Also da können Sie mal ganz getrost sein, dass die CDU und die Landesregierung dieses Themenfeld nicht vernachlässigt und im Übrigen im Rahmen der Möglichkeiten seit Jahren unterstützend wirkt. Polarisieren ist hier einfach der falsche Ansatz, auch wenn es natürlich wohlfeil daherkommt und vielleicht auch von dem einen oder anderen außerhalb
so einseitig wahrgenommen wird, wie Sie es versuchen zu zeichnen. Fakt ist: Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote und - das sei einleitend gesagt - das ist das, was bei den Menschen auch letztlich ankommt: Eine ordentliche Wirtschaftspolitik war schon immer die beste Arbeitsmarktpolitik, ist auch die beste Einkommenspolitik, und zwar für beide Geschlechter.
Meine Damen und Herren, wenn man den Statistiken glaubt, dann ist es tatsächlich so, dass es die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern gibt und natürlich nicht nur in Thüringen, sondern bundesweit. Es wäre schön gewesen, wenn Sie den Blick auf andere Bundesländer auch gerichtet hätten und dann lobend beispielsweise auf Thüringen zu sprechen gekommen wären, wo nämlich der Unterschied niedriger ist, wie auch im übrigen Ostdeutschland.
Die Differenz in Ostdeutschland mit rund 17 Prozent ist deutlich geringer als in Westdeutschland. Sie haben 24 Prozent genannt, eine Umfrage der HansBöckler-Stiftung sagt 22 Prozent für Westdeutschland. Statistische Angaben zum durchschnittlichen Bruttoerwerbseinkommen von Frauen und Männern in Thüringen gibt es nicht. Was man sagen kann, ist, dass im Jahr 2006 das durchschnittliche Nettoeinkommen einschließlich sonstiger Einkünfte - Kindergeld, Wohngeld, Unterhalt, Mieten etc. - bei den Frauen monatlich bei 830 € und bei den Männern bei 1.017 € lag, eine Differenz von 18,4 Prozent. Im Jahre 2005 war es noch mehr. Im Wirtschaftsbereich „Produzierendes Gewerbe und Dienstleistungsbereich“ hatten Frauen in Thüringen einen Bruttomonatsverdienst in Höhe von 1.934 € und Männer in Höhe von 2.275 €; insofern 15 Prozent weniger bei den Frauen als bei den männlichen Kollegen, auch hier eine Abnahme gegenüber 2005. So weit die Datenlage. Ich will Sie aber nicht mit Daten erschlagen.
Der Punkt ist doch ein anderer: Wenn ich das hier so höre, Lohnunterschiede beseitigen, das möglichst dann noch per Gesetzgebung, dann sollten wir einmal da anfangen und sagen „Lohndiskriminierung von allen Arbeitnehmern in Thüringen“, weil wir deutlich weniger als in Hamburg verdienen. Das wäre einmal ein Ansatz. Da können wir mit einem Bundesgesetz hergehen und sagen, so geht das nicht, da müssen wir eingreifen.
Wir müssen uns ein bisschen sachlich der Frage des Warums zuwenden. Da ist das sehr grob aufgerissen und pauschaliert worden. Schaut man sich nämlich die Details an, dann hat man beispielsweise bei gro
ßen Unternehmen logischerweise eine andere Einkommenssituation als bei kleinen Unternehmen. Nun ist Thüringen bekanntermaßen geprägt durch kleine und mittelständische Unternehmen. Insofern haben Sie den ersten Ansatz.
Zweiter Punkt: Kinderbedingte Ausfallzeiten, die dazu führen, dass Mütter, die in ihren Beruf zurückkehren, gegenüber den männlichen Kollegen oft Karrierezeit nachholen müssen. Das ist nun einmal so. Das werden wir auch als Landesregierung nicht ändern können, dass wir diese primären biologischen Unterschiede in den Griff bekommen.
