Protocol of the Session on June 6, 2008

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die zukunftsfähige Entwicklung im Südharz hat schon begonnen und ein Biosphärenreservat allein macht noch keinen Erfolg. Deswegen unterstütze ich das Engagement der Region,

den Raum Nordthüringen/Südharz in einen Naturpark Harz zu integrieren. Wenn das natürlich so ist, wie das eben hier dargelegt worden ist, ist das aber schon wieder fraglich. Mit der Vorbereitung des Verordnungsverfahrens ist der Südharz- und Tourismusverband e. V. betraut worden. Hierfür hat der Verband eine entsprechende Zuwendung aus Landesmitteln erhalten. Sobald in der Region die Zustimmung zum Vorentwurf der Verordnung vorliegt, wird das förmliche Verordnungsverfahren eingeleitet. Der Vorentwurf muss dabei den formalen Ansprüchen genügen. Zu den Möglichkeiten der Ausweisung eines grenzübergreifenden Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz tagte ja am 22. Februar 2007 eine Arbeitsgruppe Südharz auf Abteilungsleiterebene in Magdeburg. Im Ergebnis sollen Schutz, Pflege und Entwicklung der Harz- und Gipskarstregion weiterhin abgestimmt erfolgen. Die dafür geeigneten Instrumente werden in den Ländern aber differenziert eingesetzt. Niedersachsen hält nicht weiter an der Ausweisung eines länderübergreifenden Biosphärenreservats in der Region Südharz fest. Im Mittelpunkt der Bemühungen stehen die Natur- und Gebietskulisse, das heißt, die FFH- und Vogelschutzgebiete in dieser Region. Weitere Schutzgebietsausweisungen zur Erreichung des für ein Biosphärenreservat benötigten Kernzonenanteils von 3 Prozent sind nicht vorgesehen. Der Südharz ist in Niedersachsen Bestandteil des ca. 80.000 ha großen Naturparks Harz Niedersachsen. Der Träger dieses Naturparks ist der Regionalverband Harz e. V. mit Sitz in Quedlinburg. Dieser Träger ist auch für den Naturpark „Harz/Sachsen-Anhalt“ zuständig. Niedersachsen will die erfolgreiche Arbeit mit dem Regionalverband fortsetzen. In Thüringen werden wertvolle Bereiche als Naturschutzgebiet geschützt bzw. über den gesetzlichen Grundschutz für FFH- und Vogelschutzgebiete gesichert. Im Unterschied zu den Kernzonen eines Biosphärenreservats ist eine ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bodennutzung hier nicht gänzlich ausgeschlossen. Die Ziele der nachhaltigen Regionalentwicklung der Umweltbildung und die Entwicklung des Naturtourismus sollen in der Region Südharz über die Ausweisung eines Naturparks unterstützt und gesichert werden. Die Trägerschaft dieses bis zu 30.000 ha großen Naturparks könnte ebenfalls der Regionalverband Harz übernehmen. Damit wäre eine einheitliche, länderübergreifende Verwaltung gewährleistet. Das heißt aber, dass man sich nicht streitet und dass nicht, so wie zwischen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, plötzlich irgendwelche Querelen auftreten, die ja immer auftreten, wenn Menschen unterschiedlicher Regionen zusammenarbeiten, die damit den ganzen Erfolg infrage stellen. Das ist das Problem. Wer sich an die Rhön erinnert, weiß, dass es dort auch relativ lange gedauert hat, lieber Herr Kummer, bis die sich alle zusammengerauft hatten, bis dann alles unter einen Deckel gepasst hat und man das

dann auch durchgesetzt hat. Das geht nicht von heute auf morgen, das braucht seine Zeit. Es gibt den Wunsch der Region, dass der Südharz- und Tourismusverband e. V. in Nordhausen die Trägerschaft übernimmt. Die Ausweisung eines länderübergreifenden Biosphärenreservats in der Region Südharz ist somit kein vorrangiges Ziel. Der Naturpark „Harz/Sachsen-Anhalt“ ist ca. 166.000 ha groß, Träger ist der Naturpark, das ist wie in Niedersachsen der Regionalverband Harz e. V.

