Protocol of the Session on December 10, 2004

(Beifall bei der CDU)

Ich danke der Landesregierung für den Sofortbericht. Mir liegen Wortmeldungen aus jeder Fraktion vor. So gehe ich davon aus, dass von allen drei Fraktionen die Aussprache gewünscht wird. Hiermit rufe ich Herrn Lemke auf aus der PDS-Fraktion und bitte ihn um seinen Redebeitrag.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn sich die Thüringer Landesregierung in letzter Zeit zum Thema "Bahn" geäußert hat, dann ging es entweder um den ICE oder um geplante Fahrpreiserhöhungen. Zur Zukunft des Schienenpersonennahverkehrs oder des regionalen Schienengüterverkehrs hörte man gar nichts oder wenn man nachgefragt hat, sehr wenig und das war dann mehr als unbefriedigend. Auch heute, Herr Minister, verstecken Sie sich hinter Allgemeinplätzen, ohne ein Bekenntnis zum, wie Sie richtigerweise sagen, theoretischen Zusatzangebot, die Praktiker sagen allerdings Ergänzungsnetz. Wenn Sie sich da mal umhören würden, würden Sie es wissen. Vorab sollten wir uns jedoch noch einmal daran erinnern, dass es Aufgabe staatlicher Daseinsvorsorge ist, ein angemessenes Mobilitätsniveau zu garantieren. Mobilität ist in einer modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft nicht nur eine Grundvoraussetzung zur Sicherheit der Wettbewerbsfähigkeit und des Wirtschaftsstandorts, sondern auch zur Wahrung beruflicher Chancen und zur Sicherheit einer angemessenen Lebensqualität. Die Verkehrsgestaltung muss dabei umwelt- und sozialverträglich sein, sonst würde sie Mensch und Umwelt unerträglich belasten. Die Bahn ist das umweltfreundlichste motorisierte Verkehrsmittel. Die Erhaltung des Verkehrssystems Schiene sowohl für den Personen-, aber auch den Güterverkehr in Thüringen sollte deshalb mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt werden. Während die Hauptstrecken in Thüringen in einem relativ guten Zustand sind, erfordern viele Eisenbahnstrecken jenseits dieser Haupttrassen einen hohen Instandhaltungsaufwand bzw. einen schnellen und teilweise umfangreichen Mitteleinsatz, um weiter betriebsfähig zu sein. In diesem so genannten Ergänzungsnetz gibt es in Thüringen inzwischen auf einigen Strecken so große technische Probleme, dass die DB Netz über Streckenstilllegungsanträge nachdenkt bzw. sie in einigen Fällen bereits gestellt hat. Ich spreche hier ganz speziell und beispielhaft über die Kyffhäuserbahn - dazu haben Sie gar nichts gesagt, doch Sie haben etwas dazu gesagt,

(Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr: Na, na, na.)

Entschuldigung, Sie haben etwas dazu gesagt -, die von Brettleben nach Sondershausen führt. Diese Strecke ist so heruntergekommen, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit bei 30 km/h liegt. Für die Strecke von 31 km benötigt man inzwischen eine Stunde.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das stimmt.)

Der bestehende Fahrplan ist aufgrund der zahlreichen Langsamfahrstellen nicht mehr einzuhalten, was dazu führt, dass Anschlüsse nicht erreicht werden können. Den Bahnkunden wird dann das Warten auf den nächsten Anschlusszug zugemutet, was einen zusätzlichen Zeitaufwand von bis zu einer weiteren Stunde bedeutet. Das Ergebnis der Vielzahl an Zumutungen ist es, dass es immer weniger Mitfahrer gibt. Der Zugverkehr wurde ab 01.11.2004 eingestellt. Durch eine Investition von mehreren 10.000  war es möglich, die Strecke Mitte November wieder in Betrieb zu nehmen. Die Bahn kündigte jedoch an, und Sie haben es heute wieder getan, dass die Strecke zum Fahrplanwechsel am 14. Dezember 2004 nicht mehr angeboten wird. Warum dann diese kurzfristige Investition von etwa 40.000  November?

(Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr: Muss man mal die Bahn fra- gen.)

