Protocol of the Session on July 4, 2008

(Beifall SPD)

denn man soll die Hoffnung nie aufgeben, dass bei ganz wichtigen Dingen doch noch Einigkeit erzielt werden kann.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Uns geht es genauso, Frau Taubert.)

Das verbindet uns ja, Herr Mohring.

Ein Zweites, Herr Kuschel, was Sie letztens zu Ihrem Modell gesagt haben, das ist wohl schlichtweg falsch. Ich habe den Masterplan gut aufgehoben und ich kann mich an die Äußerungen auch sehr gut erinnern, auch in der Enquetekommission, da haben Sie auch Papiere dazu erstellt. Ihr Vorschlag und bei dem sind Sie bisher immer geblieben: 5.000 Einwohner Einheitsgemeinde, Abschaffung der Verwaltungsgemeinschaft. Das war immer Ihr Ding. Wir hatten ja gemeinsam mit Herrn Carius einmal die Freude, bei Bürgermeistern, ehrenamtlichen Bürgermeistern und VG-Vorsitzenden zu sitzen im Saale-Holzland-Kreis und da sind Sie schon ein bisschen von Ihrem Modell abgewichen. Ich denke, da muss man redlich bleiben und darf sich auch nicht hinter anderen verstecken, sondern sollte selber standhaft sein, auch wenn die Bürger oder die Bürgermeister in dem Fall dagegen sprechen. Ich denke, das gehört in Politik dazu, dass man nicht alle nasenlang seine Meinung ändert. Aber ich will zunächst etwas förmlicher sein und noch einmal hervorheben, was denn auch die

Enquetekommission „Zukunftsfähige Verwaltungs-, Gemeindegebiets- und Kreisgebietsstrukturen in Thüringen und Neuordnung der Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen“, kurz Enquetekommission 4/1, beschlossen hat in ihren Vorabempfehlungen.

Die Vorabempfehlungen haben einen sehr guten, ausführlichen Diskurs um die Frage der Verfassungsmäßigkeit von Gemeindegebietsreformen beinhaltet und sie haben ein Leitbild für starke und bürgernahe Gemeinden in Thüringen. Dieses Leitbild - das haben wir hier im Landtag beschlossen - soll die Grundlage sein für dringend notwendige gesetzliche Regelungen. Wenn Sie mit den Bürgermeistern sprechen unter vier Augen, nicht in so einem großen Kreis, wie ich gerade beschrieben habe, dann sagen die Ihnen, beschließt endlich etwas Konkretes, dass wir wissen, was in fünf Jahren Fakt ist, und dann werden wir uns danach richten. Wir werden natürlich auch nicht erleben, dass das in der Öffentlichkeit groß propagiert wird, sondern das erleben Sie immer nur im kleinen Kreis. Wie gesagt, besagte Veranstaltung, ich kannte fast alle VG-Vorsitzenden und fast alle Bürgermeister und die haben mir unter vier Augen alle etwas anderes erzählt. Ich denke, das sollte uns nicht so beeinflussen, sondern man muss genau hinhören, was Einwände sind, die berechtigt sind und welche nicht berechtigt sind. Die erste Kernaussage in den Vorabempfehlungen ist die Kernaussage zur Entwicklung der Verwaltungsorganisation der Gemeinden. Dort steht ganz eindeutig auf mehreren Seiten, die kann ich Ihnen benennen, die Seite 9, Seite 13, Seite 15, die Verwaltungsgemeinschaft ist nicht zukunftsfähig und soll nicht fortgeführt werden und das ist auch ausführlich begründet worden. Ich will auch darauf verweisen, ich war sicher ein Stück weit erstaunt gewesen, als ich den Vorgänger von Herrn Günther im Amt des Vorsitzenden der KBV erlebt habe, Herrn Böck, der Mitte vorigen Jahres doch durchaus deutlich und für alle vernehmbar gesagt hat, wir haben jetzt auch dazu gesprochen und die Verwaltungsgemeinschaft, die hat einfach keine Zukunft. Die Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaften sollen zu Einheitsgemeinden bzw. zu Landgemeinden zusammengeschlossen werden. Schon in der 2008 beginnenden Einführungsphase, die auf Seite 15 beschrieben ist, sollen sich die Gemeinden, die einer Verwaltungsgemeinschaft angehören bzw. erfüllende Gemeinde, beauftragte Gemeinde sind, nach § 51 Thüringer Kommunalordnung zur Thüringer Landgemeinde oder zu einer klassischen Einheitsgemeinde zusammenschließen. Soweit die gemeinsam beschlossenen und auch ausgehandelten Vorabempfehlungen.

