Protocol of the Session on March 22, 2013

Über die Beratungsrichtlinie haben wir 11 Genossenschaften gefördert und durch selbstständige Unternehmensberater auch geholfen, ihren Weg als Genossenschaften zu gehen. Und last, but not least, bei allen gewerblich tätigen Genossenschaften haben wir auch zum Beispiel Instrumente der GRW-Förderung oder dieses Einstellungszuschusses vorangebracht.

Seit 2006 ist die Zahl der Genossenschaften von 83 auf 370 gestiegen, in Thüringen von 16 auf 29. Insgesamt haben wir in Thüringen 465 Genossenschaften bei etwa 90.000 Unternehmen. Das heißt, was man an der Größe misst, ist etwa ein halbes Prozent der Unternehmen, die wir in Thüringen haben, 0,5 Prozent sind Genossenschaften. Ich sage noch mal, wir wollen das voranbringen.

Deswegen bin ich dankbar, dass es diese Debatte gibt, weil ich glaube, wir brauchen auch wieder mehr unternehmerische Tätigkeit, die natürlich verdienen will, aber die sich auch bestimmte Prinzipien zu eigen macht, die auf Gemeinwohl, Beschäftigungsorientierung, soziale Sicherheit und regionale Verantwortung und Verankerung setzt,

(Beifall DIE LINKE)

weil Genossenschaften nicht diejenigen sind, die auf den internationalen Märkten zuallererst unterwegs sind, sondern sie sind in der Region unterwegs und versuchen, Wertschöpfungsketten in der Region zu entwickeln. Das ist, glaube ich, ein wichtiges Instrument. Deswegen wird die Landesregierung auch weiterhin mit den Möglichkeiten, die sie hat, über die Wirtschaftsförderung, über Beratung und viele andere Instrumente versuchen, Genossenschaften in Thüringen als einen Bestandteil - ich sage ausdrücklich nicht als den Bestandteil, sondern als einen Bestandteil - eines vernünftigen Unternehmensportfolios unterstützen. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Machnig. Gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung werden Beratungen zu Berichten der Landesregierung grundsätzlich in langer, also doppelter Redezeit verhandelt. Ich frage, wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer 1? Das sehe ich bei allen Fraktionen. Vielen Dank. Dann werde ich auf Verlangen aller Fraktionen die Beratung zum Sofortbericht und zu Nummer 1 des Antrags und gleichzeitig die Aussprache zu Nummer 2 des Antrags eröffnen. Das Wort hat als Erste Frau Abgeordnete Siegesmund für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich beginne mit einem Geständnis, ich bin nämlich Genossin.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Es wurde auch Zeit.)

Ich bin Mitglied in einer Genossenschaft, der Bürgerenergie Jena, die zu denjenigen gehören, die sich überlegt haben, Energiewende von unten zu machen. Wir tragen selbst dazu bei, indem wir Anteile der Stadtwerke Jena-Pößneck zurückerwerben und unser Mitspracherecht damit erhöhen. Ja, Genossin oder Genosse in dieser Genossenschaft zu sein, das bringt nicht nur Verantwortung, das kostet auch Zeit. Das heißt auch, dass man sich durch ziemlich viel Papierkram fressen muss. Das heißt auch, dass man viel zu diskutieren hat. Aber ja, man kommt auch irgendwann zu dem Punkt, wo man feststellt, ich möchte eigentlich besser unterstützt werden oder diese Genossenschaft müsste besser unterstützt werden durch die Landesregierung. Mich hat das, was der Wirtschaftsminister jetzt hier gesagt hat, auch darin bestärkt, dass nicht nur erstens der Antrag der LINKEN sehr begrüßenswert ist, sondern zweitens sich auch die Fortberatung im Ausschuss lohnt, weil ich hätte mir da schon das eine oder andere Konkretere gewünscht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Genossenschaften sind eine Unternehmensform, die tatsächlich mehr Unterstützung bedarf. Wir GRÜNE wissen um das enorme Potenzial und den großen Nutzen, den Genossenschaften für unsere Gesellschaft haben, vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien. Ich würde jetzt, anders als Frau Leukefeld, nicht ganz so weit gehen, zu meinen, es hätte einen Boom gegeben in den vergangenen Jahren. Wenn ich mir anschaue, dass wir insgesamt bei den Genossenschaftsgründungen im Bundesgebiet tatsächlich eine deutliche Erhöhung ha

