Protocol of the Session on June 6, 2008

(Beifall CDU)

Was ich nur bemerkenswert finde, Herr Kollege Pilger, wenn Sie das Fairnessabkommen als Hilfeschrei benennen, dann habe ich jetzt hier, Frau Präsidentin, die Zeitschrift des DGB. Hier ist Kollege Armin Schild. Der sieht nicht so aus, als ob er gerade einen Hilfeschrei gezeigt hat, sondern die Gewerkschaften sind stolz, dass sie in der Frage in einer Regelung mit einem Teil der Zeitarbeitsbranche stehen. Die Geschichte des Niedergangs des Dienstleisters PIN zeigt ganz deutlich, was die eigentliche Absicht ist, jetzt in das Entsendegesetz hineinzukommen; man will sich doch im Grundsatz eines Mitbewerbers entledigen. Die Post hat sich kaputtgelacht, als über diese Regelung der private Dienstleister zugrunde ging und dass die Leute jetzt auf der Straße stehen und in Insolvenz gehen.

(Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Der war doch schon vorher pleite.)

Und die zweite Argumentation, die von denen kam, die sich auf ihren Tarifvertrag beriefen, war, die Gefahr aus Europa, die 2009 kommen könnte. Meine Damen und Herren, das ist ja nun besonders bezeichnend, das vorzuschieben, um damit ein bisschen die Landschaft für sich bequemer zu machen.

Meine Damen und Herren, der Gefahr des Lohndumpings aus dem Ausland den Riegel vorzuschieben, ist durch das jetzige Gesetz ja die Möglichkeit gegeben. Denn Sie müssen wissen, das soll man der guten Ehrlichkeit halber sagen, dass diese Arbeitnehmerüberlassung einer Lizenz bedarf. Sie müssen also bei der Bundesagentur für Arbeit eine Erlaubnis haben, um das Geschäft zu betreiben. Das heißt, es kann nicht einfach jeder kommen. Und sie müssen Tarifverträge mit den Gewerkschaften abschließen oder sie müssen, wie ich vorhin gesagt habe, vom ersten Tag 100 Prozent zahlen. So sind die gesetzlichen Regelungen und sie müssen jetzt nur angewendet werden. Da muss ich doch nicht

rufen, ich will das Gesetz ändern, nachdem ich das so registriert habe. Also, meine Damen und Herren, das ist eigentlich eine Gefahr, die uns hier aufgemalt wird, die nicht existiert.

Das ist der Punkt, den ich jetzt noch zuletzt benennen will, Frau Kollegin Leukefeld, darauf habe ich nämlich gewartet. Karl-Josef Laumann hat unlängst erst gesagt, er will nun doch nicht mehr ins Entsendegesetz, weil die angebliche Gefahr 2009 ja jetzt auf 2011 verschoben ist und er sieht im Augenblick überhaupt gar keine Notwendigkeit, dass die Zeitarbeitsbranche ins Entsendegesetz kommt. Vom 15. Mai ist, glaube ich, das Zitat. Ich hatte vorhin einen Ausfall im Internet, deshalb konnte ich es nicht mehr nachschauen, aber ich habe es noch so in Erinnerung. Sie haben das ja genüsslich vorgetragen und der Kollege Meyer von der GeAT hat es in seinen schönen Folien auch gebracht, in Mecklenburg-Vorpommern hat die CDU das gemacht und Karl-Josef Laumann hat das gemacht. Das muss man insoweit auch mal zurechtsetzen. Also, Herr Pilger, ich denke, mit den Ausführungen jetzt auch noch mal deutlich für meine Fraktion zu sagen, dass wir uns sehr gründlich mit der Anhörung beschäftigt und unsere Schlussfolgerungen gezogen haben. Diese Schlussfolgerungen habe ich jetzt vorgetragen und sie sagen eindeutig, es gibt keinen Handlungsbedarf in allen vier Punkten, die Sie darstellen, sondern das Arbeitnehmerentsendegesetz hat die entsprechenden Regelungen, um in der Branche ordentliche Verhältnisse zu schaffen. Und nur, weil einzelne Fehlentwicklungen da sind, müssen wir hier nicht das Bild einer untergehenden Welt malen. Wir bleiben bei der Ablehnung des Antrags.