Eine zweite Kernaussage der Vorabempfehlungen ist die Aussage zur Leistungsfähigkeit und zur Grö

ße der künftigen Gemeinden. Da sind wir uns auch im Kern mit den meisten Sachverständigen in der Enquetekommission einig gewesen, dass man auf eine gewisse Zeit schauen muss. Wir müssen gerade in so einer ernsthaften Angelegenheit weit schauen, nämlich ca. 20 Jahre. Ich denke, jeder, der in Ostdeutschland lebt, kann 20 Jahre ganz gut einschätzen, weil wir so einen Einschnitt hatten 1990. Da kann man ungefähr sagen, was 20 Jahre sind, das kann man viel besser fühlen, als wenn man solche gravierenden Einschnitte nicht hatte. Deswegen sind 20 Jahre noch nicht einmal so sehr lang, aber wenn wir schauen und uns die demographische Entwicklung beschauen, müssen wir in Thüringen auch sehen, dass sich die Gemeinden sehr unterschiedlich entwickeln. 3.000 Einwohner - das will ich auch dem Gesetzentwurf zugestehen, den die CDU vorgelegt hat - es soll also keine Ausnahmegenehmigung mehr geben bei Ihnen, das steht schon fest. Aber wir wünschen uns, dass da auch steht, dass es mindestens 3.000 Einwohner sind. Man sollte davon nicht abweichen, weil wir in Thüringen Gemeinden haben, die in sehr kurzer Zeit sich weit unter 3.000 Einwohnern bewegen werden. Wir haben natürlich auch in Thüringen Gemeinden - auch heute schon Einheitsgemeinden teilweise - die werden sich immer um die 3.000 bis 3.500 Einwohner bewegen, weil sie in der Nähe von zentralen Orten liegen und damit der Zufluss von Bürgern da ist und natürlich auch die Attraktivität des Wohnstandortes für eine längere Zeit gewährleistet ist.

Eine dritte Kernaussage ist die Frage zur Bürgernähe, zur demokratischen Teilhabe und zum ehrenamtlichen Engagement. Es war auch ein Grund, warum wir dem Landgemeindemodell zugestimmt haben, weil wir sagen, es muss möglich sein, dass sich die Ortschaften weiterhin sehr eigenständig in ihrer Tradition bewegen und auch in bestimmten Entscheidungen. Deswegen ist der Katalog, der sich heute in der Kommunalordnung befindet, als Entscheidungskatalog für Ortschaftsräte erweitert worden im Wesentlichen um die Punkte, die im Moment nur die Beteiligung haben in Form eines Rates, aber nicht der Selbstentscheidung.

Insofern, glaube ich, ist das Leitbild aus der Enquetekommission in den Gesetzentwurf sehr weitgehend übernommen worden. Wir müssen über einen Punkt noch mal sprechen, das ist aber eher eine Frage des Satzungsrechts, denn auch die Landgemeinde hat ja nur das Satzungsrecht und nicht die Ortschaft. Wenn wir über die Benutzung von Kinderspielplätzen etc. sprechen, müssen wir einfach noch mal abprüfen lassen, ob tatsächlich die Möglichkeit besteht, dass der Ortschaftsrat das entscheidet oder ob es eine Einschränkung geben muss, dass zwar der Gemeinderat der Landgemeinde die Satzung beschließt, aber der Ortschaftsrat bestimmte Schwer

punkte an der Stelle mitbestimmen kann.