Dann der weitere Punkt: Die unterschiedlichen Verdienstmöglichkeiten in den einzelnen Branchen, das ist der entscheidende Dreh- und Angelpunkt. Ein Beispiel: Im I. Quartal 2008 lag der durchschnittliche Bruttoverdienst pro Stunde im Bereich Energie und Wasserversorgung bei 18,50 €, im Gastgewerbe sage und schreibe 10 € niedriger, also bei 8,40 €. Mit anderen Worten, wir schauen uns einmal die Branchen an und dann stellen wir fest, dass es hier eine geschlechterspezifische Unterteilung gibt. Es gibt eben Branchen, in denen tendenziell mehr Männer arbeiten oder tendenziell mehr Frauen. Sie können das natürlich kritisieren und sagen, da müssen wir ein Gesetz machen, dass die Frauen eben nur genauso verteilt und genauso gleiche Berufe wählen dürfen wie die Männer. Ein Beispiel, Anlagenelektroniker, dort ist dann die Frau in diesem Bereich in einem anderen Verdienstsektor als im Einzelhandel. Das ist keine neue Erkenntnis, aber es muss an dieser Stelle gesagt werden. Produzierendes Gewerbe und Dienstleistungsbereich unterscheiden sich grundlegend.
Eine weitere Frage ist das Thema „Leitungsfunktionen“. In der Tat, wir haben die eben noch einmal erwähnte Unterscheidung im Hochschulbereich. Dort haben wir sicherlich einen Ansatz, der im Übrigen auch von der Bundesregierung angegangen wird. Ich nenne da nur die besondere Förderung von Professorinnen, die dort geleistet wird.
Dann gibt es noch die freie Berufswahl und das Grundinteresse, was zu klassischen Frauen- und Männerberufen auch nach wie vor führt, und dieses trotz aller Aufklärung. Die Bereiche Arzthelferin, Verkäuferin, Friseurin sind nach wie vor nachweislich in der Hitliste der Berufe; bei den Männern ist es ganz vorn beispielsweise der Kfz-Bereich.
Meine Damen und Herren, es gibt viele Gründe, wenn wir uns dann diese Frage der „Geschlechtergerechtigkeit“ anschauen, dann müssen wir wirklich sehr genau fragen: Was ist an dieser Stelle zu machen? An vielen Stellen kann man sicherlich die Frage des höheren Status und der anspruchsvolleren Jobs ins
Gerede führen. Man kann natürlich auch die Thematik „Mindestlohnverknüpfung“ aufmachen, da wurde zu Recht vom Abgeordneten Günther auf das Thema „Tarifpartner und deren Verantwortung“ zurückgegriffen. Man sieht beispielsweise in der Tariflandschaft, im Tarifrecht, dass dort kein Unterschied gemacht wird in der Vergütung von Frauen und Männern und das ist gut so.
Meine Damen und Herren, kommen wir zu der letzten Frage: Wo ist denn dann eine Stellschraube zu finden? Der einzige sinnvolle Weg, um hier eine Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt im Beruf herbeizuführen, so die Unterschiede jetzt ja auch noch im Detail nachzuweisen sind, ist die Frage, die Einkommens- und Verdienstchancen zu verbessern, indem man beispielsweise Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördert, Förderung von Frauen zur gleichberechtigten Teilnahme am Berufsleben. Das hat sich die Landesregierung, wie Sie wissen, schon lange auf die Fahne geschrieben. Das ist keine Thematik, die ich hier neu erfinden muss. Ich darf nur daran erinnern, dass wir beispielsweise eine Thüringer Allianz für Familie und Beruf Ende März dieses Jahres mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften verabschiedet haben.
Des Weiteren fördert die Landesregierung viele Projekte, um die Berufschancen von Frauen und die Verdienstmöglichkeiten zu verbessern. Besondere Zielgruppe sind Berufsrückkehrerinnen nach der Elternzeit. Außerdem gibt es Förderprojekte in der Berufsorientierung, Berufsvorbereitung mit Blick auf die technischen Berufe, die dann einen Zugang zu Branchen mit höheren Verdienstmöglichkeiten eröffnen.
