Protocol of the Session on February 24, 2010

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße auch die Gäste auf der Zuschauertribüne sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Besonders begrüße ich zum ersten Mal in der Landtagssitzung den neu gewählten Präsidenten des Thüringer Rechnungshofs Herrn Dr. Hans Walter Dette.

(Beifall im Haus)

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, am 18. Februar 2010 verstarb der Präsident des Parlaments der Republik Mordowien Herr Valerij Aleksewitsch Ketschkin im Alter von 61 Jahren. Der Thüringer Landtag ist über den Freundeskreis Mordowien mit der Republik Mordowien und dem Mordowischen Parlament eng verbunden. Zu Herrn Parlamentspräsidenten Ketschkin bestanden gute persönliche Kontakte. Er hat mehrfach den Freistaat Thüringen besucht. Die Republik Mordowien verliert mit Herrn Ketschkin einen allseits geschätzten und profilierten Politiker. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Freundeskreises, Herrn Abgeordneten Egon Primas, habe ich in einem Schreiben an das Oberhaupt der Mordowischen Republik im Namen des Thüringer Landtags auf das Tiefste Anteil genommen. Ich bitte Sie, sich von den Plätzen zu erheben.

Danke schön.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Schriftführer hat neben mir Platz genommen der Abgeordnete Recknagel. Die Rednerliste führt die Frau Abgeordnete Meißner.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Minister Dr. Poppenhäger, der Abgeordnete Kemmerich, die Frau Abgeordnete Tasch, der Herr Abgeordnete Gumprecht und der Herr Abgeordnete Dr. Hartung.

Allgemeine Hinweise: Ich lade Sie herzlich für morgen 13.00 Uhr in das Foyer vor dem Landtagsrestaurant zur Eröffnung der Ausstellung „Kulturlandschaft Thüringen“ des Thüringer Ministeriums für Bau, Landesentwicklung und Verkehr in Zusammenarbeit mit der Bauhaus-Universität Weimar und der Fachhochschule Erfurt ein.

Darüber hinaus hat der Sozialverband VdK für morgen zu einem parlamentarischen Abend eingeladen, der nach dem Ende der Plenarsitzung gegen 20.00 Uhr beginnen soll.

Für die Redakteure Petra Kühling, Katja Bomeier und Jens Grotegut, die für Antenne Thüringen tätig sind, und für den Pressereferenten der CDU-Fraktion, Herrn Heiko Sennebald, habe ich für die Plenarsitzung eine Sondergenehmigung für Bild- und Tonaufnahmen gemäß der Regelung für dringende Fälle nach § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung erteilt.

Hinweise zur Tagesordnung: Die Fraktionen sind im Ältestenrat übereingekommen, heute die Aktuelle Stunde und danach die Fragestunde aufzurufen. Die Fragestunde wird morgen nach der Wahl fortgesetzt. Weiterhin werden die Tagesordnungspunkte 4 a und b morgen als erster und der Tagesordnungspunkt 1 morgen als zweiter Tagesordnungspunkt aufgerufen.

Die Wahl in Tagesordnungspunkt 19 findet morgen unmittelbar nach der Mittagspause statt. Darüber hinaus sind die Fraktionen im Ältestenrat übereingekommen, zu Tagesordnungspunkt 1 „Thüringer Gesetz zu dem Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag“ im Anschluss an die erste Beratung - sofern keine Ausschussüberweisung beschlossen wird - gleich die zweite Beratung durchzuführen. Ich gehe davon aus, dass dem nicht widersprochen wird. Ich sehe keinen Widerspruch.

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit zu Tagesordnungspunkt 3 hat die Drucksachennummer 5/503. Als Berichterstatter wurde Abgeordneter Gumprecht benannt.

Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu Tagesordnungspunkt 3 b hat die Drucksachennummer 5/504.

Zu TOP 13 wurde ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/514 verteilt.

Gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung sind Änderungsanträge zu selbstständigen Vorlagen, die keinen Gesetzentwurf enthalten, nur mit Zustimmung des Antragstellers zulässig. Ich frage deshalb die Fraktion DIE LINKE, erteilen Sie die Zustimmung zur Einbringung des Änderungsantrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN? Ja. Danke. Damit ist die Drucksache Bestandteil der Beratungen.

Die gemeinsamen Wahlvorschläge zu TOP 19 haben die Drucksachennummer 5/496.

Zu Tagesordnungspunkt 20, der Fragestunde, kommen folgende Mündlichen Anfragen hinzu: Drucksachen 5/472/481/484/485/491/492/497. Der Abgeordnete Kubitzki hat seine Mündliche Anfrage in der Drucksache 5/480 in eine Kleine Anfrage umgewandelt.

Die Fraktion DIE LINKE hat ihre Aktuelle Stunde in der Drucksache 5/413 zurückgezogen und gleichzeitig eine neue Aktuelle Stunde mit dem Thema „Auswirkungen der beabsichtigten Kürzungen bei den Schlüsselzuweisungen auf die kommunalen Haushalte in Thüringen“ in der Drucksache 5/515 eingereicht.