Ein Biosphärenreservat Südharz befindet sich in Sachsen-Anhalt in Gründung, das wurde schon gesagt. Eine eigenständige Verwaltung ist schon vorhanden, die Mindestgröße von 30.000 ha wird erreicht. Am schlüssigen Kernzonenkonzept wird gearbeitet. Damit werden dann auch die wichtigsten Kriterien erfüllt. Sachsen-Anhalt ist hier ohne Thüringen handlungsfähig. Ob es aber tatsächlich zur Ausweisung des Biosphärenreservats kommt, hängt natürlich auch von der Region ab und nicht nur vom Ausschuss im Landtag. Wir haben genügend Lehrgeld gezahlt auf dieser Strecke, wenn ich nur an die Ausweisung des Nationalsparks Hainich denke.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Erfolge muss man langsam löffeln, sonst verschluckt man sich. Mit diesen Worten von Erika Pluhar verweise ich darauf, dass die Kernflächen der Gipskarstlandschaft in Thüringen weitgehend naturschutzrechtlich gesichert sind. Ich habe mich immer gegen einen Neuaufschluss von Abbaugebieten innerhalb von Naturschutz oder von FFH- bzw. Vogelschutzgebieten ausgesprochen. Bestehende Rechte außerhalb dieser Gebiete werden damit aber nicht hinfällig. Das touristische Potenzial soll nun über die Ausweisung der Region als Naturpark gefördert werden. Dies entspricht auch der Vorgehensweise der beiden anderen Bundesländer und ich bin mir sicher, dass mit dem Prädikat „Naturpark“ die von der Region erhofften Effekte auch eintreten werden.

Ich möchte darauf verweisen - das wird auch immer wieder vergessen, dass wir das schon haben -, dass der Landkreis Nordhausen bereits Bestandteil des „Geoparkes Harz - Braunschweiger Land - Ostfalen“ ist. Die Länder Niedersachen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind sich einig, den Harz mit den Instrumenten Natur und Geopark erfolgreich und naturverträglich vermarkten zu können. Die regionalen Akteure sind mit ihren über die Ländergrenzen hinweg gut funktionierenden Netzwerken bestens aufgestellt. Zunächst wird wie in Sachsen-Anhalt auch in Thüringen der Naturpark ausgewiesen. Lassen Sie uns zu einem späteren Zeitpunkt dann prüfen, ob über die genannte Schutzkategorie hinaus tatsächlich ein zusätzliches Biosphärenreservat ausgewiesen werden muss, denn wir haben bereits zwei Biosphärenreservate und einen Nationalpark, mit denen inter

nationale Anforderungen erfüllt werden. Ich denke, hier haben wir noch eine ganze Menge zu tun - Herr Kummer hat es auch wieder gesagt. Wir haben noch eine ganze Reihe von Naturparkverordnungen, die gegenwärtig in Bearbeitung sind, die abgeschlossen werden müssen. Es muss ja auch dabei die Ökonomie und die Ökologie zusammengehen und es müssen Kompromisse zwischen den beiden gefunden werden.

(Beifall CDU)

Bitte, Abgeordnete Becker, ich erteile Ihnen das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Primas, das ist ja genau das, was es so schwierig macht. Wenn Sie kommen und sagen, da ist nichts mehr möglich, keine Wirtschaftsentwicklung mehr, die Region ist tot. 3 Prozent schreibt die Ausweisung vor - mindestens 3 Prozent muss Kernzone sein, wenn du eine Anerkennung eines UNESCO-Biosphärenreservats haben möchtest. Das macht Sachsen-Anhalt. 20 Prozent muss Entwicklungszone sein - das ist in Ordnung.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Min- destens 20 Prozent.)

