Protocol of the Session on May 9, 2008

Ich kann diesen Tagesordnungspunkt schließen.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 15

Unabhängiges Gutachten zur Wirkung der Einleitung von Kalilauge auf den Le- bensraum Werra Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/3960 - dazu: Einleitung von Kaliabwäs- sern aus dem hessischen Neuhof in die Werra be- enden Entschließungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/4093 -

Begründung ist angezeigt worden. Dann bitte ich Abgeordnete Wolf, das Wort zu ergreifen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, Kali + Salz steht die Lauge bis zum Hals, große Teile der Entsorgungsmöglichkeiten sind innerhalb weniger Monate mit dem Ende der Versenkung in Gerstungen und mit dem „Vollsein“ des Speichers bei Fulda weggebrochen. Was hat diese Feststellung nun mit unserem Antrag zu tun? Ich möchte Ihnen das erläutern. Wir beantragen heute hier ein unabhängiges Gutachten zu den ökologischen Auswirkungen der Lauge auf das Leben in und an der Werra. Was ist der Hintergrund? Die Salze und ihr Verhältnis belasten das Leben im Fluss. Ich glaube, das ist auch in diesem Saal unstrittig. Eindrückliche Versuche haben das nachgewiesen. Es ist eben nicht nur das Chlorid als Grenzwert entscheidend, sondern auch die Salze und ihr Verhältnis sind entscheidend. Daher gibt es auch die Härte, deren Grenzwert derzeit für die Werra bei 90 Grad festgeschrieben ist. Diese Grenzwerte werden 2009 neu festgelegt; die Frage ist, auf welcher Basis. Kali + Salz wurde verpflichtet, eine Studie zu finanzieren. Diese Studie soll untersuchen, welche Auswirkungen die Härte auf das Biotop Werra hat. Das ist auch richtig so, das will ich gar nicht kleinreden, diese Studie ist in meinen Augen wichtig. Wir haben jedoch Zweifel an der Unabhängigkeit dieser Studie. Wir fürchten, dass an dem Sprichwort - ich zitiere das Sprichwort, darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen - „Wessen Brot ich fress, dessen Lied ich sing“ zumindest irgendwo etwas dran ist.

(Beifall DIE LINKE)

Wir fordern daher die Finanzierung und die Beauftragung eines unabhängigen - für mich ist wirklich wichtig, an der Stelle darauf hinzuweisen -, eines unabhängigen Gutachtens. Die Anhörung von Biologen deutet darauf hin, dass die Härte ganz entschei

dende Auswirkungen auf ein Ökosystem hat. Wir sind der Überzeugung, dass die Härte mit ihrem Grenzwert von 90 Grad dH in der Weise keinen Bestand haben kann. Wir fürchten aber, dass es - und da spanne ich wieder den Bogen zum Beginn - aufgrund dessen, dass Kali + Salz die Lauge im Moment wirklich bis zum Hals steht, einen gewissen Druck auf die derzeitige Studie gibt. Von daher würden wir uns darum bemühen, ein unabhängiges Gutachten durch die Landesregierung durchführen zu lassen. Ich bedanke mich.

(Beifall DIE LINKE)

Die SPD-Fraktion hat keine Begründung signalisiert. Ich eröffne die Aussprache und das Wort hat Abgeordnete Becker, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Thema Kali + Salz und deren Einleitung der Lauge in die Werra ist ja leider ein uns allseits bekanntes Thema. Wir haben seit spätestens Frühjahr 2006 diese Probleme hier im Hohen Haus schon öfter intensiv besprochen. Die Fraktion der LINKEN hat einen Antrag auf Erstellung eines unabhängigen Gutachtens vorgelegt. Es wird Sie nicht überraschen, die SPD-Fraktion kann diesem Antrag zustimmen und wird dies auch begründen.