Die Landesregierung hat angekündigt, zu den Tagesordnungspunkten 13, 14, 16 und 18 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.

Die FDP-Fraktion hat heute beantragt, den Tagesordnungspunkt 18 „Maßnahmen zur Gleichbehandlung von angestellten und verbeamteten Lehrkräften in Thüringen“ vorzuziehen auf die Plenarsitzung am Donnerstag, dem 25. Februar, als letzten Tagesordnungspunkt.

Ich frage: Wird der vorliegenden Tagesordnung widersprochen oder gibt es Ergänzungen? Nein.

Dann rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 21

Aktuelle Stunde

a) auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Auswirkungen der beabsichtigten Kürzungen bei den Schlüsselzuwei- sungen auf die kommunalen Haus- halte in Thüringen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/515 -

Ich eröffne die Aussprache und als Erster hat der Abgeordnete Kuschel das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es liegt uns der Haushaltsentwurf der Landesregierung für das Haushaltsjahr 2010 und der Entwurf des kommunalen Finanzausgleichsgesetzes 2010 vor. Dabei mussten nicht nur wir, sondern die Kommunen in diesem Land zur Kenntnis nehmen, dass auf diese Landesregierung alles andere,

nur kein Verlass mehr ist.

(Beifall DIE LINKE)

Sie haben einen „Flächenbrand“ verursacht in einer verantwortungslosen Art und Weise und die Kommunen flächendeckend in eine äußerst schwierige, manche sogar in eine nahezu aussichtslose Lage versetzt. Das ist verantwortungslos. Zu Recht kritisieren viele Bürgermeister, Landräte und die Kommunen diese Art der Politik.

Was ist geschehen? Im Dezember informieren Sie die Kommunen über die Eckpunkte des Regierungsentwurfs zum Finanzausgleichsgesetz. Schon da mussten die Kommunen zur Kenntnis nehmen, dass sie bei den Schlüsselzuweisungen, also bei den Mitteln, über die sie frei verfügen können, 50 Mio. € im Vergleich zu 2009 weniger einnehmen werden. Das waren rund 5 Prozent. Da haben viele Kommunen gesagt, damit können wir umgehen, damit können wir unsere Haushalte aufstellen und planen. Das war auch eine Kürzung, bei der manche gesagt haben, es kann schlimmer werden. Die kommunale Ebene war im Wesentlichen zumindest mit diesem einen Punkt zufrieden. Sie haben ein Rundschreiben an die Rechtsaufsicht gesandt, Herr Innenminister. Die Kommunen sind also informiert worden und haben ihre Haushalte danach aufgestellt. Die Kommunen, die das nicht machen wollten, die gesagt haben, wir gehen mit einem geringeren Planansatz daran, wie der Landrat Weimarer Land, die sind durch das Landesverwaltungsamt zurückgepfiffen worden - Herr Mohring kennt den Vorgang -, wurden gezwungen, die Eckwerte aus dem Rundschreiben vom Dezember 2009 in den Plan aufzunehmen und die Kreditaufnahme um diese Größenordnung - es waren 1,8/1,9 Mio. € - zu reduzieren. Jetzt, noch vorige Woche, musste der Kreistag diesem Beschluss beitreten. Herr Mohring rennt vor sich selbst weg, das ist auch vernünftig.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt kommen weitere 90 Mio. € Kürzungen bei den Schlüsselzuweisungen hinzu, in der Summe also 140 Mio. €. Das ist die Folge des angeblichen Rechenfehlers im Zusammenhang mit dem neuen Kindertagesstättengesetz, wo das Gesetzgebungsverfahren gegenwärtig läuft. Ich behaupte, das war kein Rechenfehler, sondern die SPD hat sich einfach von der CDU über den Tisch ziehen lassen

(Beifall DIE LINKE)

und die Kommunen haben dies jetzt wieder auszubaden. Die Konsequenzen können Sie jeden Tag aus den Medien entnehmen, meine sehr verehrten

Damen und Herren. In Erfurt steigt das Haushaltsloch von rund 27 Mio. € auf über 30 Mio. €, weil weitere 7 Mio. € fehlen. Eisenach hat ja bereits „die weiße Fahne gehisst“, hatte bisher 10 Mio. €, jetzt kommen noch mal weitere 2 Mio. € dazu, also 12 Mio. € Defizit. Aber dies geht auch bis hinunter zu kleinen Gemeinden wie die Gemeine Mihla im Wartburgkreis. Diese verliert 60.000 €. Die ersten Gemeinden haben reagiert, so z.B. der Bürgermeister von Marksuhl, auch im Wartburgkreis, der angekündigt hat, bei der Kinderbetreuung zu kürzen. Da frage ich, wir diskutieren gegenwärtig ein Gesetz zur Verbesserung der Kindertagesstättenbetreuung und Sie zwingen die Kommunen durch Ihre verantwortungslose Politik, in diesem Bereich jetzt den Rotstift anzusetzen. Widersprüchlicher kann Politik nicht sein. Jetzt ist der Landtag gefordert. Ich hoffe, dass sich im Landtag eine vernünftige Mehrheit findet, diesen Unsinn der Landesregierung zu korrigieren. Wir haben dies in der Hand.

