Protocol of the Session on April 26, 2013

schlägen in diesem Gutachten kann man sicherlich ungeteilt zustimmen, aber es sind Vorschläge, über die man diskutieren sollte und aus denen man das Beste machen sollte.

Was für das Land gilt - Frau Tasch, da bin ich leider anderer Auffassung als Sie -, gilt letztendlich auch für die kommunale Ebene. Der Finanzminister hat gestern auf einem Diskussionsabend der „Wirtschaftsinitiative Westthüringen“ sehr anschaulich dargestellt, warum wir auf Landesebene in den nächsten Jahren soundso viele Stellen einsparen müssen, warum wir unsere Strukturen ändern müssen. Das Gleiche gilt letztendlich nach meiner Auffassung, nach Auffassung der SPD-Fraktion auch für die kommunale Ebene, für die Kreisebene, denn es ist eine einfache Milchmädchenrechnung, wenn ich nur noch zwei Drittel der Bevölkerung in den nächsten Jahren haben werde, dann brauche ich dazu auch nicht die Strukturen für 100 Prozent, ich brauche auch nicht das gesamte Personal für 100 Prozent. Es wird ja immer wieder vonseiten des Landkreistages und auch von Kommunalpolitikern vor Ort darauf verwiesen, ja, wir arbeiten doch gut, unser Kreishaushalt steht oder unser Gemeindehaushalt steht. Es geht nicht um jetzt, sondern es geht darum, das Land Thüringen für die nächsten 20, 30 Jahre fit zu machen und die Voraussetzungen, die müssen jetzt geschaffen werden. Da sage ich sehr deutlich, wir brauchen eine Gemeindegebiets- und Kreisgebietsreform. Ich bin sehr für freiwillige Zusammenschlüsse im kommunalen Bereich, aber wir brauchen Leitlinien, an denen sich diese Zusammenschlüsse orientieren können, denn nur durch Freiwilligkeit und Zusammenschlüsse, die letztendlich nach dem Motto laufen „die Reichen schließen sich gegen die Armen zusammen, die Dörfer gegen die Städte“, dadurch werden keine Strukturen entstehen, in denen wir in der Zukunft das, was wir auch im Landesentwicklungsprogramm als Ziel gesetzt haben, verwirklichen können, nämlich die Sicherung der Daseinsvorsorge, insbesondere auch im ländlichen Raum, und die Aufrechterhaltung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Thüringen. Das ist für uns ein wichtiger Punkt und an diesem Punkt ist auch der FDPAntrag zu kurz gegriffen. Deswegen lehnt meine Fraktion ihn ab.

(Beifall SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Schubert das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Tasch, in einem Punkt gebe ich Ihnen recht, in mehreren Punkten, dass es keine einfache

(Abg. Doht)

Antwort gibt auf das Problem. Sie haben in Ihrer Rede gesagt, auch die Gebietsreform sei keine Lösung dafür. Da stimme ich Ihnen zu. Wir können das Problem demografischer Wandel auch nicht lösen, wir müssen uns bis zu einem gewissen Grad damit abfinden, darum geht es, wir müssen uns damit abfinden. Manchmal habe ich den Eindruck, wenn Minister Machnig sagt, das ist ja gar nicht so schlimm,

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: „Schlimm“ ist Ansichtssache.)

und Herr Carius beim Thema „Demografie“ immer gern auf die Wachstumsinitiativen verweist, dass die Akzeptanz noch nicht da ist. Sie werden von unserer Fraktion keinen Antrag finden in dieser Legislatur, wahrscheinlich auch nicht in der nächsten, wo wir versuchen, das Thema „Demografie“ zu erschlagen, so wie das die FDP hier versucht hat, weil es ein Querschnittsthema ist und es auch vermessen ist, dann mit so einem Antrag zu meinen, dass man damit vorankommt. Es ist ja immer mühsam, diese Berichte zu lesen, bis jetzt waren die Berichte der Landesregierung eher eine Bestandsaufnahme als wirklich ein Angebot für Lösungsstrategien, aber in 2013 werden wir hoffentlich dazu etwas lesen.