Wir haben Naturschutzgebiete, die das hergeben würden. Die sind bereits vorhanden. Und außerdem, Herr Primas, die ganze Region um den Südharz möchte das, Sie wissen ganz genau - Ilfeld, Neustadt, Ellrich, Niedersachswerfen.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das ist ein Witz.)

Natürlich wollen sie das. Sie haben sich schon vor Jahren für ein Biosphärenreservat ausgesprochen

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Kein Mensch will ein Biosphärenreservat.)

Die Einzigen, die immer dagegen argumentieren, sind der Wirtschaftverband, die Gipsindustrie und Sie. Sie sind die einzigen, die dieses Biosphärenreservat grundsätzlich noch infrage stellen. Frau Tasch, Ihre Kurve ist nicht nachzuvollziehen.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Meine Kurve?)

Ja, was ist denn jetzt hier im Raum passiert, dass der Gipskarst nicht mehr schutzwürdig ist und dass der Südharz nicht mehr als Biosphärenreservat ge

eignet ist? Was ist denn passiert? Sachsen-Anhalt macht es doch, die machen ein Biosphärenreservat, die machen weiter auf dem Stand von 1999, auf der Beschlusslage, wo die drei Minister das mitgemacht haben, und haben das auch alles und machen jetzt weiter. Es ist ein politischer Wille, der von hier ausgeht, dass kein Biosphärenreservat Südharz in Thüringen eingerichtet werden soll. Da müssen Sie das erst aussprechen, das hat keine umweltpolitischen Grundlagen oder was. Es ist politischer Wille, dass Sie das als CDU-Fraktion nicht wollen. Das ist das Problem.

(Beifall SPD)

Es gibt keine neue Grundlage; es ist nichts, was passiert ist, was jetzt nicht mehr schützenswert wäre. Diese Studie, Herr Primas, mit dieser Karte, die Sie da hingelegt haben schon 1997 und den Schwarzen Peter an die Wand gemalt haben, ist eine Karte, die Herr Töpfer in Auftrag gegeben hat.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Davon wird es nicht besser.)

Umweltminister Töpfer hat die in Auftrag gegeben, die Studie hat ein Büro in Hannover erarbeitet und hat gesagt, so könnte das aussehen. Wie ein Biosphärenreservat dann wirklich aussieht, das entscheidet dieser Landtag. Das entscheidet das Gesetz, wie das Biosphärenreservat auszusehen hat und was dann anerkannt werden kann. Das war eine Vorgabe von denen, die es erarbeitet haben, so könnte es sein, das wäre möglich - mehr war das nicht. Aber Sie sind ja durch das Land gegangen und haben gesagt, es ist nichts mehr möglich, keine Forstwirtschaft, keine Landwirtschaft, die Bösen wollen euch alles wegnehmen, es ist keine Entwicklung möglich. Ich dachte ja, zehn Jahre später sind Sie ein bisschen weiter und haben gesehen, welche Entwicklung im Naturschutz und mit biologischer Vielfalt möglich ist - das zeigt der Hainich, das zeigt das Biosphärenreservat Rhön und das zeigt das Vessertal. Aber scheinbar kommt bei Ihnen die Einsicht nie; das ist schade für unsere Region, aber wir hoffen weiter. Danke.

(Beifall SPD)

Es ist keine Ausschussüberweisung beantragt. Gibt es den Antrag für Ausschussüberweisungen? Den gibt es nicht.