(Minister Machnig)

ben, Thüringen noch nachlegen muss - wir sind ja auch nicht so weit, wie wir wollen -, wir in Thüringen gerade mal 19 Energiegenossenschaften haben, dann bin ich schon der festen Überzeugung, da ist noch Luft nach oben. Dieses Potenzial muss man erkennen, benennen und unterstützen. Von daher auch noch mal herzlichen Dank für diesen Antrag.

Wir brauchen, und das steht fest, eine effektivere Förderung von Genossenschaften vor allem für deren Existenzgründungen und vor allem für Kleinund Kleinstgenossenschaften. Es gibt gute Beispiele, die tauchen in dem Antrag auch auf, das ist unter anderem, wie es das Land Baden-Württemberg vorgemacht hat. Dort wird nämlich Gründungswilligen beim Aufbau ihrer Genossenschaft sehr aktiv geholfen. Es geht nicht nur um das passive Zurverfügungstellen im Zweifel eines Finanzierungsrahmens, sondern es geht um kostenlose Beratungsleistungen in großem Umfang. Es geht um verbilligte Gründungsprüfungen und es geht eben um genau den Punkt, der diejenigen, die sich dazu entscheiden, bei einer Genossenschaft mit dabei zu sein, viel Zeit und Kraft kostet. Es geht um die Senkung von finanziellen und bürokratischen Hürden bei der Gründung von Genossenschaften. Da gibt es, das weiß ich aus eigener Erfahrung, tatsächlich noch viel zu tun. Man braucht, wenn man mittun will, viel Beharrlichkeit, man braucht viel Überzeugung, dass man für die richtige Sache streitet. Man muss sich immer wieder motivieren, sich durch den Papierkram zu wälzen und man braucht eben tatsächlich auch gegenseitige Unterstützung.

Die Energiegenossenschaften - darauf will ich mich hier nachfolgend konzentrieren - sind mit ihrer Zahl von 19 nur ein Teil übrigens der Geschichte. Wenn wir uns anschauen, wo sich Menschen zusammentun und für eine gute Idee streiten - es gibt, wenn wir im Bereich Erneuerbare schauen, inzwischen auch 28 sogenannte Bürgerkraftwerke, die gestützt von einer Befragung, die in Thüringen stattgefunden hat, zeigen, dass die Menschen Energiewende von unten auch über diese Form gern mitmachen wollen. 50 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer sagen, sie halten es für eine sehr gute Idee, sich auf diese Art und Weise einzubringen, selbst mitzutun. Das ist ein Punkt, wo man auch deutlich sagen muss, wenn wir die Energiewende in Thüringen vorantreiben wollen, gehört es auch dazu, diese Menschen zu hören und viel mehr zu investieren an Zeit, an Beratung und allem, was diese Menschen brauchen, weil noch ganz anderer Subtext mitläuft. Das zeigt auch, dass die Menschen in Thüringen Bürger- und Bürgerinnenbeteiligungen wirklich ernst nehmen, und dass sie diese Unternehmensform auch dankbar aufnehmen als Möglichkeit, sich für die Gesellschaft, für das Gemeinwohl einzusetzen, wenn auch tatsächlich der Zweck, der Hintergrund, die Motivation für sie klar erkennbar ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Fördern wir also die Gründung von Genossenschaften oder Bürgerkraftwerken - ich will bei diesem Bereich Erneuerbare bleiben -, geben wir den Menschen damit auch die Chance, in ihrer Heimat ganz bewusst mehr mitzugestalten. Die Akzeptanz unter den Bürgerinnen und Bürgern von genossenschaftlich umgesetzten Projekten ist wesentlich höher als wenn Projekte geplant und über deren Köpfe hinweg einfach umgesetzt werden. Auch das ist ein Schlüssel dafür, warum man erkennen kann und muss, dass diese Form der Beteiligung nicht nur irgendwas Kleines nebenher ist, sondern warum es tatsächlich gilt, sich auch aktiv dafür einzusetzen, diese Wirtschaftsform zu unterstützen. Da reicht es eben nicht, allein wenn es um Planungsverfahren geht, sich auf der Seite derjenigen zu wägen, die sagen, übrigens rechtlich oder technisch haben wir alles abgesegnet - ich nehme mal das Beispiel Aufstellen von Windrädern -, sondern da gibt es tatsächlich auch den klaren Zusammenhang, wenn Menschen sich daran beteiligen können, wenn sie mit in der Initiative dabei sein können, dann ist auch die Akzeptanz dieser Energieform deutlich höher. Deswegen liegt auch in der Frage der Genossenschaften ein Schlüssel nicht nur zu mehr Bürgerinnenund Bürgerbeteiligung, sondern auch zur Energiewende von unten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sind aber, bevor ich jetzt das Hohelied weitersinge, das will ich auch sagen, kein Allheilmittel für zahlreiche Probleme, die vor uns liegen.