Wir haben es gern konkret und jetzt werde ich auf einige Punkte hinweisen bzw. Initiativen, die wir hier ins Plenum eingebracht haben, an vielen Stellen eingebracht haben und wo von der FDP nie Unterstützung für die Problematik bzw. das Anliegen zu sehen war, das ist der Flächenverbrauch. Ich will darauf gar nicht näher eingehen. Sie haben damals einen Alternativantrag eingebracht, als es uns darum ging, das Null-Hektar-Ziel festzuschreiben und haben das in schwammiger Form - das Plenum hat dann zugestimmt - dem überlassen, wie es dann kommen musste. Die Landesregierung soll einen Aktionsplan vorlegen. Die Statistik zeigt, es hat nicht viel genutzt.

Verkehr: Frau Tasch, ich gebe Ihnen recht, wir brauchen ein funktionsfähiges Verkehrsnetz, aber wir müssen auch ein Straßennetz an die veränderten demografischen Bedingungen anpassen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und unsere Bemühungen, um auch finanziell ehrlich zu sein und zu priorisieren, welche Leute brauchen denn eine Umgehungsstraße und bei welchen kann es hinten anstehen, dem haben Sie sich immer verweigert. Und vor allem die FDP - ich zitiere Herrn Untermann: Ich werde mich dafür einsetzen, dass jede Umgehungsstraße, die irgendwo noch eingeplant ist, gebaut wird. Sie haben bis heute nicht verraten, wie das zusammengeht mit der Tatsache, dass diese Kosten auf immer weniger Einwohner umzulegen sind und wie Sie das alles fi

nanzieren wollen, haben Sie bis heute nicht gesagt, Herr Untermann.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Beim Wohnraumfördergesetz haben wir uns für eine konsequente Innenentwicklung eingesetzt, für eine verbindliche Innenentwicklung. Auch dafür gab es keinerlei Unterstützung. Das waren wenige Punkte, ich will das gar nicht weiter ausführen. Wir werden dann im Laufe des Jahres noch detaillierter darüber sprechen.

Aber ich komme natürlich noch mal zur Koalition und der Frage - auch eine Frage des demografischen Wandels -, wie gehen wir mit unserem Gebäudebestand um? Dazu gibt es einen validen Vorschlag seitens der SPD-Fraktion, der hat das Parlament nur noch nicht erreicht, wird er vielleicht auch nicht. Ich rede von dem Wärmegesetz. Da sind sehr diskussionswürdige Vorschläge drin - Wärmenetz in Kommunen - und auch diese kann man nur dann umsetzen, wenn man eine Vorstellung davon hat, wie groß der Ort bzw. der Bedarf an zu heizenden Gebäuden in 10, 15, 20 Jahren noch sein wird. Herr Carius geht lieber mit einem Füllhorn übers Land, einem Füllhorn, das er gar nicht hat, um Zuschüsse an Häuslebesitzer auszureichen. Woher aber das Geld kommen soll, hat er bis jetzt nicht gesagt. Aber daran sieht man, dass wir weit davon entfernt sind, dass die Koalition hier eine abgestimmte Strategie auf den Tisch legt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, die Berichte sind insofern mühsam zu lesen, sind auch nicht besonders inspirierend, das habe ich schon gesagt. Noch einmal: Es geht an diesen Stellen immer viel um Bestandsaufnahme. Wir hoffen, dass das mit der Bestandsaufnahme dann ein Ende hat und wir in 2013 auch etwas konkreter an den Lösungen diskutieren werden. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe jetzt keine Redemeldungen mehr aus den Fraktionen. Für die Landesregierung Minister Carius, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe eine ganze Reihe von Punkten. Ich bin ja auch ganz zufrieden über die konstruktive Debatte.