Auch was die Frage der Honorierung der Arbeit der ehrenamtlichen Bürgermeister betrifft, ist das Leitbild übernommen worden. Ich denke, das ist auch ganz wichtig. Wenn wir Umwandlungen von Verwaltungsgemeinschaften in Einheitsgemeinden oder Landgemeinden haben, bedeutet das in aller Regel auch für den Bürgermeister eine große Belastung und er sollte dies entsprechend auch honoriert bekommen.

Wir sehen in diesen Passagen, dass der Zusammenschluss von Gemeinden zu einer größeren Gemeinde nicht per se das sein muss, was ihm oft unterstellt wird, nämlich dass den Bürgerinnen und Bürgern irgendetwas entzogen wird, schon gar nicht der Begriff Heimat. Und da muss ich auch sagen, es kommt auf das Selbstbewusstsein jedes einzelnen Bürgers und Einwohners an, wie er sich schon in der Vergangenheit mit seiner Gemeinde identifiziert hat. Ich denke, es ist auch nicht mehr zeitgemäß, sich um antike Fragen zu kümmern, nämlich ob mein Urururgroßvater mit dem Urururgroßvater einer anderen Familie des Nachbarortes mal im Streit gelegen hat und ob das nun das Entscheidende dafür ist, ob man heute noch gemeinsam Streit pflegt oder auch Gemeinschaft.

Unsere Kritik ist am jetzigen Gesetzentwurf - einige sehr entscheidende Punkte sind nicht aufgenommen worden. Das ist zunächst mal die Frage des Auslaufens der Verwaltungsgemeinschaft. Herr Mohring hat in der Presse gesagt, dass es schon immer das Ziel gewesen sei, auch unser gemeinsames Ziel gewesen sei, dass man neben Einheitsgemeinde, erfüllender Gemeinde, Verwaltungsgemeinschaft noch ein weiteres Konstrukt dazu schafft. Also, Herr Mohring, Sie waren leider nicht mit in der Enquetekommission anwesend. Ich kann mich nicht entsinnen, dass ich zu irgendeiner Zeit so etwas geglaubt habe, da müsste es an mir völlig vorbeigegangen sein.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das kommt noch.)

Nein, das werde ich auch nicht glauben - nein, nein, nein. Ich habe nur gemerkt, dass der Ministerpräsident vor gut einem Vierteljahr in der TA im Eichsfeld einmal zur Kenntnis gegeben hat, da kommt noch etwas dazu und das war es dann, es ändert sich sowieso nichts weiter. Und das war offensichtlich der Grund, warum der Gesetzentwurf an dieser Stelle keine Klarheit hat. Ich denke, es führt kein Weg daran vorbei, wir müssen einfach aus dem jetzigen Gesetzentwurf aus der Kommunalordnung die Bildung der VG herausnehmen und müssen sagen, es gibt das Konstrukt der Verwaltungsgemeinschaft, weil es auch noch eine Weile bestehen wird, aber

es ist ein Auslaufmodell. Ich kann keine neue VG bilden.

Ein zweiter Punkt ist: Natürlich kann man das machen, Herr Reinholz, ich kann das herausnehmen, ich kann das Konstrukt der Verwaltungsgemeinschaft beschreiben, dass es vorhanden ist, aber ich muss die Neubildung überhaupt nicht mehr im Gesetz verankern. Wenn man diese Passagen benötigt, um das Konstrukt der erfüllenden Gemeinde zu beschreiben, weil man eine Weile übergangsweise die erfüllende Gemeinde haben will, nämlich für den Umstand, dass sich innerhalb einer VG die Mehrzahl zusammenschließt und einzelne Satelliten dann übrig bleiben und man da das Konstrukt der erfüllenden Gemeinde anwenden muss, dann sollte man genau die Passage übernehmen in § 51 für die erfüllende Gemeinde und sollte den § 46, der im Gesetzentwurf so ausgeführt ist, verändern. Dann, denke ich, hat man auch deutlich gemacht, wohin der Weg gehen muss und die Äußerungen der letzten Tage, die haben mich schon auch bestärkt darin, dass Klarheit in der kommunalen Familie erwünscht ist vom Gesetzgeber.

