Protocol of the Session on May 22, 2013

(Beifall CDU)

und wir diese Regeln auch einhalten …

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Was gebt ihr dafür, damit vielleicht vernünfti- ge Politik rauskommt.)

Das weiß ich nicht, Herr Ramelow, ob Sie jetzt mit mir darüber diskutieren wollen, was wir unserem Koalitionspartner dafür geben würden, um dieses Thema hier zu einem guten Abschluss zu bringen, ich glaube …

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE)

Ja, seien Sie mal gespannt, was da alles noch passiert. Aber ich glaube, dass der TOP 12 wirklich gar nichts mit dem Wahlrecht zu tun hat, also rein inhaltlich. Ja, Herr Kollege Ramelow, aber wir müssen uns doch beide nicht katholisch machen, das würde mir sowieso als Protestant immer sehr schwerfallen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Ich bin evangelisch und lasse mich nicht katho- lisch machen.)

Sie wissen, dass Koalitionen immer nach bestimmten Regeln funktionieren. Das ist hier in Thüringen genauso wie in allen anderen Bundesländern oder auch zum Beispiel im Bund und in allen anderen politischen Gremien, die zum Teil auch im kommunalen Bereich wirken. Ich stelle mich doch nicht ernsthaft hier vorn hin, liebe Kolleginnen und Kollegen, und sage, mit 16 sind die Leute eventuell noch nicht reif genug. Das glaube ich auch nicht. Wir haben da eine ganz klare Positionierung und sagen, wir sympathisieren tatsächlich mit diesem Anliegen, aber es gibt in der Koalition bestimmte Spielregeln, die wir in dieser Form auch nicht zu brechen gedenken. Das ist eine vollkommen normale Geschichte und deswegen habe ich mich auch gefragt, warum dieser Antrag jetzt kommt.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Weil wir mit euch nicht in der Koalition sind.)

Ja, aber stellen Sie sich doch mal vor, Herr Kollege Ramelow, er hat eben gerufen, weil wir nicht mit ihnen in einer Koalition sind, natürlich können Sie Anträge stellen. Sie wissen doch, und immer wieder wird kolportiert hier im Hause, dass eine andere Mehrheit in diesem Plenarsaal möglich wäre. Bei allen möglichen und unmöglichen Zuständen wird das immer wieder gesagt, das wird immer wieder dargestellt, wir müssten ja auch nicht. Nun stellen Sie sich mal, wenn Sie sich die Breite des Hauses einfach mal anschauen, ich will mir auch noch ein bisschen was für die zweite Lesung aufheben, die uns ja in vier Wochen schon wieder hier ereilt, aber stellen Sie sich mal vor, wenn Sie die Breite dieses Plenums hier sehen, wer bleibt denn als Koalitionspartner, wenn Sie die SPD rausnehmen würden?

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das ist dann die Frage.)

Ich habe ja jetzt nicht gesagt, dass das ein Ausschlussverfahren wäre, wo Sie uns im Prinzip schon zur Seite gekehrt hätten, aber dann seien Sie doch mal froh, Herr Ramelow, dass beispielsweise die SPD sich so genau an Verträge hält, wie wir es jetzt im Moment auch tun.

(Unruhe CDU)

Das schätzt auch unser Koalitionspartner an uns, ja ist so.

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Jetzt kriege ich langsam Lachkrämpfe.)

(Beifall CDU)