Der gestellte Stilllegungsantrag ist inzwischen vom Eisenbahnbundesamt für diese Strecke abgelehnt worden. Das ist gut so, denn das bietet die Chance, durch weitere Investitionen in die Strecke der Stilllegung zu begegnen. Das muss auch gewollt sein. Der Antrag ist nicht abgelehnt worden, weil inzwischen etwa der Betreiber des Netzes oder der Besteller von Leistungen auf dieser Strecke aktiv geworden sind. Nein, er wurde abgelehnt, weil die Antragstellung fehlerhaft war. Das Verhalten vom Betreiber der Strecke, aber auch vom Besteller der Leistungen auf dieser Strecke lassen jedoch nicht erkennen, dass die Chance nun genutzt werden soll. Aber dazu später mehr. Wir reden hier beispielhaft über eine Strecke, die zukünftig genug Potenziale erschließen könnte, um mehr Menschen in die Bahn zu bekommen. So liegen an der Strecke zwei Garnisonen der Bundeswehr, in Sondershausen und in Bad-Frankenhausen. Beide Garnisonen sind als gesicherte Standorte zu betrachten, da sie sogar personell aufgestockt worden sind. Bad-Frankenhausen ist Kurstadt, auch das bietet Zukunftsperspektiven. Darüber hinaus existiert ein vom Kyffhäuserkreis in Auftrag gegebenes Gutachten zum Schülerverkehr, in dem festgestellt worden ist, dass der Schülerverkehr auf die Schiene verlagerbar sei und dieses dann bis zu 700 Fahrgäste pro Tag auf dieser

Strecke zur Folge hätte.

(Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr: Machen!)

Der Kreis würde die Verlagerung bei der Sicherung der Strecke sogar vollziehen und Sie wissen das.

(Beifall bei der PDS)

Genug gute Gründe dafür, diese Strecke auf alle Fälle zu sichern und für die Zukunft fit zu machen, Herr Minister. Aber leider reichen die guten Gründe nicht. Auf Nachfrage, ob der Betreiber denn bereit sei, diese Strecke zu sanieren, antwortet dieser: "Ja, wir sind dazu bereit, aber nur dann, wenn der Besteller von Nahverkehrsleistungen, das Land Thüringen, eine Bestellergarantie von mindestens 18 Jahren erteilt". Der zuständige Minister darauf angesprochen, antwortet: "Erstens haben wir einen gültigen Verkehrsvertrag bis 2011" -, das haben wir heute auch gehört - "Daraus ergeben sich die zu erbringenden Leistungen, wenn nicht auf der Schiene, dann im Bus mit Schienenersatzverkehr, notfalls bis zum Jahr 2011". Wirklich toll.

Zweitens antworteten Sie, "2007 werden die Regionalisierungsmittel novelliert und wir wissen nicht, was dann kommt". Das ist korrekt. "Wir sind deshalb nicht gewillt, Bestellgarantien über 2011 hinaus zu erteilen". So weit, so schlecht. Beide in der Verantwortung stehenden Seiten ziehen sich auf aus ihrer Sicht verständliche Standpunkte zurück. Das Dilemma dabei jedoch ist, dass bis 2007 bzw. 2011 der technische Zustand der Strecken nicht besser wird. Die DB Netz erklärt auf Nachfrage: "Sollte es auf anderen Ergänzungsstrecken ebenfalls zu gravierenden technischen Problemen kommen, dann kommen wir auch dort nicht daran vorbei, Stilllegungsanträge zu stellen".

Meine Damen und Herren, wir dürfen doch davon ausgehen, dass die DB Netz zukünftig keine fehlerhaften Anträge mehr stellen wird. Folglich werden diese dann auch nicht mehr vom Eisenbahnbundesamt zurückgewiesen. Die Folge wäre, eine Flächenbahn in Thüringen gibt es in Zukunft nicht mehr. Damit dieses Szenario doch nicht Wirklichkeit wird, ist es nötig, dass die Landesregierung sich politisch eindeutig zum Ergänzungsnetz positioniert, was ich bei Ihrem Bericht, den Sie gegeben haben, vermisst habe, dass sie gegebenenfalls bereit ist, auch im Bundestag dafür zu streiten, dass die bisherigen Gesetze bzw. Vorschriften so geändert werden, dass es möglich wird, auch durch eigene Landesaktivitäten bestehende Strukturen zu erhalten. Dabei wäre auch die Möglichkeit der Übernahme von Netzabschnitten oder das Ergänzungsnetz durch das Land - Stichwort Landesschiene - einschließlich der Übernahme eines gesicherten Bundesfinanzierungsanteils zu

