Protocol of the Session on May 23, 2013

Das ist mein letztes Wort. Natürlich soll eins, die Aufstellung von Schildern, nicht dazu dienen, die Mittel für den ÖPNV, die Verkehrssicherheit oder die Mittel für die Sanierung von Brücken und Straßen zu senken.

(Beifall DIE LINKE)

Ihre letzten Worte sollten kürzer sein. Für die CDUFraktion hat sich Frau Abgeordnete Tasch gemeldet.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, führen Tempolimits und mehr Vorschriften zwangsläufig zu mehr Verkehrssicherheit in Thüringen?

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Nein.)

Unsere Position hierzu ist klar, wir als CDU-Fraktion sagen Nein.

(Beifall CDU, FDP)

Bei der SPD ist man sich da nicht ganz einig. Sigmar Gabriel hofiert die GRÜNEN, Peer Steinbrück fürchtet um den Verlust von Wählerstimmen. Wie Ihnen nicht entgangen sein dürfte, hat Sigmar Gabriel am 08.05.2013 ein generelles Tempolimit von 120 km/h auf deutschen Autobahnen als ein Mittel,

die Verkehrssicherheit zu erhöhen und Unfallzahlen zu senken, vorgestellt. Mittlerweile ist er von diesem Vorstoß abgerückt. Mit den Worten: „Sicherheit braucht Vorfahrt, mehr wollte ich nicht sagen“ ist er einige Tage wieder zurückgerudert. Sicherheit braucht Vorfahrt, dem schließen wir uns an.

(Beifall CDU)

Deutsche Autobahnen aber generell auf 120 km/h zu limitieren, dem stellen wir uns entschieden entgegen.

(Beifall CDU, FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist kein Geheimnis und von vielen Seiten bereits mehrfach auch hier im Plenum gesagt, nicht nur die meisten der Thüringer, sondern die deutschen Autobahnen im Allgemeinen gehören zu den sichersten Straßen weltweit. Laut ADAC werden auf deutschen Autobahnen ein Drittel aller Kraftfahrzeugkilometer abgewickelt, während der Anteil der Verkehrstoten bei vergleichsweise geringen 12 Prozent liegt. Die folgenschwersten Unfälle ereignen sich mit 60 Prozent der Unfalltoten auf Landstraßen, gut zwei Drittel der Unfälle ereignen sich innerhalb von Ortschaften und ein Viertel auf Landstraßen. Die Autobahnen hingegen liegen mit 6 Prozent weit darunter. Die Zahlen belegen, in welchem Verhältnis wir uns hier bewegen. Die Länder, die eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen haben, wie z.B. Belgien oder Österreich, haben meines Wissens keine bessere Unfallstatistik vorzuweisen. Sterben in Deutschland pro einer Milliarde gefahrene Kilometer drei Menschen, sind es in Österreich fünf. In einem Punkt sind wir uns sicher alle einig: 126 Verkehrstote, die wir im vergangenen Jahr in Thüringen zu beklagen hatten, sind natürlich 126 zu viel. Aber auch hier möchte ich noch mal sagen, dass laut Landesamt für Statistik die Zahlen seit 1991 die Anzahl der auf Thüringer Straßen Getöteter kontinuierlich um 80 Prozent zurückgegangen ist, nämlich von 574 im Jahr 1991 auf, wie gesagt, 126 Personen im vergangenen Jahr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle Autobahnkilometer mit 120 zu reglementieren, würde bedeuten, dass die zumindest in Thüringen hochmoderne Verkehrsader unattraktiv für die Teilnehmer im Individualverkehr werden. Knapp 40 Prozent der 12.800 Autobahnkilometer in Deutschland sind bereits jetzt dauerhaft oder temporär durch Limits beschränkt. Weitere 10 Prozent sind mit Streckenbeeinflussungsanlagen limitierbar. Zudem wurden durch die kontinuierliche Zunahme der Verkehrsmengen in den vergangenen Jahren die Freiräume bei der Geschwindigkeitswahl weiter reduziert. Das heißt also, dass sich 50 Prozent des deutschen Autobahnnetzes in einem reglementierten Zustand befinden. Einen weiteren Punkt möchte ich zu bedenken geben, dass eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung auch überwacht werden müsste, was zu

(Abg. Dr. Lukin)

sätzliche Kapazitäten bei der Thüringer Polizei bindet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle aus DDR-Zeiten bestehenden Thüringer Autobahnen, die A4, die A9, wurden seit 1990 umfassend saniert, drei Autobahnen komplett neu gebaut. Über 8 Milliarden wurden in den letzten 20 Jahren investiert. Bei all diesen Sanierungsmaßnahmen und Neubaumaßnahmen wurde die Verkehrssicherheit als höchste Priorität angewandt. Vor diesem Hintergrund wäre es unsinnig, wenn bestausgebaute und besonders die dreispurigen Autobahnen mit einem Tempolimit versehen werden. Möglicherweise müsste man sich dann den Vorwurf der Steuerverschwendung hier gefallen lassen.

