Protocol of the Session on December 13, 2012

Die Mütter sind nicht geboren, das ist richtig. Diese Schrumpfung haben wir und die wird sich auch nicht umkehren, zumindest nicht in den nächsten 30 Jahren. Damit muss man umgehen. Wir können nicht gegen den demografischen Wandel ansubventionieren. Wir können auch nicht gegen den demografischen Wandel mehr Kinder in die Welt setzen. Als das zum ersten Mal so aufkam mit einer größeren Debatte, kann ich mich noch erinnern, dass es viel darum ging, wie kann man - Frau von der Leyen - mit Geldleistungen, Rahmenbedingungen etc. den Anreiz verstärken, Kinder in die Welt zu setzen. Das hat alles nichts genützt. Ich habe damals eine interessante Analyse in der „ZEIT“ gelesen, was eigentlich alles für Faktoren oder Bedingungen eintreten müssen, damit sich Leute für Kinder entscheiden. Die Frage Geldleistung und familienfreundlicher Arbeitsplatz usw. sind alles nur wenige Faktoren. Die reichen nicht, es ist viel mehr, das ist ein ganzer Batzen. Das fängt damit an, dass man Großeltern in der Nähe wissen will, was nicht immer geht, und hört da auf, dass es offensichtlich in die Entscheidung mit einfließt, ob man Kinder vor die Tür lassen kann und die dort Möglichkeiten haben zu spielen, ohne dass man immer mitgehen muss.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da wissen wir, was wir noch zu tun haben. Gerade an dem letzten Punkt gäbe es noch einiges zu tun, wenn das offensichtlich möglicherweise nur subjektiv einfließt in die Entscheidung von Eltern, ob sie Kinder in die Welt setzen.

Der letzte Punkt: Die Verwaltungs- und Gebietsreform, auch wenn Herr Mohring glauben lassen will, dass wir uns davon verabschiedet haben, man muss die TLZ richtig lesen, Herr Mohring. Wir stehen nach wie vor dafür, dass wir diese Reform brauchen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben einen sehr innovativen Vorschlag gemacht, wie das mit Bürgerkooperativen Hand in Hand gehen kann. Aber Sie sind ja aufgeschlossen dafür, insofern spiegelt sich das hoffentlich in der Demografiestrategie wider und dann kommen wir zueinander. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Doht von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion hat mit Ihrem Antrag hier eine Bundesinitiative zum Vorbild genommen, nämlich eine Demografiestrategie zu erarbeiten, und auf das Land Thüringen übertragen. Das ist, was das Grundanliegen Ihres Antrags betrifft, sicherlich auch gut und richtig, weil das Thema „Demografischer Wandel“ uns hier schon die ganzen letzten Jahre im Parlament beschäftigt hat und uns auch weiterhin beschäftigen wird. Ich gehe allerdings nicht so weit, Ihnen so viel Bedeutung beizumessen, dass Ihr Antrag jetzt der Grund dafür war, dass das Kabinett den Demografiebericht verabschiedet hat. Ich denke schon, die Entstehung beider Sachen ist parallel gelaufen.

Ich will jetzt auch nicht noch mal auf alle Details eingehen, die hier von meinen Vorrednern schon genannt wurden, aber ein paar Bemerkungen doch noch. Ich hatte bereits gesagt, wir arbeiten an dem Thema „Demografischer Wandel“ und wie wir den demografischen Wandel bewältigen werden. Hier kann ich mich teilweise der Auffassung von Frau Schubert anschließen, dass wir es nicht schaffen werden, gegen den demografischen Wandel anzugehen, so wie es Frau Scheringer-Wright gefordert hat, weil ganz einfach die Müttergenerationen, die künftig die Kinder bekommen müssten, schon in der Vergangenheit nicht mehr geboren wurden. Wenn man sich die Statistiken anschaut, dann ging das schon zu DDR-Zeiten mit dem ersten Pillenknick los. Wir werden nicht dahin kommen - zumindest ist es nicht das Familien- und Gesellschaftsbild heute -, dass wieder so viele Kinder angeschafft werden, dass wir diese Bevölkerungspyramide letztendlich umkehren können. Trotzdem - das sage ich hier ganz deutlich - muss es unser Ziel sein, eine familien- und kinderfreundliche Gesellschaft zu

(Abg. Schubert)

schaffen. Ich sage, da haben wir in einigen Bereichen noch Nachholbedarf. Da gibt es verschiedene Auffassungen auch innerhalb der Koalition. Ich nenne jetzt nur mal das Erziehungsgeld, aber ich denke mal, eines eint uns doch, dass wir diese Gesellschaft kinderfreundlicher, familienfreundlicher machen wollen.