Ich hatte schon angesprochen, dass wir der Meinung sind, dass in der Kommunalordnung mindestens 3.000 Einwohner drinstehen müssen, was die Mindestgröße betrifft. Ich denke, das ist auch nicht hinderlich.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das steht drin.)

Das „mindest“ habe ich jetzt noch nicht so gelesen. Sie können mir das ja gern erklären, Herr Mohring.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Mache ich gern; ich bin schon ganz zappelig.)

Ist ja prima, wunderbar, kann ich mir gut vorstellen. Dann gibt es aber noch einen wesentlichen Punkt, der uns zu den Äußerungen bewogen hat, zu sagen, wir können das so nicht mitstimmen - das ist der Umstand, dass die jetzige Einheitsgemeinde sich nicht in eine Landgemeinde umwandeln können sollen darf. Auch darüber haben wir in der Enquetekommission sehr offen gesprochen. Das ist mehrfach angesprochen worden und auch da gab es immer Bereitschaft auch der CDU-Vertreter, dass hier eine Wahlmöglichkeit besteht. Das kann ich aber jetzt im Moment nicht daraus lesen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Auch das erkläre ich Ihnen dann.)

Auch das müssten Sie mir erklären, es wäre sehr hilfreich. Ich kann es nicht erkennen und es ist aber wichtig. Es kann nicht sein, dass die Ortschaften der

jetzigen Einheitsgemeinde nicht die Möglichkeit haben. Ob sie die Möglichkeit nutzen, ist schließlich ihr Problem oder ihre Entscheidung und darüber muss ja ein gemeinsamer Gemeinderat entscheiden. Also, nicht jede Ortschaft soll das ja entscheiden können, sondern der Gemeinderat der Einheitsgemeinde. Diese Möglichkeit muss sein. Nun könnte man entgegenhalten, es ist alles gar nicht problematisch, der jetzige § 45 sieht ja auch schon vor, dass in der Hauptsatzung anderes drinstehen kann als...

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Sehr gut; es steht drin.)

Aber Sie sehen, Herr Mohring, ich habe das Gesetz gelesen. Es steht drin, ich kann es erweitern, aber was ich nicht erweitern kann, ist die Frage des Budgetrechts. Das können Sie aus dem jetzigen § 45 nicht herauslesen, dass Sie das Budgetrecht in der Form, wie es der Landgemeinde gewährt wird, auch gewährt wird. Das können Sie so nicht rauslesen. Aber wenn Sie mir das dann noch erklären, vielleicht kann ich ja meine Meinung auch ändern.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Darauf hoffe ich.)

Es bleibt das Resümee, dass es noch Nachbesserungsbedarf an diesem Gesetzentwurf gibt, um die Vorabempfehlung umzusetzen, um für Thüringer Gemeinden, für die Bürger, für die Bürgermeister und auch für die VG-Vorsitzenden klarzumachen, wohin die Reise nur gehen kann. Ich will abschließend noch eins sagen, weil uns oft unterstellt wird, wir machen das zum Selbstzweck, vielleicht weil wir gerade nichts anderes zu tun haben, aber die Enquetekommission hat sehr deutlich gemacht, es geht einfach darum, für die Zukunft unter den Bedingungen, wie wir sie auch in 10 bis 20 Jahren in Thüringen haben werden, nämlich wesentlich weniger zur Verfügung stehende Finanzmittel und einer wesentlich schwierigeren demographischen Struktur, die wir in Thüringen haben, Vorsorge zu treffen. Ich denke, das ist wichtig für Politik in Thüringen und man darf sich da um schwierige Entscheidungen auch nicht drücken. Danke schön.

