Protocol of the Session on January 29, 2010

Wir haben rechtlich gesehen die Möglichkeit, dem Wunsch von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu folgen. Es ist immer ein bisschen schwierig. Es gibt ja die Freisetzungsrichtlinie der Europäischen Union und

dementsprechend irgendwo auch einen Rechtsanspruch auf die Freisetzung von GVO, wenn diese denn genehmigt sind. Aber der Artikel 26 a dieser Freisetzungsrichtlinie erlaubt es den Ländern, eigene Regelungen zu treffen, um unbeabsichtigtes Vorhandensein von gentechnisch veränderten Organismen in anderen Produkten zu verhindern. Da möchte ich erinnern an die Diskussion, die wir um den Honig hatten, wo GVO-Pollen nachgewiesen wurden. Das ist auf jeden Fall eine Grundlage, um hier als Land handeln zu können. Solche Dinge können verhindert werden. Deshalb kann man hier entsprechend vorgehen. Ich sehe deshalb gute Möglichkeiten, mit diesem Antrag zum Erfolg zu kommen, und hoffe, dass wir das im Ausschuss entsprechend beraten können. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Ich brauche jetzt mal eine Hilfeleistung seitens aller Abgeordneten. Bis jetzt habe ich nur die Redeanmeldung von Herrn Kummer hier oben gehabt; jetzt kommen weitere. Dann rufe ich als Nächste für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Mühlbauer auf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte mich ausdrücklich bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bedanken. Ich möchte mich ausdrücklich bei Herrn Augsten bedanken. Ich hoffe, Sie reden noch nachher, weil es ein wichtiges Thema ist. Es ist nicht ein Thema, dass man so einfach von jetzt auf Null wegwischen kann. Das ist ein Thema, das uns alle beschäftigen muss und beschäftigen soll. Gentechnologie beinhaltet alle Methoden, die sich mit der Isolierung, Charakterisierung, Vermehrung und Neukombination von Genen beschäftigt. Insbesondere wird unter Gentechnologie die Isolierung eines Gens aus einem Organismus und seine Vermehrung in andere verstanden. Das ist kritisch. Das halten wir für kritisch und das sehe ich sehr kritisch. Menschen, Tiere und Pflanzen sind nämlich keine Baukastenprinzipien, sie sind vergleichbar. Wir haben Techniken entwickelt, die es uns ermöglichen, dass wir Zellen, DNA-Material kombinieren, aber wir wissen nicht, was passiert damit. Wir können die Risiken nicht abschätzen und wir wissen auch nicht, wie sich diese neuen Organismen, die dann entstehen, weiterentwickeln werden. Wir haben das erkannt, Herr Augsten. Sie haben es gesehen, wir haben es in unserem Koalitionsvertrag festgeschrieben. Wir haben dieses - das will ich jetzt mal ganz ausdrücklich hier sagen - gemeinsam mit unserem Koalitionspartner erkannt, mit der CDU. Wir haben es gemeinsam erkannt, dass es große Risiken für Thüringen bietet und dass das hier nicht der

richtige Weg ist. Ich will heute - Sie sind der Spezialist in diesem Punkt, ich will Ihnen da gar nicht vorgreifen - nur zwei Dinge noch in die Diskussion mit einbringen. Die CSU, Frau Ilse Aigner, hat sich geäußert, dass sie selbst auch ein Verbot des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen weiterhin fordert, hat sich da aber leider nicht durchgesetzt bei der CDU. Frau Schavan sieht die Bio- und Gentechnologie als große Chance für die Wissenschaft und den Wirtschaftsstandort Deutschland. Wir und unsere CDU - und hier großes Lob - sehen dies anders; wir schätzen das Geschöpf und wir schätzen auch die Schöpfung. Das haben wir auch in unserem Koalitionsvertrag verankert.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir halten dieses Thema für so wichtig, dass wir unsere Regierung damit beauftragt haben. Unsere Regierung setzt sich dafür ein, unsere Regierung wird sich beim Bund und bei der EU dafür einsetzen. Ich halte es für wesentlich, unsere Regierung daran arbeiten zu lassen, und fordere heute schon unsere Regierung dazu auf, uns regelmäßig im Ausschuss darüber Bericht zu erstatten. Aber, meine Damen und Herren, ich muss auch heute eines sagen, lassen Sie uns im Ausschuss momentan die Dinge bearbeiten und behandeln, die wir hier auch regeln können in Thüringen. Aus diesem Grunde ist uns das Anliegen ein Herzensanliegen. Wir werden aber dem Antrag nicht zustimmen und warten, was unsere Regierung diesbezüglich tut,