Ich glaube sowieso, dass dieses Hohe Haus keine andere Möglichkeit hat, als dieses Gutachten in Auftrag zu geben, da wir am 11. Oktober 2007 auf Antrag der CDU-Fraktion beschlossen haben: „Der Landtag lehnt... eine Fortschreibung des am Pegel Gerstungen noch bis zum Jahr 2012 geltenden Grenzwertes für Chlorid von 2.500 mg/l bzw. bis zum Jahr 2009 geltenden Grenzwertes für die Gesamthärte von 90 Grad dH ab.“ Das ist Beschlusslage dieses Landtags, und um dieses erreichen zu können, ist es natürlich immer von Vorteil, Gutachten zu haben, die das unterstützen und die uns politisch auch dann begleiten und dieses untersetzen. Die Messwerte von Kali + Salz infrage zu stellen, das ist, glaube ich, legitim, da brauche ich kein Sprichwort dazu.

(Beifall DIE LINKE)

Zu dem, was in den letzten Jahren passiert ist, da frage ich mich sowieso, wie man sich noch auf die Werte von Kali + Salz verlassen konnte. Also nichtsdestotrotz, das Hohe Haus - und Herr Köckert wird sich ja auch dafür einsetzen, dass es in der CDUFraktion für diesen Antrag eine Mehrheit gibt, so habe ich jedenfalls Verlautbarungen aus der Region

gehört - sollte deshalb auch die Diskussion nicht so lange führen; wir sind uns alle darüber einig, dass dieses Gutachten sinnvoll und nützlich ist für unsere Bestimmung des Grenzwertes ab 30. November 2009. Deshalb stimmen wir dem Antrag der LINKEN zu.

Nichtsdestotrotz gibt es bei diesem Thema noch ein paar Probleme, die wir vielleicht in diesem Zusammenhang auch ansprechen sollen, bevor ich dann zum Entschließungsantrag der SPD komme. Es tagt im Moment der runde Tisch und der ist eigentlich schon zusammengesetzt, aber die WerraWeser-Anrainer-Konferenz hat an diesem runden Tisch noch keinen Platz gefunden. Wir bitten Herrn Minister Sklenar doch ganz herzlich, nächste Woche soll der runde Tisch wieder tagen, sich dafür einzusetzen, dass dieses Ziel auch noch erreicht wird. Wir begrüßen alle den runden Tisch. Ich habe das auch schon mit Herrn Minister Sklenar im persönlichen Gespräch besprochen, aber es ist doch immer gut, wenn es im Landtagsprotokoll auch vorhanden ist, Herr Köckert, und Sie können ja dann ans Pult treten und das noch mal untersetzen, dass Sie dies auch wünschen. Wie gesagt, das ist eine Bitte der Konferenz und wir unterstützen dieses auch gerne und, Herr Staatssekretär, ich bitte Sie, sich dafür einzusetzen, dass dieser Platz am runden Tisch dann auch nächste Woche zur Wirklichkeit wird.

Einen zweiten Punkt, der uns diese Woche zu diesem Thema wieder sehr betroffen gemacht hat, ist das Umgehen mit der Gemeinde Gerstungen, mit den Befürchtungen der Gemeinde Gerstungen in Bezug auf ihre Trinkwassergefährdung. Auch da scheint es ja in den letzten Wochen wieder Konflikte zu geben bei der Beurteilung der Messungen in Bezug auf die Trinkwasserbrunnen in Gerstungen. Der Bürgermeister, Herr Hartung, hat uns davon informiert, dass es da zu Grenzwertüberschreitungen bei der Beprobung ihres Trinkwasserbrunnens gekommen sein soll, und es soll sich um Nickel handeln, um über 190 Prozent überschrittene Grenzwerte. Kali + Salz hat diese Proben im Februar genommen und am 2. Mai sind sie mit diesen Werten erst auf die Gemeinde Gerstungen zugekommen. Da ist doch eine zeitliche Lücke, die wir so nicht akzeptieren können. Wenn das denn stimmt mit dieser Grenzwertüberschreitung, was ja auch von Teilen und von der Gemeinde infrage gestellt wird, dann frage ich: Wie ist der zeitliche Ablauf zu erklären? Wie kann das sein, wenn so eine Überschreitung wirklich vorhanden ist, dass dann monatelang die Daten bei Kali + Salz liegen oder beim Landesbergamt und sie nicht der Gemeinde zur Kenntnis gegeben werden?

(Zwischenruf Baldus, Staatssekretär: Möglicherweise ist das auch unzutref- fend, Frau Becker.)