(Beifall SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Herr Mohring zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Frau Taubert, zunächst freue ich mich ja, dass Sie so sanfte Töne angeschlagen haben und

damit auch ein Stück das wieder korrigiert haben, was Ihr Fraktionsvorsitzender in dieser Woche versucht hat zu argumentieren.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ach, das muss ja tief gesessen haben.)

Ich will aber zu Ihnen sagen und auch zu Herrn Kuschel, für beide gilt ein Satz, den gestern schon der Abgeordnete Buse gesagt hat: Wer lesen kann, weiß mehr. Das gilt auch für den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion zur Weiterentwicklung der gemeindlichen Strukturen im Freistaat Thüringen. Wir wollen mit diesem Gesetzentwurf in die Thüringer Kommunalordnung das Institut der Thüringer Landgemeinde einführen. Wir denken, dass die Thüringer Landgemeinde ein Zukunftsmodell für Thüringen ist und dass wir damit die Weiterentwicklung der gemeindlichen Strukturen in Thüringen auf sichere Füße für die nächsten 20 Jahre stellen können.

(Beifall CDU)

Wir setzen mit diesem Gesetzentwurf das Leitbild der Enquetekommission um, was im April dieses Jahres hier im Landtag mit der Mehrheit von CDU und SPD beschlossen wurde. Unser Ziel ist, dauerhaft leistungsfähige Gemeinden für die nächsten 20 Jahre zu schaffen, die zugleich Identifikationsräume, aber auch Heimträume sind, dort, wo die Menschen sich wohlfühlen, dort, wo sie wissen, das ist ihre Heimat, wo sie leben, dort ist dieser Raum, wo sie auch Lust haben, sich ehrenamtlich zu engagieren. Im Blick auf das nächste stattfindende Kommunalwahljahr im Jahr 2009 wissen wir, wie notwendig es ist, dass es Bürger gibt, die bereit sind, ihre Freizeit zu opfern, die bereit sind, sich ehrenamtlich zu engagieren, die in den Gemeinderäten mitmachen wollen, die im Stadtrat mitmachen wollen, die im Kreistag mitmachen wollen, vor allen Dingen auch, die in den Ortsteilräten und die auch in den künftigen Ortschaftsräten mitmachen wollen. Das tun sie vor allen Dingen immer erst dann, wenn sie auch wissen, dass sie auch Möglichkeiten haben mitzuentscheiden. Mit dem Modell der Thüringer Landgemeinde, die quasi eine Fortentwicklung der bestehenden Einheitsgemeinde mit verstärktem Ortschaftsrecht ist, erfüllen wir genau diesen Anspruch. Das war dieser Anspruch, den die Enquetekommission vorgegeben hat, und der wird mit diesem Gesetz umgesetzt.

(Beifall CDU)

Wir sagen, dass das Modell der Thüringer Landgemeinde eingeführt werden soll immer dann, wenn drei Gesichtspunkte berücksichtigt sind: dass die demographische Entwicklung in dem jeweiligen Raum, wo die Thüringer Landgemeinde entsteht, berücksichtigt wird, wenn die Berücksichtigung der Raum