(Zwischenruf Abg. Kummer, DIE LINKE: Wo ist denn Ihre Regierung?)

und uns von unserer Regierung informieren lassen und dann sinnvoll überlegen, wie wir unsere Regierung gemeinsam unterstützen können bei diesem Anliegen,

(Unruhe DIE LINKE)

beim Bund und bei der EU, das sehr wichtige Thema umzusetzen. Danke.

(Zwischenruf Abg. Kummer, DIE LINKE: Wie wäre es denn mit einer Ausschuss- überweisung, Frau Mühlbauer, vielleicht wäre die Regierung dann ja da.)

Für die FDP-Fraktion hat sich Abgeordneter Koppe zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, ich verzichte explizit da

rauf hinzuweisen, wie die Beteiligung von Frau Mühlbauer als wirklich richtig, als wichtiges Thema bezeichnet worden ist, und komme dann ganz schnell zu meiner Rede. Danke schön.

Es ist aus meiner Sicht, aus unserer Sicht nicht zielführend, mit den Ängsten der Verbraucherinnen und Verbraucher zu spielen. Die FDP ist der Meinung, dass Deutschland als Forschungsstandort verliert, wenn die Gentechnik grundlegend verteufelt wird. Wichtig ist die Schaffung eines wirklich ausreichenden wissenschaftlichen Vorlaufs zur Feststellung und Abwägung von Chancen und Risiken der Gentechnik. In den rund zwei Jahrzehnten seit den Anfängen des Konflikts haben sich die Streitpunkte verlagert. Anfangs wurden Gentechnikpflanzen als Gefahr für die Gesundheit des Menschen dargestellt, später mögliche ökologische Folgen in den Mittelpunkt gerückt, zum Beispiel das Risiko, dass sich diese Pflanzen unkontrolliert in der Natur verbreiten könnten. Diese Argumente verloren an Glaubwürdigkeit, weil seit dem ersten kommerziellen Anbau 1995 in Kanada weltweit immer mehr Landwirte Gentechnikpflanzen anbauten und es dadurch weder zu gesundheitlichen noch zu ökologischen Desastern kam. Zur Ehrlichkeit mit dem Umgang dieser zweifellos sensiblen Problematik gehört aber auch, viele Hoffnungen haben sich bis heute nicht erfüllt. So sind Pflanzeneigenschaften, die in armen Entwicklungsländern dringend benötigt werden, immer noch in der Erprobung. Dazu gehört beispielsweise auch eine geringere Empfindlichkeit gegen Dürren. Die Vorteile der heute verbreiteten Sorten - hauptsächlich Mais, Soja, Baumwolle und Raps - beschränken sich auf wenige Eigenschaften wie Resistenz gegen bestimmte Insekten. Dies erfreut jedoch nur die Bauern. Für die Konsumenten ist der Nutzen nicht sichtbar.

(Zwischenruf Abg. Dr. Augsten, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Industrie erfreut es.)

Sehr geehrte Damen und Herren, viele Menschen haben kein Verständnis dafür, dass und wie schädliche Insekten, Wildkräuter und Pilze überhaupt bekämpft werden. Dass die Ernährung der Bevölkerung nur gelingen kann, wenn man diese Schädlinge in Schach hält, gehört leider nicht mehr zum Alltagswissen. Die heutigen Getreide-, Obst- und Gemüsesorten werden als naturgegeben angesehen, der Überfluss als selbstverständlich. Eine natürliche Kartoffel zum Beispiel oder einen wilden Apfel konnte man ehemals nicht essen. Viele Ahnen unserer Kulturpflanzen enthielten sogar lebensgefährliche Gifte.

