Protocol of the Session on April 25, 2013

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sondern, Sie müssen auch feststellen, es ist peinlich, wenn dieses Parlament sich zum Thema Europa überhaupt nicht positioniert. Danke. Das war zwar indirekt nur, aber immerhin danke dafür.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kürze einmal meine Rede ein bisschen ein, um auf das Thema noch ein bisschen stärker einzugehen, was Sie hier gerade so gesagt haben.

(Beifall CDU, SPD)

Vielleicht einmal als Allererstes - danke - auf Herrn Koppe einzugehen. Herr Koppe, das Problem ist eben, dass die 960 Mrd. zwar eine Verpflichtungsermächtigung darstellen, aber leider nur für 908,4 Mrd. Zahlungsermächtigungen vorliegen. Das ist nichts weiter als Taschenspielertrick. Das ist nichts weiter als das schlechte Vormachen für den Thüringer Haushalt, das ist genau das, was wir hier nicht wollen, Schuldenbremsen postulieren, aber ansonsten Schulden machen auf Kosten späterer Haushalte. Genau das wollen wir eben nicht, sondern wir wollen jährlich die 960 Mrd. mit Zahlungsermächtigung im Haushalt. Dann muss das Geld auch korrekt eingestellt werden und dann muss man auch wissen, dass es herkommt. Erste Bemerkung. Wenn das nämlich nicht passiert, kann das für Thüringen heißen, dass im Jahr 2018 oder 2019 oder 2020 auf einmal zugesagte oder sogar bewilligte Projekte gar nicht bezahlt werden. Dieses Risiko besteht. Andersherum kann es aber auch passieren, das finde ich mindestens genauso dramatisch, was jetzt zum Beispiel in den südosteuropäischen Ländern passiert, dass mangelnde Abrufe dann nicht als Aufforderung zum Handeln verstanden werden, sondern als Sparbüchse benutzt werden. Das ist doch nicht Europa, wie wir es uns vorstellen, wenn es um die Finanzierung geht. Dieses Verhalten ist unehrlich, das führt nämlich nur zur Aushöhlung des Verschuldungsverbots.

Unserer Ansicht nach setzt der Haushaltsentwurf zurzeit auch falsche Prioritäten, das ist mehrfach genannt worden, das kann ich sehr kurz machen. Also für Bildung, Forschung und Entwicklung müsste mehr da sein. Alle sind zwar derselben Meinung, aber wenn es dann darum geht, innerhalb des Rahmens - da haben Sie völlig recht, Herr Bergemann, den kann man nicht mehr erhöhen - umzuschichten, sehen alle verschämt weg. Weil alle wissen, es gibt eigentlich nur einen einzigen Topf, aus dem man umschichten könnte, der auch von allen, wenn es nicht gerade darum geht, ihn auch wirklich zu beschließen, in den Jahren dazwischen als der gesehen wird, der gekürzt werden müsste. Das sind die Ziel-1-Problematiken in der Gemeinsamen Agrarpolitik. Das wird von Ihnen freundlicherweise

(Abg. Marx)

immer nicht laut gesagt. Ja, das ist eben so. Das nachhaltige Wachstum und grüne Technologien stehen dann zwar in der Strategie, werden aber nicht finanziert. Es ist dann noch übler, Herr Bergemann, wenn Sie dann hingehen und sagen: Dann lasst uns doch einfach gar keinen Haushalt beschließen, dann bekommen wir sogar mehr Geld.

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Das habe ich doch gar nicht gesagt, das war doch ironisch gemeint.)

Gut, dann nehmen wir das eben mal ironisch. Aber Frau Marx hat es dann freundlicherweise noch mal aufgegriffen. Das ist aber von der Ironie deshalb weit entfernt, das kann natürlich so passieren, das heißt, wir kriegen genau die falsche Allokation, genau die falschen, seit sieben Jahren nicht gut laufenden Fragen, wohin das Geld eigentlich fließt, noch für ein, zwei Jahre weiter. Das können wir nicht gut finden, egal, ob es mehr Geld gibt oder nicht. Darum geht es uns nämlich gar nicht. Der Strukturklotz der Agrarsubventionen wird strukturell nicht angegangen. Dort, wissen wir alle, müssen die Direktzahlungen abgeschmolzen werden und wir bräuchten mehr Investitionen für den ländlichen Raum. Das nennt man dann europäischen Mehrwert, der ist in den Sonntagsreden dann immer gern drin, aber hier, wenn es denn dann zum Schwur kommt, nicht.

