juristische Spitzfindigkeit der Klägerpartei spielte in der Praxis überhaupt keine Rolle. Für mich heißt das, dass alltäglich in der Polizei vorkommende Praxisfälle unzweifelhaft gelöst werden konnten. Wenn ein Gesetz aber in Einzelfällen noch präziser formuliert werden kann, so stehe ich voll und ganz hinter einem solchen Gesetzgebungsziel. In der Tat halten sich die klarstellenden Neuerungen des heute eingebrachten Gesetzes bei genauem Hinsehen in Grenzen. Vieles ist im Wortlaut bereits bekannt. Eingriffsnormen wurden umgestellt oder erhielten aus gesetzestechnischen Gründen eine neue Reihung. Der Wortlaut hat sich absatzweise auch nicht verändert. Zentrale Regelungen finden sich nunmehr dezentral, was dazu führt, dass die Paragraphen ob der Mehrfachregelungen länger werden. Unter Gesetzesstraffung verstehe ich etwas ande
res. Die Marschrichtungszahl des Einbringungsgesetzes stimmt. Eine neue Pionierarbeit musste nicht mehr geleistet werden. Im Gegensatz zum Jahre 2008, wo das Thüringer Polizeiaufgabengesetz überhaupt das erste Gesetz war, dass die damaligen bundesverfassungsrechtlichen Entscheidungen berücksichtigte
- da musst du einmal nachlesen, du kannst dich doch nachher hier äußern und kannst das widerlegen, nicht nur behaupten, widerlegen -, gibt es heute genug Blaupausen. Von einem großen, mit über hundert Regelungen hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof rund ein Dutzend Regelungen beanstandet. Dort legt der Thüringer Gesetzgeber zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes und des Ordnungsbehördengesetzes unter weitgehender Anlehnung an die geltende Fassung nach. Der Gesetzentwurf enthält aber auch Neuregelungen zur Bestandsdatenauskunft. Diese neue Regelungsmaterie ist gleichfalls das Scharnier zum Telekommunikationsgesetz, welches dort die Bestandsdatenauskunft normiert. Gleiches gilt für die europaweiten Datenübermittlungsbestimmungen, wie sie in den §§ 41 a bis 41 d ihren Regelungsstandort finden. Auch diese Bestimmungen werden die Polizeiarbeit auf eine sichere Rechtsgrundlage stellen.
Die neuen örtlichen Alkoholkonsumverbote im Thüringer Ordnungsbehördengesetz halte ich für konsequent und ich werde darauf am Schluss noch einmal eingehen. Würden die festgestellten Mängel so schwerwiegende Verstöße darstellen, wie es von der Opposition immer wieder mit der schallenden Ohrfeige - und, Frau Renner, Sie haben es heute wieder versucht - gern impliziert wird, wären die Bestimmungen vom Thüringer Verfassungsgerichtshof nicht nur mit der Verfassung für unvereinbar, sondern für nichtig erklärt worden. Das ist nicht passiert. Ich empfehle auch den Medien einmal, etwas besser zu recherchieren, denn gestern und heute habe ich immer nur vom Verfassungswidrigen gehört. Da muss man auch einmal ein bisschen recherchieren und nicht das nachplappern, was die Opposition hier auf den Tisch legt. Ich weiß, Medienschelte soll man nicht machen. Auch die Medien haben eine Pflicht zu recherchieren und nicht etwas nachzusprechen. Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, denke ich, ist noch einmal deutlich geworden, dass das, was Frau Renner und andere immer wieder behaupten, bei Weitem nicht stimmt, sondern dass wir ein modernes Gesetz auf den Weg gebracht haben. Und ich habe hier versucht, doch einige Dinge noch einmal darzulegen, damit Sie mehr …
Wissen Sie, Herr Adams, Sie werden es auch noch lernen, dass man in der Politik nicht nur Schönwettergesetze macht, sondern in der Politik geht es auch um Gefahrenabwehr, um Verbrechensbekämpfung und manchmal habe ich den Eindruck, hier sollen die Verbrecher geschützt werden von einigen.
Und wir wollen aber dagegen wirken und wollen die Möglichkeiten der Polizei, denn nur die haben das Monopol, um hier entsprechend einzugreifen. Ich beteilige mich auch ungern daran, Polizei, Polizeiausschuss und Ähnliches. Wissen Sie, wir haben natürlich Erfahrungen gemacht, die sind wirklich nicht nur nicht schön, die sind teilweise beschämend,
und das hat etwas mit NSU und den Morden zu tun, dass eben flächendeckend Polizei, Verfassungsschutz und Justiz versagt haben. Das kann man nicht kaprizieren oder nur auf eine der Gruppen wälzen, sondern alle haben versagt. Und in Klammern: Am Ende hat auch dort die Gesellschaft mit versagt und hätte sicher noch einige Dinge besser machen können. Fordern Sie jetzt einen Gerichtsausschuss oder einen Staatsanwaltsausschuss, der die Staatsanwälte kontrolliert, damit die alles richtig machen?
Sie können das ja fordern, Herr Kuschel; als Rechtsgelehrter kann ich mir das vorstellen, dass so etwas noch kommt.
