Würden Sie möglicherweise anhand der zwei Zahlen, die ich jetzt nenne, eher doch eine Unterfinanzierung der Kommunen erkennen, nämlich anhand des Investitionsbedarfs? Das Deutsche Institut für Urbanistik hat diesen Investitionsbedarf für die Thüringer Kommunen jährlich mit 1,5 Mrd. € angegeben. Die tatsächliche Investitionssumme liegt zwischen 650 und 800 Mio. €, also bei ca. 50 Prozent. Ist nicht diese Summe als Unterfinanzierungsbedarf anzusehen?
Herr Abgeordneter Kuschel, es mag sein, dass das Deutsche Institut für Urbanistik das so sieht. Das kann ich nicht nachprüfen. Mein Eindruck ist, dass
die Aufgaben, die die Kommunen nach bundes-, landes- und europarechtlichen Vorgaben zu erledigen haben, erledigt werden können, auch die notwendigen Investitionen getätigt werden. Ich möchte nur noch mal darauf verweisen, dass wir in anderen Aktuellen Stunden über das Konjunkturpaket II und die damit verbundenen Investitionen gesprochen haben. Es ist natürlich immer eine Frage der Perspektive, ob ein Glas Wasser halb voll oder halb leer ist, und an dieser Diskussion will ich mich nicht weiter beteiligen.
Ich sehe keinen weiteren Nachfragebedarf. Danke, Herr Minister. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hauboldt von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/450.
Der Deutsche Städtetag hat am 2. Februar 2010 erklärt, dass sich die Kommunen in einem „Teufelskreis“ aus rückläufigen Einnahmen und Zuweisungen einerseits und steigenden Ausgaben andererseits befinden. Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat erklärt, dass das Jahr 2010 das finanziell schwierigste Jahr nach der Wiedervereinigung werde.
Die Landesregierung vertritt verfassungsrechtlich Thüringer Interessen, auch die der Thüringer Kommunen, auf Bundesebene.
1. In welcher Höhe haben die Thüringer Gemeinden in den Jahren 1999, 2001, 2004 und 2009 Einnahmen aus den Grundsteuern tatsächlich vereinnahmt (bitte getrennt nach A und B) ?
2. Worauf sind nach Kenntnis der Landesregierung gegebenenfalls vorhandene Schwankungen bei den Einnahmen aus den Grundsteuern zurückzuführen und inwieweit haben sich dabei seit 1999 die Änderungen des Steuerrechts auf die Grundsteuereinnahmen der Thüringer Gemeinden ausgewirkt?
3. Wie hat die Landesregierung bei den betreffenden Änderungen des Steuerrechts mit Auswirkungen auf die Grundsteuereinnahmen der Thüringer Gemeinden im Bundesrat abgestimmt?
Für die Landesregierung antwortet das Innenministerium. Herr Minister Prof. Huber, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hauboldt beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Gemäß der Fragestellung haben die Thüringer Gemeinden in den Jahren 1999, 2001, 2004 und 2009 für Grundstücke der Landwirtschaft Grundsteuer in Höhe von 9,1 Mio. €, 9,0 Mio. €, 9,2 Mio. € und 9,4 Mio. € vereinnahmt.
Für bebaute oder bebaubare Grundstücke und Gebäude wurde Grundsteuer in Höhe von 151,2 Mio. €, 155,9 Mio. €, 161,9 Mio. € und 167,7 Mio. € vereinnahmt.
Das Thüringer Landesamt für Statistik führt, wie ich schon bei anderen Anfragen gesagt habe, eine detaillierte Statistik, auf die ich für die Einzelheiten gern verweisen möchte.
Zu Frage 2: Bezogen auf die genannten Jahre sind keine nennenswerten Schwankungen erkennbar. Vielmehr sind die Einnahmen aus der Grundsteuer kontinuierlich gestiegen. Seit 1999 gab es lediglich eine Änderung im Grundsteuergesetz, die sich auf das Grundsteueraufkommen auswirken kann. Aufgrund der Regelung zum Erlass von Grundsteuern nach § 33 Grundsteuergesetz wegen wesentlicher Ertragsminderung konnte es bis einschließlich 2007 zu Mindereinnahmen wegen erlassbedingter Erstattungen im Landesdurchschnitt bis zu 4 Prozent kommen. Mit der Änderung der Vorschrift des § 33 Grundsteuergesetz im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009, die rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft gesetzt wurde, wurde eine Billigkeitsregelung geschaffen, die nur noch für wenige Ausnahmetatbestände zum Erlass von Grundsteuern führt.
Zu Frage 3: Der in Frage 2 benannten Änderung des Grundsteuergesetzes im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009 wurde seitens des Freistaats Thüringen zugestimmt.
Zu Frage 4: Der Freistaat Thüringen wird auch weiterhin im Bundesrat die Interessen des Landes und der Kommunen vertreten.
Herr Minister, nach einem Rundschreiben aus Ihrem Ministerium R 331/2010 vom 10. Februar 2010 bezüglich der Reduzierung des Grundbetrags zur Ermittlung der Schlüsselzuweisungen sind Kommunen zum Beispiel gezwungen, unter anderem auch die Hebesätze der Grundsteuer zu erhöhen. Hat das Rundschreiben einen Status eines Haushaltserlasses und sind die Rechtsaufsichtsbehörden verpflichtet, Haushalte, welche eventuell nach alten Kriterien noch zu beschließen sind, abzulehnen bzw. nicht zu genehmigen auch mit Verweis auf die Aussage, dass noch weitere Änderungen zu erwarten sind?