Es ist zu dem Thema Demografie außer dem Demografiebericht schon sehr viel an Vorarbeit geleistet worden in den letzten Jahren. Der Wohnungsmarktbericht wurde bereits genannt, daraus resultierend haben wir zurzeit das Wohnraumfördergesetz in der Beratung. Es gibt einen Radverkehrsplan für Thüringen, weil das Thema Radverkehr genannt wurde. Es gibt ein Landesverkehrsprogramm bis hin zu dem Landesentwicklungsprogramm, welches wir gestern hier auf der Tagesordnung hatten, was letztendlich auch zum Ziel hat, die Landesplanung in die Richtung zu lenken, dass wir den demografischen Wandel durch planerische Maßnahmen flankieren, dass wir das Ziel - ich sagte es gestern schon -, die Sicherung der Daseinsvorsorge und die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse, in allen Landesteilen gewährleisten können. Das ist Auftrag der Politik und da sind letztendlich auch alle Politikfelder, alle Ressorts gefragt, Ihr Antrag geht da quer weg über alle Ressorts. Allerdings sind eben Teile des Antrags kommunale Verantwortung, zum Beispiel wenn es um die Grundschulhorte geht. Nichtsdestotrotz muss man das im Zusammenhang diskutieren und wir sollten das auch im Ausschuss dann im Detail machen.

Vielleicht noch zwei Sätze zu meinen Vorrednern. Frau Scheringer-Wright, wenn Sie hier sagen, wir schaffen mit der Demografie ein Trugbild und ein Angstbild. Mir ist eher Angst geworden bei Ihrer Rede.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Das kann ich mir vorstellen.)

Wenn Sie beklagen, dass wir zu sehr auf Ehrenamt und Eigenverantwortung setzen, nein, es ist richtig, dass wir auf das Ehrenamt setzen und dass wir auch die Dinge, die im Ehrenamt geschehen, würdigen und dass wir auf Eigenverantwortung setzen. Sie setzen auf Bevormundung aus Ihrer Parteitradition heraus. Das tun wir nicht, sondern wir setzen auf Ehrenamt, auf Eigenverantwortung, aber wir sagen auch, da, wo Menschen nicht mehr in der Lage sind, ihre Dinge eigenverantwortlich wahrzunehmen, muss der Staat eingreifen, helfen und unterstützen.

Noch ein Wort zu Frau Schubert, weil Sie das Thema Hochflurbusse hier heute wieder in dem Zusammenhang brachten. Ich dachte eigentlich, das hätten wir damals sehr intensiv im Ausschuss diskutiert, und hatte den Eindruck, dass Sie es damals

mit abgesegnet oder zumindest verstanden hätten, dass wir in Thüringen nun mal eine Situation haben, dass man nicht überall mit dem Niederflurbus hinkommt. Ehe ich dann überhaupt gewisse Ortslagen nicht mehr anfahren kann, dann vielleicht doch lieber mit dem Hochflurbus.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Es gibt Geschäftsführer, die sagen was ganz anderes. Wir haben uns auch anderweitig …)

Das mag in Jena sein, wenn ich nicht gerade in die Kernberge hoch will, ist es relativ flach, aber wir müssen auch den Thüringer Wald sehen.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nein, das war nicht in Jena.)

Wir waren uns im Ausschuss dahin gehend einig, dass eine Förderung von Hochflurbussen möglich sein soll, wenn nicht dadurch eines erreicht wird, dass ein Niederflurbus wieder durch einen Hochflurbus ersetzt wird. Dafür gab es aber auch keine Belege. Es gab den entsprechenden Bericht, deswegen ist es mir ein bisschen unerklärlich, warum Sie das jetzt hier wieder ansprechen.

Wenn Sie mahnen, dass es zu wenig Geld für Radwege gibt, das mag sein, da mögen Sie recht haben, aber wenn man mal über das flache Land schaut, wie dort teilweise noch die Straßenzustände, insbesondere auf Landesstraßen, sind, dann ist es auch richtig, erst einmal dort zu investieren, damit nämlich noch der ÖPNV hinfahren kann, bevor ich dann der Oma sage, du musst jetzt auf das Fahrrad steigen.

Frau Abgeordnete Doht, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage.

Bitte.

