Protocol of the Session on May 22, 2013

Es sind eben unterschiedliche Sichtweisen auf Menschen und auf Taten, wobei wir bei der Mitgestaltung die Tür weit öffnen gegenüber allen in der Gesellschaft, das heißt, auch Wählen mit 16, machen wir den Bereich eng, wenn der Staat sich gegen Menschen wendet, zum Beispiel mit freiheitsentziehenden Maßnahmen oder anderen Strafen. Das ist das Grundbild eigentlich des modernen Verfassungsstaats, dass er sich selbst zurücknimmt und dem Bürger viel Raum gibt. Ich finde, es ist bezeichnend, dass Sie das als Analogie nehmen, weil sich nämlich in Ihren Vorstellungen von Wahlrecht und in unseren Vorstellungen von Wahlrecht ein anderer Blick auf Gesellschaft, ein anderer Wunsch nach Partizipation manifestiert. Deshalb ist es vielleicht folgerichtig, dass Sie uns mit so verbaler Macht entgegentreten, wenn wir das Wählen mit 16 hier propagieren und durchsetzen werden früher oder später. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete König von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident, ich danke erst mal den Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP, die hier vor mir gesprochen haben, zum Teil danke ich auch der SPD für die Grundaussage, dass sie der Herabsenkung des Wahlalters auf 16 Jahre grundsätzlich positiv gegenüberstehen würden. Ich würde Ihnen auch jetzt als Erstes Ihre Grundfrage beantworten, warum dieser Antrag jetzt. Eigentlich erschließt es sich von selbst, wenn man überlegt, was in ca. etwas mehr als einem Jahr ansteht, nämlich die Wahlen. Wenn wir Jugendliche mit 16 schon 2014 beteiligen wollen und nicht erst 2019, also in sechs Jahren, dann müssen wir jetzt aktiv werden und dann müssen wir jetzt auch entsprechende Änderungen hier in Thüringen umsetzen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich finde es sehr schade von der SPD, dass sie sich dem verweigert aus einem vermeintlichen

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist doch Kindergarten, das ist schon oft genug gesagt worden.)

Koalitionszwang heraus. Ich habe gesehen und, ich glaube, nicht nur ich, sondern auch andere, dass der Druck, der durch die Opposition ausgeübt wurde in anderen Themen, dazu geführt hat, dass sich die SPD in der Koalition zumindest auch in Teilen durchsetzen konnte. Insofern …

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Glauben Sie.)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das bestim- men immer noch wir selbst.)

(Unruhe im Hause)

Ich warte jetzt einfach, bis Sie fertig sind und dann mache ich weiter.

(Beifall DIE LINKE)

Fragt sich, wer länger durchhält. Im Indianerblick habe ich früher immer gewonnen.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn Sie mich jetzt reden lassen, würde ich gern weitermachen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das hilft eh nichts.)

(Abg. Adams)

Im Endeffekt entscheide ich das und ich bitte den Abgeordneten Höhn, sich ein bisschen zurückzunehmen,

(Beifall DIE LINKE)

dass die Rednerin hier vorn ihre Ausführungen machen kann.

Danke schön, Herr Präsident.

Zumindest ist es bei uns in der Fraktion DIE LINKE so und ich glaube, das kann ich auch für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklären, die alte Regel, die Hoffnung stirbt zuletzt, haben wir zumindest nicht aufgegeben, was die Umsetzung des Wahlalters, die Herabsenkung des Wahlalters auf 16 anbelangt, und das auch nicht bei Ihnen, bei der SPD-Fraktion.

Ich möchte da mal ganz kurz einen Ihrer herausgehobenen Politiker zitieren, Sie feiern ja 150. Geburtstag. Willy Brandt hat 1969 im Bundestag gesagt: „Wir wollen mehr Demokratie wagen …

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mitbestimmung, Mitverantwortung in den verschiedenen Bereichen unserer Gesellschaft wird eine bewegende Kraft der kommenden Jahre sein. Wir können nicht die perfekte Demokratie schaffen. Wir wollen eine Gesellschaft, die mehr Freiheit bietet und mehr Mitverantwortung fordert.“ Wenn Sie jetzt den 150. Geburtstag der SPD feiern, vielleicht erinnern Sie sich ja auch an solche Worte und versuchen zumindest in der Koalition, die Herabsenkung des Wahlalters auf 16 umzusetzen und nicht im Vorfeld, im Vorhinein „klein beizugeben“, wo es vielleicht gar nicht nötig wäre. Ich zumindest kenne einige CDUler, die sehr wohl der Herabsenkung des Wahlalters auf 16 zustimmen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Namen, Na- men.)

Gebe ich Ihnen nachher mit Adresse, Telefonnummer dazu, Herr Fiedler, dann können Sie die ja besuchen.

Ich wollte noch auf Herrn Kellners Ausführungen reagieren, und zwar vielleicht als Erstes, Sie haben falsch verstanden, wenn Sie meinen, dass wir aus der Shell-Studie zitiert haben mit der einen Äußerung von Klaus Hurrelmann.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich kenne die nämlich nicht.)