Gut, das können Sie ja gern richtigstellen, Herr Baldus. In Ihrer unnachahmlichen Art werden wir uns darauf freuen, wenn Sie das richtigstellen. Auch das hören wir doch gern. Es gibt ja auch, das hatten Sie schon mal uns gegenüber angesprochen, noch ein Problem bei den neu anzusetzenden Bohrungen. Auch da hat es Gespräche mit der Gemeinde Gerstungen gegeben, dass es wohl nicht so sein soll, wie Herr Staatssekretär Baldus es uns mitgeteilt hat, sondern, dass die Gemeinde Gerstungen einen anderen Standort für die Probebohrung vorgeschlagen hat. Ich bitte, dass wir so schnell wie möglich zu einer Lösung kommen, nicht dass die Fronten wieder aufeinanderzu marschieren und sich verhärten, sondern wir brauchen einen Lösungsansatz und keine Schuldzuweisungen über die Medien. Dabei sind die Oppositionsparteien gar nicht eingebunden bei den Schuldzuweisungen. Das macht die Landesregierung zulasten der Gemeinde Gerstungen ganz allein. Gut. Ich möchte also nur darum bitten, dass wir da so schnell wie möglich eine Lösung finden und keine Schuldzuweisungen über die Presse machen, sondern vor Ort handeln, weil auch da Zeit im Verzug ist und wir dringend Lösungen brauchen für die Trinkwasserversorgung der Gemeinde Gerstungen.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Baldus, Staatssekretär: Das stimmt.)

Noch ein paar Worte zu unserem Entschließungsantrag: Auch unser Entschließungsantrag dürfte ja für die Herren und Damen der CDU-Fraktion keine Hürde sein.

Die Erlaubnis für die Einleitung von Haldenwasser aus dem Werk Neuhof-Ellers der K + S Kali GmbH, welches bei Entsorgungsengpässen zum Werk Werra transportiert werden soll, wird ja von der Landesregierung auch so gesehen, dass dies nur für einen Engpass gelten kann. Nun geht dieser Engpass schon eineinhalb Jahre. Ich glaube, da muss irgendwann einmal eine Lösung gefunden werden, damit dieser Engpass zu Ende ist. Ich weiß, dass in Neuhof im Plattendolomit nicht mehr versenkt werden darf. Entschuldigung, da müssen wir auch einmal sagen, das ist nicht das Problem des Werkes Werra. Das ist das Problem der Behörde, die 2003 die Genehmigung zur Erweiterung der Halde Neuhof gegeben hat und nicht darauf geschaut hat, was denn wirklich mit den Abwässern, mit der Halde Neuhof passieren kann, weil die 30 Jahre, die dort vorgesehen waren, um im Plattendolomit zu versenken, ja nicht mehr da sind. Die haben sich nach fünf Jahren einfach in Luft aufgelöst, diese 30 Jahre. Da kann es nicht sein, dass Sie sich auf diesen Satz in der Erlaubnis bzw. des Bescheids vom 26. November 2003 beziehen. Wir sind da ganz an der Seite der