(Beifall FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch einen Satz zum Klimaschutz sagen. Meines Erachtens ist auch der Nutzen durch Einführung eines Tempolimits begrenzt, das hat Herr Untermann auch festgestellt. Moderne Motoren und die Erhöhung der Anteile an Elektromobilität im Straßenverkehr sind weitaus wirksamer.

Liebe Kollegen, im Pendlerland Thüringen mit hervorragend ausgebauten Autobahnen wäre es geradezu absurd, allen vernünftig fahrenden Autofahrern vorzuschreiben, auf dem Weg zur Arbeit über die Autobahn schleichen zu müssen.

(Beifall CDU, FDP)

Unsere Position ist klar, wir lehnen ein generelles Tempolimit ab. Vielen Dank.

Ich rufe für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Schubert auf.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Tasch und Herr Untermann haben emotionale politische Antworten auf die im Titel gestellte Frage gegeben. Die fachlich korrekte Antwort auf die Frage ist, ja, wenn die Einhaltung auch kontrolliert wird, die Einhaltung von Tempolimit und Vorschriften. Und das ist einfache Schulphysik, Herr Untermann, dass niedrigere Geschwindigkeiten zu weniger Todesfällen auf Straßen führen und auch zu weniger Schwerverletzten, ganz einfache Physik. In der Praxis lässt sich das sehr gut belegen an einem Fall …

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Die meisten Unfälle passieren auf Landstraßen.)

Bitte? Ich kann Sie leider nicht verstehen, weil andere auch noch reden. Wenn noch Zeit ist, müssten Sie dann noch mal nach vorn kommen. In der Pra

xis können Sie das ganz gut nachvollziehen. Auf der A 24 ist zwischen Berlin und Hamburg im Jahr 2002 aufgrund der hohen Unfallzahlen ein Tempolimit von 130 km/h verhängt worden mit dem Ergebnis, dass die Zahl der Toten und Verletzten um mehr als die Hälfte zurückgegangen ist. Manche Dinge im Leben,

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Jetzt ver- gleichen Sie Äpfel mit Birnen.)

Herr Bergner, sind sehr einfach.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ja, eben.)

Allerdings haben Sie recht, dass wir vor allem auch in Thüringen ein viel größeres Problem auf Landesund Bundesstraßen als auf Autobahnen haben, da gebe ich Ihnen uneingeschränkt recht. Aber was ist denn Ihre Schlussfolgerung für dieses Problem? Dazu haben Sie nichts gesagt. Oder beschränken Sie jetzt das Thema Verkehrssicherheit nur auf den Bereich Autobahn? So viel Unterkomplexität möchte ich Ihnen nicht zutrauen, deswegen sagen Sie doch, was dann Ihre Antwort ist, auf Landes- und Bundesstraßen weniger Verkehrstote zu haben. Sie sagen immer - Frau Tasch hat es fast wortgleich vor wenigen Monaten hier schon mal gesagt -, jeder Verkehrstote ist einer zu viel und verweisen auf die Statistik. Wenn man von Vision Zero ausgeht, dann müsste man hier mit anderen Zielsetzungen herangehen und auch andere Maßnahmen fordern. Deshalb erwarte ich einfach mal an dieser Stelle, Frau Tasch, jeder Tote im Verkehr ist einer zu viel. Deshalb müssen wir …, vervollständigen Sie diesen Satz,

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Vom Fahr- rad fallen auch Leute runter.)

und sagen z.B., dass wir auf der B 247 - Sie haben ja von begrenzten Tempolimits gesprochen, also nicht überall, Herr Untermann hat gesagt, auf manchen Straßen schon, wo es schwierig ist. Auf der B 247 bräuchten wir eins, habe ich noch nie von Ihnen gehört diese Forderung. Für uns GRÜNE ist klar, dass wir das brauchen. Mehr als 100 Tote im Freistaat haben wir zu beklagen. Frau Tasch, wir waren auch schon mal bei 120, weil Sie gerade sagten 126. Im Moment stagniert die Unfallzahl in Thüringen - leider. Sie müssen sich immer vor Augen halten, was hier los wäre, wenn wir im öffentlichen Nahverkehr oder in der Baubranche diese Zahl von Verunglückten haben. Halten Sie sich das immer vor Augen. Ich verlange an dieser Stelle, weil ich weiß, dass wir hier eine Mehrheit gegen das Tempolimit in diesem Hause haben, einfach nur Ehrlichkeit, dass Sie sich mit diesem Blutzoll mehr oder weniger abgefunden haben, dass Sie diesen akzeptieren.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Frau Schu- bert, das sind ja Begriffe.)