überdenken. Die Landesregierung sollte aber in jedem Fall alles dafür tun, dass die Finanzierungsbedingungen im Bereich der Schieneninfrastruktur flexibler werden. Hören Sie doch zu, Herr Minister, es kommt doch jetzt. Es kann doch nicht sein, dass die DB Netz durch die Vorgaben des Eigentümers gezwungen ist, eine bis zu 20-jährige Bestellgarantie als Voraussetzung für die Umsetzung von Instandhaltungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen zu fordern, weil ansonsten die entsprechenden Mittel zurückgezahlt werden müssen. Eine solche lange Bestellgarantie ist angesichts der Unsicherheit, wie sich langfristig die Mittelzuweisungen des Bundes entwickeln, vom Aufgabenträger kaum realisierbar. Da gebe ich Ihnen ja Recht. Dass aus diesem Grund die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen jedoch unterbleiben und damit zwangsläufig Stilllegungsverfahren eingeleitet werden, ist nicht hinnehmbar und bedarf deshalb sehr schnell einer politischen Lösung.

Die angekündigte Novelle des allgemeinen Eisenbahngesetzes, bei der auch die Kontrolle bei Stilllegung von Strecken verschärft werden soll, sollte deshalb von Ihnen im Bundesrat unterstützt werden.

(Beifall bei der PDS)

Die Landesregierung muss sich dafür einsetzen, dass die vorgenommene Kürzung der Regionalisierungsmittel um 2 Prozent ein einmaliger Vorgang bleibt. Sie muss alles dafür tun, dass die Mittel bis 2007 in voller Höhe bereitgestellt werden, wie es sich aus dem novellierten Regionalisierungsgesetz von 2002 ergibt. Darüber hinaus ist sie in der Verpflichtung, Regionalisierungsmittel auch dafür einzusetzen, wofür sie auch gedacht sind, nämlich für die Schiene. Sie sollte nicht durch weitere abenteuerliche Auslegungen des Regionalisierungsgesetzes dem Schienennetz Thüringens weitere Mittel entziehen. Die bereits vorgenommenen Änderungen im ÖPNV-Gesetz sind zu überdenken und rückgängig zu machen, so dass alle Mittel aus der Bundeszuweisung auch im System Schiene eingesetzt werden können.

Meine Damen und Herren, der Erhalt des Ergänzungsnetzes soll natürlich nicht nur dem Schienenpersonennahverkehr in der Fläche dienen. Es soll genauso für den regionalen Schienengüterverkehr genutzt werden. Sie hatten es angedeutet.

(Beifall bei der PDS)

Im Güterverkehr werden für die nächsten Jahre für Deutschland, in der EU, aber auch für Thüringen Verkehrssteigerungen erwartet, deshalb besteht hier dringender Handlungsbedarf. Es muss darum gehen, dass die Verkehre möglichst kundenfreundlich und ressourcenschondend transportiert werden.

Die Holzindustrie im Südosten Thüringens in und um Ebersdorf beispielsweise hat bereits ein erhöhtes Transportvolumen angekündigt. Auch hier ist durch einen angekündigten Stilllegungsantrag der DB Netz Verunsicherung bei der Industrie erzeugt worden.

(Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr: So ein Unfug!)

Die Bau- und Holztechnik Thüringen GmbH aus Ebersdorf plante, ein Gleis für 1 Mio.  !$  Gelände legen zu lassen, aber durch die von der Bahn erzeugte Unsicherheit zur Zukunft der Strecke liegen diese Pläne auf Eis, da können Sie "Unfug" sagen, wie Sie wollen, das sind Fakten. Aber das ist kein Einzelbeispiel in Thüringen. Auch im Norden des Freistaats gibt es vermehrtes Interesse für mehr Güterverkehr auf der Schiene. Diese noch in Betrieb befindliche Strecke Hohenebra-Ebeleben soll nicht nur erhalten werden, sie soll bis Menteroda verlängert, das heißt, der noch vorhandene Strang soll reaktiviert werden. Eine private Gesellschaft hat sich eigens dazu gegründet, um diesen Abschnitt zu übernehmen, und vor allem, sie wollen es auch. Doch leider scheint diese Unternehmung aufgrund zu hoher Forderungen seitens der Bahn zu scheitern. Sollte jedoch ein tragfähiges Konzept durch die Gesellschaft vorgelegt werden, dann ist die Landesregierung gefordert, dieses Vorhaben zu unterstützen.