Landesregierung, das kann nur eine Engpassmöglichkeit sein. Der Engpass ist längst überschritten. Die Kali + Salz muss hier unter Druck gesetzt werden, auch politisch von uns. Eine andere Maßnahme geht bei Kali + Salz nicht. Deshalb bitte ich Sie wirklich, dem Entschließungsantrag der SPD zuzustimmen, damit wir wieder neue Verhandlungsoptionen haben bei Kali + Salz. Das Gesamtkonzept von Kali + Salz ist längst überfällig und dieser Entschließungsantrag soll noch einmal Druck machen und auch die Landesregierung unterstützen bei ihren Verhandlungen mit Kali + Salz. Ich glaube, politisch sind wir uns alle einig, dass es so nicht weitergehen kann mit der Einleitung der Kalihaldenabwässer in die Werra. Deshalb glaube ich, meine Kollegen der CDU-Fraktion, haben Sie es leicht, dem Antrag der LINKEN und auch unserem Entschließungsantrag zuzustimmen. Dann können wir weiterreden und nach einer Lösung suchen für die Werra und für die Weser. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Als nächster Redner folgt Abgeordneter Krauße, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Antrag der LINKEN ist ein unabhängiges Gutachten gefordert zu der ganzen Thematik Salzlaugeneinleitung in die Werra. Dieses Thema haben wir im Ausschuss schon sehr lange in Behandlung und immer wieder in Behandlung, es ist de facto ein Dauerthema. Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher. Ein unabhängiges Gutachten - damit implizieren Sie ja, dass das Institut, das uns damals bei der Anhörung in Fulda auch zur Verfügung stand und kritische, sehr kritische Anmerkungen gemacht hat, eben nicht unabhängig ist. Das würde aber auch bedeuten, dass wir so lange Gutachten bei den verschiedensten Instituten in Auftrag geben, bis eins dabei ist, das 100 Prozent unseren Vorstellungen entspricht. Das kann es eigentlich nicht sein. Erstens braucht man längere Beobachtungszeiträume, das wissen Sie aus der Diskussion im Ausschuss mindestens im letzten Jahr - und dieses Institut ist dort dran. Aber - wie gesagt -, man kann darüber reden. Der SPD-Antrag - ich weiß nicht Frau Becker, ob Sie sich genau überlegt haben, welche Auswirkungen das unter Umständen auf die Arbeitsplätze nicht nur in Neuhof, sondern auch in Unterbreizbach haben kann. Ich habe kürzlich von einer Dame von den GRÜNEN gehört, man solle doch jetzt nicht auf die Arbeitsplätze schauen, das wäre nicht so wichtig, die Umwelt steht im Vordergrund. Ich erinnere mich recht gut daran, wie das damals bei der Schließung der Kaliwerke

in Thüringen gewesen ist, mit welchen dramatischen Ereignissen das einherging und vor allen Dingen welche Auswirkungen das dann nicht bloß auf die Kali-Kumpel, sondern auch deren Familien hat, denn so schnell ist Ersatz nicht zu schaffen. Im Übrigen, das, was wir als Thüringer tun können, was die Thüringer Landesregierung tun kann, aus unserer Sicht tut sie das bereits, denn wir müssen ja mal überlegen, die Entscheidung zur Haldenerweiterung, die Genehmigung hat das Regierungspräsidium in Kassel erteilt. Da haben wir nun einmal recht wenige Einflussmöglichkeiten. Wir können zwar sagen, das ist nicht Ordnung, überlegt euch das usw. Dieses wird ja auch alles getan, aber vielleicht reden Sie ja mal mit Ihrer Kollegin Ypsilanti, die in Hessen Ministerpräsidentin werden will. Vielleicht kann die von hessischer Seite mal ein bisschen Druck machen, vielleicht kommt da mal noch ein bisschen mehr Schwung in die Geschichte.

Die einzelnen Parameter, die wasserchemischen Dinge, die will ich hier gar nicht erläutern, das ist alles schon mehrfach gesagt worden, das ist alles bekannt. Merken kann sich das auf Anhieb eh keiner, man muss es dann immer wieder nachlesen. Wir sind der Auffassung - natürlich nur Ihr Einverständnis vorausgesetzt -, dass wir beide Anträge in den Umweltausschuss nehmen, im Umweltausschuss das zu den schon vorhandenen Anträgen dazu packen, gemeinsam behandeln. Das ist ein Fachausschuss, da kann man dann auch wirklich diese Details bereden. Wir haben als Vorschlag dazu noch: Es wäre vielleicht sinnvoll oder wir erachten es für sinnvoll, wenn wir denn mal eine auswärtige Anhörung zu beiden Anträgen und zu dem Gesamtthema zum Beispiel in Unterbreizbach machen würden als Ausschuss. Neuhof würde sich auch anbieten, aber Neuhof ist nun mal in Hessen, das ist nicht unser Zuständigkeitsgebiet und jeder weiß ja, als die Anhörung in Fulda war, mit welchen Schwierigkeiten, protokollarischen und Geschäftsordnungsschwierigkeiten das verbunden ist. Wir bitten darum, beide Anträge, sowohl den Antrag der LINKEN als auch den Entschließungsantrag der SPD, im Ausschuss weiterzubehandeln und einfach mal darüber nachzudenken, ob wir nicht vor Ort als Ausschuss eine Anhörung zu diesem Gesamtthema machen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Abgeordneter Kummer, DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, stellen Sie sich vor, Sie haben einen Nachbarn, mit dem Sie