ordnung dabei auch erfahren wird und wenn letztendlich auch die Landesplanung bei der Entwicklung von Thüringer Landgemeinden eine künftige Rolle spielen wird. Immer dann soll das gelten, was wir im Gesetzentwurf zur Begründung, zur Definition der Thüringer Landgemeinde geschrieben haben. Dort heißt es: „Die Landgemeinde wird als eine Form der kreisangehörigen Gemeinde nach § 6 Abs. 1 der Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) eingeführt. Sie unterscheidet sich von Gemeinden, die keiner Verwaltungsgemeinschaft angehören oder einer erfüllenden Gemeinde zugeordnet sind (Einheitsge- meinden), durch eine kraft Gesetzes gestärkte Ortschaftsverfassung. Der Landgemeinde obliegen alle Aufgaben des eigenen und übertragenen Wirkungskreises. Organe der Landgemeinde sind der Bürgermeister und der Gemeinderat. Die Landgemeinde muss auf Dauer mindestens 3.000 Einwohner haben. Die demographische Entwicklung in den Regionen ist dabei zu berücksichtigen. Die Interessen der Ortschaften der Landgemeinde werden durch Ortschaftsbürgermeister und Ortschaftsrat vertreten.“ Genau diese demokratische Erweiterung des Instituts der Thüringer Landgemeinde gegenüber den bestehenden bisherigen Formen, insbesondere gegenüber der Verwaltungsgemeinschaftsform, ist genau das Element, was uns dazu bewogen hat, dieses Modell hier vorzuschlagen, der Landgemeindebürgermeister, der urgewählt wird, der Landgemeinderat, der urgewählt wird, und natürlich der Ortschaftsbürgermeister und der Ortschaftsrat, die auch urgewählt werden. Diese demokratische Erweiterung, diese größere Teilhabe, selbst zu entscheiden in der Gemeinde vor Ort in dem Zusammenschluss, wer dort Bürgermeister ist und wer dort Gemeinderatsmitglied ist, gegenüber der mittelbaren Beteiligung nur im Rahmen der Verwaltungsgemeinschaftsversammlung und des VG-Vorsitzenden ist schlechthin der demokratische Fortschritt, den wir hier in die Thüringer Kommunalordnung einführen.

Wir haben bei dem Gesetzentwurf eines berücksichtigt: Wir haben gesagt, wir wollen in die bestehende Systematik der Thüringer Kommunalordnung zusätzlich das Institut der Thüringer Landgemeinde aufnehmen. Wir hätten natürlich auch komplett eine neue Kommunalordnung schreiben können. Wir haben aber versucht, in die bestehende Systematik, die mit Sicherheit auch verbesserungswürdig ist in der ThürKO, das neue Element aufgenommen. Das findet sich hauptsächlich in § 45 a der neuen Thüringer Kommunalordnung wieder. Wir haben jeweils Ergänzungen dort vorgenommen, wo sie notwendig sind, damit das Gesetz in seinem vollen Umfang auch seine Wirkung erzielen kann. Da gehört zuallererst dazu - und deswegen bin ich verwundert, liebe Frau Taubert, dass Sie das nicht gesehen haben -, dass wir zunächst natürlich vorgeschlagen haben, dass in § 6 Abs. 5 - neu - natürlich die

Landgemeinde mindestens 3.000 Einwohner haben muss. Wir orientieren uns da ganz streng an der Empfehlung der Enquetekommission. Die hat nämlich gesagt auf Seite 13 der Empfehlung, ich will das kurz zitieren: „Die bereits durch die Thüringer Kommunalordnung vorgegebene Mindestgröße von 3.000 Einwohnern für selbstständige Einheitsgemeinden mit eigener Verwaltung hat sich als Ausgangspunkt für leistungsfähige kommunale und bürgernahe Strukturen bewährt. Sie soll deshalb auch für den Typus der Thüringer Landgemeinde beibehalten werden.“ Damit haben wir genau gesagt, diese Einwohnergröße von 3.000 muss Mindestgröße sein. Darunter gibt es keine Ausnahmegenehmigungen mehr abschließend, und es ist ganz klar geregelt, dass unter den Gesichtspunkten der Raumordnung oder den Gesichtspunkten der Landesentwicklung und vor allen Dingen unter den Gesichtspunkten der demographischen Entwicklung auch nur solche Landgemeinden eingeführt werden, die auf Dauer die Mindestgröße von 3.000 Einwohnern sicherstellen. Deswegen haben wir mit unserem Gesetzentwurf vorgeschlagen, dass künftig alle Weiterentwicklungen der gemeindlichen Strukturen auf Gesetzgebungsebene gehoben werden. Das ist neu, das war bisher nicht der Fall. Vor allen Dingen war es nicht der Fall für die Bildung, Zusammenlegung, Erweiterung oder Auflösung von Verwaltungsgemeinschaften. Wir schlagen vor, dass für alle Institute, die sich in der Thüringer Kommunalordnung wiederfinden - erfüllende Gemeinde, Verwaltungsgemeinschaft, Einheitsgemeinde im klassischen Sinn und der neue Typ der Thüringer Landgemeinde -, immer durch den Landesgesetzgeber, also durch diesen Landtag, abschließend beraten und entschieden werden muss.