Tut mir leid, aber Verträge sind dazu da, dass sie eingehalten werden, das ist ein jahrhundertealtes Spiel und das zählt auch für uns. Deswegen habe ich mich gefragt, warum dieser Antrag jetzt eingebracht wurde. Er ist, wenn man von der Aufweitung des eigentlichen Wahlrechts vom kommunalen in den Landesbereich einmal absieht, zum Teil wortgleich mit dem von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich gebe zu, es ist auch nicht allzu viel Gestaltungsfreiheit oder Gestaltungsspielraum, wenn man beim Wahlrecht etwas ändern will. Aber manchmal, als ich es gesehen habe und habe es übereinandergelegt, war es ein bisschen wie eine Blaupause. Warum das nun unbedingt jetzt genau zu diesem Zeitpunkt kommen muss, Frau Renner hat versucht, das zu erläutern mit abgeleitet bestimmten Dingen, die man dem Thüringen-Monitor entnehmen könnte. Das ist mir noch nicht unbedingt klar. Wir werden es vielleicht bei der zweiten Lesung noch ein bisschen dezidierter von den LINKEN erfahren. Uns ist vollkommen unklar, weshalb dieses Thema, das damals schon in der kontroversen Situation, in der wir auch heute stehen, so diskutiert wurde, noch einmal auf den Tisch gebracht wird. Vielleicht ist es so etwas wie ein Schaufensterantrag, das könnte ja sein. Ich freue mich jedenfalls auf die zweite Lesung, die kommen wird, weil, Sie wissen es, wir auch einer Ausschussüberweisung nicht zustimmen werden und deswegen uns also in vier oder, ich glaube, fünf Wochen mit dem Thema noch einmal beschäftigen werden. Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU, SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Adams das Wort.

(Abg. Hey)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Thüringer Landtag, liebe jungen Leute, die möglicherweise dieser Debatte lauschen. Wählen mit 16, das ist eine basale Frage unserer Demokratie. weil wir nämlich diskutieren, wer darf in diesem Land mitbestimmen, wer ist berechtigt, die Geschicke dieses Landes mitzubestimmen. Hier gibt es ein willkürliches Alter, ein nicht mehr und nicht weniger als willkürlich zu bezeichnendes Alter von 18 Jahren. Wir meinen, das ist überholt, so überholt wie viele Normen des Wahlrechts es jemals waren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wählen, das war niemals eine Sache, die immer schon für alle Menschen galt und immer schon ab 18, sondern wählen, das ist ein Bürgerrecht, das sich immer entwickelt hat. Vor 150 Jahren durften in Deutschland nur Adlige und Wohlhabende wählen. Die SPD wird sich an diese Zeit erinnern. Sie haben ja ein ähnliches Jubiläum im Augenblick vor Augen. Das ist eine Zeit gewesen, in der man von Wahlrecht sprach und die gleichen Argumente, lieber Herr Kellner, das müssen Sie sich mal überlegen und auf der Zunge zergehen lassen, die man damals anführte, warum nur Wohlhabende, Gebildete, Adlige wählen dürfen, weil die nämlich die Einzigen seien, die ordnungsgemäße, vernünftige Entscheidungen treffen dürfen, die gleichen Argumente bringen Sie heute, 150 Jahre später noch.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus welcher Zeit sind Sie eigentlich, meine sehr verehrten Damen und Herren? Ihre Argumente sind alt, so alt, dass sie historisch genannt werden müssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nur um das noch einmal klarzumachen, erst in den 70erJahren des letzten Jahrhunderts, man mag es auch das letzte Jahrtausend nennen, ist eine Regelung geschaffen worden, in der man ab 18 wählen kann. Überlegen Sie sich einfach, wie viel Zeit seitdem vergangen ist. Nicht mehr und nicht weniger beantragen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor einiger Zeit und heute DIE LINKE, sich dieser gesellschaftlichen Entwicklung doch einmal zu stellen und sich anzupassen, doch einmal progressiv zu sein, meine sehr verehrten Damen und Herren, und nicht konservativ im schlechtesten Sinne.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Witz an der ganzen Sache, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist, dass es in diesem Haus eine Mehrheit dafür gibt. Alle progressiven Parteien, zu denen gewöhnlich die FDP immer gehört, zu denen normalerweise DIE LINKE gehört, zu denen natürlich die GRÜNEN gehören und manchmal sogar die SPD,

(Heiterkeit DIE LINKE)

alle Parteien sind der Meinung, dass dieses Wählen mit 16 jetzt angezeigt ist. Die einzige Fraktion in diesem Thüringer Landtag, die das nicht will, ist die Fraktion der CDU, meine sehr verehrten Damen und Herren, und das muss benannt werden.