Damit kommen wir direkt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/4048. Wer ist für diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Antrag,

den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 10.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11

Verfügbarkeit von breitban- digen Internetanschlüssen mit einer Übertragungsge- schwindigkeit von mindes- tens 2 Mbit/s in Thüringen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/4049 -

Wünscht die Fraktion der SPD das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Die Landesregierung hat angekündigt, von der Möglichkeit eines Sofortberichts keinen Gebrauch zu machen. Damit eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort Minister Reinholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Versorgung mit leistungsfähigen Internetzugängen, sogenannten Breitbandanschlüssen, wird für Gewerbe wie für Privathaushalte immer wichtiger. Informationen werden immer schneller und immer häufiger ausgetauscht. Wer im globalen Wettbewerb mithalten will, muss sich dieser Herausforderung auch stellen. Dies gilt für den Standort Deutschland im Allgemeinen genauso wie für den Standort Thüringen im Speziellen. Die Breitbandversorgung ist derzeit in dichter besiedelten Gebieten, insbesondere in Großstädten, noch deutlich besser als im dünn besiedelten ländlichen Raum, dem Thüringen natürlich überwiegend zuzurechnen ist.

Meine Damen und Herren, wer ist nun angehalten, sich dieses Problems anzunehmen? Die Bereitstellung eines Breitbandzugangs ist kein Gegenstand der gesetzlich geregelten Grundversorgung, daher besteht für die Anbieter kein Zwang, diese Leistung überall vorzuhalten. Vielmehr greifen hier die Marktgesetze von Angebot und Nachfrage sowie natürlich der Wettbewerbspreis. Die Unternehmen kalkulieren, in welchem Zeitraum sich ihre Investitionen dann auch wieder rentieren. Leider kommt es auch hin und wieder zu Verzögerungen, wenn etwa Unternehmen die für den Ausbau einer leistungsfähigen Breitbandinfrastruktur bereitgestellten Frequenzen ersteigern, um sie anderen Wettbewerbern zu entziehen, selbst aber nicht mit dem Infrastrukturausbau beginnen. Dies war erst vor Kurzem ein ganz aktuelles Problem, welches auch die Bundesnetzagentur beschäftigt, schließlich sind hiervon alle Bundesländer betroffen.

Somit kann auch die öffentliche Hand nur hinsichtlich der Verbesserung der Rahmenbedingungen aktiv werden.

Dieser Aufgabe stellt sich die Landesregierung und sie ist auch ein wichtiges Thema in der fachlichen Arbeit des Thüringer Wirtschaftsministeriums. Das Wirtschaftsministerium bereitet daher seit einiger Zeit federführend für die Landesregierung eine Breitbandinitiative für Thüringen vor. Bereits in der Vorbereitungsphase bringt die Landesregierung die maßgeblichen Akteure zusammen. So werden die kommunalen Gebietskörperschaften über ihre Spitzenverbände, die Kammern und Verbände der Wirtschaft und die Einrichtungen der öffentlichen Hand Thüringens ebenso eingebunden wie Unternehmen als Anbieter der Infrastruktur.

Ziel der Initiative wird es sein, unter Ausnutzung aller am Markt verfügbaren Technologien eine möglichst flächendeckende Versorgung mit breitbandigen Internetzugängen mit mindestens 1 Mbit/s zu ermöglichen. Dieser Schwellwert ist bundesweit einheitlich in Anwendung, wenn es um die vollflächige Breitbandversorgung geht. Der Wert stellt sozusagen einen ausgewogenen Kompromiss zwischen dem Wunsch nach immer höheren Geschwindigkeiten für Einzelne und dem Wunsch nach flächendeckender Versorgung für alle dar. Innerhalb der Arbeit der Initiative wird die breite Information über alle technologischen Möglichkeiten ein ganz wichtiger Punkt sein. Vielfach ist nämlich nicht ausreichend bewusst, dass DSL kein Synonym für Breitband und nicht die einzige Möglichkeit für einen Breitbandzugang ist.