wegen mehrfachen Streits vorher sowieso nicht so besonders gut zurechtkommen. Der hat in seinem Garten zu einer Zeit, wo Verbrennungen von Abfällen, von Grünabfällen offiziell erlaubt sind, so ein richtig schönes Feuer gemacht, aber es stinkt irgendwie bestialisch nach Gummi. Sie gehen rüber und fragen den, was er denn da verbrennt, und der sagt: „Alles nur zugelassenes Zeug“. Sie sind mit dieser Auskunft nicht einverstanden und wenden sich an Ihre zuständige Umweltbehörde, woraufhin Sie der Beamte dort vertröstet und sagt: „Wir schreiben den an und fragen, ob er nur ordnungsgemäße Sachen verwendet hat, und wenn er uns dann schreibt, dass er dort irgendwelche falschen Sachen im Feuer hatte, dann wird das seine Konsequenzen haben.“ Glauben Sie an den Erfolg dieser Maßnahme? Ich kann Ihnen nur sagen, wir nicht. Offensichtlich tut es aber die Landesregierung, denn sie erlaubte Kali + Salz nicht nur den gigantisch hohen Grenzwert von 90 Grad dH für die Werra, ohne zu wissen, welche Auswirkungen das auf die Umwelt hat, sondern sie sagte auch im gleichen Zusammenhang, dass bis Ende dieses Jahres Kali + Salz begutachten soll, wie sich dieser Grenzwert auf die Werra auswirkt. In Anbetracht dessen soll dann der Grenzwert novelliert werden.

Ich glaube, das Ergebnis, was bei der Novelle dieses Grenzwerts und bei dem Gutachten von Kali + Salz auf die Art und Weise rauskommen würde, das kann ich Ihnen prophezeien mit einer Sicherheit von nahezu 100 Prozent. Die Antwort von Kali + Salz, die können Sie schon jetzt im Nachhaltigkeitsbericht des Unternehmens nachlesen. Auf Seite 60, wenn ihn jemand mit dabei hat - wir sind ja umfangreich ausgestattet worden mit diesem Papier -, steht: „Doch sind uns angesichts der besonderen mineralischen Zusammensetzung unserer Lagerstätten technische Grenzen gesetzt, die bei der Festsetzung zukünftiger Grenzwerte zu berücksichtigen sind.“ Ups - sagen Sie das mal den Bürgern, die ihre Kläranlage bezahlen sollen. Diese Herangehensweise, meine Damen und Herren, ist unserer Ansicht nach nicht akzeptabel und deshalb wollen wir, dass das Land in die Möglichkeit versetzt wird, zu bewerten, was Kali + Salz uns dort vorlegt. Dazu brauchen wir eigenen Sachverstand, dazu brauchen wir ein eigenes, und ich sage auch ganz besonders noch mal in Bezug auf die Rede von Herrn Krauße, ein unabhängiges Gutachten.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn man mir jetzt sagt, Gutachter sind immer unabhängig - Herr Krauße sprach ja vorhin Bemerkungen von Instituten und des Instituts, was Kali + Salz dort verpflichtet hat, bei der Anhörung der Umweltausschüsse an: Ich kann mich hier erinnern, dass dieses Hohe Haus ein Gutachten von Bürgerinitiativen zur 380-kV-Trasse für nicht unabhängig

hielt und deshalb ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben hat.

Meine Damen und Herren, glauben Sie denn, Kali + Salz ist ein unabhängigeres Gremium als eine Bürgerinitiative? Ich nicht.