Das ist nicht aus der Shell-Studie - ich kann es Ihnen vorlesen -, sondern das ist ein Zitat des Herausgebers der Shell-Studie in einem Interview mit der Landeszentrale für politische Bildung, explizit zum Thema „Herabsenkung des Wahlalters auf 16“.

Da hält er fest, dass Jugendliche sehr wohl bereit sind dafür, und da hält er unter anderem auch fest, dass seines Erachtens nach, seiner wissenschaftlichen Studie nach Jugendliche auch mit 12 schon bereit wären, sich an Wahlen zu beteiligen und das Wahlrecht wahrzunehmen.

Zuletzt ein Zitat von Abraham Lincoln, ich glaube, das sollten wir uns alle hinter die Ohren schreiben.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ganz großes Kino.)

Wie Sie meinen, Sie mussten nichts dafür bezahlen, insofern erwarte ich dann Applaus von Ihnen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

„Kein Mensch ist gut genug, einen anderen Menschen ohne dessen Zustimmung zu regieren.“ Wir können nicht die Zustimmung von allen erhalten, aber wir haben die Möglichkeit, zumindest mehr Menschen zu beteiligen an der Entscheidung darüber, wer sie regiert und welche Koalition es gibt, vielleicht auch in 2014. Insofern hoffe ich auf etwas mehr Hoffnung bei der SPD-Fraktion und entsprechende Gespräche in der Koalition und gebe nicht den Versuch auf, das Wahlalter auf 16 herabzusenken. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Frau Abgeordnete. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es gibt noch eine Wortmeldung der Abgeordneten Berninger.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist uns vorgeworfen worden, mir insbesondere, durch Herrn Hey, wir hätten durch Zwischenrufe hier negiert, dass es Befassungen im Innenausschuss gegeben hätte zu dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/ 478. Ich habe mal die Debattenzeit genutzt, um den von Herrn Hey empfohlenen Blick in die Protokolle des Innenausschusses zu werfen, und habe festgestellt, es sind nicht sechs Sitzungen gewesen, Herr Kellner, sondern fünf Sitzungen, in denen dieses Thema auf der Tagesordnung stand. Zum ersten Mal wurde das Thema aufgerufen in der 6. Sitzung am 19. März, dort wurde aber nicht inhaltlich diskutiert, sondern lediglich eine Berichterstatterin bestellt und festgelegt, dass die Entscheidung über Art und Weise der Anhörung und die Liste der Anzuhörenden vertagt wird. Außerdem war die Landtagsverwaltung aufgefordert worden, eine Synopse der geltenden Regelungen in den Bundesländern und Freistaaten zu erstellen. Der nächste Aufruf war die 7. Sitzung, 23. April 2010. Dort wurde die Anhörung beschlossen und die Liste der Anzuhö

renden festgelegt. In der nächsten, der dritten Sitzung, Sitzung Nummer 9 des Innenausschusses am 11.06.2010, beträgt der Protokollumfang die Seiten 16 bis 17, also ungefähr eine Seite. Es wurde von dem Vertreter der SPD beantragt zu vertagen, da die letzte Stellungnahme erst an demselben Tag eingegangen war und man sich damit noch nicht beschäftigen konnte. Also auch keine inhaltliche Debatte, bis auf den Vertreter der GRÜNEN, der gesagt hat, Herr Adams, Sie waren das, dass 21 Stellungnahmen eingegangen sind, 14 davon positiv zu dem Gesetzentwurf gewesen wären.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Herr Präsi- dent, einschreiten.)

Das nächste Mal wurde dieses Thema dann in der 11. Sitzung des Innenausschusses am 13.08. aufgerufen. Da hat es tatsächlich eine inhaltliche Debatte gegeben. Der Protokollumfang an Seiten sind acht. Da hat sich z.B. der Vertreter der CDU zu der Stellungnahme der Jungen Union geäußert. Das wäre nur eingeschränkt gültig, die Junge Union hätte schließlich auch Voraussetzungen verlangt, damit das Wahlalter 16 eingeführt werden könne.

Die fünfte Sitzung, in der das Thema behandelt wurde, war dann die 12. Sitzung des Innenausschusses am 3. September 2010. Da beträgt der Umfang des Protokolls eine Seite und im Prinzip kann man sagen, da wurde auch nicht groß inhaltlich debattiert, sondern die Ablehnung des Gesetzentwurfs beschlossen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke, Frau Abgeordnete. Ich schaue noch mal in die Runde. Weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt - Herr Staatssekretär? Herr Staatssekretär aus dem Innenministerium, Herr Rieder, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, zu den Gesetzentwürfen der Fraktion DIE LINKE nehme ich für die Landesregierung wie folgt Stellung.

Das Thema Absenkung des Wahlalters wird seit Jahren kontrovers diskutiert, in Thüringen zuletzt im Jahr 2010 im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der eine entsprechende Änderung des Thüringer Kommunalwahlgesetzes zum Ziel hatte, und seinerzeit abgelehnt wurde. Jetzt geht es auch um eine Änderung des Landeswahlgesetzes und eine Änderung der Thüringer Verfassung.

Bei der Frage nach der Herabsetzung des Wahlalters handelt es sich nicht um eine rein rechtlich zu beantwortende Frage, sondern vielmehr um eine