Protocol of the Session on October 8, 2008

Deshalb wehren wir uns dagegen, wenn Sie sagen, wir lassen jeden demokratischen Anstand vermissen, weil wir diesen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht haben. Wir wehren uns dagegen, wenn Sie sagen, wir seien dreist und arrogant. Wir wehren uns dagegen, dass da ein problematischer Geist in unserem Gesetzentwurf weht.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Genauso ist das.)

Wir wollen, dass der Zugang zu mehr Demokratie ermöglicht ist.

(Unruhe SPD)

Aber wir wollen eins nicht und das ist der Unterschied zu Ihnen - wir sind überrascht, auch zu Ih

nen -, wir wollen nicht dieses System infrage stellen. Diese freiheitlich-demokratische Grundordnung sieht den Vorrang der repräsentativen Demokratie vor und sieht nicht, wie Sie in Ihrer Verfassungsinterpretation sagen, mindestens einen Gleichklang, wenn nicht sogar, das war Ihre Aussage vorhin, Frau Taubert, einen Vorrang von Volksdemokratie. Genau diesen Vorrang schreiben unsere Thüringer Verfassung und auch unser Grundgesetz nicht vor. Wir wollen genau das nicht zulassen. Frau Evelin Groß hat es doch heute angesprochen, dass Sie hier einerseits die Gesetzgebungskompetenz des Landtags aushöhlen, dass Sie an den Gremien nicht mehr teilnehmen, dass Sie sich den Gremien entziehen, dass Sie nicht bereit sind, verfassungsändernde Mehrheiten aufzubringen und auch neue demokratische Positionen, die zur Kontrolle, wie beim Rechnungshof, notwendig sind, mitwählen, dass Sie sich aus der Parlamentarischen Kontrollkommission herausziehen und dass Sie sich selbst, weil eine mehrheitlich gewählte Fraktion einen Gesetzentwurf zur Einführung der Landgemeinde einbringt, auch aus der Enquetekommission herausziehen und sich weigern, den Prozess wissenschaftlich weiter zu begleiten. Wer so etwas will, will das System nicht, der will es aushöhlen. Dagegen wehren wir uns auch mit diesem Gesetzentwurf. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter, Sie hatten eine Frage der Abgeordneten Taubert zugelassen. Frau Abgeordnete Taubert, bitte.

Herr Mohring, Sie hatten ja unter anderem auch die Frage der Amtsstubensammlung angesprochen und Sie jetzt noch mal intensiv begründet. Uns ist bekannt, ich will so herum fragen, dass auch bei der freien Sammlung Bürgermeister, die das Parteibuch der CDU haben, Wirtschaftsleute, Handwerker, aber auch Bürger tatsächlich davor gewarnt haben. Sie haben nicht alle Bürger gewarnt, aber es war insbesondere die gewisse Abhängigkeit, die teilweise Handwerker vom Bürgermeister haben, die die Sache prekär macht.

(Unruhe CDU)

Bürgermeister haben also z.B. Handwerker, ich will bei dem Beispiel bleiben, davor gewarnt, auf der Straße dieses Volksbegehren zu unterschreiben, weil man könne das ja prüfen und man wisse genau Bescheid und da solle er sich mal hüten, was dann mit ihm und seinen Aufträgen passiert.

(Zwischenruf Abg. Ehrlich-Strathausen, SPD: Das ist so, auch bei uns im Eichs- feld.)

Jetzt frage ich Sie,

(Zwischenruf Abg. Grüner, CDU: Namen, Namen.)

Die Abgeordnete ist dran mit einer Frage. Ich bitte jetzt die Frage zu stellen, damit der Abgeordnete Mohring antworten kann.

Jetzt frage ich Sie, wenn die Amtsstubensammlung so stattfindet, wie Sie das möchten, in acht Wochen diese Unterschrift zu leisten, wird dann dieser Beeinflussung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid nicht noch mehr Vorschub geleistet?

Also, so viel Konjunktiv in Ihrer Fragestellung erschließt sich ja quasi gar nicht zu einer Antwort,

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das ist ja die Unverschämtheit.)

aber ich will Ihnen eine Antwort noch einmal geben. Wir trauen erstens dem Bürger zu, seine Meinung zu formulieren und wenn Sie genauso verwurzelt sind im Land, wie wir das sind und Sie sind ja auch gut zu Hause im Landkreis.

(Heiterkeit Abg. Döring, SPD)

Nein, Herr Döring, wenn Sie doch nicht immer mit Ihrem Borstelgelächter uns immer unterbrechen würden, sondern auch einmal kurz zuhören würden,