Meine Damen und Herren, um den Inhalt des hier gehörten Berichts sachlich und fachlich entsprechend weiter würdigen zu können, beantrage ich namens meiner Fraktion die Weiterbehandlung im Ausschuss für Bau und Verkehr. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Ohl, SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich beginne dort, wo Herr Lemke aufgehört hat und sage gleich im Auftrag meiner Fraktion, dass auch wir gern hätten, dieses Thema im Ausschuss zu erörtern, im Ausschuss zu behandeln. Weil die Problematik Schienenpersonennahverkehr und des regionalen Schienengüterverkehrs, überhaupt die ganze Problematik, auf die Tagesordnung gekommen ist, denke ich mir mal, dass Theorie und Praxis doch in der Wahrnehmung zweierlei Dinge sind. Der Herr Minister hat aus meiner Sicht einen Bericht abgegeben, so wie das, denke ich, auch in Ordnung ist, aber, ich sage, man muss Theorie und Praxis sehen. Wie gesagt, was für

den Abgeordneten in der Region vielleicht schwer nachzuvollziehen ist und man auch in Erklärungsnöte in dieser und jener Situation kommt. Um das ganz einfach zu vermeiden und Fehler der Vergangenheit zu vermeiden und in der Zukunft vieles besser zu machen hinsichtlich dieses wichtigen Themas, sehen wir die Problematik also auch, dass es dementsprechend im Ausschuss behandelt werden sollte.

Ich greife nicht allzu weit in die Vergangenheit, aber aus eigenem Erleben sage ich ganz einfach, die Stilllegung der Bahn zwischen Schlotheim und Mühlhausen hat zumindest etliche Millionen Mark gekostet. Das hätte nicht nötig sein müssen, weil die Stilllegung der Bahn nicht zu verhindern war, aber im Jahr vor der Stilllegung drei moderne Schienenübergänge, eine Ortsumgehung zur Stilllegung eines Bahnübergangs etc. gebaut worden sind. Damit sich solche Dinge nicht wiederholen und die Zusammenarbeit eine bessere wird, denke ich, ist es nötig über dieses Thema zu reden.

Es wurde bereits die Problematik Hohenebra-Ebeleben angesprochen. Hier geht es nicht nur darum weiterzubauen bis Menteroda, sondern auch weiterzubauen in Richtung Schlotheim, um eventuell den Flughafen, wo es ja doch diese oder jene Anfrage in jüngster Zeit gibt, vielleicht doch noch mit dem Highlight zu versehen, an den Flugplatz einen Bahnlinienanschluss zu bringen. Aber ich persönlich sehe die Sache trotzdem sehr von der praktischen Seite her, und sage, jede Mark, die man hier anfasst, muss man ordentlich und sauber beleuchten und dafür ist der Ausschuss der richtige Platz. Ich bin einer von drei Bürgermeistern, die eine regionale GmbH dort gegründet haben, um von der Bahn diese Strecke zu erwerben, einen Betreiber zu suchen, der hier einspringt. Die Tonnage momentan nachzuweisen wird sehr schwierig sein. Wir benötigen für die Entwicklung die Mithilfe des Wirtschaftsministeriums bzw. der LEG, um dort auch Ansiedlungen stärker zu betreuen und voranzutreiben, aber das muss im dementsprechenden Ausschuss behandelt werden, weil es durchaus ein sehr feinfühliges, diffiziles Thema ist. Allein schon zu trennen, wo die Notwendigkeit, den Personennahverkehr in den Vordergrund zu stellen, überwiegt und wo die Notwendigkeit überwiegt, das Thema des Schienengüterverkehrs stärker ins Auge zu fassen. Deswegen von unserer Fraktion der Wunsch, tragen Sie bitte mit, dass wir uns im Ausschuss diesem Thema ganz einfach ernsthaft widmen und gemeinsam für die Zukunft Lösungswege finden, die Fehler der Vergangenheit zu vermeiden helfen und zukunftsorientiert das knappe Geld, was da ist, so effektiv wie möglich einzusetzen. Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Schugens, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der öffentliche Personennahverkehr in diesen Zeiten in angespannter Finanzsituation und zum Teil mangelnder Nachfrage und in der Fortsetzung die Zukunft der Bahn bzw. die Vollendung der Bahnreform - Themen, die uns in den nächsten Jahren beschäftigen werden. Für die Zukunft stehen in der Tat einige Fragezeichen: Individuelles Verhalten der Bürger, Alters- und Einwohnerentwicklung, Angebote der Verkehrsleistung auf Straße und Schiene, Strukturprobleme, Strukturänderungen und vieles mehr lassen eine Fülle von Fragen offen. Da wäre auch noch die Frage der Daseinsvorsorge und die Frage der Verantwortung für das Netz. Letztere liegen eindeutig beim Bund.