(Beifall FDP)

Da klopft die FDP - für das Protokoll. Sie sind tatsächlich kein Allheilmittel und sie sind übrigens auch keine Garantie für den Erfolg. Natürlich müssen wir Schritt für Schritt schauen, wie diese zum Teil anfangs auch fragilen Gebilde tatsächlich auch zueinanderfinden, ob passgenaue Förderprogramme für sie existieren, ja oder nein und ob, aber das ist die zentrale Aufgabe, sie auf einem sicheren Feld hier unterstützt und flankiert werden, wo sie sich auch entwickeln und etablieren können. Hier sollte Thüringen nicht hinterherhängen, das Beispiel Baden-Württemberg ist im Raum. Wenn wir sagen, wir wollen mehr grüne Energie aus dem grünen Herzen, dann geht das nicht ohne Genossenschaften. Deswegen unterstütze ich den Antrag der LINKEN sehr und freue mich darauf, dass wir darüber weiter diskutieren können. Ich glaube, dass wir da tatsächlich noch an der einen oder anderen Stelle Hausaufgaben machen müssen. Uns haben Sie jedenfalls an Ihrer Seite bei der Idee, Genossenschaften in Thüringen zu stärken. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Siegesmund. Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Baumann für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Genossenschaften sind eine Erinnerung an die internationale Gemeinschaft, dass es möglich ist, sowohl nach wirtschaftlicher Rentabilität als auch sozialer Verantwortung zu streben, das betonte im vergangenen Jahr der Generalsekretär der Vereinten Nationen, als das Jahr der Genossenschaften im Jahr 2012 eröffnet wurde. Ich kann mich diesen Worten nur anschließen. Das deutsche Genossenschaftsrecht steht in einer langen, schon über 100-jährigen Tradition. In Deutschland sind ca. 21 Mio. Menschen an einer Genossenschaft beteiligt und folgen damit einem gemeinsamen sozialen Gedanken. Es sind insgesamt, glaube ich, über 8.000 Genossenschaften. Die Genossenschaften haben auch die Zeit vor der Wende überlebt, auch in der ehemaligen DDR gab es Genossenschaften. Ich war da selbst auch Mitglied in einer solchen Produktionsgenossenschaft des Handwerks. Heute beraten wir über den Antrag der LINKEN, der als Ziel ansieht, die Förderung der Genossenschaften im Rahmen von zugeschnittenen Fördermaßnahmen stärker einzusetzen. Uns sind, ich habe es auch schon einmal betont, die Vorteile dieser Unternehmensform bekannt, wie zum Beispiel die Insolvenzfestigkeit, der Minister ist auch schon darauf eingegangen, oder zum Beispiel die demokratische Verfasstheit, die Sie auch im Antrag erwähnten. Also alles spricht für diese Form.