Wir können uns insofern zusammenfassend eigentlich doch darüber freuen, dass wir eine bessere Ausgangssituation haben als die alten Bundesländer. Wir können uns darüber freuen, dass die Arbeitslosenquote niedrig ist, niedrig bleibt und wir können uns darüber freuen, dass dies in Thüringen in der Tat am besten ist innerhalb des Vergleichs mit den anderen ostdeutschen Ländern.
Wenn Sie das Thema „Demographie“ ansprechen, ja, das ist bekannt, die Abwanderung insbesondere gut ausgebildeter Frauen in den vergangenen 10, 15 Jahren hat auch dazu geführt, dass sich dieses natürlich in der Einkommensituation niederschlägt, weil Sie mit statistischen Durchschnittswerten operieren und dann haben Sie nun mal in den gehobenen Berufsbereichen weniger Frauen schon per se, was rein demographisch zu erklären ist. Wir haben hier verschiedene Maßnahmen ergriffen, die Sie kennen, um diesem entgegenzutreten.
irgendwas Negatives mal wieder hervorzureißen, um dann mit dem Blick nach außen die gesamte Wählergruppe der Frauen auf Ihre Seite zu bekommen. Das zeigt eine Schieflage und es ist traurig, dass Sie mal wieder auch den Stolz - kann man sagen -, aber auch das Lebensgefühl in Thüringen an dieser Stelle leider etwas madig machen. Das tut der Sache nicht gut und das tut uns allen in Thüringen nicht gut. Vielen Dank.
b) auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Das Radverkehrskonzept für den Freistaat - Fortsetzung einer Thü- ringer Erfolgsgeschichte“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 4/4380 -
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, als ich den Titel dieser Aktuellen Stunde erfuhr, gingen mir zwei Dinge durch den Kopf.
Erstens: Wie ist es möglich, dass ein solcher Antrag die Landtagsverwaltung passieren konnte, ohne eine Korrektur zu erfahren, denn im Titel ist eine eindeutige Wertung enthalten?
Zweitens: Was treibt die CDU-Fraktion dazu, ihre durch sie getragene Landesregierung mit einer vor Sarkasmus strotzenden Überschrift vorzuführen?
Meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, ich kann nur hoffen, dass es Sarkasmus war und ich kann nur hoffen, dass wir nicht die Landesregierung dafür feiern wollen, wo es wahrlich nichts zu feiern gibt. Der Radwegebau ist seit Jahren völlig unterfinanziert, die Zahlen sprechen für sich. Das Verhältnis Länge der Straße zu Länge des Radweges gibt eine eindeutige Aussage darüber ab, welchen Stellenwert der Radverkehr für diese Thüringer Landes
Liegt das Verhältnis Länge der Straße zu Länge des Radweges dort, wo der Bund Baulastträger ist, wenigstens noch im niedrigen zweistelligen Bereich, nämlich bei 12,3 Prozent - und das ist schon wenig genug -, aber schaut man sich das Verhältnis an, wo das Land in Verantwortung ist, dann spricht es eine deutliche Sprache. Bei ganzen 3 Prozent liegt hier der Anteil. Bereinigt wäre der Wert wahrscheinlich noch schlechter, da Sie seit Jahren die Umstufung von Straßen mit Hochdruck betreiben. Nichts zu feiern gibt es auch angesichts der Tatsache, dass sich die Anzahl der Fahrradunfälle auf hohem Niveau stabilisiert hat, dass wir jährlich ca. 15 Tote, um die 400 Schwerverletzte, um die 1.000 Leichtverletzte, die durch Fahrradunfälle zu Schaden gekommen sind, zu beklagen haben. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Unfallfolgen ist auch dem unbefriedigenden Zustand des Radwegenetzes geschuldet.