Um sie essbar zu machen, begannen die Menschen vor ca. 10.000 Jahren, durch Zucht ihr Erbgut zu verändern, oftmals so stark, dass unser heutiges Getreide, Obst und Gemüse kaum noch Ähnlichkeit

mit den Ursprungspflanzen besitzt. Auch bei der konventionellen Züchtung wurden bereits Artgrenzen überschritten. So ist die besonders im Biolandbau beliebte Triticale ein Mischwesen aus Weizen und Roggen. In der Biologie wird der alte Artbegriff grundsätzlich infrage gestellt. Immer mehr Wissenschaftler sind der Meinung, dass es in der Natur keine starren Artgrenzen mehr gibt, sondern fließende Übergänge zwischen den Organismen bestehen. Demnach wäre „Art“ ein theoretischer Begriff.

Sehr geehrte Damen und Herren, richtig ist auch, dass bei gentechnischen Verfahren die Gene verwandtschaftlich weit voneinander entfernter Lebewesen übertragen werden können, etwa von einer Bakterie in den Mais. Dazu sollte man jedoch wissen, dass viele Lebensbausteine ohnehin in der Mehrheit aller Organismen enthalten sind. So besteht das menschliche Erbgut aus vielen Genen, die auch Pflanzen tragen. Auch die Deutschen essen tagtäglich Tausende von Lebensmitteln, die gentechnisch erzeugte Bestandteile enthalten oder mit gentechnischen Verfahren hergestellt wurden. Die Gentechnik ist bereits jetzt in der Lebensmittelproduktion weit verbreitet. Enzyme, Aminosäuren, Vitamine und andere Prozesse und Inhaltsstoffe werden längst gentechnisch hergestellt. So beispielsweise wird Lab, das ist ein Enzymgemisch, das für die Käseherstellung notwendig ist und früher nur aus Kälbermagen hergestellt werden konnte, heute häufig aus gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt. Auch das Soja, Hauptbestandteil des Kraftfutters für zum Beispiel Milchkühe, Mastbullen, Schweine und Hühner, stammt größtenteils aus gentechnisch veränderten Pflanzen.

Die FDP tritt für einen sensiblen und verantwortungsvollen Umgang sowie für verlässliche Rahmenbedingungen für die Forschung und wissenschaftliche Begleitung der künftigen Nutzung der Grünen Gentechnik ein. Eine Kennzeichnung, ob und in welchem Maße sich gentechnisch behandelte Inhaltsstoffe in Lebensmitteln befinden, wäre eine weitere sinnvolle Maßnahme dazu. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Primas zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag soll die Landesregierung aufgefordert werden, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, das be

stehende Anbauverbot für die gentechnisch veränderte Maissorte MON 810 auch für 2010 und die folgenden Anbaujahre aufrechtzuerhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ängste und Befürchtungen der Menschen muss man schon ernst nehmen. Sie haben natürlich recht, man darf sie nicht noch zusätzlich schüren, allerdings muss man sie ernst nehmen. Deshalb ist der Antrag aus dieser Richtung positiv zu werten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir freuen uns selbstverständlich über die Feststellung, dass die Thüringer Land- und Ernährungswirtschaft gut aufgestellt ist. Das hören wir sehr gern, weil es ja schließlich unsere Politik in den letzten 20 Jahren gewesen ist, die wesentlich mit dazu beigetragen hat, dass das so ist - zweifelsfrei. Herr Kummer, wir reden jetzt hier über Thüringen; Sie reden über Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen mit 30 Prozent Maisanbau; das haben wir in Thüringen nicht. Die machen dort Biogas über Trockenfermentation und das wollten wir nicht in Thüringen. Wir haben extra dafür gesorgt, dass wir mit BIOBETH eine Einrichtung geschaffen haben, die Leute so zu beraten, dass sie diesen Unsinn nicht machen. Deshalb sind wir auch nicht bei diesen Größenordnungen im Maisanbau und es wird auch nicht dazu kommen. Ich gehe davon wirklich aus. Es ist natürlich auch mit Monsanto eine große Gefahr verbunden, das ist überhaupt keine Frage, die sehe ich absolut in der Abhängigkeit. Wenn man die Sachen erst einmal hat, dann muss man sie immer wieder nehmen. Dann bringt es Abhängigkeit der Landwirte. Das ist eine schwierige Situation. Die wollen wir überhaupt nicht, meine Damen und Herren. Die haben sich offensichtlich mit unserer Koalitionsvereinbarung befasst, was für uns sehr erfreulich ist. Die Koalitionspartner sind sich nämlich - wörtlich heißt es im Vertrag - „in dem Ziel einig, darauf hinzuwirken, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen im Bund und in der EU den notwendigen Schutz vor mit der Anwendung der Gentechnik verbundenen Gefahren und Risiken gewährleisten.“ Weiter heißt es im Koalitionsvertrag: „Die Koalitionspartner streben an, dass in Thüringen keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut werden.“ Wir haben es also explizit nun auch in den Koalitionsvertrag reingeschrieben. Das steht so. Wir gehen davon aus, dass unsere Landesregierung genau das tut. Das ist Ihre Aufgabe, die Landesregierung aufzufordern, es zu tun - keine Frage, es ist berechtigt. Wir gehen davon aus, SPD und CDU, dass die Landesregierung das tut, wofür wir den Koalitionsvertrag unterschrieben haben. Ich glaube, wir brauchen keine Extraaufforderung dazu in diesem Antrag, dass sie es tut. Sie tut es, gehen Sie davon aus. Ich bin natürlich bei der Kollegin Mühlbauer, auch zu sagen, wir sind überhaupt nicht bö