Meine Damen und Herren, wir - und da sage ich mal, da habe ich auch eine andere Auffassung als Herr Krauße, der sagt immer, man braucht lange Zeit, um das zu betrachten - wollen zum Beispiel wissen: Was ist denn in der Kalilauge überhaupt drin, die sie uns hier in die Werra schütten? Kali + Salz stellt sich immer wieder hin und sagt: Wir haben eine Erlaubnis bis zum Grenzwert 2.500 mg Chlorid und 90 Grad dH, da können wir alles reinschütten, was diese Grenzwerte nicht ausfüllt. Aber welche Zuschlagstoffe sie im Laufe ihrer Verfahren zur Kalisalzauslösung dort noch beigesetzt haben, das haben sie uns bis heute nicht verraten. Das sind Betriebsgeheimnisse. Wir wissen, dass da eine ganze Menge Brom zum Beispiel mit drin ist, was anorganisch gar nicht schwierig zu bewerten ist, aber wenn es dann mit organischen Stoffen im Wasser zusammenkommt, durchaus giftige Stoffe bilden kann. Wir wissen nicht, wie die Zusammensetzung der Kalisalze ist, noch dazu von unterschiedlichen Halden. Wie wirkt sich dann dieses Salz aus Neuhof aus? Das sind ganz wichtige Fragen gerade für Wasserorganismen. Sie müssen sich vorstellen, ein Lebewesen im Wasser kämpft die ganze Zeit dagegen, dass das umgebende Süßwasser ihm die Salze aus dem Körper rausziehen will. Dafür hat dieses Lebewesen Mechanismen erarbeitet, die die Salzkonzentration im Körper künstlich höher halten als die des Umgebungsmediums. Wenn jetzt aber die Salzverhältnisse im Umgebungsmedium anders sind als von Natur aus üblich, dann kann dieser Organismus dort nicht überleben, weil das, was im Laufe der Evolution an Anpassungen gewachsen ist, nicht innerhalb von wenigen Jahrzehnten, wie wir sie jetzt mit der Kaliindustrie hier haben, zu überwinden und neu anzupassen ist. Das ist das Problem, vor dem zum Beispiel unsere Fische stehen. Wir haben als Fraktion hier auch einen Eiltest mal in Auftrag gegeben, wo wir festgestellt haben: Eier und ganz junge Larvenstadien von Fischen haben keine Chance, im Werrawasser mit der heutigen Belastung zu überleben. Also eine Vermehrung von Fischen ist in der Werra in dem versalzenen Bereich überhaupt nicht möglich. Das ist eine Art des Umgangs mit diesem Fluss, den hat er nicht verdient. Dagegen muss etwas unternommen werden.

(Beifall DIE LINKE)

Auch die Ausführungen von anderen Wissenschaftlern in der Anhörung der Umweltausschüsse aus Thüringen, Hessen und Niedersachsen haben ähn

liche Ergebnisse erbracht. Gerade das umgekehrte Kalzium-Magnesium-Verhältnis, das also andersherum ist, als wir es sonst im Süßwasser haben, ist Beleg dafür, dass Wasserorganismen hier gewaltige Schwierigkeiten bekommen werden.

Meine Damen und Herren, das alles zu klären, dafür sind wissenschaftliche Untersuchungen notwendig, die wir von Kali + Salz nicht zu erwarten haben. Glauben Sie denn, dass ein Unternehmen, dem zurzeit wesentliche Entsorgungsmöglichkeiten weggebrochen sind, sich ernsthaft hinstellt und sagt: Der einzige uns noch verbliebene Entsorgungsweg ist so schwierig zu bewerten, dass wir auf ihn auch noch verzichten wollen, zumindest zu gravierenden Teilen. Glauben Sie das? Glauben Sie das von einem Unternehmen, das uns mal so heftig belogen hat, als es darum ging, die Thüringer Kaliindustrie plattzumachen, dass sie gesagt haben: Die Salze hier in Thüringen taugen überhaupt nichts, deshalb können wir die Kaliindustrie hier zumachen. Heute holen sie die Salze über ein Rollloch rüber, weil ihre hessischen Salze nichts mehr taugen.

Meine Damen und Herren, wir glauben das nicht. Deshalb sagen wir: Der Landtagsbeschluss zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie an der Werra bis zum Jahr 2015, der ist mit Leben auszufüllen und deshalb müssen wir Druck auf dieses Unternehmen machen. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass Grenzwerte so festgesetzt sind, dass dieses hohe Ziel, das der Thüringer Landtag ausgesprochen hat, auch bis 2015 umzusetzen ist.

(Beifall DIE LINKE)

Wie ist der Zustand zurzeit in der Werra? Wir haben, wenn man Kali + Salz Glauben schenken darf, in den letzten Jahren vielleicht sogar wegen der gestiegenen Härte eine deutliche Verbesserung des Zustands. Da fangen Angler plötzlich wieder Fischarten, die man seit vielen Jahren dort nicht mehr angetroffen hat. Da findet man einzelne niedere Tiere, die es auch schon lange nicht mehr gegeben hat.

