Protocol of the Session on May 23, 2013

Die Bundesrepublik Deutschland verfügt über ausreichend Potenziale, allen Menschen zeitgemäßen und menschenwürdigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Es wird höchste Zeit, dass die Politik das Problem rasant steigender Mieten und fehlender preisgünstiger Sozialwohnungen angeht und Strategien gegen die wachsende Zahl von Wohnungsund Obdachlosigkeit erarbeitet.

Im Antrag der FDP lautet es weiter: „Marktkonforme Konzepte statt dirigistischer Maßnahmen“. Ja und da haben wir erwartungsgemäß auch eine andere Auffassung.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Darum bitte ich ganz dringend.)

Gerade der Rückzug des Staates aus einer sozial steuernden Wohnungspolitik und die Liberalisierung des Wohnungsmarktes haben nämlich zu dem dramatischen Rückgang von bezahlbarem Wohnraum geführt.

(Beifall DIE LINKE)

Hier ist die FDP also nicht ganz unschuldig daran und ich denke nur an Ihre Losungen wie „Privat geht vor Staat“

(Beifall FDP)

und wenn Wohnungen zum Spekulationsobjekt werden, werden wir hellhörig.

Meine Damen und Herren, unsere Alternative zum privat dominierten, renditeorientierten Wohnungsmarkt lautet: Schaffung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit mit dem Sektor soziale Wohnungswirtschaft.

(Beifall DIE LINKE)

Wir fordern die Vergabe von sozialen Wohnungsbaumitteln auf öffentlichen Grundstücken. Künftige Brachflächennutzungen zum Beispiel sollen nicht nur über den Verkauf, sondern gegebenenfalls auch über Erbbaurechte mit abgesenktem Erbpachtzins an Genossenschaften und kommunale Wohnungsunternehmen realisiert werden.

(Beifall DIE LINKE)

Damit verlieren die Gemeinden kein Eigentum und haben zukünftig auch wieder Zugriff auf Flächen für spätere Gestaltungsmöglichkeiten ohne einen Eigentümerteppich im Stadtgebiet zu haben, der bei der Stadtplanung später hinderlich sein könnte. Dazu kommt, dass die anhaltende Belastung mit Altschulden und das Auslaufen von Stadtumbauprogrammen eine soziale Stadtentwicklung erschweren.

Meine Damen und Herren, die Forderung nach Deregulierung beim Wohnungsneubau und der Sanierung lehnen wir ab. Maßnahmen und Baukosten zu senken, stellt eine Reduzierung von notwendigen Standards dar. Ein Rückzug hinter die bisher erreichten Ansprüche an Bauwerke kann nicht die Lösung sein. Wie Herr Minister Carius hier bereits sagte, eine Evaluierung der Bauordnung findet derzeit statt. Hier können wir die Notwendigkeit von Baustandards diskutieren.

(Beifall DIE LINKE)

Wir sagen, Wohnen muss demokratisch werden. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind der Souverän der Städte. Sie haben Informationsrechte über Nebenkosten, Rücklagen, geplante Verkäufe. DIE LINKE sieht sich im Kampf gegen Mietexplosionen, soziale Verdrängung, gegen die weitere Privatisierung des öffentlichen Wohnraums sowie gegen Zwangsumzüge von Hartz-IV-Bezieherinnen und -Beziehern. Wir streiten nicht nur zu Wahlkampfzeiten für öffentlich geförderte und bezahlbare Wohnungen wie öffentlichen Wohnungsbau. Wir sehen die Ursachen einer neuen Wohnungsnot in der steigenden Finanznot der öffentlichen Hand und dem damit verbundenen Rückzug aus dem sozialen Wohnungsbau. Deshalb wiederhole ich, die Wohnungswirtschaft darf nicht allein den Gesetzen des Marktes und der Vermieterinteressen unterworfen werden, denn Wohnraum ist mehr als ein Spekulationsobjekt.

Meine Damen und Herren, wenn die FDP das Wort sozial hört, sieht sie immer gleich rot.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wir sehen rot, wenn wir Sie sehen.)