Ein mindestens genauso wichtiges Anliegen dieser Initiative wird sein, Angebot und Nachfrage zusammenzuführen. Damit sollen wirtschaftliche Erschließungen letztlich möglich werden. Insbesondere die niedrigen Vertragskundenzahlen in Gebieten mit vorhandenen Breitbandzugängen bremsen natürlich die Investitionsfreude der Infrastrukturanbieter für noch nicht erschlossene Gebiete ganz erheblich. Schon vor dem offiziellen Start der Initiative laufen daher gemeinsam mit den Partnern viele arbeitsintensive Maßnahmen zur Schaffung einer umfassenden und vor allen Dingen qualitativ hochwertigen Datenbasis. Dies ist für einen ökonomisch sinnvollen Ausbau der Breitbandinfrastruktur in Thüringen auch unverzichtbar, denn Ziel ist es, den Ausbau mit der jeweils auf die örtlichen Rahmenbedingungen am besten zugeschnittenen Technologie zu realisieren. Dabei fließen vielfältige Erfahrungen der anderen Bundesländer mit ein. Auch hier gibt es eine Arbeitsteilung, so dass neue Technologien in Verfahren im Pilotcharakter in einem Bundesland getestet werden. Die daraus resultierenden Erfahrungen kommen dann letztlich allen Bundesländern zugute.

Angesichts der sich noch in Abstimmung befindlichen Breitbandinitiative möchte ich darauf verzichten, auf die Handlungsanforderungen im Einzelnen heute verfrüht einzugehen. Meinen herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Das Wort hat Abgeordneter Blechschmidt, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist gut, es ist richtig und es ist auch wichtig, dass sich der Thüringer Landtag mit der Problematik der Breitbandanschlüsse befasst. Umso bedauerlicher finde ich es trotzdem, dass nicht über die Worte hinaus der Herr Minister seinen entsprechenden Sofortbericht hier geliefert hat, weil ich glaube - auch die weiteren Aussagen werden es zeigen -, es ist wichtig, dass wir entsprechendes Datenmaterial haben, entsprechende Informationen, wie es flächendeckend oder eben nicht flächendeckend im Land Thüringen aussieht. Der Antrag ist immerhin von Ende April. Ich hätte mir wirklich schon gewünscht, weil bei der rasanten technischen Entwicklung jeder Tag - will ich mal sagen -, jede Woche, jeder Monat zählt, dass hier ein Bericht gegeben worden wäre.

(Beifall DIE LINKE)

Millionen von Menschen in Deutschland haben immer noch keine Chance auf einen schnellen Internetanschluss. Der Breitbandatlas der Bundesregierung spricht von rund 900.000 Haushalten, die keine Möglichkeit haben, einen bezahlbaren BreitbandInternetanschluss zu bekommen. In gut 800 Gemeinden ist demnach nur eine sehr teure Breitbandverbindung über Satellit möglich. Dabei, das muss man ausdrücklich betonen, beziehen sich diese Zahlen auf einen Anschluss mit einer Übertragungsrate von 128 kbit. Bei der Bewertung dieser Zahl kann man feststellen, dass diese Grenze zu niedrig angesetzt ist. Gängige DSL-Angebote sind heute mehr als 15mal so schnell, die neuesten Technologien in Ballungszentren erreichen eine 390-fache DownloadGeschwindigkeit. Wählt man beispielsweise etwa schnellere Verbindung mit 1 Mbit/s, wie Sie sie ansprechen, dann muss man feststellen, dass diese Haushalte, die man vorher beschrieben hat, noch wesentlich weniger zu diesen Anschlüssen kommen. Demzufolge könnte man dann davon ausgehen, dass es sich um rund 2.500 unversorgte Gemeinden und etwa 5 bis 6 Mio. - ich wiederhole -, 5 bis 6 Mio. unversorgte Bürgerinnen und Bürger handelt. Am schlimmsten betroffen sind dünn besiedelte ländliche Räume, vor allem aber auch Regionen mit einer ho

hen Abwanderung in Ostdeutschland. Weil sich dort nicht genügend Gewinn erwirtschaften lässt, bauen die großen Telekommunikationsunternehmen das DSL-Netz auf dem Land nicht aus. Das ist die Bewertung des Bundeswirtschaftsministeriums. Dies können wir, das kann DIE LINKE so nicht hinnehmen und wir werden hier unbedingt auf Veränderung drängen.