Halten Sie es für wahrscheinlich, dass es in 10 oder 20 Jahren mehr ältere Leute in Thüringen geben wird, ältere Menschen mit Rollator? Meines Wissens werden Tausende von Rollatoren jedes Jahr in Deutschland verkauft - also Tendenz steigend -, die dann mit dem Hochflurbus nichts anfangen können, auch in den Orten, in denen der Bedarf vielleicht jetzt noch nicht existiert?

(Abg. Doht)

Also zum einen halte ich das für möglich, die werden dann auch nicht auf das Fahrrad steigen können mit dem Rollator, nur ganz nebenbei.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aber in den Niederflurbus können sie einsteigen.)

Wir haben das Thema Hochflurbus auch dahin gehend diskutiert, dass es Hubeinrichtungen gibt dann in diesen Hochflurbussen, die zwar nicht das Nonplusultra sind, da gebe ich Ihnen recht, ein Niederflurbus ist sicherlich die optimale Variante, und dass damit auch eine Einstiegsmöglichkeit besteht.

(Beifall CDU, SPD)

Wenn Sie ignorieren, dass ich in einigen Bereichen mit dem Niederflurbus nicht zu Rande komme, und Sie sagen, wir fördern dort gar nicht mehr, dann werden Sie eines erreichen, dass es dort irgendwann keinen ÖPNV mehr gibt, und ich weiß nicht, ob das dann im Sinne der älteren Leute ist.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Untermann von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte, bevor ich jetzt meine eigentlichen Ausführungen beginne, noch einmal drei Worte sagen zur Frau Scheringer-Wright. Frau Scheringer-Wright, ich habe 40 Jahre in der DDR gelebt. Ich möchte keine Minute vermissen, weil das mein Leben war, ich hatte meine Freunde, ich hatte meine Familie, hatte meinen Fußball, hatte meine Arbeit. Was ich nicht hatte, war natürlich die Freiheit und das ist eine ganz wichtige Sache, die wir damals nicht hatten. Aber was will ich jetzt damit sagen? Ich muss leider sagen, wenn es die DDR nicht gegeben hätte, hätte es auch keine Treuhand gegeben, das ist doch das Entscheidende.

(Beifall FDP)

Ich bin mit vielen Entscheidungen der Treuhand genauso wie Sie manchmal nicht einverstanden gewesen. Sie wissen auch alle, dass es dort Missbrauch gegeben hat. Solche Sachen wird es immer geben und das verurteile ich auf das Schärfste, aber es war nicht zu verhindern, es hat sogar wie wir ja wissen - Todesopfer und andere Sachen gegeben. Also da bin ich mit Ihnen einig, aber wie gesagt, das hätte alles nicht sein müssen, wenn es das damals - ich habe es schon gesagt - gar nicht gegeben hätte leider Gottes.

Frau Schubert, zu Ihnen noch einmal: Ich kann ja in das Papier nicht alles hineinschreiben, was ich bis jetzt gesammelt habe, das ist auch nicht Sinn der Sache. Wir machen in unserer nächsten …

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wir machen das dann im Ausschuss.)

Ich bin noch nicht fertig mit reden. Wir werden in unserer nächsten Klausurtagung gerade das Thema behandeln, wir haben das in der letzten Klausurtagung behandelt und es wird ein umfangreiches und stichhaltiges Papier geben, wo Sie dann sicherlich auch nachlesen können, was wir jetzt meinen und was wir jetzt vorhaben; nur so viel zum Inhalt.

Frau Doht, mich freut es, dass Sie auch gesagt haben, dass wir das im Ausschuss übernehmen können, das werden wir sicherlich befürworten. Ich möchte nur manche Prognose nicht so pessimistisch sehen. Sicherlich sind die Rechnungen alle irgendwie wissenschaftlich fundiert, aber ich weiß nicht, was für Faktoren in den nächsten 5, 10, 15 Jahren kommen, wo diese ganze Rechnung vielleicht irgendwo einmal über den Haufen geschmissen wird. Ich will es einfach mal so sagen; siehe die Wende, siehe Zuwanderung usw. Deshalb bin ich nicht ganz so pessimistisch, dass wir so viele Leute in Deutschland verlieren. Ich glaube auch nicht daran und denke, dass wir das auch noch schaffen werden.