(Beifall CDU)

Dieser Gesetzesvorbehalt ist wichtig, genauso wie als künftiger Vorbehalt im Gesetz ganz klar definiert ist, dass alle Fusionen demographiefest sein müssen und wir aber auch gleichzeitig mit dem Gesetzentwurf garantieren wollen, dass alle die Gemeindefusionen, die wir in der Vergangenheit hier in diesem Haus schon beschlossen haben und die auf Dauer die 3.000-Einwohner-Grenze sichern, auch Bestandsgarantie für die Zukunft bekommen. Wir wollen in einem langen Korridor von Freiwilligkeit größtmögliche Wahlfreiheit ermöglichen. Die Bürger vor Ort sollen sagen mit ihren gewählten Gremien, mit ihrem gewählten Bürgermeister, welche Form der gemeindlichen Zusammenarbeit für sie am wichtigsten ist. Das kann heißen, dass die Bürger entscheiden können, sie wollen in einer gutgehenden Verwaltungsgemeinschaft weiter zusammenarbeiten, das kann heißen, dass sie sich aus der Verwaltungsgemeinschaft hin zur Thüringer Landgemeinde entwickeln sollen, das kann aber auch heißen, und das ist der einzige Ausnahmefall unterhalb der Gesetzgebungs

ebene, nämlich durch Regelungen in der Hauptsatzung, und so steht es auch im Gesetz drin und in der Begründung noch mal erläutert, dass bestehende Einheitsgemeinden für sich entscheiden können, sie bleiben Einheitsgemeinde, adaptieren aber für ihre bisherigen Ortsteile das Ortschaftsrecht der Thüringer Landgemeinde. Und das ist ganz entscheidend und ganz wichtig, weil nämlich dadurch tatsächlich ermöglicht wird, dass man vor Ort über diese vier Formen der gemeindlichen Zusammenarbeit abschließend entscheiden kann. Immer dann, wenn der Gesetzgeber gefragt ist, wird er abschließend entscheiden. Das ist deshalb wichtig, damit keine Räume entstehen, die künftig keiner Regelung unterliegen, damit auch Stadt-Umland-Beziehungen besondere Berücksichtigung erfahren und damit der Gesetzgeber sein Ziel, nämlich für 20 Jahre mindestens feste Gemeindestrukturen zu schaffen, erreichen kann und immer auch noch mal zuletzt sein Votum darauf geben kann, nachdem er Anhörungen durchgeführt hat und nachdem er auch geschaut hat, passt das in die Raumordnung und passt das in die Landesplanungen. Und das ist, glaube ich, ganz wichtig, unten, ganz nah, die bestmöglichen Entscheidungsmöglichkeiten und abschließend immer noch mal, dass der Landtag zuletzt draufschaut und sieht, dass die gemeindliche Entwicklung sich gut dargestellt hat. Damit wir das erleichtern, damit wir auch den Weg gehen, den die Enquetekommission nämlich vorgegeben hat, auch tatsächlich die Verwaltungsgemeinschaften weiterzuentwickeln in der Thüringer Landgemeinde, haben wir vorgeschlagen - das war eine Empfehlung der Enquetekommission - vom Einstimmigkeitsprinzip hin zur doppelten Mehrheit überzugehen. Das heißt, dass künftig, wenn sich Verwaltungsgemeinschaften weiterentwickeln wollen hin zur Thüringer Landgemeinde, wenn sich Verwaltungsgemeinschaften vielleicht auch zusammenlegen wollen, dass dann nicht mehr das Einstimmigkeitsprinzip notwendig ist und eine der Mitgliedsgemeinden vielleicht von 18 oder 19 Mitgliedsgemeinden den ganzen Prozess stoppen kann, sondern dass die Mehrheit der Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft immer dann, wenn sie auch die Mehrheit der Bürger in der Verwaltungsgemeinschaft widerspiegeln, dann die Weiterentwicklung ihrer Strukturen vor Ort vorgeben können. Und für alle die, die sich nicht zuordnen wollen - der neuen Form, einer größeren VG, einer Einheitsgemeinde im klassischen Sinn oder einer Thüringer Landgemeinde, so wie wir sie neu vorschlagen -, dann sollen diese Gemeinden auch die Möglichkeit haben, sich selber erfüllen zu lassen nach § 51 ThürKO und können zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden, jetzt doch mitzumachen. Wir wollen diesen Prozess auch unterstützen, so wie es die Enquetekommission vorgegeben hat, dass wir demographiefeste Strukturen dadurch schaffen, dass wir die freiwilligen Fusionen im Thüringer Finanzausgleichsgesetz künftig derart ge