Ja, und das ist berechtigt. Wir sagen, der soziale Wohnungsbau muss im Land und in den Kommunen zu einem starken öffentlichen Sektor der Wohnungswirtschaft weiterentwickelt werden.

(Beifall DIE LINKE)

Dazu gehören auch wohnungswirtschaftliche Eigenbetriebe. Die Kommunen müssen finanziell in die Lage versetzt werden, die Wohnungsversorgung als soziale Pflichtaufgabe auch realisieren zu können. Wir wollen die Unterstützung der Kommunen beim Aufbau wohnungswirtschaftlicher Eigenbetriebe, die nicht profitorientiert, sondern gemeinwohlorientiert agieren. Wir wollen erreichen, dass Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen nicht mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für angemessenen Wohnraum ausgeben müssen. Dabei sind wir ganz aktuell. Selbst der Deutsche Städtetag fordert mehr staatliche Eingriffe in den Wohnungsmarkt, um gegen die stark steigenden Mietpreise in attraktiven Regionen vorzugehen. Der öffentliche Wohnungsbau soll deutlich ausgewertet und das Wohngeld für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen deutlich erhöht werden.

(Beifall DIE LINKE)

Der Deutsche Städtetag stellt fest, es fehlen mindestens 150.000 Mietwohnungen mit Sozialbindung, die gebaut werden müssen. Aber wie? Die Förderungen dafür müssen dauerhaft erhöht und nicht am privaten Kapitalmarkt refinanziert werden. Privatinvestoren, die öffentliche Förderung in Anspruch nehmen, wollen wir zum anteiligen Bau von Sozialwohnungen verpflichten. Die Mietpreisbindung muss unbefristet sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass genügend alten- und behindertengerechte Wohnungen gebaut werden. Wir wollen Modernisierungen mieterfreundlich gestalten, die Umlage für Sanierung und energetische Modernisierung ist deshalb von 11 auf 5 Prozent zu reduzieren und nach der Abschreibungsfrist zurückzunehmen. Nach der Modernisierung darf die Warmmiete durch die Ersparnis bei den Nebenkosten nicht mehr betragen als vorher. Das nennen wir Warmmietenneutralität.

Der Vollständigkeit halber möchte ich natürlich auch unsere Forderung der LINKEN auf Bundesebene hier nicht vorenthalten. Wir wollen die Mieten deckeln. Der Mietspiegel muss sich an allen Bestandsmieten und nicht nur an den teueren Neuabschlüssen orientieren.

(Beifall DIE LINKE)

Die Kommunen erhalten das Recht, auf der Grundlage dieser Mietspiegel Höchstmieten festzulegen, um den Preisanstieg zu stoppen. Die Nettomiete in bestehenden Mietverhältnissen darf ohne maßgebliche Wohnwertverbesserung grundsätzlich nur im Rahmen des Inflationsausgleichs, maximal bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete erhöht werden. Mieterhöhungen allein wegen Neuvermietung, was wir jetzt immer wieder erleben, sagen wir, müssen unzulässig sein. Menschen, die Transferleistungen erhalten oder geringe Einkommen erzielen, dürfen aus den Wohnungen nicht verdrängt werden. Wir erlebten erst vor Kurzem einen Zwangsumzug in Berlin, wo die Frau dabei ums Leben kam. Solche Zustände möchten wir in Thüringen nicht. Die Übernahme von Kosten der Unterkunft muss den Mieten entsprechen, die in einfachen und mittleren Wohnlagen verlangt werden. Das Wohngeld muss individualisiert und auf die Bruttowarmmiete bezogen werden. Die regionalen Wohngeldtabellen sollen überprüft und angepasst werden. Heizkosten müssen wieder im Wohngeld enthalten sein.