(Abg. Tasch)

So viel Ehrlichkeit verlange ich an dieser Stelle.

Natürlich, Sie von der SPD und Sie von der CDU, Sie erregen sich doch viel mehr über Bierflaschen auf öffentlichen Plätzen als über die Tatsache, dass vorgestern ein alkoholisierter Fahrer einen anderen Menschen totgefahren und fünf andere schwer verletzt hat. So ist es doch in diesem Hause.

(Unruhe CDU, FDP)

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das lösen Sie mit Tempolimit?)

Ich bin ja noch nicht fertig, Herr Bergner, hören Sie doch noch mal zu. Hören Sie mir doch mal bis zum Ende zu.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Das hat nichts mit Tempolimit zu tun.)

(Zwischenruf Abg. Holzapfel, CDU: Das hat etwas mit Alkohol zu tun.)

Herr Untermann, Sie haben sich ja selber reingelegt mit Ihrer Pressemitteilung. Sie schreiben, es würde weniger CO2 ausgestoßen werden bei 120 als im Stop-and-go-Verkehr. Wenn das kein Vergleich von Äpfeln und Birnen ist, dann weiß ich es nicht. Tatsache ist, dass Sie sich in dem Moment für 120 km/h ausgesprochen haben, aus einem einfachen Grund, der hier noch gar nicht Betrachtung gefunden hat. Neben der Verkehrssicherheit ist eine einheitliche Geschwindigkeit ein gutes Mittel gegen weniger Stau. So einfach ist das. Wenn Autos die gleiche Geschwindigkeit fahren, was wir ohne Tempolimit eben nicht haben, dann haben wir weniger Staus, weil die Straße mehr Fahrzeuge aufnimmt. Das ist auch sehr einfache Verkehrswissenschaft, Herr Untermann. Ich kann Ihnen viele Quellen geben, wenn Sie das weiterhin interessiert.

Ein Tempolimit ist kein Allheilmittel, so viel ist klar. Man kann auch ohne Tempolimit, und das hat NRW vorgemacht, die Anzahl der Verkehrstoten halbieren. NRW hat das geschafft, innerhalb von sieben Jahren, die Zielsetzung war eigentlich 10, hat NRW die Zahl der Verkehrstoten halbiert. Warum? Rigorose Kontrolle, Crashkurse, wo Unfallabläufe sehr authentisch für Schüler nachgespielt worden sind. Insofern kann ich nur den Hut ziehen vor Herrn Blindenbacher, der Leitende Polizeidirektor des Landes NRW, der mit dieser Null-Toleranz-Strategie so viel Erfolg gezeigt hat.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das ist doch der richtige Weg.)

Frau Abgeordnete.

Diesen Geist wünsche ich mir auch für das Thüringer Innenministerium und wünsche mir, dass wir darüber im Landtag debattieren. Auch ohne Tempolimit könnten wir hier vorankommen. Vielen Dank.

Beim Tempo wird immer die Zeit überschritten. Ich rufe auf für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Doht.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, führen Tempolimits zu mehr Sicherheit? Das ist sicherlich eine Frage, die man nicht mit Ja oder Nein beantworten kann und auch nicht mit den einfachen Regeln der Physik. Es ist klar, je höher die Geschwindigkeit ist, desto größer sind die Folgen bei einem Aufprall. Aber man muss letztendlich auch die Straßenverhältnisse zurate ziehen. Man muss sehen, befinde ich mich auf einer Autobahn, welche Geschwindigkeit ist dann gefährlich, wie ist das im Stadtverkehr? All diese Dinge müsste man dann schon im Detail diskutieren. Insofern stimme ich der FDP auch zu, dass ein Tempolimit 120 auf Autobahnen nicht per se mehr Sicherheit bringt.

(Beifall SPD)

Meine Fraktion ist auch gegen dieses Tempolimit. Wir sind da mehr an der Seite unseres Kanzlerkandidaten, der deutliche Worte gefunden hat. Auf der anderen Seite ist es natürlich so, dass auch in Thüringen unangepasste Geschwindigkeit der Hauptunfallgrund ist. 35,8 Prozent aller Verkehrsunfälle passieren wegen unangepasster Geschwindigkeit. Aber eine unangepasste Geschwindigkeit, die grenze ich auch nicht ein, indem ich die Höchstgeschwindigkeit weiter senke, sondern das kann ich nur mit entsprechenden Kontrollen machen. Dazu brauche ich auch die Mittel.