Aber jetzt zu unserem Antrag: Die Demografiestrategie haben wir bereits, wie gesagt, am 16. Oktober 2012 eingereicht, heute werden wir darüber diskutieren bzw. dann später hoffentlich auch im Ausschuss. Die Ministerpräsidentin betonte in ihrer Rede zum Thüringen-Monitor im November 2012, dass Thüringen massive Probleme durch den demografischen Wandel hat. Das belegt der erste Demografiebericht 2011 für Thüringen. Zwei Monate nach Einreichung unseres Antrags, konkret seit dem 11. Dezember - also seit zwei Tagen -, stellt die Landesregierung den Demografiebericht Teil 2 und Teil 3 zur Verfügung. In der Kürze der Zeit war es natürlich nicht möglich, diesen umfassenden Bericht im Detail durchzuarbeiten. Trotzdem auch noch einmal schönen Dank an den Minister. Ihre Ausführungen - das hatte ich ganz vergessen am Anfang zu sagen - waren kurz, aber prägnant und, ich denke, es war auch ausreichend, zumindest für jetzt.

Die Studien zum demografischen Wandel in Thüringen stellen lediglich eine sachliche, räumlich differenzierte Analyse dar. Dem Demografiebericht Teil 2 und 3 ist zu entnehmen, dass bei der Erarbeitung 38 Institutionen beteiligt waren. Dazu zählen Kammern, Vereine, Hochschulen, kommunale Einrichtungen usw. Im Jahre 2011 veröffentlichte der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen

Länder ein Handlungskonzept zur Sicherung der privaten und öffentlichen Infrastruktur des vom Wandel betroffenen ländlichen Raums. Auch das erwähnen Sie in Ihrem Demografiebericht. Aber, wie gesagt, ich habe ja gelernt, es ist nicht nur ländlich, aber hauptsächlich sind wir in Thüringen hier ländlich. So haben die drei Länder - Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt - eine länderübergreifende Zusammenarbeit in der Demografiepolitik beschlossen. Sehr gut, sage ich nur, aber es birgt natürlich auch Gefahren, hier eine loyale und auch sachliche Verhandlung anzustreben und lokale Interessen dann nicht in den Vordergrund zu stellen. Das ist schon mal mit auf den Weg zu geben, wenn dies zustande kommen wird. Aus diesem Grund haben wir die Landesregierung in unserem Punkt 1 gebeten, zu den getätigten Maßnahmen zu berichten. Die Empirica-Demografiestudie für Thüringen stellte fest, dass langfristige Ziele stärker in den Mittelpunkt gerückt werden müssen, um den Herausforderungen des demografischen Wandels wirksam begegnen zu können. Die aktive Gestaltung des demografischen Wandels erfordert neue und unkonventionelle Strategien und Lösungsansätze auf allen Handlungsebenen, von der Landesregierung bis hinab zu den kommunalen Entscheidungsträgern. Die Kommunalpolitik darf hier nicht allein gelassen werden, das möchte ich extra noch einmal betonen. Kommunen benötigen für die Bewältigung des demografischen Wandels die Unterstützung der Landespolitik.

Um die Umsetzung individueller regionaler Projekte und Maßnahmen zur Bewältigung des demografischen Wandels zu ermöglichen, steht das Land in der Pflicht, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Deshalb fordern wir eine Demografiestrategie für Thüringen, in der Aussagen zu relevanten Themen in allen Politikfeldern getroffen werden. Dazu zählt unter anderem die Wohnraum- und Verkehrsentwicklung, Gesundheit und Pflege, Bildung und Kultur, die angemessene Finanzausstattung der Kommunen, effiziente Gestaltung und Modernisierung der Vergabeverfahren. Gerade für kleine Unternehmen sind diese Sachen von großer Wichtigkeit.

(Beifall FDP)

Wie wir gehört haben, hat die Landesregierung in den einzelnen Politikfeldern Initiativen begonnen, jedoch dürfen die Initiativen nicht nur auf den Stadtumbau beschränkt werden. Nur eine ressortübergreifende Strategie mit langfristigen Zielen und Handlungsfeldern bringt Thüringen voran. In der Pressemitteilung am 11. Dezember informierte Minister Carius - Zitat aus der Pressemitteilung: „Unser Ziel ist es, noch in dieser Wahlperiode in einem landesweiten Dialogprozess, in dem sich alle Thüringerinnen und Thüringer einbringen können, eine Zukunftsstrategie für den Freistaat zu entwickeln.“ Herr Minister, das ist auch unser Anliegen. Das ist das Anliegen unseres Antrags und den haben wir

nicht erst seit zwei Tagen, sondern den haben wir schon länger hier vorliegen.

(Beifall FDP)