Sie sehen, DIE LINKE ist der Meinung, es ist eines modernen Sozialstaats in einem solchen reichen Land wie Deutschland unwürdig, dass Menschen von Obdachlosigkeit und Zwangsumzügen bedroht sind. Kündigungen auf die Straße darf es grundsätzlich nicht mehr geben. In jedem Fall müssen Land oder Kommune Ausweich- oder Ersatzwohnungen bereitstellen und für die Rechtsberatung

und zügige Hilfe sorgen. Die weiterhin hohe Zahl obdachloser, wohnungsloser und von Wohnungsnot bedrohter Menschen in Deutschland muss endlich konsequent als Problem anerkannt werden.

Die energetische Gebäudesanierung muss öffentlich gefördert werden, damit sie nicht einseitig zulasten der Mieterinnen und Mieter geht. Die entsprechende Bundesförderung ist aufzustocken.

(Beifall DIE LINKE)

Die Bundesregierung hat aber mit dem Ende 2012 verabschiedeten Mietrechtsänderungsgesetz die Kündigung durch den Vermieter ab sofort wieder erleichtert. Das ist aus unserer Sicht das völlig falsche Signal. Hier wird Klientelpolitik für die Vermieter gemacht und eine Schlechterstellung von Millionen Miethaushalten in Kauf genommen. Mit uns LINKEN im Bund und im Land ist das nicht zu machen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir wünschen uns eine Weiterberatung des Punktes II im Fachausschuss.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank, Frau Sedlacik. Als Nächste hat jetzt das Wort die Abgeordnete Jennifer Schubert für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Titel, zumindest der erste Teil, „Wohnen muss bezahlbar bleiben!“, ist der Titel unserer Aktuellen Stunde, die wir vor einigen Monaten hier geführt haben.

(Zwischenruf aus dem Hause)

Ich habe das noch nicht bewertet. Ich wollte an dieser Stelle sagen, ich freue mich, dass auch Ihnen das Thema offensichtlich inzwischen am Herzen liegt, liebe Kollegen von der FDP-Fraktion. Ich wundere mich aber über den zweiten Teil des Titels „Marktkonforme Konzepte statt dirigistischer Maßnahmen“. Wenn Sie dann im Antrag dirigistische Maßnahmen fordern, dann frage ich mich, ob diese Schwarz-Weiß-Beschreibung hier wirklich angemessen ist. Sie wollen in kommunale Planungshoheit eingreifen - erstens und zweitens fordern Sie einen Wohnungsbauentwicklungsplan. Ich wundere mich sowieso über diesen Antrag zu diesem Zeitpunkt. Wir haben hier mehrere Plenarsitzungen dafür verwendet, um sehr ausführlich über den Wohnungsmarktbericht und das Wohnraumfördergesetz zu diskutieren; die Bauordnung steht gerade zur Novellierung an. Von daher halte ich diesen Antrag

an dieser Stelle für ziemlich überflüssig, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Untermann, FDP: Im März gestellt.)

Ja, aber da war das Wohnraumfördergesetz ja auch schon verabschiedet, Herr Untermann. Nichtsdestotrotz komme ich jetzt auf den Inhalt zu sprechen, um den es hier geht. Wir haben eine Situation in Thüringen, die ist sehr differenziert zu betrachten, das wurde an vielen Stellen auch schon gesagt. Wir haben ein Problem in Jena, Weimar, Erfurt, also in den größeren Städten in Thüringen. An den meisten anderen Orten ist das umgekehrte Problem, nämlich der Leerstand, massiv vorhanden mit zunehmender Tendenz. Für uns kann man den Bereich Wohnung ruhig als Wohnungsmarkt bezeichnen, allerdings, liebe Kollegen von der FDP da unterscheiden wir uns, glaube ich -, glauben wir, dass der Staat dann eingreifen muss, wenn wir keinen funktionierenden Markt mehr haben. Genau das Gleiche hat Herr Wetzel gesagt, als es um die Frage Abriss ging. Man muss erst mal wieder einen funktionieren Markt herstellen. Genau das Gleiche haben wir jetzt auch, zumindest in den großen Städten, wo wir Menschen nicht mehr ausreichend mit Wohnraum versorgen können. Der Wohnungsbau ist das eine, mit dem man hier Abhilfe schaffen kann. Allerdings dauert der ein paar Jahre. Deswegen muss der Staat vorher etwas tun und es ist einfach eine Gerechtigkeitsfrage, ob wir noch mehrere Jahre warten wollen