se darüber, wenn die Landesregierung uns mal regelmäßig erzählt, was in dieser Richtung nun erreicht worden ist. Ich gehe auch davon aus, dass sie das tun wird, meine sehr verehrten Damen und Herren. Weil wir uns dieser Tatsache stellen, brauchen wir diesen Extraantrag nicht. Wir müssen aber dafür sorgen, dass die berechtigten Ängste der Menschen ernst genommen werden. Das steht so im Koalitionsvertrag. Ich denke, das ist ausreichend. Danke schön.

(Beifall CDU, SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Abgeordneter Dr. Augsten zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich komme natürlich der Bitte von Frau Mühlbauer gern nach und rede hier noch. Ich will mal eine kleine Einleitung machen, die vielleicht so ein bisschen auf Herrn Kummer noch mal abzielt. Wir haben vorgestern lang und breit und sehr gut, glaube ich, diskutiert über das Agrarmarketing, über die Möglichkeiten, unsere - und ich bleibe dabei - guten Produkte, die wir in Thüringen haben, zu vermarkten, und zwar nicht nur in Thüringen, nicht nur in den angrenzenden Bundesländern, nicht nur in Berlin, sondern möglicherweise auch europa- und weltweit. Wir haben über die Rhön diskutiert, über das Biosphärenreservat, haben festgestellt, dass möglicherweise die Tatsache, dass sich die Rhön als eine der ersten Regionen in Europa zur Gentechnikfreiheit bekannt hat, auch etwas ist, was diese Region auszeichnet und eventuell zu diesem Erfolg beigetragen hat.

Ich darf in diesem Konflikt, der sich jetzt hier auftut zwischen der CDU und FDP auf der einen Seite, ob wir denn eine Chance verpassen, ob wir denn dort Fortschritt zulassen müssen und auf der anderen Seite, die wir sagen, es gibt auch bestimmte Risiken zu beachten, noch verkünden, dass die Schweiz Ende vorigen Jahres beschlossen hat, das dort bestehende Anbau- und Vermarktungsverbot für alle gentechnisch veränderten Produkte bis 2013 zu verlängern. Die Schweiz ist als nicht EU-Staat nicht an EURecht gebunden. Das erfolgte mit dem Hinweis auf die ungeklärten Risiken nicht nur für die Umwelt, sondern vor allem auch für Tier und Mensch. Ich denke, die Schweizer sind da nicht dümmer als wir und sie sind nicht weniger fortschrittsfreundlich, sondern sie haben ihre guten Gründe, so zu handeln.

Meine Damen und Herren, wir haben von Frau Mühlbauer und Herrn Primas vernommen, dass wir uns

auf die Landesregierung verlassen können. Ich bin da ein bisschen vorsichtig, nicht nur wegen der Abstimmung vorhin zur Solarenergie, sondern weil natürlich Ungemach droht aus Berlin. Im Koalitionsvertrag in Berlin zwischen CDU und FDP steht etwas anderes drin.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dort ist ein historisch einmaliger Vorgang passiert, eine Kartoffelsorte hat namentlich Erwähnung gefunden in einem Koalitionsvertrag, das muss man sich einmal überlegen. Es handelt sich natürlich um eine gentechnisch veränderte Kartoffelsorte. Man möge mal weltweit schauen, ob irgendjemand schon mal so weit gegangen ist, eine Sorte so zu würdigen, dass sie derart in einem Koalitionsvertrag auftaucht. Es ist auch kein Geheimnis: Ich habe vor ungefähr einer Woche bei der Grünen Woche Frau Happach-Kasan von der FDP erleben dürfen, das ist die für den Bereich zuständige Bundestagsabgeordnete. Sie hat ein so unglaublich flammendes Plädoyer für die Gentechnikindustrie gehalten, dass mir als Erstes in den Sinn kam: Ob da eine Spende unterwegs ist oder was ist da los?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Das wäre nicht neu bei der FDP.)

So viele Emotionen bei einem solchen Thema zu entwickeln, kann nichts mit fachlicher Begründung zu tun haben. Sie haben das ein bisschen relativiert, Herr Koppe, Sie sind das etwas anders angegangen. Aber Frau Happach-Kasan hat ganz eindeutig klar gemacht, dass die FDP alles in ihrer Macht Stehende tun wird, um die Gentechnikindustrie hier zu fördern, so gut es geht.

Nun ist es nicht nur die FDP als der eine Koalitionspartner, auch Frau Aigner - und, Frau Mühlbauer, da darf ich Sie berichtigen - hat voriges Jahr dafür gesorgt, dass es keinen gentechnisch veränderten Mais auf Deutschlands Feldern gab. Dafür ist ihr auch zu danken. Aber sie hat es natürlich getan und das ist auch kein Geheimnis, weil die Wahl zum Europäischen Parlament vor der Tür stand. Es war abzusehen, dass die CSU diesen Einzug nicht schafft, wenn die Wünsche und Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger in Bayern nicht berücksichtigt werden. Die bayerischen Bürgerinnen und Bürger sind eindeutig in großer Mehrzahl gegen Gentechnik eingestellt. Deswegen hat die CSU zu Recht befürchtet, sie schafft den Einzug in das Europäische Parlament nicht. Daher auch die klare Ansage, wir müssen ein Zeichen setzen und deswegen auch das Verbot von MON 810 im vorigen Jahr, im Übrigen zur rechten Zeit. Aber Frau Aigner hat, nachdem jetzt

die CSU im Europäischen Parlament sitzt, Ende vorigen Jahres eine Entscheidung in Brüssel mit getroffen, die aus unserer Sicht verheerend ist. Sie hat nämlich der Zulassung einer neuen gentechnisch veränderten Maissorte als Futtermittel in Europa zugestimmt. Das zeigt, dass Frau Aigner dort überhaupt nicht so auf unserer Linie ist, sondern sie wird dort genauso wie alle anderen sehr unter dem Druck der Gentechnikindustrie stehen und möglicherweise nicht mehr zur Verfügung stehen, wenn es darum geht, mit der Gentechnik kritisch umzugehen.

Insofern gehen wir davon aus, dass das bestehende Anbauverbot bis zum Aussaattermin kippen wird. Deshalb auch unsere Initiative, da es mir nicht reicht, was im Koalitionsvertrag steht. Herr Primas, ich habe mich darüber gewundert, dass Sie da so weit gehen, weil ich natürlich vom Ex-Minister Sklenar anderes in Erinnerung habe. Er hat oft genug betont, dass er jemand ist, der die Gentechnik für eine sehr wichtige Technologie für die Bauern hält gemeinsam mit dem Bauernverband, der die gleiche Auffassung vertritt. Er hat allerdings - und das war richtig - auch davor gewarnt, es anzubauen aufgrund der Haftungsregelungen in diesem Bereich. Jemand, der Gentechnik anbaut und jemand anderen kontaminiert, der wird zur Kasse gebeten.

Ich möchte noch einmal sagen: Da sind Sie mit der neuen Regierungserklärung einen Schritt weiter gegangen, als wir das in der letzten Legislatur erlebt haben. Dafür ist Ihnen auch zu danken. Aber, wie gesagt, mir reicht es nicht, wenn Sie sich hier erklären, sondern hier soll ein ganz deutliches Signal Richtung Berlin gehen, weil wir das, glaube ich, brauchen. So wie sich jetzt gerade im Solarbereich getroffen wird mit Frau Merkel und darüber gesprochen wird, was es für Auswirkungen hat für Mitteldeutschland, wenn das so alles umgesetzt wird, was wir heute früh diskutiert haben, so muss man natürlich ganz genauso in dem Bereich mit Frau Merkel und mit Herrn Röttgen sprechen und muss sagen, hier steht etwas auf dem Spiel. Nichts anderes beinhaltet dieser Antrag.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz auf das eingehen, was meine Vorredner und Vorrednerinnen gesagt haben. Herr Kummer, ich bleibe dabei und da bin ich mit Herrn Primas, glaube ich, einer Meinung, es geht hier nicht darum, was ist mit Milch, was ist mit Getreide und was ist mit Lebensmitteleinzelhandel. Dieser Satz: „Die Thüringer Land- und Ernährungswirtschaft ist hervorragend aufgestellt“ ist ja relativ gemeint. Sie ist relativ gut aufgestellt gegenüber Mitbewerbern zum Beispiel in den Altbundesländern, die aufgrund ihrer Strukturen viel größere Schwierigkeiten haben als wir. Sie ist hervorragend aufgestellt, weil sie tolle Produkte herstellt und im Übrigen nicht nur im Ökobereich. Dass wir

die Probleme haben, hat nichts damit zu tun, dass es die Gentechnik nicht gibt. Ich habe mich so ein bisschen dann gewundert, dass Sie sagen, Sie haben die bestehenden Probleme aufgezählt, wir sind auch daran, die zu lösen, und haben auch unterschiedliche Auffassungen, das ist auch klar, aber dabei zu dem Schluss zu kommen, dass die Bauern der Meinung sind, die Gentechnik holt sie dort raus. Ich glaube, da haben die Thüringer Bauern anders reagiert. Wenn man sich die Landkarte der Verteilung der gentechnisch veränderten Flächen in den letzten sieben, acht Jahren anschaut, dann ist auffällig, dass die Thüringer Landwirtinnen und Landwirte sich eindeutig gegen Gentechnik entschieden haben. Das sind auch Betriebe, die große Probleme haben zum Beispiel im Milchbereich, das sind Betriebe, die Probleme haben, dass sie kein Futter mehr anbauen können, weil sie keine Tiere mehr haben, deswegen haben sie so viel Getreide in der Fruchtfolge. Das sind Betriebe, die natürlich unter Druck stehen, wenn es um den Lebensmitteleinzelhandel geht, weil er sie ausbeutet. Alles das sind Probleme, die die Thüringer Landwirtschaftsbetriebe haben, und trotzdem hat es sie nicht dazu bewogen, zu diesem irrsinnigen Verfahren der Gentechnik zu greifen,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ganz im Gegensatz im Übrigen zu den anderen ostdeutschen Bundesländern, wo diese Technologie relativ weit verbreitet ist mit mehreren 1.000 Hektar. Insofern, das muss ich wirklich noch mal dazu sagen, haben die Bäuerinnen und Bauern hier in Thüringen, glaube ich, weise auch entschieden und haben gesagt, wir arbeiten nicht mit dieser Risikotechnologie.

Insofern, denke ich, alle die Probleme, die Sie aufgezeigt haben, sind richtigerweise hier benannt worden, aber wir müssen dort rangehen an diese Probleme, das ist völlig richtig, aber ich möchte nicht, dass irgendeine Erwartung geweckt wird, dass die Gentechnik dort helfen könnte.

Herr Koppe, bei Ihnen war ich natürlich am meisten gespannt, was die FDP jetzt auf Landesebene hier darlegt zum Bereich, weil ich, wie gesagt, die Frau Happach-Kasan erlebt habe und mich da sehr geärgert habe. Ich weiß nicht, wo Sie Ihre Informationen herhaben. Ganz erstaunt war ich ja, als Sie von Ehrlichkeit gesprochen haben in der Debatte. Sie haben angefangen, Ängste bei den Verbrauchern zu schüren. Nehmen Sie doch einfach mal zur Kenntnis, dass es jetzt mehrere Umfragen gab, die gezeigt haben, dass 60 bis 80 Prozent, je nachdem, wer fragt, aber 60 bis 80 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher sich eindeutig gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel aussprechen.