(Heiterkeit CDU, SPD)

dann würden Sie mit uns die Auffassung teilen, da hat Frau Taubert natürlich recht, aber in der Kleinteiligkeit, die wir in Thüringen haben, so wie wir miteinander verwurzelt sind und die Bürger beteiligt sind in diesem Land, da kennt natürlich einer den anderen und es kommt nicht darauf an, was schlimm wäre für die Demokratie, dass ein Bürgermeister einen Bürger einschüchtert, weil er sein demokratisches Recht wahrnehmen soll. Genau deshalb will ich noch einmal Sie ermutigen, wir wollen genau gerade nicht die Amtsstube im Vorzimmer des Bürgermeisters einrichten, sondern frei und unabhängig seine Meinung abgeben, sie können dann längere Zeiträume, genau der Bürgermeister, der mög

licherweise angegriffen ist durch Bürgerbegehren, soll auch diese Räume zur Verfügung stellen und soll seine Bürger einladen, teilzunehmen und wenn Sie überein sind mit uns, dann gilt dieser Schlusssatz. Wir wollen mehr Lust auf Demokratie in Thüringen und das wird dieser Gesetzentwurf heute leisten.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter Mohring, wir hatten uns einmal geeinigt, dass das Wort Borstel oder Bildungsborstel hinsichtlich des Abgeordneten Döring nur älteren Mitgliedern Ihrer Fraktion zusteht wie seinerzeit dem Abgeordneten Fiedler.

Jetzt liegen mir weitere Wortmeldungen vor. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Matschie, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, Herr Kollege Mohring, wenn Überheblichkeit weh täte, dann würden Sie wahrscheinlich schreiend hier durch den Landtag laufen müssen.

(Beifall SPD)

(Unruhe CDU)

Sie kennen ja den alten Spruch, der ist auch heute noch wahr, Hochmut kommt vor dem Fall. Das war eine sehr hochmütige Rede, die Sie heute hier gehalten haben, Herr Mohring. Natürlich kann man keinem Abgeordneten hier vorhalten, welchen Abschluss er hat oder nicht hat, aber man kann schon erwarten, wenn jemand hier das Wort ergreift, dass er zumindest sich kundig macht, worüber er redet und Argumente vorbringt, die von Sachkenntnis geprägt sind und nicht so ahnungslos daherschwatzt.

(Beifall SPD)

Herr Mohring, wenn Sie behaupten, dass Leute zur Unterschrift gedrängt worden seien, dann wissen Sie einfach nicht, was Sie sagen oder Sie haben keine Ahnung, was in diesem Land los ist. Ich vermute, Sie haben noch nie an einer solchen Aktion teilgenommen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wie eine Drückerkolonne.)

(Unruhe CDU)

Sie haben noch nie an einer solchen Aktion teilgenommen und Sie kennen offensichtlich auch die

Rechtslage nicht, denn jemand, der sich gedrängt fühlt, der kann seine Unterschrift auch zurückziehen, Herr Mohring, aber auch das wissen Sie ganz offensichtlich nicht.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Scheinheiliges Gequatsche.)

Entschuldigung, Herr Abgeordneter, ich bitte jetzt wirklich einmal um Ruhe und ich darf Sie alle bitten, sich zu mäßigen, was die Zwischenrufe angeht. Ich finde, das ist dieser Diskussion nicht angemessen und auch nicht dem, was wir heute hier noch abzuleisten haben.

Ich selbst war wie eine ganze Reihe von anderen Kolleginnen und Kollegen aus diesem Hohen Hause auch unterwegs und habe Unterschriften gesammelt für das Volksbegehren. Ich habe ganz andere Erfahrungen gemacht, ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Bürger, die kamen und unterschreiben wollten, sich vorher kundig gemacht haben, um was es da geht. Ich habe Bürger erlebt, mit denen ich lange geredet habe, weil sie nicht wussten, worum es geht und sich das genau haben erklären lassen, bevor sie sich entschieden haben. Ich habe Bürger erlebt, die gesagt haben, ich muss da noch einmal einen Moment darüber nachdenken, ich nehme einmal das Blatt mit, überlege mir das zuhause in Ruhe noch einmal und unterschreibe das dann oder eben auch nicht, wenn ich darüber nachgedacht habe. Ich habe keine Bürger erlebt, die sich überfahren gefühlt haben und zur Unterschrift gedrängt worden sind.

(Unruhe CDU)

(Beifall SPD)

Herr Mohring, das will ich dann auch noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Wenn Sie behaupten, dass sich Bürger da zur Unterschrift haben drängen lassen, dann verkaufen Sie die Leute für dumm hier in Thüringen. So dumm sind die Leute nicht, die wissen, was sie wollen und die handeln auch danach.

(Beifall SPD)

Herr Mohring, Sie haben hier Gesprächsbereitschaft eingeworben oder eingefordert, muss man ja eigentlich sagen, von den Initiatoren des Volksbegehrens.

Ich glaube, hier drehen Sie die Tatsachen völlig auf den Kopf. Es war Ihre Gesprächsbereitschaft, die über zwei Jahre hier im Parlament gefehlt hat. Ihre Gesprächsbereitschaft war gleich null, als der Gesetzentwurf hier im Parlament eingebracht worden ist.

(Beifall SPD)

Da hat das ganze Verfahren seinen Ausgang genommen, weil Sie sich geweigert haben, weil Sie keinerlei Gesprächsbereitschaft gezeigt haben. Deshalb sind Menschen auf die Straße gegangen und haben gesagt, der Gesetzgeber ist nicht bereit, sich zu bewegen mit der Mehrheit dieses Hauses. Wir müssen auf die Straße gehen und Unterschriften sammeln, weil sich sonst gar nichts mehr bewegt in diesem Land. Das sind die Tatsachen, Herr Mohring.

(Beifall SPD)