(Unruhe CDU)

und in der Zeit müssen Menschen einen Großteil von ihrem Einkommen für die Miete ausgeben, müssen mehrere Monatsmieten dafür aufwenden, um einen Makler zu bezahlen. Das halten wir für ungerecht und unsozial. Deswegen hat Thüringen inzwischen die Möglichkeit, immerhin ein kleiner Baustein, nach der Novelle des Mietrechtsänderungsgesetzes hier einzugreifen. Wir haben heute in der Mündlichen Anfrage gehört, dass die Landesregierung - wie wir das schon gewöhnt sind - bzw. die Koalition da noch Zeit braucht, um sich zu finden. Die Koalition in Berlin hat das sehr viel schneller hinbekommen. Da regiert die SPD auch mit und hat es offensichtlich etwas leichter, sich mit ihren Forderungen durchzusetzen. Berlin hat von dieser Möglichkeit schon Gebrauch gemacht und hat anhand sehr ausführlicher Kriterien eine Analyse vorgenommen und ist zu dem Schluss gekommen, dass in Berlin diese Versorgung nicht mehr gewährleistet ist. Zumindest diese Analyse hätte ich mir zu diesem Zeitpunkt schon erwartet für die Städte Jena, Weimar und Erfurt, um dann zu entscheiden, was man da tun kann. Wie gesagt, aber in Thüringen ist die SPD an dieser Stelle von der CDU nicht zu unterscheiden.

(Abg. Sedlacik)

Eine Frage ist mir gekommen, als Herr Carius hier so ausführlich berichtet hat. Unter Nummer 4 geht es um die Zukunftswerkstatt für den Städte- und Wohnungsbau und da frage ich mich schon, inwieweit nicht die IBA hier auch eine Rolle spielt, Synergieeffekte, vielleicht wollen Sie dazu auch noch mal Stellung nehmen, weil ich sonst den Eindruck bekomme, dass hier zu viele ähnliche Suppen parallel gekocht werden und das kann bei unseren begrenzten Ressourcen nicht das Ziel sein. Gerade diese Themen, die da angesprochen sind, sind in diesem IBA-Konzept ausreichend, sehr ausführlich dargelegt, dass man das angehen will. Von daher bin ich gespannt, ob Sie dazu noch was sagen. Damit bin ich auch schon am Ende. Auch wenn Herr Carius empfohlen hat, diesen Antrag im Ausschuss zu diskutieren, Ihre Kollegen aus der CDU-Fraktion sehen das offensichtlich anders, wir würden uns aber einer Überweisung auch nicht entgegenstellen, wiewohl wir auch dem Antrag nicht zustimmen werden, sollte es zu dieser Überweisung nicht kommen. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen herzlichen Dank, Frau Schubert. Als Nächste hat jetzt das Wort die Abgeordnete Sabine Doht für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, „Wohnen muss bezahlbar bleiben!“, die FDP möchte das ohne dirigistische Maßnahmen hier in Thüringen durchsetzen und schlägt dann aber gleich einen ganzen Katalog dirigistischer Maßnahmen vor.

(Beifall CDU, SPD)

Das ist das Widersprüchliche in Ihrem Antrag. Ich will jetzt nicht noch mal in der ganzen Breite auf das eingehen, was die Regierungskoalition hier in den letzten Jahren im Bereich Wohnraumversorgung, im Bereich Städtebau unternommen hat. Minister Carius hat bereits darauf verwiesen. Ich verweise nur noch mal auf das Wohnraumfördergesetz, welches wir unlängst hier verabschiedet haben, womit wir auch die gesetzliche Voraussetzung geschaffen haben, um zielgerichtet fördern zu können, denn wir haben in Thüringen einen sehr diversifizierten, verschiedenen Wohnungsmarkt, schweres Wort, ja, um diese Uhrzeit.