Protocol of the Session on February 24, 2010

Zu Frage 2: Das parlamentarische Fragerecht nach Artikel 53 Abs. 2 in Verbindung mit Artikel 67 der Thüringer Verfassung verpflichtet allein die Landesregierung als Kollegialorgan, Anfragen aus dem

Landtag zu beantworten. Ein eigenständiger Auskunftsanspruch gegenüber einem einzelnen Ministerium besteht nicht. Nach Maßgabe von Artikel 53 Abs. 2 wieder in Verbindung mit Artikel 67 Abs. 3 der Thüringer Verfassung steht der Regierung bei der Beantwortung parlamentarischer Anfragen ein Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zu, den auch das Parlament respektieren muss. Dies gilt namentlich für interne Willenbildungs- und Entscheidungsprozesse. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs - ich verweise auf das Urteil vom 19. Dezember 2008, Aktenzeichen 35/07 - ist die Landesregierung grundsätzlich nicht verpflichtet, in der Beantwortung der offiziellen Landtagsdrucksache kenntlich zu machen, welche möglichen abweichenden Darstellungen bzw. Einschätzungen anderer beteiligter Fachministerien der Landesregierung es zu dem von einem Abgeordneten erfragten Sachverhalt bzw. zu einzelnen Fragen gibt. Eine derartige Kenntlichmachung würde in interne Willensbildungsprozesse bzw. ressortübergreifende Abstimmungsprozesse eingreifen und ist in der Regel verfassungsrechtlich unzulässig.

Zu Frage 3: Bevor ich diese Frage beantworte, sehr geehrter Herr Abgeordneter Ramelow, erlauben Sie mir an dieser Stelle zunächst eine kurze Vorbemerkung. Die Landesregierung ist verfassungsrechtlich regelmäßig nicht verpflichtet, parlamentarische Fragen zu internen Willenbildungsprozessen zu beantworten. Es ist aber auf der anderen Seite ein wichtiges Anliegen dieser Landesregierung, auch derartige Fragen im Interesse größtmöglicher Transparenz und Akzeptanz des Regierungshandelns so gut wie möglich nach dem vorliegenden Sachstand und auf der Grundlage der bekannten Tatsachen zu beantworten. Dabei ist allerdings in Rechnung zu stellen, dass die Willensbildung innerhalb einer Regierung naturgemäß einen komplexen ergebnisoffenen Diskussions- und Entscheidungsprozess darstellt, der in der Gesamtschau als das Ringen um eine sachgerechte beste Entscheidung der Regierung zu charakterisieren ist. Zudem ist schriftlichen Zuarbeiten eines beteiligten Ministeriums in rechtlicher oder verfassungsrechtlicher Hinsicht kein besonderer Stellenwert beizumessen. Entscheidend ist stets die Billigung des vom federführenden Ministerium ausgearbeiteten Antwortvorschlags durch die Landesregierung in ihrer Gesamtheit als kollegial verfasstes Verfassungsorgan - das als Vorbemerkung.

Vor diesem Hintergrund beantworte ich für die Landesregierung die Frage 3 wie folgt: Das Thüringer Innenministerium hat ebenso wie die Staatskanzlei im Rahmen der Ressortabstimmung jeweils die Antworten der Landesregierung zu den Kleinen Anfragen Nummer 57 und Nummer 117 mitgezeich

net. Die Zuarbeit des Innenministeriums zur Kleinen Anfrage Nummer 117 weicht von der Einschätzung des Justizministeriums bzw. der Landesregierung nicht ab. Die als Zuarbeit zur Kleinen Anfrage Nummer 57 erstellten Stellungnahmen des Thüringer Innenministeriums vom Dezember 2009 - andere Ministerien wurden an diesem Abstimmungsprozess nicht beteiligt - decken sich inhaltlich weitgehend mit den rechtlichen Einschätzungen der Landesregierung. Die Landesregierung hat sich daraufhin insgesamt in ihren Antworten positioniert und aufgezeigt, zu welchen konkreten Einschätzungen sie im Zeitpunkt der Beantwortung der Anfragen gelangt ist, und auf diese Entscheidung kommt es an.

Zu Frage 4: Die Landesregierung beachtet bei der Beantwortung parlamentarischer Anfragen selbstverständlich die Vorgaben der Artikel 53 Abs. 2 und Artikel 67 der Thüringer Verfassung und die allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätze nach Maßgabe der Rechtsprechung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs. Insbesondere ist sie der Ansicht, dass eine überzeugende parlamentarische Bewertung des Regierungshandelns im politischen Diskurs vor allem aber das Ergebnis eines Entscheidungsprozesses in den Blick nehmen sollte und nicht einzelne Facetten vorgelagerter Prozeduren oder Meinungen einzelner Amtsträger. Vielen Dank.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen, dann ist diese Frage abgeschlossen. Ich rufe jetzt die dritte Anfrage auf, es ist die Anfrage der Frau Abgeordneten Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in der Drucksache 5/405.