Lassen Sie mich kurz auf die letzten Änderungen eingehen. 2006 wurde die Genossenschaftsnovelle auf Anregung der Europäischen Union eingeleitet. Die Reform hat das soziale und solidarische Wirtschaften positiv gefördert, denn seitdem werden Einrichtungen für kleinere Genossenschaften vorgesehen. Die Nachteile von den Zusammenschlüssen wurden dennoch durch die Novelle beschrieben oder sind geblieben. Genossenschaften haben im Vergleich hohe Rechtsformkosten durch die kostenpflichtige Gründungsprüfung. Genossenschaftsmitglieder erhalten keine Gründungsförderung und sie können nur unter erschwerteren Bedingungen Kredite aufnehmen. Dazu kommt noch, dass Genossenschaften bei Förderprogrammen schlechter behandelt werden als Kapitalgesellschaften. Diese Bedenken sind auf Bundesebene auszuräumen und der Reformwille muss an die Europäische Union auch weitergegeben werden. Erst dann können Genossenschaften stärker befördert werden. Im Bundestag wurde zum Ende des letzten Jahres über eine Weiterentwicklung der Genossenschaften, des genossenschaftlichen Wirtschaftens diskutiert. Ihr Antrag stellt dahin gehend Forderungen

auf, die durchaus nachahmenswert sind. Die SPDBundestagsfraktion legte am 12. Dezember im Deutschen Bundestag einen umfassenden Antrag dazu vor: „Genossenschaftsgründungen erleichtern, Wohnungsgenossenschaften stärken, bewährtes Prüfsystem erhalten“. Aus diesem Grund sollten wir auch den Prozess in den Bundestagsausschüssen verfolgen. Wir sollten diesen Punkt auch vor dem Hintergrund der Debatte im Bundestag im Wirtschaftsausschuss weiterdiskutieren. Meine Fraktion plädiert dafür, den Antrag an den Ausschuss zu überweisen, um dort weiterhin über die Genossenschaften und die positiven Auswirkungen für Thüringen zu diskutieren. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Baumann. Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Dr. Johanna Scheringer-Wright für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Besucher, wir haben unseren Antrag „Genossenschaften in Thüringen unterstützen“ eingebracht im Nachgang des Internationalen Jahres der Genossenschaften, weil es oft, zu oft passiert, dass in solchen besonderen Jahren eine Sache gelobt wird, sich viele Politiker auf Veranstaltungen dazu profilieren und wenn das Jahr dann vorüber ist, wird zur Tagesordnung übergegangen, wo dann Genossenschaften keine Rolle mehr spielen. Dazu ist uns LINKEN das Thema „Genossenschaften“ zu wichtig.

(Beifall DIE LINKE)

Wir LINKE arbeiten für einen sozialökologischen Umbau der Wirtschaft, wir wollen eine solidarische Ökonomie verwirklichen und Wirtschaftsdemokratie. Dazu gehört Vielfalt und dazu gehört auch, dass Menschen die Möglichkeit haben, eigenverantwortlich und gemeinsam miteinander zu wirtschaften, mit anderen zu wirtschaften, eben genossenschaftlich. Dazu müssen die Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Menschen gemeinschaftlich und mit gleichen Rechten eine Unternehmensidee oder Lebensidee umsetzen können, und zwar auch, wenn sie kein oder wenig Startkapital haben, oder damit Beschäftigte ihre Betriebe, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr weitergeführt werden, eigenverantwortlich und gleichberechtigt übernehmen können - da kommt mir natürlich der Betrieb „Schlecker“ in den Sinn - oder damit kleine Handwerksbetriebe, die Nachfolgerschwierigkeiten haben, sich zusammenschließen können und kooperieren. Für alle genannten Beispiele, und es gä

be noch viele mehr, bietet sich als Unternehmensform die eingetragene Genossenschaft an.

Nun haben wir hier in Thüringen gerade im Agrarbereich eine gute und starke Tradition von Genossenschaften. Die Agrargenossenschaften gehören zu den leistungsstärksten und innovativsten landwirtschaftlichen Betrieben, die zudem einen nicht zu unterschätzenden Beitrag für das Gemeinwohl und die Erhaltung der Kulturlandschaft leisten. Nach den turbulenten Nachwendezeiten haben sich die Agrargenossenschaften nicht nur etabliert, sondern zu Motoren im ländlichen Raum entwickelt. In vielen Fällen sind es gerade Agrargenossenschaften, die das Leben in den Dörfern bereichern und aktiv mitgestalten. Ähnlich positiv bewerten wir auch die Wohnungsbaugenossenschaften. Natürlich kämpfen gerade die ganz besonders mit der Veränderung im Wohnstil und immer noch mit den Auswirkungen der Altschuldenproblematik. Erschwerend kommt hinzu, dass die Anschlussregelung für die 2011 ausgelaufene Teilentschuldung für abgerissene Wohnungen nach § 6 a - Altschuldengesetz - nicht gemacht wurde, obwohl dafür noch Geld im Fonds zur Verfügung stehen würde. Das ist eine große Bürde für die Wohnungsbaugenossenschaften und hier muss die Landesregierung auf Bundesebene aktiv werden, um die Anschlussregelung zu sichern.

(Beifall DIE LINKE)

Im Sofortbericht hat Herr Machnig gerade dargestellt, dass wir heute 465 eingetragene Genossenschaften haben. Zwei Drittel bestimmt immer noch 2009 war es so -, mehr als zwei Drittel sind Agrarund Wohnungsbaugenossenschaften. Insgesamt, hat er dargestellt, sind nur 0,5 Prozent der Unternehmen Genossenschaften. Wie sieht es denn aus mit Neugründungen?

Mit der Novelle des Genossenschaftsgesetzes im Jahr 2006 verbesserten sich die Ausgangsbedingungen für genossenschaftliche Neugründungen wesentlich. Aber ist das bei potenziellen Neugründern bekannt? Zugegeben, da hat das Internationale Jahr der Genossenschaften geholfen. Im Bereich der bürgerschaftlichen Energiegewinnung ist die Idee Genossenschaft auch besser verankert als in anderen Bereichen. Herr Machnig hat gesagt, 11 Genossenschaften wurden auf den Weg gebracht und gefördert. In anderen Bereichen ist es so, dass sicherlich auch solche Initiativen wie die von den LINKEN geholfen haben, die die Verscherbelung der TLG Wohnen GmbH verhindern wollten und diese in die Genossenschaft FAIRWOHNEN e.G. überführen wollten. Diese Genossenschaft TLG FAIRWOHNEN e.G. war das Angebot an die Bundesregierung zu Alternativen im sozialen Wohnungsbau und wäre die erste überregionale Wohnungsbaugenossenschaft gewesen. Gegen den Privatisierungswahn im Wohnungsmarkt konn

ten die Genossenschafter aus dem Mieterstamm gewonnen werden. Mehr als 600 Mitglieder gab es schon, die Finanzierung über eine Bank war gesichert. Nur der Bundesfinanzminister Schäuble hat dann einen Strich durch die Rechnung gemacht und die Genossenschafter aus dem Bieterverfahren ausgeschlossen. So ist die Genossenschaftsidee bei manchen Politikern, z.B. beim Bundesfinanzminister, angekommen. Das war sehr traurig für die Aktiven in dieser im Aufbau begriffenen Genossenschaft und ein gesellschaftspolitischer Skandal.