Woran liegt das? Gerade Thüringen hat viel Energie in den letzten Jahren darauf verwandt, die Nebenflüsse der Werra in Ordnung zu bringen. Über das Projekt „Lebendige Werra“, ein Pilotprojekt bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, haben wir Nebengewässer wieder angebunden, haben das Abwasser gereinigt, haben dafür gesorgt, dass diese Gewässer wieder einen guten ökologischen Zustand haben und dass Querbauwerke entfernt wurden, die die Anbindung an die Werra verhinderten. Deshalb können ausgewachsene Fische, denen der Salzgehalt in der Werra nicht so viel ausmacht wie Jungfischen, auch wieder in die Werra einwandern. Deshalb angle ich die da auch mal. Es ist ja klar,

die können sich da mit Salzwasserbachflohkrebsen wunderbar den Bauch vollschlagen. Konkurrenz von anderen Fischen haben sie nicht zu befürchten. Aber trotzdem ist die typische Fauna in der Werra noch geprägt gerade von Salzwasserflöhen, die finde ich sonst nur in der Werra und im Brackwasser, und von der neuseeländischen Schnecke. Die machen über 90 Prozent der niederen Organismen in der Werra aus. Das ist doch kein gesundes Gewässer. Damit können wir uns doch nicht zufriedengeben. Deshalb müssen wir Maßnahmen ergreifen, um hier wieder zu einer natürlichen Lebensgemeinschaft zu kommen.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung und der Thüringer Landtag können Vertrauen schaffen in der Bevölkerung, in den Anrainerkommunen, das zum Teil verloren gegangen ist, indem sie hier deutlich machen, dass Thüringen diese Frage der Grenzwerte sehr ernst nimmt und deshalb eigenen Sachverstand beschafft. Das ist bitter nötig, gerade wenn ich an den Umgang mit der Gemeinde Gerstungen, die ja ein Vorkämpfer für ihre gemeindlichen Rechte auf sauberes Trinkwasser, ein Vorkämpfer gegen diese Umweltverschmutzung von Kali + Salz ist. Da sage ich auch gleich noch ein Wort zu den Bemerkungen, die es dort vorhin gegeben hat.

Mir liegt hier ein Schriftstück vom Landesbergamt vor. Wie gesagt, wir durften es ja alle lesen. Das Landesbergamt hat die Gemeinde Gerstungen darauf hingewiesen, dass es eine 190-fache Überschreitung des Grenzwertes von Nickel in ihrem Trinkwasser gegeben hat, eine 190-fache Überschreitung. Also dass das nicht Pillepalle ist, das ist uns klar. Aber als die Gemeinde Gerstungen, der ja versprochen wurde, dass das Monitoring so erfolgt, dass sie zeitnah die Daten bekommen, die Kali + Salz in ihrem Wasser ermittelt, diese Daten eingefordert hat, weil Kali + Salz sie einfach nicht in einer lesbaren Variante zur Verfügung gestellt hat, bekam die Gemeinde vom Landesbergamt Folgendes gesagt - ich darf Ihnen das mal vorlesen: „Wir haben die K + S Kali GmbH veranlasst, ihrer Mandantin“ - also Schreiben an den Rechtsanwalt, die Mandantin ist die Gemeinde Gerstungen - „die ausgelesenen Daten unverzüglich per E-Mail zu liefern. Dies hat die K + S Kali GmbH auch getan, und zwar ganz offenbar in der Form, in der diese Daten bei dem Unternehmen vorhanden sind. Wenn die Gemeinde Gerstungen diese Daten nicht lesen kann, dann deshalb, weil sie das dafür erforderliche Programm nicht hat. Es handelt sich nach meiner Kenntnis um ein frei käufliches Programm, das im Übrigen auch wir nicht verwenden. Die einzelnen Pegelmessungen sind uninteressant. Bedeutsam werden die Daten erst im Jahresgang, die uns im erwähnten Jahresbericht in lesbarer (grafischer) Form vorgelegt werden. Ich halte die K + S Kali GmbH nicht für verpflichtet, Ihrer Man

dantin die Pegelstände jeweils lesbar aufzubereiten, zumal es Ihrer Mandantin ja offenbar um nicht veränderte Originaldaten geht.“