(Beifall CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich Abgeordneter Pilger noch einmal zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kretschmer, das, was Sie gerade hier geliefert haben, zeigt, dass meine Einschätzung zu Ihrer Haltung völlig richtig gewesen ist. Wenn Sie sagen, dass 700.000 Personen, die von diesen Arbeitsverhältnissen betroffen sind, eine zu vernachlässigende Größe sind, wenn es in Thüringen 3,7 Prozent der Arbeitnehmer sind...

(Zwischenruf Abg. Günther, CDU: Das hat er überhaupt nicht gesagt.)

Er hat von 1,5 Prozent bundesweit gesprochen; in Thüringen reden wir von 3,7 Prozent an allen Be

schäftigungsverhältnissen.

Wenn es Tarifverträge gibt mit Pseudogewerkschaften, Haustarifverträge, in denen Menschen zu Niedrigstlöhnen arbeiten müssen und diese Tarifverträge nur abgeschlossen worden sind, um gesetzliche Bestimmungen auszuhebeln, die nämlich diese Wahlmöglichkeit gelassen haben, dann zeigt das, dass an der Stelle etwas faul ist. Und das, was Sie hier gemacht haben, das will ich nur noch einmal für unsere Fraktion feststellen, bedeutet eindeutig, dass die Bewertung, die ich über Ihre Haltung zu Sozialstaat, zu Marktwirtschaft, zu Verdrängung, zu Wettbewerb genannt habe, völlig richtig war. Sie haben es noch einmal bestätigt. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Jetzt gibt es keine weiteren Redeanmeldungen seitens der Abgeordneten. Für die Landesregierung Minister Reinholz, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD fordert in ihrem Antrag, die Leiharbeit in das Arbeitnehmerentsendegesetz aufzunehmen und den mit dem DGB vereinbarten Mindestlohn für allgemeinverbindlich zu erklären.

Meine Damen und Herren, wir lehnen das aus gutem Grund ab:

erstens, weil die großen Verbände der Zeitarbeit Tarifverträge abgeschlossen haben und somit auch tariflich vereinbarte Löhne und Gehälter bezahlen und deshalb in der Branche im Wesentlichen auch die üblichen arbeitsrechtlichen Bedingungen herrschen;

zweitens, weil zum Thema Mindestlohn innerhalb der Branche auch noch Uneinigkeit herrscht.

Wie Sie wissen, hat sich der Koalitionsausschuss der Bundesregierung darauf verständigt, weitere Branchen in das Arbeitnehmerentsendegesetz aufzunehmen. Voraussetzung dafür war ein gemeinsamer Antrag von Tarifparteien einer Branche bis zum Stichtag 31. März 2008. Im Ergebnis wurde zwar ein entsprechender Antrag aus dem Bereich der Zeitarbeit gestellt, allerdings besteht zwischen den verschiedenen Verbänden selbst keine Einigkeit zum Thema Mindestlohn. Hinzu kommt, dass sich auch das Bundeskabinett zur Aufnahme der Zeitarbeit in das Arbeitnehmerentsendegesetz bisher einfach nicht einigen konnte. Auch der Blick nach Thüringen gibt keinen Anlass für eine Bundesrats