Noch mal, unser Antrag ging nicht darum zu behaupten, wir könnten jetzt formal noch etwas ändern. Lesen Sie ihn genau. Wir haben nicht geschrieben: im Bundesrat dafür einsetzen. Wir haben geschrieben: auf europäischer Ebene dafür einsetzen. Herr Bergemann, dafür tragen zum Beispiel Gespräche mit dem von Ihnen genannten europapolitischen Sprecher oder so etwas bei, den ich meine zu kennen und den ich auch vorgestern getroffen habe. Wir und unsere Europaabgeordneten müssen in die Diskussion treten und wir als Parlament sollten versuchen, Parlament in Europa zu unterstützen bei der Hoffnung auf Reformen und nicht nur Geld zu diskutieren. Darum ging es uns.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern sind wir gar nicht so weit auseinander. Ich hatte eigentlich auch gehofft, dass hier nicht die Diskussion nach dem Motto läuft: Na ja, wir finden den Antrag zwar überflüssig, aber wir haben einen Änderungsantrag gestellt, den stimmen wir jetzt durch und dann haben wir die Schuldigkeit getan, aber machen werden wir gar nichts. Das ist schade. Ein gemeinsam von allen Fraktionen getragener Antrag im Rucksack, wenn wir nach Brüssel fahren, wäre eine vernünftige Lösung gewesen, meiner Ansicht nach. Denn wenn wir nach Brüssel fahren, leider, muss man ja sagen, dreimal „leider“ dazu gesagt, würde es noch nicht so weit sein, dass der Haushalt schon verabschiedet ist, leider. Aber so ist es nun mal. Das EU-Budget sinkt von 2013 auf

2014 um übrigens 8,4 Prozent, der Etat des Bundes nur um 1,7 Prozent. So viel zum Thema des Gleichklangs des Sparens. Das ist auch Augenwischerei hier in diesem Haus. Die EU muss stärker sparen als Deutschland. Eine Begründung können Sie uns dafür nicht geben, denn der Reichste müsste eigentlich am meisten abgeben, lieber Kollege Kubitzki. Eigentlich fordern wir immer von den Wohlhabenden größere Anstrengungen. Das ist in diesem Fall Deutschland in Europa. Wir sparen 1,7 Prozent, Europa insgesamt in der EU 8,4 Prozent. Ich lasse das mal so stehen.

Es muss auch der Subsidiaritätsgrundsatz endlich mal nach oben angemahnt werden. Wie gesagt, 80 Prozent unserer Arbeit im Europausschuss heißt: Wir nehmen zur Kenntnis und in der Regel positiv, dass die EU sich Aufgaben nimmt, die sinnvollerweise auf dieser Ebene zu tun sind, nur mehr Geld geben wir dafür nicht. Die Diskussionen über die europäischen Eigenmittel sind abgewürgt worden von interessierter Seite. Das Thema Finanztransaktionssteuer ist hier einmal genannt worden. Aber das hätte die Landesregierung, wenn sie gewollt hätte, im Bundesrat unterstützen können, dass es eine europaweite Finanztransaktionssteuer gibt hat sie aber nicht. Warum nicht, liebe SPD? Warum nicht? Vernünftig wäre es gewesen. Wie das so ist mit der Fraktionsdisziplin, wir wissen das ja schon.

Was heißt das jetzt im Ausblick? Im Ausblick heißt das, es soll um mehr Flexibilisierung zwischen den Haushaltsjahren und zwischen den Förderbereichen gehen. Das klingt erst einmal ganz vernünftig und richtig, denn die sieben Jahre sind durchaus nicht immer davon geprägt, dass man am Ende das braucht, was man am Anfang meinte haben zu wollen. Aber das Risiko dabei muss man auch bedenken. Die durchsetzungsschwachen, strukturell aber notwendigen Bereiche sind dann in der großen Gefahr, dass sie überproportional gekürzt werden. Es gibt dann wieder die berühmten Nächte mit irgendwelchen Messern und dann setzt sich wieder derjenige durch, der am meisten Macht hat - das ist in Europa seit über 50 Jahren der Agrarsektor, der ist strukturell überhaupt nicht innovativ, sondern einfach nur teuer. Das wissen auch alle. Auch alle Agrarpolitiker wissen das. Nur wie man es ändert, darüber herrscht Dissens. Darin will ich mich gar nicht so auslassen. Die Umschichtung bei der gemeinsamen Agrarpolitik sollte aber trotzdem im Mittelpunkt stehen mit allen Problemen, die man dabei hat.