Die Landesregierung setzt zudem überproportional auf den touristischen Radverkehr. Der Tourismus ist ohne Frage ein wichtiger Wirtschaftszweig in Thüringen. Leider werden die Chancen, die Thüringen mit seinen Kultur- und Naturschätzen hat, völlig unzureichend genutzt. Der touristische Radverkehr hat immer mehr an Bedeutung gewonnen - auch das ist richtig. Aber es ist völlig falsch, allein den touristischen Radwegebau voranzubringen und dabei die Bedürfnisse der Thüringerinnen und Thüringer so drastisch hinten anzustellen und dem Alltagsradverkehr so wenig Aufmerksamkeit zu widmen.
Sie untermauern und zementieren diesen Eindruck mit Ihrer Prioritätensetzung. Die Ausreichung von Fördermitteln machen Sie davon abhängig, ob und wo sich eine geplante Baumaßnahme in Ihrer Liste wiederfindet. So kann eine flächendeckende Erschließung nicht funktionieren. Der Ausbau von Radfernstrecken steht in der Prioritätenliste ganz oben. Ihre eigenen Zahlen sagen Ihnen jedoch, es sind weniger als 10 Prozent, die im Radfernverkehr unterwegs sind. Die großen Zuwachsraten liegen im Alltagsradverkehr. Die Gründe dafür sind sehr vielschichtig. Für den Klima- und Umweltschutz kann man diese Entwicklung nur begrüßen und sollte sie durch entsprechendes politisches Handeln stärken.
Statt die Landesregierung zu loben, gilt es, die vorhandenen Defizite eindeutig zu benennen. Es gibt
Defizite bei der Verknüpfung mit anderen Verkehrsarten. Das Modell „Bike and Ride“ ist völlig unterentwickelt. Die kostenlose Fahrradmitnahme im SPNV ist zwar lobenswert, leider ist das rollende Material im SPNV nicht ausreichend darauf ausgerichtet. Dieselbe Problematik stellt sich bei der Verknüpfung Bus und Bike. Auch hier nützen Lippenbekenntnisse wenig, denn die technische Umsetzung kann nicht umfänglich erfolgen. Die Einrichtung verkehrsberuhigter Zonen, die ein relatives gefahrloses Miteinander von Fahrrad und motorisiertem Verkehr ermöglicht, wird nur unzureichend verfolgt. Mit dem Bau von Umgehungsstraßen, die entstehen, um die Lebensqualität durch Verminderung des motorisierten Verkehrs zu erhöhen, gehen leider keine verkehrsberuhigenden Maßnahmen innerorts einher, obwohl dadurch die zusätzliche Einrichtung von gesonderten Fahrradwegen entfallen könnte.
Meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, eine lange Liste ungelöster Probleme, über die Sie aber leider nicht sprechen wollen, denn ansonsten wäre ein Antrag und nicht eine Aktuelle Stunde das richtige Instrument gewesen. Es gibt bei der Problematik wahrlich nichts zu feiern. Da Sie das aber sicher auch wissen, war diese aktuelle Possenstunde mehr als entbehrlich. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, unlängst beglückte uns das Ministerium mit einem Radverkehrskonzept für Thüringen; zugegeben sehr spät, aber vielleicht doch nicht ganz umsonst. Es war letztendlich nur eine Frage der Zeit, dass die CDU das Ganze auch hier im Plenum auf die Tagesordnung bringen würde. Da muss ich allerdings dem Kollegen Lemke recht geben, die Aktuelle Stunde scheint mir da doch nicht der richtige Anlass zu sein. Wir hätten uns lieber mal die Zeit nehmen sollen, das Ganze vielleicht im Ausschuss wirklich tiefgründig zu diskutieren.
Beim ersten Hinsehen macht das Konzept auch keinen schlechten Eindruck, muss ich sagen. Wenn man es allerdings dann näher liest, treten doch einige Fehler und Schwächen zutage. So scheinen die Autoren nicht immer über die nötige Ortskenntnis in
Thüringen verfügt zu haben. So wird auf Seite 57 bei ehemaligen Eisenbahnstrecken, die für den Radverkehr nutzbar sind, die Trasse Wutha-KittelsthalRuhla genannt. Meine Damen und Herren, nach Kittelsthal ist niemals eine Eisenbahn gefahren.