initiative. Die Entwicklung der Zeitarbeit ist im Rahmen der Landtagsanhörung am 7. März durch Sachverständige ausführlich analysiert und geprüft worden - wir haben das gehört - mit dem Ergebnis, dass ein erheblicher Missbrauch nicht zu erkennen ist. All das sind gute Gründe, davon abzusehen, selbst über den Bundesrat aktiv zu werden, um das Entsendegesetz entsprechend zu erweitern. Vielmehr sollte man auch in der SPD zur Kenntnis nehmen, dass auch in der Zeitarbeit die üblichen Spielregeln gelten. So muss man beispielsweise auch in der Zeitarbeit für qualifizierte Fachkräfte höhere Löhne bieten, um überhaupt gute Leute für Zeitarbeitjobs zu bekommen. Das funktioniert, denn auch immer mehr qualifizierte Mitarbeiter nutzen diese Form der Beschäftigung, um Erfahrungen in verschiedenen und unterschiedlichen Firmen zu sammeln und um sich so auch in gewissem Sinne weiterzubilden. Deshalb ist die Zeitarbeit seit Jahren auf Wachstumskurs, weil sie nicht nur den Unternehmen Vorteile bringt, sondern auch für viele Arbeitnehmer eine echte Chance ist. Neben dem Erfahrungsgewinn für qualifizierte Fachkräfte ist die Zeitarbeit gerade für Arbeitslose, für Berufseinsteiger und Berufsrückkehrer ein effektiver Türöffner, und zwar nicht, um auf dem zweiten oder dritten, sondern auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Zwei Drittel der bei den Zeitarbeitsunternehmen eingestellten Mitarbeiter kommen eben immer noch aus der Arbeitslosigkeit. Gerade für viele Langzeitarbeitslose ist die Zeitarbeit die letzte Hoffnung, um den beruflichen Anschluss und im Idealfall eine Festanstellung zu finden. Die Chancen dafür, meine Damen und Herren, stehen nicht schlecht, immerhin wird ein Drittel der Zeitarbeitnehmer von den aufnehmenden Betrieben in eine Festanstellung übernommen.

Deshalb ist es nicht nur falsch, sondern auch verantwortungslos den Arbeit Suchenden gegenüber, die Zeitarbeit immer wieder zu verteufeln.

(Beifall CDU)

Ich finde, das ist so nicht in Ordnung.

Meine Damen und Herren, es ist keineswegs so, dass wir die gute wirtschaftliche Entwicklung in Thüringen vor allem einem Heer von Leiharbeitern zu verdanken haben, die zu Hungerlöhnen schuften müssen, denn erstens liegt der Anteil der Zeitarbeitnehmer - wir haben es schon gehört - an den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in unserem Land bei nur 3,7 Prozent und zweitens - und die Zahl muss man sich auch vor Augen führen - nutzen nur 0,3 Prozent der Betriebe überhaupt intensiv die Zeitarbeit. Drittens werden bei der Zeitarbeit Löhne und Gehälter gezahlt, die im Regelfall

zwischen 6 und 15 € liegen. Der Antrag der SPD ist deshalb nicht mehr als eine arbeitsmarktpolitische Nebelkerze.

Über die Forderungen nach Begrenzung auf 12 Monate kann ich nur sagen: Auch hier geben Sie Antworten auf Fragen, die überhaupt keiner stellt, denn im Durchschnitt verbleiben Zeitarbeitnehmer nur drei bis vier Monate im Betrieb. Nicht mal jeder Fünfte, nämlich 17 Prozent aller Zeitarbeitnehmer, bleibt überhaupt 12 Monate. Es ist doch eher so, dass wir die derzeit niedrigste Arbeitslosenquote seit 18 Jahren all den Arbeitgebern und Beschäftigten zu verdanken haben, die sich Tag für Tag voll einbringen und so für mehr Wachstum und Wohlstand in Thüringen sorgen. Deshalb helfen Sie niemandem, wenn Sie immer wieder versuchen, Zeitarbeit insgesamt zu dämonisieren.

Natürlich, das bestreitet ja auch keiner, gibt es bei den Zeitarbeitsfirmen immer wieder schwarze Schafe, aber das gibt es in anderen Lebensbereichen auch. Unter dem Strich betrachtet, ist Zeitarbeit doch in erster Linie für die vielen Thüringer Unternehmen ein Flexibilitätsgewinn, den sie als atmende Unternehmen dringend brauchen, um sich der jeweiligen Auftragssituation schnell anzupassen und sie ist für viele Arbeitslose oft die letzte Hoffnung auf einen Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt. Weil das so wichtig ist, werden wir diesen Kurs auch weiterhin fahren. Deshalb sehen wir auch keinen Grund, auch mit Blick auf die insgesamt unausgegorene Lage zu dem Thema, hier über den Bundesrat aktiv zu werden, um ohne Not neue Regulierungen zu schaffen. Deshalb lehnen wir den Antrag der SPD ab. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Es gibt jetzt keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/3336. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Es ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Der Antrag ist abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf

Deutsche Buchenwälder als UNESCO-Weltnaturerbe Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/4045 -

Da mir von der CDU-Fraktion noch keine Redeanmeldung vorliegt... Ist das das Wort zur Begründung? Ich habe noch keine Redeanmeldung und weiß demzufolge nicht, ob es eine Begründungsrede gibt.