Wohnsituation für Studierende verbessern

Wie in der Sitzung des Studentenbeirates Jena am 25. Januar 2010 bekannt wurde, konnten zu Wintersemesterbeginn zahlreiche Studierende in Jena ihr Studium nicht aufnehmen, da sie keinen Wohnraum gefunden haben. In der Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage Nummer 109 vom 21. November 2009 zum studentischen Wohnen, die erst am 22. Januar 2010 beantwortet wurde, hat die Landesregierung keine Stellung dazu bezogen (vergleiche Drucksache 5/387).

Ich frage die Landesregierung deshalb:

1. Ist der Landesregierung bekannt, dass Studierende ihren Studienplatz nicht annehmen konnten, da sie keinen Wohnraum gefunden haben und wenn ja, an welchen Hochschulstandorten und wie

hoch ist die Anzahl der Studierenden, die aufgrund von Wohnungsmangel im Wintersemester 2008/ 2009, Sommersemester 2009 und Wintersemester 2009/2010 ihren Studienplatz nicht annehmen konnten?

2. Beabsichtigt die Landesregierung eine Aufstockung an Mitteln, um das Studentenwerk Thüringen beim Bau neuer Wohnungsanlagen zu unterstützen?

3. Gibt es eine Bedarfsplanung, wonach die Mangelsituation einzelner Studienstandorte bereits eruiert und entsprechend Neubauvorschläge seitens des Studentenwerkes vorgeschlagen wurden?

4. Wenn es diese Bedarfsplanung gibt, in welchem Zeitraum wird die Landesregierung in den Städten mit besonderer Wohnungsnot für Studierende aktiv werden?

Für die Landesregierung antwortet Staatssekretär Prof. Deufel.

Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Siegesmund beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt.

Zu Frage 1: Der Landesregierung ist die angespannte Situation bei der Beschaffung von Wohnraum für Studierende in Jena bekannt. Eine Übersicht zur Zahl der Studienbewerber, die wegen Wohnungsmangel in Jena ihr Studium nicht aufgenommen haben, liegt nicht vor. Für andere Hochschulstandorte sind vergleichbare Erscheinungen des Wohnungsmangels nicht zu verzeichnen.

Zu Frage 2: Wie bereits mit der Beantwortung der Kleinen Anfrage 109 dargestellt, ist die Bereitstellung von Fördermitteln für den studentischen Wohnungsbau mit der Beschlussfassung zum Landeshaushalt 2010 vorgesehen.

Zu Frage 3: Ja, es gibt eine Bedarfsplanung.

Zu Frage 4: Der Baubeginn bei Vorhaben des studentischen Wohnungsbaus unter Einbeziehung von Fördermitteln des Landes soll, natürlich vorbehaltlich der Beschlussfassung zum Haushalt 2010, noch im Jahr 2010 erfolgen.

Es gibt offensichtlich keine weiteren Nachfragen, damit ist auch diese Frage abgeschlossen. Ich rufe als Viertes die Frage der Frau Abgeordneten Ro

the-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in Drucksache 5/406 auf.

Gesunde Ernährung durch reduzierten Fleischkonsum

Unabhängig von der Interpretation der Aussagen der Bundesagrar- und -verbraucherschutzministerin Ilse Aigner von der CSU über die Rolle des Fleischkonsums in einem Gespräch mit der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ Ende Dezember 2009 bleibt es bei ihrem Zitat: "Wenn wir uns alle gesund und ausgewogen ernähren würden, so wie es zum Beispiel mit der Ernährungspyramide der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlen wird, wäre das bereits ein erheblicher Beitrag zum Klimaschutz." Diese Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sehen einen Pro-KopfFleischkonsum von 300 bis 600 Gramm je Woche vor - das ist annähernd halb so viel, wie in Deutschland im Durchschnitt konsumiert wird. Die Landesregierung befürwortet den Neubau bzw. die Erweiterung von Schweinezucht- und -mastanlagen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hoch ist der durchschnittliche Fleischkonsum in Thüringen?

2. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung hinsichtlich der Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung?

3. Findet diese Auffassung Beachtung in der Öffentlichkeitsarbeit und wenn ja, in welcher Form?

4. Wie begründet die Landesregierung die von ihr betriebene Ausweitung der Schweinefleischproduktion in Thüringen?

Für die Landesregierung antwortet Staatssekretär Dr. Schubert.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Rothe-Beinlich wie folgt:

Zu Frage 1: Nach der Nationalen Verzehrstudie des Max-Rubner-Instituts in Kulmbach aus dem Jahr 2008 verzehren in Thüringen die Frauen ca. 420 g und die Männer ca. 720 g Fleisch und Wurst

pro Woche. Wenn man jetzt davon ausgeht, 50 Prozent Frauen, 50 Prozent Männer, liegt das dann ungefähr in dem Korridor, den Sie genannt haben, auf den ich jetzt auch noch mal kurz komme.