Wo gibt es Reserven, die Attraktivität und die Angebote des ÖPNV zu erhöhen? Wo gibt es unnötige Parallelverkehre? Wo ist der SPNV noch die ökologische und wirtschaftliche Vorzugsvariante? Welche Schlüssel im Ergänzungsnetz sind zu sehen? Meine Damen und Herren, kann es der SPNV auf der Schiene allein richten oder ist nicht viel mehr der Güterverkehr mit ins Auge zu fassen? Dazu kommen Ziel und Angebote der Aufgabenträger auf Straße und Schiene. Offensichtlich ist, es gibt einen enormen Nachholbedarf und der Bund muss erneut über den Erfolg und die Ziele der Bahnreform nachdenken, will er seiner Gesamtverantwortung gerecht werden und gemeinsam mit den Ländern und Kommunen für den Begriff Daseinsvorsorge, besser Fürsorgepflicht des Bundes, stehen.

Minister Trautvetter hat schon in der letzten Landtagssitzung darauf hingewiesen, in der er sich zu den Problemen Langsamfahrstrecken bis zur Streckenstilllegung äußerte und eindeutig die Pflichten des Bundes anmahnte. Damit wurde deutlich, wie die Landesregierung zu dem Problem, das heißt Instandsetzung/Instandhaltungsstau, steht. Dazu kommt, dass einzelne Strecken in einem sehr unterschiedlichen Erhaltungszustand sind. Der Bund muss hier die DB Netz für die Erhaltung und Vorhaltung von Schienennetz in die Pflicht nehmen. In der Regel war es der Bund, der seinen Verpflichtungen nicht nachkam, und nicht so, wie mein Vorredner dies auf das Land schieben wollte. Das Land hat sich vielfältig in die Pflicht genommen und auch Vorleistungen erbracht. Positive Beispiele sind die Bergbahn Oberweißbach und das Sonneberger Netz, dies einschließlich von Planungsleistungen, die das Land immer erbracht hat.

Meine Damen und Herren, dazu müssen auch die Vorschläge der Pellmann-Kommission zur Trennung von Netz und Betrieb weiter diskutiert werden. Wenn heute Vertragslaufzeiten von 20 Jahren erwartet werden, ist das für das Land eine Frage nicht nur der Bestellung und Leistung, sondern es gibt die Probleme der Finanzierung, wie bereits erwähnt wurde. Weiß man denn die finanzielle Ausstattung nach 2008 durch den Bund? Wie entwickeln sich bei der sinkenden Einwohnerzahl Nachfrage- und Schwerpunktstrecken und vieles mehr? So bleibt eine Vielzahl offener Fragen und nachstehender Probleme, die bis 2008 mit der Fortschreibung des SPNV-Konzepts zu betrachten sind und mit den Mitwirkenden wie Kommunen und Bund abgestimmt werden müssen. Über die im Antrag angesprochenen Strecken hat der Minister ausführlich berichtet und auch Alternativen und Suche nach anderen Betreibern aufgezeigt. Es bleibt: Wie entwickeln sich die Regionalisierungsmittel nach 2007? 18 bis 20 Jahre Bestellungsgarantie kann heute kein verantwortungsvoll Handelnder geben. Die Konzepte im ÖPNV sind besser abzustimmen und doppelte Subventionen zu vermeiden und effizient zu erhöhen. Dazu sind unsere kommunalen Träger gefordert. Mobilität und Erreichbarkeit mit öffentlichem Verkehr bleibt weiterhin politisches Ziel auch der CDU-Fraktion. Aber nur eine effiziente Verzahnung von Straßen- und Schienenpersonennahverkehr kann eine wirkliche Alternative zum motorisierten Individualverkehr bieten, aus der auch eine positive ökologische Gesamtbilanz abgeleitet werden kann. Der Bund kann sich auch mit der Privatisierungsstrategie seiner Verantwortung zumindest in Fragen "Netz" nicht entziehen. Und, meine Damen und Herren, leere Züge, also ungenügend ausgelastete Strecken, sind weder ökologisch noch ökonomisch, geschweige denn zukunftsträchtig und bezahlbar. Ein paar Bemerkungen zu dem, was zu dem Netz in Südthüringen gesagt wurde oder in meinem Wahlkreis: An dieser Stelle ist die Aktivität der Wirtschaft eingebunden und erfreulicherweise hat sich in den letzten Tagen die Wirtschaft auch dazu bekannt, an der Erhaltung dieses Streckennetzes aktiv mitzuwirken. Das war auch immer im großen Interesse der Landesregierung, dafür zu sorgen, dass diese Möglichkeiten offen gehalten werden. Ich glaube, gerade in der letzten Zeit hat sich unser Minister dort verstärkt interessiert und eingebracht. Der Vorwurf, dass man an dieser Strecke Saalfeld-Hockeroda - Richtung Ebersdorf-Friesau - nichts tun würde, ist hier sehr unpässlich.