Also ich schließe hier nichts aus. Das hat Prof. Dr. Huber damals gesagt, der hat Sie eingeladen nach München, dass Sie dort einmal ein Seminar wahrnehmen, das hat er dort deutlich gemacht. Jetzt ist er unser oberster Verfassungsrichter und spricht dort Recht, was ich sehr gut finde.
Ich will nur einfach darauf noch einmal verweisen, wir haben auch hier eine Pflicht und das macht doch niemandem Spaß. Sie vergessen alles, was es dort im Lande so gibt. Und vielleicht für meine Freunde und Genossen hier in der Mitte will ich noch einmal - ich habe gerade gestern Abend noch Gelegenheit gehabt, da habe ich einmal zu Hause den Focus gelesen und da war mir gerade ein Artikel so schön in die Hand gefallen,
„Klare Kante - Der Duisburger SPD-Mann Ralf Jäger, 52, ist seit 2010 Chef des Innenressorts …“ usw., jetzt kommt es: „latente Anschlagsgefahr, NRW-Innenminister Ralf Jäger warnt vor militanten Salafisten und fordert bessere Instrumente im Kampf gegen Pädophile“ usw.
Ja, es kommt noch, Kollege Gentzel. Es kommt noch und vor allen Dingen, dass vielleicht die FDP zuhört, der eine, der noch da ist.
„Zur Terrorabwehr und im Kampf gegen Verbrecherbanden fordern Ermittler Vorratsdatenspeicherung, Sie auch?“ „Ich teile diese Kritik an der Bundesregierung. Es ist absurd: Deutschland ist der einzige Staat in Europa, der seinen Ermittlungsbehörden nicht genügend Instrumente in die Hand gibt, um schwere Straftaten wirkungsvoll zu bekämpfen.“ Dann bringt er einige Beispiele und er sagt dann noch weiterhin: „Die Blockadehaltung durch Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger... in dieser Sache grenzt nahe an Strafvereitelung.“ Ich kann dem Mann nur zustimmen.
Das habe ich das letzte Mal schon hier gesagt, da ist die FDP auf- und niedergesprungen wegen ihrer Frau Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Das ist eine Verhinderin im Bund, die es verhindert, dass viele Dinge hier auf den Weg gebracht werden können. Das sollten Sie erkennen, deswegen habe ich manchmal meine Zweifel, ob man mit der FDP in der Koalition weiterkommt oder auch nicht, weil sie im Sicherheitsbereich sehr weit zurück sind und noch nicht erkannt haben, dass unsere Polizei entsprechend hier auch Dinge benötigt, um ihre Aufgaben umzusetzen.
Meine Damen und Herren, es gibt auch die Möglichkeit und Notwendigkeit. Ich habe noch wie viel Zeit? Anderthalb Minuten. Jetzt muss ich mich beeilen.
Ordnungsbehördengesetz, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist auf den Weg gebracht worden und hier kann ich meinen Kollegen nicht ersparen, dass die SPD-Oberbürgermeister sich an uns wenden, an die CDU, damit wir das Ordnungsbehördengesetz ändern. Das spricht Bände.
Es sollte vielleicht auch wieder mal mit den eigenen Leuten geredet werden, dass sie an uns herantreten. Ich finde es besonders gut, dass es endlich gelungen ist, Alkohol auf öffentlichen Plätzen, Gerichtsurteil, alles ist genannt worden. Wir haben am 17.04. ein Forum durchgeführt, die FDP hat sich leider entschuldigt, aber der GRÜNE, Herr Adams, war da. Dem werde ich auch antworten. So was gehört sich. Er hat natürlich eine gegenteilige Meinung vorgebracht, aber er war wenigstens da und hat mitdiskutiert.
Wir sehen, dass wir die Möglichkeit den Kommunen einräumen, vor Ort ihre Dinge auch mit Satzung umzusetzen, und das unter strengen Kriterien. Sie müssen nachweisen, müssen evaluieren usw., aber sie kriegen einen Handlungsspielraum an die Hand, dass sie überhaupt die Möglichkeit haben, so was zu verbieten, sondern es geht vor allen Dingen darum, dass sie die Möglichkeit haben, den Verzehr von Alkohol verbunden mit Rumlungern, ich nehme mal den Begriff, von Personengruppen auf bestimmten Plätzen und Straßen sowie zu bestimmten Zeiten ordnungsbehördlich zu untersagen. Das wollen wir ermöglichen. Über 70 Kommunen im Land haben das schon und brauchen das auch und da sollten wir ihnen dieses an die Hand geben. Sie müssen verantwortlich damit umgehen, denn sonst landen sie vor dem Gericht. Vielen Dank. Überweisung an den Innenausschuss, gute Beratung, wir werden sicher eine mündliche Anhörung machen, weil der Koalitionspartner das ausdrücklich wünscht.
Vielen Dank. Ich möchte darüber informieren, seitens der Fraktion DIE LINKE gab es Beanstandungen ob der Äußerung von Herrn Abgeordneten Fiedler in der Rede zu Frau Abgeordneter Renner. Wir werden das nach Vorliegen des Protokolls dann prüfen.
(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich kann mich nicht erinnern. Frau Renner, Sie wer- den wohl dünnhäutig.)