Zu Frage 2: Die Thüringer Landesregierung teilt die Auffassung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, auch nach meiner Auffassung sollte im Rahmen einer ausgewogenen gesunden Ernährung der Pro-Kopf-Fleischkonsum grundsätzlich 300 bis 600 g pro Woche nicht überschreiten.

Zu Frage 3: Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit wird auch auf den Aspekt eines angemessenen Fleischverzehrs im Rahmen einer ausgewogenen und gesunden Ernährung eingegangen. Wahrgenommen wird die Öffentlichkeitsarbeit im Wesentlichen von der Verbraucherzentrale Thüringen e.V. und der Sektion Thüringen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. Neben der Bereitstellung von Informationsmaterial erfolgt die Öffentlichkeitsarbeit in Form von Einzel- und Gruppenberatungen zum Thema „Ernährung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene“. Darüber hinaus wird für eine gesunde Ernährung auf Ausstellungen und Messen sowie durch ein Infomobil thüringenweit geworben.

Zu Frage 4: In welcher Form die Versorgung der Bevölkerung mit Schweinefleisch erfolgt, entscheidet nach wie vor der Markt. Aufgabe des Staates ist es, die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen hierfür zu setzen. Land- und Ernährungswirtschaft tragen in erheblichem Umfang dazu bei, die Nahrungsmittelversorgung zu sichern, biogene Rohstoffe und Energieträger bereitzustellen, die Kulturlandschaft zu pflegen, die biologische Vielfalt zu erhalten und den ländlichen Wirtschaftsraum zu stabilisieren. Auch die Schweinehaltung mit ihren vor- und nachgelagerten Bereichen sichert Arbeitsplätze vornehmlich in ländlich geprägten Regionen. Ihre Wettbewerbsfähigkeit ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sie diesen Funktionen auch gerecht werden kann. Die Agrarpolitik der Landesregierung ist auf diese Ziele ausgerichtet. Der Schutz der landwirtschaftlichen Nutztiere, insbesondere geschlossene Produktionssysteme, tiergerechte Haltungssysteme, Minimierung der Tiertransporte, z.B. kein Ferkeltourismus usw., ist dabei eine zentrale Aufgabe der Landespolitik. Die lückenlose und konsequente Produktionsüberwachung vom Ferkel bis zum Schlachtschwein ist für die Landesregierung ein sehr wichtiger Part im Zuge der Gewährleistung einer optimalen Produktsicherheit.

Es gibt eine Nachfrage durch Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich und dann von Herrn Abgeordneten Recknagel.

Ich habe eine Nachfrage: Wie würde die Landesregierung zu dem Vorschlag stehen, einen fleischlosen Tag, genussvoll aber fleischlos, beispielsweise in der Thüringer Kantine in den Ministerien einzuführen, um eine entsprechende Vorbildwirkung zu entfalten - einen Tag in der Woche?

Da mache ich mal einen Gegenvorschlag - vielleicht kann der Landtag damit anfangen? Das entscheiden Sie ja selbst.

(Heiterkeit im Hause)

Herr Abgeordneter Recknagel.

Die Abgeordnete Rothe-Beinlich hat hier in der Fragestellung eine Verbindung hergestellt zwischen der Ernährung und der Fleischproduktion in Thüringen. Dazu hätte ich die Nachfrage: Hält die Landesregierung eine Verknappung des Fleischangebots für ein probates Mittel der Gesundheitsförderung?

Nein, das hält die Landesregierung nicht für ein probates Mittel.

(Beifall CDU)

Es gibt offensichtlich keine weiteren Fragen mehr zu diesem Thema, so dass ich die nächste Mündliche Anfrage aufrufen kann, und zwar die des Herrn Abgeordneten Dr. Augsten, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, in der Drucksache 5/407.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Gefährdung von Arbeitsplätzen in der Thüringer Landwirtschaft durch den Neubau bzw. die Erweiterung von Schweinezucht- und -mastanlagen

In Thüringen gibt es mehrere Bauvorhaben bzw. Anträge, die das Ziel haben, neue Schweinezucht- bzw. -mastanlagen zu errichten bzw. bestehende

zu erweitern. Wie die alte bewertet auch die neue Landesregierung diese Entwicklung trotz erheblicher Proteste von betroffenen Anwohnern als positiv. Dies geschieht in der Regel mit dem Hinweis darauf, dass der Selbstversorgunggrad im Bereich Schweinefleisch im Freistaat bei knapp 70 Prozent liegt und eine höhere Selbstversorgung anstrebenswert ist. Damit verbunden ist die Aussicht auf neue Arbeitsplätze in den neuen bzw. erweiterten Anlagen.

Ich frage die Landesregierung: