Ich denke, wir sollten im Rahmen eines solchen Nachtragshaushalts auch prüfen, ob die bestehenden Hilfsinstrumente - und die sind hier erwähnt worden: Bürgschaften und ähnliche Programme, für durch die Finanzkrise in Not geratene Kommunen und Unternehmen ausreichen, ob diese …
(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: Keine Kommune ist in Notlage. Was erzählen Sie denn für ein Zeug?)
Bisher ist das nicht der Fall, Frau Finanzministerin, aber es kann sein, dass solche Situationen auf uns zukommen, und es kann auch sein, dass Unternehmen durch diese Finanzkrise in Not geraten.
Die ersten Beispiele dafür sind ja schon durch die Presse gegangen. Herr Mohring, es macht doch keinen Sinn, die Augen zu verschließen
und den Kopf in den Sand zu stecken und zu sagen, es wird schon nichts passieren, sondern wir müssen uns jetzt dafür rüsten, dass solche Schwierigkeiten auftreten können und wir müssen für Handlungsfähigkeit in der Krise sorgen.
Deshalb sage ich Ihnen, wir müssen auch sehen, ob solche Hilfsinstrumente ausreichend finanziell ausgestattet sind, um in den nächsten Monaten wirken zu können.
Herr Mohring, Lautstärke allein ist noch kein Argument. Und ich will einen kritischen Punkt ansprechen.
Herr Abgeordneter Mohring, Sie können hier vorn an das Pult kommen. Ich bitte Sie, lassen Sie Herrn Matschie zu Ende reden.
Herr Mohring, Sie plagt das schlechte Gewissen, ich weiß das, weil Sie angesichts der Krise eine gigantische Fehleinschätzung abgegeben haben und für Unsicherheit statt für Sicherheit gesorgt haben. Aber ich sage Ihnen auch noch eines: Mit Ihrer Forderung nach Abschaffung der Erbschaftssteuer hätten wir ein gigantisches Antikonjunkturprogramm, Herr Mohring,
weil das 4 Mrd. Steuerausfälle bei der öffentlichen Hand bedeutet; und das bedeutet, wenn 4 Mrd. € weniger zur Verfügung sind, dass erst recht auf die Bremse getreten werden muss, dass gespart werden muss und eben nicht investiert werden kann. Das betrifft auch den Thüringer Landeshaushalt. Sie wissen, wir haben direkte Steuereinnahmen nur 10 Mio., aber über den Länderfinanzausgleich kommen mit der Erbschaftssteuer für uns über 100 Mio. in den Landeshaushalt. Das sind 100 Mio., die wir dringend für Investitionen in Thüringen brauchen und die wegfallen, wenn die Erbschaftssteuer wegfällt, so wie Sie das gefordert haben.
Auch hier, Herr Ministerpräsident, das gleiche Bild in Ihrer CDU wie bei der Frage Konjunkturprogramm. Sie haben eben in Ihrer Erklärung deutlich gemacht, wir brauchen die reformierte Erbschaftssteuer und Sie wollen sich dafür einsetzen und Ihr Fraktionsvorsitzender redet dauernd davon, dass die Erbschaftssteuer abgeschafft werden muss. Sorgen Sie doch endlich einmal für Klarheit in Ihrer Partei. Was will die Thüringer CDU eigentlich?
Dann können Sie auch, Herr Mohring, noch so wohlklingende Kofinanzierungsvorschläge machen, die Abschaffung der Erbschaftssteuer wird nur eines bewirken, sie entlastet diejenigen, die über große Erbschaften und Vermögen verfügen und sie belastet die unteren und mittleren Einkommen. Das ist die Wahrheit und sonst nichts.
Als wir am 09.10.2008 hier schon einmal über die Auswirkungen der Finanzmarkt- und Immobilienkrise auf Thüringen debattiert haben, ahnten die wenigsten, dass es kurz danach bereits neuen Bedarf für eine weitere Debatte geben würde. Auch heute
wissen wir nicht ganz genau, wie sich die Situation im Einzelnen weiterentwickeln wird. Wir können nur hoffen, dass die ergriffenen Maßnahmen zu einer Beruhigung der Finanzmärkte und auch am Ende zu einer Beruhigung der Aktienmärkte führen werden. Für viele Menschen in unserem Land ist die Situation schwer verständlich und auch die drastischen Rettungsbemühungen des Staates sind oft schwer verständlich. Aber es gilt auch hier, was Steinbrück in seiner Regierungserklärung gesagt hat - ich darf ihn zitieren: „Wenn es auf den Weltfinanzmärkten brennt, dann muss gelöscht werden, auch wenn es sich um Brandstiftung handelt. Danach müssen die Brandstifter allerdings daran gehindert werden, dass so etwas wieder passieren kann. Die Brandbeschleuniger müssen verboten werden und es muss für einen besseren Brandschutz gesorgt werden.“ Das ist richtig und findet auch unsere volle Unterstützung.
Die Menschen würden es aber nicht verstehen, wenn die Politik danach einfach wieder zur Tagesordnung übergeht, ohne zu klären, wer die ganze Rettungsaktion letztendlich bezahlt. Deshalb haben wir in unserem Antrag unter Punkt 6 noch einmal einen konkreten Handlungsauftrag formuliert: Die Landesregierung soll sich dafür stark machen, dass nicht der normale Steuerzahler allein die Zeche zu zahlen hat, sondern dass zumindest die für den Finanzmarktstabilisierungsfonds entstehenden Kosten nach dem Verursacherprinzip, und zwar durch die Finanzbranche, aufzubringen sind.
Das würde letztendlich auch dem Freistaat helfen, nicht in so hohem Umfang für die Bürgschaften eintreten zu müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind in einer ernsthaften Krise, die sehr tief reicht, die sich rund um den Globus ausgebreitet hat. Deshalb ist es wichtig, dass Politik entschlossen, aber auch wirkungsvoll handelt, dass Vertrauen wiederhergestellt werden kann. Es ist schon eine besondere Situation, in der wir auch sehen, dass sich Menschen wieder stärker der Politik zuwenden, weil sie begriffen haben, Märkte allein können in der Krise nicht ausreichend regeln. Wir erleben im Moment so etwas wie eine Renaissance des Politischen, und wenn wir klug handeln, wenn wir entschlossen handeln, wenn wir in der Lage sind, Vertrauen wieder herzustellen, ist das auch eine Chance, um politische Arbeit wieder mit größerer Wertschätzung zu versehen und Vertrauen in politische Institutionen zurückzugewinnen. Ich hoffe, dass uns das gemeinsam gelingt, im Interesse von Menschen, die in diesem Land leben,
im Interesse von Arbeitsplätzen, im Interesse des Schutzes von Spareinlagen. Lassen Sie uns dieses Signal heute gemeinsam geben!
Frau Präsidentin, meine verehrten Damen und Herren, verehrte Gäste, ich denke, die Entwicklungen der Tage und Wochen seit unserer letzten Plenardebatte im Oktober sind schon in der Frage, die wir heute besprechen, als dramatisch zu bezeichnen. Ich will an dieser Stelle sagen, das habe ich auch den Worten des Herrn Ministerpräsidenten entnommen, auch Ihnen oder Ihren Worten, Frau Diezel, ich denke, mittlerweile sind auch Sie der Auffassung, Sie haben das ja gesagt, dass die Situation sehr ernst ist, mit der wir uns befassen müssen. Ich will Ihnen aber auch sagen, Herr Althaus, um Missverständnisse nicht aufkommen zu lassen, uns geht es nicht um die Änderung einer politischen Ordnung in dieser Debatte, aber uns geht es natürlich darum, dass Politik, und insbesondere Politik in Thüringen und Ihre, viel konsequenter und entschlossener bezogen auf die Lageeinschätzung reagiert, meine Damen und Herren,
und das lassen Sie bisher vermissen. Dass die Frage, entgegen anderer Meinungen, auch von Ihrer Seite, die das immer noch wieder infrage gestellt haben, eine wichtige Frage ist, zeigt ja letzten Endes auch, dass die Sitzung neben unserem Antrag mit weiteren Alternativanträgen hier versehen ist. Ich gehe schon davon aus, dass das natürlich zu tun hat mit unserer gemeinsamen Einschätzung, dass wir ernsthaft mit diesen Fragen umgehen müssen und ein Zeichen setzen müssen. Aber ich will da noch ganz deutlich sagen: Ja, ohne näher darauf einzugehen, in wesentlichen Punkten des Antrags der SPD können wir natürlich mitgehen. Aber ich muss andererseits, ähnlich wie Kollege Matschie, sagen, Herr Althaus, Frau Diezel, also für eines müssen wir uns entscheiden, wenn Ihre zumindest in der Grundtendenz auch aus unserer Sicht richtige Lageeinschätzung stimmt, dann stimmt nun der Antrag der CDUFraktion überhaupt nicht, im Gegenteil, der konterkariert das, was Sie hier gesprochen haben.
In Verantwortung vor den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes ist es doch völlig richtig, von Ihnen Klarheit zu verlangen in dieser Frage.
In den Zeitungen und in vielen Statements auch des Bundesfinanzministers wird ganz offen angesprochen, was viele Menschen befürchten, nämlich dass sich die Finanzmarktkrise zu einer allseitigen Krise ausweitet. Ich glaube, dass wir uns schon damit beschäftigen müssen, dass mittlerweile klar sein dürfte, dass es mindestens eine Krise der Politik und, wenn Politik nicht in diesen Tagen Entscheidungen trifft, auch eine Krise der Gesellschaft sein wird, die sich bereits heute andeutet. In diesem Zusammenhang müssen wir die anstehenden Fragen beraten.
Meine Damen und Herren, die Lage ist also ernst und verlangt engagiertes, politisches Handeln international, im Bund, aber auch im Land Thüringen. DIE LINKE wird sich dabei mit konkreten Vorschlägen einbringen, wie wir das in den letzten Plenarsitzungen ganz besonders zu diesem Thema bereits getan haben. Besonders mahnen wir dringend Maßnahmen zur Stärkung der Binnennachfrage sowohl in Deutschland als auch in Thüringen an.
Heute kann nämlich nicht mehr die Frage sein, ob die Finanzkrise auf die Realwirtschaft durchschlägt. Diese Erkenntnis scheint sich mittlerweile durchgesetzt zu haben. Heute geht es darum, die Auswirkungen zu bekämpfen, indem wir, meine Damen und Herren, Prävention betreiben. Deshalb sage ich ganz deutlich, da kann man sich nicht rausreden, indem man sagt, kurzfristige Konjunkturprogramme lehnen wir ab. Wer diesen Schritt der gewissen Kurzfristigkeit nicht gehen will an der Stelle, der wird schon gar nicht verhindern, dass es längerfristig zu viel größeren Verwerfungen kommt. Darüber sind wir mit Ihnen, Herr Althaus, und der Thüringer CDU allerdings kräftig im Streit.
Es gibt mehrerer Bespiele, die deutlich machen, dass auch in Thüringen die Realwirtschaft bereits mit Auswirkungen der Finanzkrise zu kämpfen hat. Leidtragende - das wurde schon erwähnt - ist die Automobilindustrie und insbesondere die dort Beschäftigten. Es ist schon so, dass annähernd 1.000 Menschen, insbesondere aus Leiharbeitsverhältnissen, bereits jetzt davon unmittelbar betroffen sind. Überall - und da können wir uns nicht verschließen - ist von deutlich zurückgehenden Auftragseingängen der Unternehmen zu hören. Erste Anzeichen gibt es auch, dass Kredite für Unternehmen nun zu deutlich ungünstigeren Konditionen bewilligt werden. Da ist es klar, eine Vielzahl von kleinen und mittelständischen Unternehmen steht vor der Herausforderung, langfristige Investitionskredite nach Auslaufen der
Zinsbindungsfrist umzuschulden. Hier fordern die Banken größere Sicherheiten als bisher und dies können die betroffenen Unternehmen oftmals - das zeichnet sich jetzt schon ab - nicht leisten; obwohl die betriebswirtschaftliche Situation als stabil bewertet werden muss.
Das ist doch gerade die Diskussion mit kurzfristig oder mit den Zeitverhältnissen beim Handeln. Wir wollen doch ein politisches Zeichen setzen, dass aufgrund der guten betriebswirtschaftlichen Situation die Chance bestehen muss, dass das auch so bleiben kann für diese Unternehmen. Das fordert ganz deutlich, jetzt zu handeln.
Deshalb fordern wir, dass der Bund und das Land hier die von den Banken geforderten höheren Sicherheiten der Investitionskredite für die Unternehmen absichern. Da ist schon klar, wenn Staat und Bankensektor Bürgschaften von 400 Mrd. € übernehmen, ist es keine überzogene Forderung, meine Damen und Herren, für den Bereich der KMU ein vergleichsweise niedrigeres Bürgschaftsengagement des Staates zu erwarten.
Aufgrund der Thüringer Wirtschaftssituation und Wirtschaftsstruktur ist das für uns sogar eine besondere Herausforderung. Das bringt einige Unternehmen aufgrund der Kostenstruktur und der Gewinnsituation ansonsten in Existenzprobleme, wenn wir hier nicht gegensteuern. Und wenn selbst Unternehmerverbände, wie zum Beispiel Dr. Militzer vom Thüringer Verband der Automobilzulieferindustrie, hier ein Zinshilfeprogramm für Unternehmen fordert, sollten wir den Umfang der Probleme nun doch wirklich erkennen und auch Sie sollten das tun und sollten an diesen Stellen handeln.