stalten, dass erstens unter dem Dach der VG keine freiwilligen Fusionsprämien mehr gezahlt werden - ein ganz wichtiger Schritt, weil wir sagen, wir wollen tatsächlich die größer 3.000-Einwohner-Gemeinden erreichen, wir wollen nicht mehr unter dem Dach die kleiner als 3.000-Einwohner-Fusion unterstützen, was wir bisher gemacht haben und auch in diesem Plenum noch mal tun werden. Es wird ja angerechnet für künftige weitere Fusionen. Wir sagen aber ganz klar, dass wir künftig in den Jahren 2008 und 2009 so, wie es der Haushaltsgesetzgeber mit jeweils 6 Mio. € auch festgelegt hat, zwei Phasen unterstützen.

Erstens: Sind künftige Gemeinden - das heißt entweder Einheitsgemeinden im klassischen Sinne oder Thüringer Landgemeinden im neuen Sinne - größer als 4.000 Einwohner, dann gibt es 30 € pro Einwohner Fusionsprämie, und sind sie größer als 5.000 Einwohner, so, wie es die Enquetekommission vorgeschlagen hat, dann gibt es 100 € pro Einwohner Fusionsprämie. Das ist ganz wichtig, weil nur das tatsächlich garantiert, dass wir Strukturen haben, die auch die nächsten 20 Jahre gelten.

(Beifall CDU)

Nun haben wir ein wichtiges Ziel - darauf ist auch das Gesetz angelegt -, dass die Weiterentwicklung tatsächlich möglich ist. Wenn wir es demographiefest gestalten wollen und auf die Thüringenkarte schauen, wie es sich im Jahr 2020 darstellt, dann wissen wir, jetzige Verwaltungsgemeinschaften müssen eine Mindesteinwohnergröße von 5.000 Einwohnern haben. Aber aufgrund der demographischen Entwicklung wissen wir auch, dass schon im Jahr 2020 ungefähr ein Viertel aller jetzt bestehenden Verwaltungsgemeinschaften kleiner als 5.000 Einwohner sein wird. Genau deshalb ist zu Recht von der Enquetekommission vorgeschlagen worden, dass mindestens 3.000 Einwohner künftig die Thüringer Landgemeinde umfassen müssen, weil wir wissen, dass wir uns genau in der Umwandlung der Weiterentwicklung von Verwaltungsgemeinschaften hin zur Thüringer Landgemeinde in diesem demographiefesten Korridor befinden, nämlich zu berücksichtigen, dass die vielleicht untermaßig werden, nämlich kleiner als 5.000 Einwohner, aber auf Dauer immer noch langfristig so groß sind, dass sie die 3.000-Einwohner-Grenze in den nächsten 20 Jahren nicht unterschreiten werden.