Herr Abgeordneter Hauboldt, soweit ich informiert bin, sind wir leider nicht in der Lage, Haushaltserlasse zu veranlassen. Das ist das Privileg des Finanzministeriums. Die Vorgaben, die Sie beschreiben, stellen eine Verwaltungsleitlinie dar. Ich werde nachher im Einzelnen darauf eingehen, dass sich daraus keine Verpflichtung ergibt, die Grundsteuer zu erheben, dass es aber bei der Bemessung des angemessenen Finanzausgleichs zu Buche schlägt. Die Gründe würde ich Ihnen später nennen.
Danke, Herr Präsident. Herr Minister, Sie haben in Beantwortung auf die 4. Teilfrage zum wiederholten Mal gesagt, Sie wollen sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass alles besser wird, auch in Bezug auf die Grundsteuer. Inwieweit wollen Sie denn im Dialog mit dem Bund die Frage klären, dass die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuererhebung nun endlich einmal in Ordnung gebracht wird und wir nicht auf Daten zurückgreifen müssen, die aus dem Jahr 1935 stammen?
Herr Abgeordneter Kuschel, es überschreitet zwar meine Ressortzuständigkeit, weil wir eigentlich für die Grundsteuer nicht zuständig sind. Ich habe aber aus der - ich spreche für die Landesregierung - Presse entnommen, dass der Bund ohnehin dabei ist, die Bemessungsgrundlage bei der Grundsteuer auf neue Füße zu stellen, unter Umständen auch mit
hilfe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und dass hier eine Orientierung am Verkehrswert im Raum steht. Jede sachlich vernünftige Regelung, die die Interessen des Landes und der Thüringer Kommunen berücksichtigt und die Bürger nicht übermäßig belastet, wird der Freistaat Thüringen mittragen.
Es gibt keine weiteren Nachfragen. Danke, Herr Innenminister. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Korschewsky, Fraktion DIE LINKE, in der Drucksache 5/451.
1. In welcher Höhe haben die Thüringer Gemeinden in den Jahren 1999, 2001, 2004 und 2009 Einnahmen aus der Umsatzsteuer tatsächlich vereinnahmt?
2. Worauf sind nach Kenntnis der Landesregierung gegebenenfalls vorhandene Schwankungen bei den Einnahmen aus der Umsatzsteuer zurückzuführen und inwieweit haben sich dabei seit 1999 die Änderungen des Steuerrechts auf die Umsatzsteuereinnahmen der Thüringer Gemeinden ausgewirkt?
3. Wie hat die Landesregierung bei den betreffenden Änderungen des Steuerrechts mit Auswirkungen auf die Umsatzsteuereinnahmen der Thüringer Gemeinden im Bundesrat abgestimmt?
4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung für ihr weiteres Handeln im Bundesrat und wie begründet die Landesregierung ihre Aussage?
Für die Landesregierung antwortet das Finanzministerium. Herr Staatssekretär Dr. Spaeth, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: Aus der Umsatzsteuer betrugen die Einnahmen in den Jahren 1999 59,5 Mio. €, 2001 62,8 Mio. €, 2004 62,5 Mio. € und bis zum 30.09. letzten Jahres 38 Mio. €. Nach der Steuerschätzung vom November 2009 soll das Jahresergebnis für 2009 bei 75 Mio. € liegen.
Zu Frage 2: Die Entwicklung des Aufkommens der Umsatzsteuer verlief bei den Thüringer Kommunen ohne große Schwankungen. Hier haben die Einnahmen im erfragten Zeitraum zugenommen. Lediglich in den Jahren 2001 und 2004 waren die Einnahmen nahezu konstant. Die Umsatzsteuer entwickelte sich vergleichbar dem Wirtschaftswachstum. Während des Konjunkturzyklus ist sie Schwankungen unterworfen und über die lange Sicht steigt sie stetig an. Der deutlichste Zuwachs, der sich im Vergleich der Jahre 2004 und 2009 ergibt, ist vor allem auf die Erhöhung des Umsatzsteuerregelsatzes zum 01.01.2007 von 16 auf 19 Prozent zurückzuführen. Diese Steuerrechtsänderung wurde mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2006 zum Bundeshaushalt beschlossen.
Zu Frage 4: Diesbezüglich möchte ich auf die Formulierung im Koalitionsvertrag der Thüringer CDU und SPD für die 5. Legislaturperiode des Thüringer Landtags verweisen, die lautet: „Steuerrechtsänderungen, die in dieser Legislaturperiode zulasten des Landeshaushalts gehen, sollte im Bundesrat nicht zugestimmt werden.“
Es gibt keine weiteren Nachfragen. Danke, Herr Staatssekretär. Entschuldigung, Abgeordneter Kuschel.
Danke, Herr Präsident. Ich wollte nachfragen, inwieweit jetzt das neue Wachstumsbeschleunigungsgesetz, also die Umsatzsteuerreduzierung für das Hotelgewerbe von 19 auf 7 Prozent, möglicherweise Auswirkungen auf das Umsatzsteueraufkommen der Thüringer Kommunen hat.
Danke, Herr Staatssekretär. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hartung, Fraktion DIE LINKE, in der Drucksache 5/461.