(Beifall CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sind die einzigen, die die Debatten von vor 150 Jahren führen. Wir haben die Ampel auf Grün geschaltet, die Ampel zur Absenkung des Wahlalters steht auf Grün. Wir haben das versucht, auf der kommunalen Ebene durchzusetzen, es ist uns nicht gelungen. Nichtsdestotrotz ist es richtig, nach zwei Jahren einen erneuten Anlauf zu machen. Denn man kann ja nie ausschließen, dass eine Lernfähigkeit auch dazu führt, diese Argumente jetzt endlich zu begreifen.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Die Hoffnung stirbt zuletzt.)

Herr Kellner hat so ganz groß hier an diesem Pult gesagt, die CDU verfüge über eine breite Unterstützung ihrer Jugendverbände bei der Position. Das glaube ich nicht. Ich weiß jetzt nicht, woher Sie das nehmen. Wir haben die Dokumente der Anhörung alle gehabt. Ihre Junge Union sagt etwas anderes. Die Junge Union will Wählen mit 16.

(Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Nein, nein.)

(Unruhe CDU)

Dass Sie das negieren, das wissen wir ja. Sie negieren das, was Ihnen Ihr Jugendverband sagt und die Vertreter Ihres Jugendverbands, die in Ihrer Fraktion sitzen, die sagen Ihnen, dass das Wählen mit 16 endlich kommen muss. Die Wertschätzung der alten CDU gegenüber der Jungen Union ist deutlich geworden durch die Worte eines Ministers. Eines ist festzustellen, in der Anhörung haben alle, alle Jugendverbände gesagt: Ja, wir wollen dieses Wählen mit 16.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass dies möglich ist und dass dies gut möglich ist, zeigt die Republik Österreich. Dieses wunderbare Urlaubsland, das nicht im Chaos versunken ist, in dem nicht Anarchie und Chaos herrschen, hat seit Langem das Wahlrecht ab 16. Dieses europäische Beispiel sollte uns alle zur Nachahmung anregen und wir sollten nicht weiter so tun, als ob das Wählen mit 16 dazu führt, dass wir schlechtere Ergebnisse bekommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts wurde vorhin schon zitiert, meiner Meinung nach aber zu kurz zitiert, deshalb will ich das Zitat von Andreas Voßkuhle noch einmal ganz ausführlich hier vorlesen,

Frau Präsidentin. „Eine Wahlentscheidung kann man auch bereits mit 16 Jahren treffen. Es ist problematisch und gefährlich, dass sich die Bevölkerung abwendet vom politischen Prozess und dass die Akzeptanz von Politikern schwindet.“

(Unruhe CDU)

Das sagt uns der Präsident des Bundesverfassungsgerichts und die CDU ist seit 150 Jahren dagegen. Das ist doch der wirkliche Skandal.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Wenn Sie ein bisschen Ahnung hätten, wüssten Sie, dass es die CDU seit 150 Jahren gar nicht gibt, aber Sie sind ahnungslos.)

(Unruhe CDU)

Nein, was ich gesagt habe, ist, lieber Herr Kollege Emde, und vielen Dank für die Belehrung, Sie sind ja Lehrer, das liegt Ihnen wahrscheinlich im Blut, da können Sie nicht raus

(Heiterkeit im Hause)

mit Ihren Zwischenrufen unterkomplex hier einzugreifen. Nein, was noch mal ganz deutlich gesagt werden muss, Kollege Kellner hatte hier versucht, eine Analogie zwischen dem Strafrecht und dem Wahlrecht zu ziehen. Es ist mir ganz wichtig, dass so etwas in dem Hause, das bekannt ist für seine qualitativ hochwertigen Debatten, so nicht stehenbleibt.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Diskriminie- rung von Abgeordneten.)