Deshalb vielleicht von meiner Seite aus kurz zu dem Antrag von CDU und SPD. Sie nennen ihn einen Antrag, der sozusagen konkreter wird. Ich nenne es einen Antrag, der dafür sorgt, dass überhaupt nichts deutlich wird. Die ersten beiden Punkte in Ihrem Antrag trage ich mit, unterschreibe ich sofort. Das ist banal, völlig richtig, aber muss auch mal gesagt werden. Insofern, den Antrag könnten

wir gemeinsam verabschieden, aber die Nummer 3, da geht es dann eben nicht mehr weiter. Da gibt es Worthülsen wie, man soll sich dafür einsetzen, dass, ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, „bedeutsame EU-Programme bei zielgerichtetem und effizientem Mitteleinsatz sowohl strukturell als auch finanziell so ausgestattet werden …“. Was verstehen Sie unter bedeutsamen EU-Programmen? Was ist damit gemeint? Bedeutsame EU-Programme von der Menge her würde heißen, noch mehr Geld in Agrarförderung stecken, das kann nicht Ihr Ernst sein. Die EU-2020-Strategie besser ausstatten heißt, bei der Agrarförderung streichen. Ja, wo sonst? Sagen Sie, wo sonst. Beim Forschungsreaktor Iter? Keine Probleme, machen wir gerne mit. Oder bei Frontex? Darüber kann man auch diskutieren. Aber dann sagen Sie auch, wo Sie streichen wollen, damit Sie andere Sachen besser strukturell finanzieren wollen. Das tun Sie aber gerade nicht. Dann müssten Sie ja in der Koalition anfangen, darüber zu streiten, was Sie eigentlich damit meinen. Bitte?

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Frontex kann man doch ganz streichen.)

Das ist zum Beispiel eine Möglichkeit, aber das findet keine Mehrheit hier, da bin ich ziemlich sicher. Die Inhalte, die in Nummer 3 konkretisiert werden von a bis e, würden wahrscheinlich in unserer Fraktion auch keine großen Probleme auslösen, sie mitzutragen und dementsprechend auf unseren Antrag zu verzichten. Aber dann bei Punkt f, da geht es dann wieder los mit der Worthülse. Die Absicht, ländliche Entwicklungspolitik zu stärken, wird von allen hier in diesem Raum geteilt, davon können Sie ausgehen,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

auch von uns, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und zwar vorbehaltlos und ohne jede Einschränkung. Aber die Mittelwahl, die Sie haben, heißt konkret, die ländliche Entwicklung kann und muss über die zweite Säule unterstützt werden. Das steht in jeder EU-Förderung, das steht in jeder Verlautbarung, das steht wahrscheinlich sogar in der Verlautbarung der CDU. Nur die tun etwas anderes. Die einzelbetriebliche Förderung der ersten Säule ist ohne klare inhaltliche Aufgaben gerade kein Modell, um das zu gewährleisten. Und die inhaltlichen Aufgaben möchten Sie auch nicht haben. Das ist eben so, das nehmen wir zur Kenntnis. Das ist auch in unserem Ausschuss das ewige Problem. Es bleibt aber dabei. Die meiste Kohle geht in Europa nicht mehr in die Kohle, das ist mittlerweile durch, auch nicht mehr in den Schiffbau, das ist auch durch, sondern in die Agrarförderung von einzelbetrieblichen Problemen, die wir uns nicht trauen, korrekt anzugehen und zu lösen,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wohl wissend - und das muss man auch deutlich sagen -, die Wertschöpfung des gesamten Landwirtschaftssektors im ländlichen Raum ist nicht mehr der Garant für Arbeitsplätze im ländlichen Raum und nicht mehr der Garant für Wertschöpfung. Schauen Sie in die eigene Statistik Ihres Landes, wie die Ernährungswirtschaft im ländlichen Raum, ich rede nicht vom städtischen, zur Wertschöpfung beiträgt und Sie werden feststellen, Sie diskutieren dort nicht mehr über den stärksten Sektor im ländlichen Raum, wenn wir über Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Ernährungsgüterwirtschaft reden. Diese Wahrheit muss man auch zur Kenntnis nehmen und sich dann fragen,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wodurch wird Industrie- und Wirtschaftspolitik im ländlichen Raum eigentlich gefördert. Garantiert nicht durch einzelbetriebliche Förderung eines Sektors, der im Schrumpfen begriffen ist und nicht im Wachsen. Auch diesen Mut muss man haben, auch von hier vorne mal zu sagen, ohne dass wir deshalb diesen Sektor kleinreden wollen, wir wissen ganz genau, dass der Sektor wichtig ist und nicht nur für die Ökobauern. Ganz sicherlich nicht nur für die Ökobauern.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das ist doch Quatsch, was der erzählt.)