Meine Damen und Herren, ich glaube, hier müssen sich Wirtschaft und die Kommunen verstärkt einbringen und wir haben in der Zukunft schon zu entscheiden, was finanziell geleistet werden kann; ganz besonders fordern wir dazu den Bund heraus.

(Beifall bei der CDU)

Von den Fraktionen der SPD und der PDS ist Ausschussüberweisung beantragt worden.

(Zwischenruf Abg. Ohl, SPD: Hallo!)

Bitte? Gut, Herr Minister Trautvetter, eine Wortmeldung.

Herr Lemke, nur zwei Bemerkungen, vielleicht auch drei: Erstens, Sie sollten zuhören, was der Minister berichtet, und nicht vorbereitete Reden ablesen, dann kämen Sie nicht zu Falschaussagen; denn ich habe gesagt, dass wir für die Strecke Ebeleben einen Betreiber haben und dass wir demnächst mit einem Betreiber dort einen neuen Netzbetreiber installieren werden, was Sie verneint haben.

Zweitens, man behauptet immer, die Bahn ist das umweltfreundlichste Verkehrsmittel.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Oh ja!)

Wissen Sie, was so ein moderner Regiosprinter für einen Dieselverbrauch hat? Das sind 60 Liter auf 100 Kilometer. Der Vorgänger hat 100 Liter auf 100 Kilometer verbraucht. Dass heißt, wenn man wirklich von Umweltfreundlichkeit und wenig Dieselverbrauch redet, dann muss man mal wirklich Vergleiche ziehen. Es müsste das Dreifache in einem Zug sitzen als in einem Bus, ehe die Bahn wirklich umweltfreundlicher ist. Nicht umsonst wird auch deswegen Wert darauf gelegt, dass die Bahn eine bestimmte Fahrgastzahl hat, bevor sie ins Grundnetz hineinkommt, denn erst dann kommt auch die Wirtschaftlichkeit und dann trägt sich auch die Umweltfreundlichkeit.

Die dritte Bemerkung noch einmal zu EbersdorfFriesau: Gerade dort sind wir mit den Unternehmen ganz intensiv im Gespräch, wie wir die ganze Strecke für den Güterverkehr so ertüchtigen, dass man sogar in ein paar Jahren vielleicht Kapazitäten drauf hat, wo wir nicht einmal mehr den Personennahverkehr drauf kriegen aus Kapazitätsgründen. Da geht es nämlich um 360.000 Lkw, die von der Straße weg und auf die Schiene müssen. Gerade dort gibt es eine intensive Zusammenarbeit, bis hin, dass wir mit den Oberfranken jetzt reden, ob man nicht die Höllentalbahn wieder eröffnet und installiert, weil die nämlich genauso viele Transporte Richtung Süden haben.

(Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Ja, schön, das hat lange gedauert)

Das ist nicht unser Problem, sondern das bayerische Problem, weil das Höllental mittlerweile ein FFH-Gebiet geworden ist, und da werden wir einmal sehen, wie sich dann die Naturschützer dazu stellen, wenn man in einem FFH-Gebiet wieder eine Bahnstrecke eröffnen will. Also dass die Landesregierung nichts tut, ich glaube, das können Sie uns in keinem Fall vorwerfen.