Meine Damen und Herren, Breitband ist Standard, doch man muss feststellen, dass dieser Fortschritt territorial ungleich verteilt ist. Um neue Internetseiten und Anwendungen nutzen zu können, werden immer schnellere Verbindungen notwendig. Mit einem 10 Jahre alten Modem, meine Damen und Herren, können heute wenig Möglichkeiten im Netz genutzt werden. Auch eine ISDN-Telefonverbindung - war vor ein paar Jahren noch das Nonplusultra - ist heute viel zu langsam, um etwa umfangreiche Dokumente herunterzuladen oder viele heute gängige OnlineAngebote nutzen zu können. Eine Übertragungsrate von mindestens 2 Mbit/s, wie im Antrag der Kollegen der SPD als Ausgangspunkt gesetzt, wären momentan sinnvoller Standard. Mit solchen Internetanschlüssen, mit solchen Übertragungskapazitäten können moderne Anwendungen wie Online-Banking, Internettelefonieren und Ähnliches genutzt werden.

In Südkorea, meine Damen und Herren, beginnt der als Breitband definierte Bereich sogar erst bei einer zehnmal höheren Übertragungsrate, also bei 20 Mbit/s. Die Deutsche Telekom hat in einigen deutschen Großstädten bereits das neue VDSL-Netz ausgebaut, das Downloaden mit einer Geschwindigkeit von bis zu 50 Mbit/s. Auch Konkurrent Arcor will solche Hochgeschwindigkeitsbahnen ausbauen, allerdings nur dort, wo es sich lohnt. Dieser Vorgang ist also politisch zu kritisieren. Während sich die Unternehmen für die Entwicklung von VDSLNetzen feiern lassen, haben, wie oben erwähnt, eine Vielzahl von Haushalten und Gemeinden noch nicht einmal eine Möglichkeit, einen herkömmlichen DSLAnschluss oder vergleichbaren Anschluss zu bekommen. Die Folge, die sogenannte Breitbandkluft zwischen Ballungsgebieten und ländlichen Räumen wird größer statt kleiner.

Meine Damen und Herren, wie aus den verschiedenen Aktivitäten - Anträgen im Deutschen Bundestag, Erklärungen der Bundesregierung - auf Bundesebene sichtbar wird, wollen Bundesregierung als auch Unternehmen aus der Telekommunikationsbranche eine flächendeckende Breitbandversorgung sicherstellen. Die Bundesregierung hat sich das verbindliche Ziel gesetzt, spätestens 2008 eine Versorgung von 98 Prozent der Haushalte zu erreichen. Selbst wenn man das 98-prozentige Ziel erreichen würde, bedeutet das für die Bundesrepublik immer noch, rund 780.000 Haushalte sind nicht versorgt. Zu

dem bezieht sich das Ziel - Herr Minister Reinholz hat es gesagt - auf eine Übertragungsrate von 128 kbit/s.

Wählt man die im Antrag der SPD beschriebene und als Referenzgröße im Branchenbereich beschriebenen 2 Mbit/s, steht das 98-prozentige Ziel noch in weiter Ferne. Nachdem, meine Damen und Herren, die finanzielle Förderung des Breitbandausbaus von Bundesseite bislang allenfalls aus der ohnehin vorhandenen Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ möglich war, ist jetzt vorgesehen, Fördergelder auch im Bundeswirtschaftsministerium bereitzustellen - ab 2008 jährlich 10 Mio. für die Förderung der Breitbandtechnologie im ländlichen Raum. Abgewickelt wird dieses Förderprogramm über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, aber dieses Programm muss von den Bundesländern kofinanziert werden, so dass die Mittel insgesamt rund 16,7 Mio. € betragen. Bei der dargestellten Situation halten wir die Umfänglichkeit jener Programme allerdings für viel zu gering, zumal die sogenannten Abläufe zur Umsetzung dieser Förderung auch noch völlig im Unklaren liegen. Umso mehr unterstützen und fordern wir die Beteiligung des Landes an diesem Programm. Reserven für die finanzielle Aufstockung für den Ausbau von Breitbandnetzen sehen wir in den Beteiligungen der Industrie, sprich den Telekommunikationsunternehmen. Das haben Sie, Herr Minister, deutlich gemacht, dass es hier entsprechende Vorabsprachen gibt. Die Telekommunikationsbranche ist interessiert - das wissen wir -, dass möglichst viele Menschen ihre Produkte, DSL-Versorgung, Online-Dienste etc. pp., kaufen. Die Unternehmen wollen aber nicht die Voraussetzungen schaffen und die kostenträchtige Infrastruktur, also den Netzausbau überall bezahlen.