Aber erstens, wenn ich zum Thema Willkommenskultur von Frau Scheringer-Wright nur Dinge höre von wegen, wir müssen jetzt alle aufnehmen aus Nordafrika, vielleicht fallen Ihnen noch andere Welt

(Abg. Schubert)

gegenden ein, da sage ich Ihnen ganz deutlich: Wenn wir uns wirklich unserem demografischen Wandel stellen wollen, wenn wir den Fachkräftebedarf in Zukunft vernünftig absichern wollen, dann kann es doch nicht angehen, bei allem Verständnis und vor allem bei unserer hohen politischen Verantwortung für das Asylrecht, für das Recht des politischen Asyls, dass wir uns zuallererst als Sozialamt vom Balkan, Nordafrika und sonstigen Weltregionen definieren. Das ist eine Aufgabe, die wir nicht stemmen können

(Unruhe DIE LINKE)

und die im Grunde auch nicht funktioniert, die vor allen Dingen uns allen auch gar nicht hilft. Ganz im Gegenteil, wir brauchen,

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

da sind wir uns völlig einig, natürlich auch eine Zuwanderungsstrategie, um letztlich insbesondere im Bereich der Fachkräfte dafür zu sorgen, dass unsere Wirtschaft noch funktioniert, dass wir tatsächlich die Wertschöpfung haben in der Industrie,

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo leben Sie denn jetzt?)

die letztlich uns unseren Wohlstand erhält.

(Beifall CDU)

Zum Thema Demografiestrategie ist jetzt vieles gesagt worden. Der Antrag der FDP ist sehr schön, er beschreibt ganz viele Themen. Er erschlägt sie aber im Grunde oder es ist der Versuch des Erschlagens mit einem Antrag, was natürlich nicht ausreicht. Deswegen haben Sie es am Ende dann der Landesregierung zugeschoben. Ich finde, das ist ja wohlfeil.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das ist auch Ihre Aufgabe.)

Ich habe auch volles Verständnis, dass die Opposition, egal aus welchem Lager sie kommt, natürlich sagen muss, die Landesregierung tut hier überhaupt nichts, es ist alles ganz anders, wir erwarten deutlich mehr Impulse. Aber da will ich Ihnen an dieser Stelle zurufen: Die Landesregierung und die Landesregierungen vorher haben schon ganz viel auf den Weg gebracht. Es ist nicht so,

(Beifall CDU)

dass wir eine Demografiestrategie brauchen und bei Null anfangen, sondern wir haben in den vergangenen 20 Jahren im Grunde nichts anderes gemacht, als dieses Land darauf einzurichten, wie wir mit unserer Bevölkerung zurechtkommen, wie unser Land sich gut entwickelt. Wir haben eine Infrastruktur gebaut, wir haben - und da komme ich zu Frau Scheringer-Wright, das nervt mich massiv, wenn Sie hier davon reden,

(Beifall CDU)

dass wir ein Abwanderungsthema haben in den letzten Jahren, was schon deutlich abgenommen hat, das müssen Sie ja ehrlicherweise zugeben, dann ist das doch vor allen Dingen ein Verdienst von unserer Politik, dass sich eben Unternehmen hier angesiedelt haben, dass sie diesen Standort mitentwickelt haben und hier Zukunft gesehen haben

(Beifall CDU)

und auch letztlich Zukunft für die Thüringerinnen und Thüringer auch als Arbeitsplatzsicherheit gegeben haben.

(Unruhe DIE LINKE)

Das ist doch der Ausweis unserer Politik. Und warum wir die Abwanderung vorher hatten und die Rahmenbedingungen vorher schlecht waren, ich meine, über die 40 Jahre wollen wir jetzt an dieser Stelle, glaube ich, nicht reden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Demografiestrategie, der wir uns stellen, kann im Grunde nicht die Aufgabe sein, dass wir jetzt das Zukunftspapier vom Kollegen Machnig, was im Grunde in vielen Teilen die Strategie der Landesregierung übernommen hat und noch einmal der Versuch ist, das an einigen Punkten neu zu verkaufen. An anderen Punkten, so habe ich den Eindruck, geht es völlig über das Ziel hinaus. Ich glaube auch gar nicht, dass es mit irgendwem in der SPD abgestimmt ist, weil so eine Zentrumsinitiative, die kann gar nicht richtig sein.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ein Papier, das in der Landesregierung abgestimmt ist.)