Ich möchte Frau Tasch anmelden.

Aber nicht zur Begründung? Nicht zur Begründung, so dass ich die Aussprache eröffne. Ich rufe als Erstes für die Fraktion DIE LINKE Abgeordneten Kummer auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, als LINKER hätte ich mir natürlich einen anderen Titel des Antrags gewünscht - „Rotbuchenwälder“.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf aus dem Hause: Es gibt aber noch andere, nicht nur Rotbuchen.)

Ja, ich meine aber nicht die mit den roten Blättern, die so viel Wind machen, sondern ich meine die, die so zu dem roten Kern neigen,

(Zwischenruf aus dem Hause: Rotkern- buchen.)

weil es hier gerade um die geht. Naturschutzfachlich wäre das der korrekte Begriff gewesen, denn „deutsche Buchenwälder“ ist deutsch zumindest keine naturschutzfachliche Kategorie.

(Heiterkeit Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt)

Dass wir Deutschland unter Schutz stellen müssen, Herr Minister, ich glaube, davon sind wir noch ein bisschen entfernt.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Na, na.)

Das Anliegen des Antrags der Fraktion der CDU teilen wir, weil uns auch an der Wiederherstellung der ursprünglichen Natur, zumindest in den kleinen Teilen Deutschlands, um die es hier geht, sehr gelegen ist. Und diese kleinen Teile Deutschlands, die noch relativ ursprüngliche Buchenwälder sind, stellen etwas dar, was früher hier auf diesem Gebiet das Übliche war, denn Buchenwälder haben weit über

90 Prozent der Fläche unserer Heimat bedeckt und sind deshalb wirklich herausgehobene Biotope, wo es sehr, sehr spannend ist, sich anzusehen, wie das denn früher alles so ausgesehen haben könnte.

Meine Damen und Herren, nur ein kleines Problem habe ich mit dem Antrag der Fraktion der CDU, das ist der letzte Satz in der Begründung, den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und Thüringen würde eine besondere Verantwortung für den Erhalt des Weltnaturerbes „Buchenwälder“ zukommen. Ich glaube, diese besondere Verantwortung für den Erhalt unserer ursprünglichen Buchenwälder haben wir unabhängig davon, ob sie als Weltnaturerbe anerkannt sind oder nicht.

(Beifall SPD)

Diese Verantwortung, meine Damen und Herren, müssen wir heute wahrnehmen. Da ist es eben ein bisschen schwierig mit der Verantwortungswahrnahme. Wir haben in Thüringen eine sehr, sehr reichhaltige Naturlandschaft, wir haben viele ausgewiesene Schutzgebiete, viele etablierte Schutzgebiete und, ich sage auch mal, wertvolle und gut etablierte Schutzgebiete, aber mit der Verantwortungswahrnahme dafür ist es ein bisschen schwierig. Ich möchte an das Biosphärenreservat Vessertal erinnern, eines der beiden ältesten Biosphärenreservate Deutschlands. Im Moment, wenn ich richtig informiert bin, droht die Aberkennung des Status des Biosphärenreservats der UNESCO, weil wir nicht den Anforderungen an die Biosphärenreservatsinformation entsprechen. Die Informationen über dieses Biosphärenreservat findet man im Moment im Gemeindehaus Frauenwald oben auf dem Dachboden. Das ist ein Zustand, den die UNESCO nicht erträglich findet. Es hat Überlegungen gegeben, wie wir diesen Zustand abändern können, denn eine Biosphärenreservatsinformation ist sehr wichtig, um den Menschen klarzumachen, worum es uns denn in diesem Biosphärenreservat geht.