Die Unterversorgung des ländlichen Raums mit Breitbandinfrastruktur ist ein typischer Fall von Marktversagen. Private Unternehmen konzentrieren sich auf den Ausbau von lukrativen Netzen in Ballungsgebieten und vernachlässigen den Ausbau in ländlichen, in unprofitablen Regionen. Das führt zu abstrusen Situationen, dass in großen Städten mehrere Breitbandnetze parallel ausgebaut werden, was volkswirtschaftlich eigentlich Irrsinn ist, z.B. in Hamburg, dort baut Telekom als auch HanseNet. Während dort potenzielle Überkapazitäten entstehen, bleibt die Nachfrage nach Breitbrandinternetanschlüssen in ländlichen Regionen völlig unbefriedigt.

Bezogen auf den ländlichen Raum äußert sich der Deutsche Landfrauenverband wie folgt - ich darf zitieren -: „Gerade im ländlichen Raum setzen wir große Hoffnungen auf die neuen Medien. Sie können bis zu einem gewissen Grad den strukturellen und demographisch bedingten Rückzug von Dienstleistungen sowie den damit verbundenen Rückbau von

Infrastruktur im ländlichen Raum kompensieren und einen Ausgleich der Lebensbedingungen schaffen. Beispiele sind die Inanspruchnahme von OnlineDiensten für die Bestellung von Waren und Dienstleistungen, E-Government sowie Informations- und Bildungsportalen. Anders als in den städtischen Regionen ersetzen die Dienste aus dem Internet ihre zunehmend traditionellen Angebote von Schalterdiensten mit Face-to-Face-Beratung. E-LearningAngebote treten an die Stelle von traditionellen Weiterbildungen in Klassenverbänden. Schulkinder können ohne das Internet ihre Aufgaben nicht mehr erledigen. Die Menschen sind gezwungen, diese über die neuen Medien angesprochenen Dienste zu nutzen, weil sie sonst erhebliche Nachteile, Wege, Kosten, Informationsdefizite in Kauf nehmen müssen.“ Hinzu kommt die Bedeutung des Internets für die wirtschaftliche Entwicklung, ländlicher Regionen im Besonderen. Beispielsweise fehlen in fast jedem vierten Gewerbegebiet in Mecklenburg-Vorpommern laut Aussage der IHK leistungsfähige Internetanschlüsse und damit eine wichtige Voraussetzung für kleine und mittelständische Unternehmen. Auch hier - und das war meine Kritik am Anfang meines Beitrags - hätte ich mir die entsprechenden Informationen für unsere Region, für Thüringen, gewünscht. Kommunen, die nicht über zeitgemäße Telekommunikationsinfrastrukturen verfügen, können kaum mit einer Ansiedlung neuer Unternehmen rechnen. Die wirtschaftliche Situation ländlicher Räume wird durch fehlende Breitbandanschlüsse weiter verschlechtert. Der Wegzug qualifizierter, vor allem junger Menschen wird gefördert. Stichwort noch einmal: Bewertung Bundeswirtschaftsministerium.