Ich komme zum Schluss. Ich muss zum Schluss kommen, ich habe nämlich nur noch 1 Minute.

(Beifall CDU)

Wir fordern nicht mehr Geld. Wir fordern nur, dass das Geld auch korrekt eingestellt wird. Der Zeitpunkt ist nicht zu spät, denn solange das Europäische Parlament nicht entschieden hat, ist es immer noch möglich, etwas zu tun, auch wenn wir nach Brüssel fahren.

Wir brauchen mehr Vernetzung, das ist völlig richtig. Wir brauchen aber auch Hoffnung darauf, dass dann die Kleinen, die vernetzt werden, nicht einfach nur geschröpft werden, wie zum Beispiel der ESF. Da gab es auch schon Zwischentöne, Herr Kubitzki. Und dann brauchen wir die Solidarität zwischen den Parlamenten und dazu sollte unser Antrag dienen. Ich hoffe immer noch darauf, dass Sie ihm zustimmen können. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Abgeordneter Meyer. Es hat sich jetzt zu Wort gemeldet Abgeordneter Bergemann für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage jetzt nicht, ich mache es kurz, denn alle

(Abg. Meyer)

haben uns das schon angedroht. Herr Meyer, Herr Koppe haben gesagt, sie machen es kurz, dann haben sie doch relativ lange gesprochen. Dann soll man nicht sagen, ich mache es kurz.

(Beifall CDU)

Herr Meyer, zwei Dinge nur, damit wir uns klar verstehen. Ich habe immer gesagt, wenn der Entschließungsantrag zwischen Rat und Parlament nicht zustande kommt, dann wird die Obergrenze des letzten Haushalts eingesetzt, da geht es um die 66 Mrd., und nicht mir zu wünschen, dass der nicht zustande kommt, damit das auch klar ist hier.

Der zweite Punkt, ich will zu Ihrem Antrag nur eine Bemerkung machen: Punkt IV - Der Landtag appelliert an das Europäische Parlament, insbesondere an die Abgeordneten aus Thüringen, sich in den anstehenden Verhandlungen für eine tragfähige Finanzausstattung der Mitgliedstaaten und Regionen einzusetzen. Wunderbar. Gut, dass Sie in Brüssel immer dabei sind. Sie haben jetzt mit Ihren Sprechern geredet und wenn wir im Ausschuss unterwegs sind, wissen Sie ja, wie zahlreich die Europaabgeordneten an unseren Gesprächen teilgenommen haben, damit die alle unsere Sorgen von Thüringen aufnehmen konnten und die im Parlament bearbeiten konnten, im Ausschuss bearbeiten konnten, leider war keiner da. Danke schön.

(Beifall CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Bergemann. Ich sehe jetzt keine Wortmeldungen mehr, das heißt, wir kommen zum Abstimmungsprocedere. Es ist keine Ausschussüberweisung beantragt worden, also stimmen wir direkt ab, als Erstes über den Antrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/5833. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Vielen Dank. Gegenstimmen? Die Gegenstimmen kommen aus den Fraktionen SPD und CDU. Gibt es Stimmenthaltungen? Die kommen aus den Fraktionen FDP, DIE LINKE und 1 Stimme aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktionen CDU und SPD in der Drucksache 5/5909. Wer sich diesem Antrag anschließen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen FDP, CDU, SPD und DIE LINKE. Gibt es Gegenstimmen? Nein. Gibt es Stimmenthaltungen? Die kommen aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Alternativantrag angenommen.

Meine Damen und Herren, ich schließe den Tagesordnungspunkt und wünsche Ihnen einen angenehmen Abend.

Ende: 19.27 Uhr