Nein, nein, es ist kein Papier der Landesregierung, es ist ein Diskussionspapier eines Kollegen. Ich finde, das ist auch immer schön, dass wir ab und zu über Dinge diskutieren, die wir nicht brauchen.

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube nicht, dass wir mit so einer Zentrumsinitiative das Thema „Demografischer Wandel“ letztlich beheben können. Das glaube ich nicht, sondern es ist völlig richtig und da haben wir einen gemeinsamen Plan, dem wir uns letztlich stellen. Wir haben ein Landesentwicklungsprogramm, was gerade in der Abstimmung ist, was auch hier im Landtag schon beraten wurde, wo wir insgesamt 400 Stellungnahmen bekommen haben, 4.000 Einzelsachäußerungen, wo wir mit den Bürgern gemeinsam entwickelt haben eine Strategie, wie wir unser Land entwickeln wollen. Da müssen wir natürlich auf zentrale Orte setzen. Das ist doch ganz klar und selbstverständlich und da hat die Landesregierung bereits längst angefangen. Selbstverständlich müssen wir uns beim Thema „Zentrale Orte“ auch dem demografischen Wandel stellen, aber eben nicht mit einer Schablone vom Reißbrett aus, sondern wir

(Minister Carius)

müssen auch tatsächlich Angebote entwickeln. Das machen wir jetzt auch beim Thema Grundzentren. Wir haben eine neue Strategie bei den Mittelzentralräumen, bei den Mittelstädten, die aus unserer Sicht ganz wichtige Ankerpunkte sind. Da sind wir uns in der Koalition doch völlig einig, dass wir das ganze Land entwickeln müssen und eben nicht nur auf eine Stärke, die wir auch entwickeln müssen, setzen können, sondern dass wir hier letztlich Stärken im ganzen Land haben. Nicht umsonst haben wir natürlich auch im Saale-Orla-Kreis die höchste Industriedichte. Nicht umsonst haben wir Investitionen auch in Eisenach und eben nicht nur in diesem imaginären verstädterten Raum. Wir müssen auch hier die besonderen Bedürfnisse erfüllen, das ist auch klar. Das heißt, wir brauchen am Ende da auch eine Doppelstrategie. Was die Aufgabe der Demografiestrategie ist, ist im Grunde, den Prozess zu definieren. Da können Sie von uns nicht erwarten, dass wir hier eine Lösung für jedes Problemfeld in jedem Bereich und vor allen Dingen auch für die nächsten 20, 30 Jahre mit einem Schlag liefern. Das wäre überhaupt nicht sachgerecht, wenn wir hier ein Eins-zu-eins-Schema entwickeln, scheren alle über einen Leisten und sagen dann, das war es jetzt und jeder, der hier anders kommt und andere Ideen hat, wie er irgendwie seine Gemeinde, seine Heimat voranbringt, den müssen wir jetzt abblitzen lassen, da gibt es jetzt nichts, da gibt es kein Geld, da gibt es keine Förderung, da passiert auch nichts. Das ist der Ansatz, Frau Scheringer-Wright, den ich extrem problematisch finde, in dem, was Sie gesagt haben. Aus Ihnen spricht da so eine Planperspektive heraus, die wir nicht machen können, sondern die Handlungsstrategie oder die Demografiestrategie kann sich im Grunde nur an den Handlungsfeldern orientieren und muss überlegen, wie können wir mit weniger Geld in den Bereichen, in denen wir etwas tun müssen - das ist das Handlungsfeld zukünftiger Staat, das sind die Handlungsfelder Spannungsfeld Stadt und Land, die Verzahnung von ländlichen Räumen, die wir auch im LEP jetzt angelegt haben, das sind die Felder Familie und Arbeit, wo wir natürlich in den vergangenen Jahren viel erreicht haben. Bei aller Diskussion um die Kosten von Kita-Ausbau etc., wir haben hier in Thüringen doch wahnsinnig viel erreicht beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist doch ein schweres Pfund, mit dem wir wuchern können.

(Beifall CDU)