(Beifall DIE LINKE)

Wir verlangen, dass die Kommunen sich darauf verlassen können, was ihnen die Landesregierung im Dezember 2009 mitgeteilt hat, also keine weiteren Kürzungen bei den allgemeinen Zuweisungen und das Kindertagesstättengesetz muss natürlich ordentlich gegenfinanziert werden. Wir haben sicherlich im Rahmen der Haushaltsdiskussion Zeit, dazu entsprechend zu diskutieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf Sie, vor allem von der Regierungskoalition, recht herzlich einladen, morgen 13.00 Uhr vor dem Landtag werden wir unseren Protest nochmals deutlich machen, wir werden den Rettungsschirm für die Kommunen in Not aufspannen. Sie sind ganz herzlich eingeladen, dann können Sie mal Flagge zeigen.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter Kuschel. Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Hey von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren. Herr Kuschel, ich muss schon sagen, Ihre mitunter recht bildhafte Darstellung lerne ich mittlerweile auch zu schätzen - über den Tisch ziehen, Flächenbrand, weiße Fahne hissen, Rettungsschirme aufspannen, gut. Das hier aufgegriffene Problem der LINKEN ist auch aus Sicht der SPD nicht einfach von der Hand zu weisen. Ich gebe Ihnen recht, wenngleich allein schon die Formulierung der Antragsüberschrift etwas irreführend ist. Ich will auch

gleich erklären, warum. Der jetzt im Haushaltsentwurf des Jahres 2010 vorgesehene Gesamtbetrag für die Schlüsselzuweisung entspricht nämlich in etwa dem Betrag des Jahres 2008. Das wird sicher unstrittig sein. Im Jahr 2009, also ein Jahr später, wurden erhöhte Schlüsselzuweisungen ausgezahlt, da die Spitzabrechnung der überproportionalen Steuereinnahmen des Landes aus dem Jahr 2007, also noch nach der alten Finanzausgleichssystematik, erfolgt ist und im Rahmen dieser Spitzabrechnung dem Kommunalen Finanzausgleich so einmalig nochmals rund 180 Mio. € zusätzlich zuflossen. Man hat also nochmals eine Schippe draufgegeben. Insofern war die Höhe der Schlüsselzuweisungen 2009 einem Sondereffekt geschuldet. Das war allen klar, die sich in der Vergangenheit mit dem Landeshaushalt und dem KFA beschäftigt haben.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das war aber schon im Dezember be- kannt.)

Wenn man das jetzt weiß und die Systematik des FAG kennt, dann wäre für das Jahr 2010 eine Schlüsselzuweisung in etwa der Höhe der im Jahr 2008 ausgezahlten Beträge zu erwarten und die im Entwurf des Landeshaushalts enthaltenen Beträge entsprechen auch dieser Höhe. Insofern kann man also nicht wirklich von einer Kürzung der Schlüsselzuweisung sprechen. Man kann jetzt sagen, es kommt weniger als erwartet. Aber eine richtige Kürzung an sich ist das eigentlich nicht.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sie reden sich die Welt schön.)

Viele Städte und Gemeinden, die bereits im Herbst ihre Haushalte aufgestellt haben, haben übrigens mit einem Schlüsselzuweisungsniveau auf dieser Höhe gerechnet. Seitens des Innenministeriums, Sie wissen das, wurde damals auf Nachfrage empfohlen, bei Berechnung der Schlüsselzuweisung von einem vorläufigen Grundbetrag von etwa 750 € bis 800 € pro Kopf auszugehen. Das Innenministerium hat dann, Sie haben es eben schon erwähnt, am 9. Dezember 2009 in einem Rundschreiben Orientierungsdaten zur Aufstellung der kommunalen Haushalte für das Jahr 2010 genannt. Jetzt kommt das Problem, das sind höhere Ansätze bei den Schlüsselzuweisungsbeträgen als im Etatentwurf. Da gebe ich Ihnen recht.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ja, eben.)

Viele Kommunen, das ist sicherlich verständlich, haben mit diesen Zahlen gearbeitet. Es gab auch immer wieder, das muss man auch fairerweise zu

geben, den Druck, zu sagen, nennt uns endlich Zahlen, so schnell wie möglich. Das ist auch immer wieder diskutiert worden. Nun liegen, da kann ich den Ärger vieler Kämmerer natürlich auch verstehen, diese Zahlen - durch eine Korrektur jetzt eigentlich nur noch abzuhelfen - niedriger als bei dem Haushaltserlass, den sie in den jeweiligen Kommunen vielleicht jetzt schon auf den Weg gebracht haben. Ich glaube, dass jedem kommunal Verantwortlichen klar gewesen sein muss, dass es immer noch Veränderungen hätte geben können. Für mich zeigt sich an dieser Stelle auch Folgendes: Es ist für alle Beteiligten schwierig, wenn das Land seinen Haushalt sehr spät vorlegt.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Nein, die Politik.)