(Beifall DIE LINKE)

Das war auch kein gutes Signal für potenzielle Neugründer und schürte Verunsicherung.

Die Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag bearbeitete das Thema „Genossenschaften“ stetig über lange Zeit. In der vergangenen Legislatur haben wir dazu Konferenzen durchgeführt und auch im vergangenen Sommer haben wir hier im Landtag ein Forum Genossenschaften, einen Aktionstag - Frau Leukefeld hat es schon gesagt - durchgeführt. Das war eine sehr gute Veranstaltung. Genossenschafter haben sich ausgetauscht, Vorteile, aber auch Gefahren und Hemmnisse wurden besprochen. Es wurde festgestellt, dass gerade junge Gründer in Unternehmensberatungen kaum auf die Idee gebracht werden, eine Genossenschaft zu gründen. In der Tat wird die Genossenschaft dann als Unternehmensform gewählt, wenn die Gründer darüber schon vorher Bescheid wussten und sich entschieden hatten.

Ein weiteres Hemmnis, das auf unserer Konferenz dargelegt wurde - und es wurde heute auch schon angesprochen in der Debatte -, ist die Prüfpflicht für Klein- und Kleinstgenossenschaften gerade am Anfang, wenn den Beteiligten noch nicht so klar ist, ob diese Unternehmensform die richtige ist. Weiterhin wurde festgestellt, dass es wichtig für die Gründungsbegleitung ist, dass die Genossenschaft wie jede andere Rechtsform auch Zugang zu allen vorhandenen Förderinstrumenten hat. Das soll jetzt für Gruppengründungen insgesamt auch bei der GFAW gegeben sein. Auch in den KfW-Programmen soll es jetzt gelungen sein, die Beschränkung für Genossenschaften abzubauen. Das ist mein Stand. Aber wer weiß das? Ist das in der Praxis auch so? Selbst Herr Baumann hat gerade festgestellt, dass bei Kreditaufnahme die Genossenschaften gegenüber Kapitalgesellschaften benachteiligt sind. Da muss man schon noch mal genauer reinschauen, wie das jetzt wirklich gestaltet ist in den KfW-Programmen.

Im Nachgang zum Internationalen Jahr der Genossenschaften, in dem viele Politiker gerade in Ostdeutschland eine Lanze für Genossenschaften gebrochen haben, wäre es aber angesagt, konkret zu handeln und das auch breit zu kommunizieren, da

mit eine gesellschaftliche Atmosphäre pro Genossenschaft entsteht.

(Beifall DIE LINKE)

Auf dem Mitteldeutschen Genossenschaftskongress im Mai letzten Jahres in Schkeuditz führte zum Beispiel Matthias Machnig, Thüringens Wirtschaftsminister aus - ich zitiere mit Ihrer Genehmigung: „Genossenschaftlich organisierte Unternehmen sind Vorbild für solidarisches und demokratisches Wirtschaften. Ich“ - so sagt er - „sehe darin eine echte Alternative zum Shareholder-Kapitalismus, der kurzfristige Profitmaximierung zum alleinigen Maßstab für unternehmerischen Erfolg gemacht hat.“

Das Jahr der Genossenschaften müsse nach Wirtschaftsminister Machnig dazu genutzt werden, diese Form des Wirtschaftens zu stärken und weiter zu verbreiten und dazu gehöre eine bessere Unterstützung durch die Politik. Gut gebrüllt, Herr Machnig, ehrlich, da stimme ich Ihnen zu. Aber wo bleibt die Umsetzung ganz konkret?

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Haben Sie nicht zugehört oder was?)

Solchen Ansagen müssen doch Taten und vor allem Öffentlichkeitsarbeit folgen. Ich habe natürlich zugehört und Sie haben ein bisschen wenig berichtet, aber darüber reden wir dann im Ausschuss.

(Beifall DIE LINKE)

Also wie kann sichergestellt werden …