Protocol of the Session on April 10, 2008

(Unruhe DIE LINKE)

Im vergangenen Jahr haben wir das erste ÖPPModell für Landesstraßen im Saale-Holzland-Kreis auf den Weg gebracht.

(Beifall CDU)

Mit diesem Projekt ist Thüringen in einer Vorreiterrolle und wir erwarten, dass aus dem Pilotprojekt Aufschlüsse darüber zu gewinnen sind, wie sich die Qualität des Straßenzustandes verändert, wenn ein privater Dritter Aufgaben des Baulastträgers übernimmt. Bei positiven Ergebnissen des Bau- und Erhaltungsmodells im Saale-Holzland-Kreis besteht die Überlegung, zukünftig in jedem Straßenbauamtsbereich ein vergleichbares Projekt durchzuführen und die Länge der übertragenen Strecken auf etwa 100 km zu erhöhen. Das ist ein erstes Ergebnis, es muss eine wirtschaftliche Straßenlänge sein, damit man zu guten Ergebnissen kommt. Die 20 km sind ganz einfach ein zu geringes Straßennetz. Auch eine Ausweitung auf ein Drittel des Landesstraßennetzes halte ich nicht für ausgeschlossen.

Herr Lemke, wir können gern darüber reden. Ich empfehle Ihnen, sich auch einmal mit der Doppik der Freien und Hansestadt Hamburg zu befassen. Dann werden Sie nämlich merken, dass die Einführung von Doppik sehr deutlich macht, was wir mit unserer herkömmlichen kameralistischen Investition nicht ausweisen, nämlich den Vermögensverzehr durch Vermögensentwertung in der Qualität. Das wird ein Thema sein, was zukünftige Landtage ganz intensiv befassen wird. Ich bin da sehr zuversichtlich. Wenn Doppik zukünftig irgendwann in Thüringen eingeführt wird, wird man über diese Thematik anders reden als heute.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, eine weitere Schwerpunktaufgabe meines Ministeriums ist der Schienen

personennahverkehr. Im Zuge der Bahnreform der 90er-Jahre ist den Ländern die Verantwortung für den regionalen Schienenverkehr übertragen worden. Diese Aufgabe hat der Freistaat sehr gut gemeistert. In den Verhandlungen zur Neufassung des Regionalisierungsgesetzes Ende letzten Jahres ist es gelungen, die Mittel für die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs bis 2014 festzuschreiben. Damit haben wir eine langfristige Planungssicherheit erreicht. So unerfreulich die Kürzungen des Bundes im Bereich der Regionalisierungsmittel dennoch sind, mit einem Leistungsumfang von 21,8 Mio. Fahrplankilometern ist in Thüringen auch zukünftig ein dicht vertaktetes Angebot möglich.

(Beifall CDU)

Ich möchte noch mal darauf hinweisen, dass vor der Regionalisierung der Schienenpersonennahverkehr gerade mal 17 Mio. Fahrplankilometer angeboten hat. Das heißt, trotz der Kürzungen sind wir im Jahre 2008 bei 25 Prozent Mehrleistungen im Schienenpersonennahverkehr als vor dem Regionalisierungsgesetz.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, die Entwicklung des Verkehrsangebots muss trotzdem immer wieder auf den Prüfstand. Dem Ziel ständiger Effizienzsteigerungen dient eine ganze Reihe von Maßnahmen wie die Entwicklung eines integrierten ÖPNV-Gesamtsystems, die Vernetzung von Bus und Bahn einschließlich flexibler Bedienformen, die weitere Optimierung von Angeboten des Schienenpersonennahverkehrs in Abhängigkeit der Nachfrageentwicklung, in Einzelfällen auch die Verlagerung von Schienenpersonennahverkehrsleistungen auf Regionalbusse. Wir werden auch über die Schließung schwach frequentierter Zugangsstellen nachdenken müssen.

Die weitere Entwicklung des Angebots im Schienenpersonennahverkehr ist Gegenstand des Nahverkehrsplans des Landes. Der Nahverkehrsplan 2008 bis 2012 wird Mitte des Jahres vorliegen. Besonderes Augenmerk legen wir auf die weitere Verknüpfung der unterschiedlichen Verkehrsträger und die Verminderung konkurrierender Parallelverkehre auf Straße und Schiene.

(Beifall CDU)

Dabei sind für die Kunden wie auch für das Land als Aufgabenträger folgende Aspekte von besonderer Bedeutung: die Übersichtlichkeit und Regelmäßigkeit der Fahrplanangebote, die Verringerung der Reisezeiten, die weitgehende Barrierefreiheit von Zugang und Nutzbarkeit und eine moderate Tarifentwicklung. In den zurückliegenden Jahren wurde der

gesamte Freistaat in den integralen Taktfahrplan eingebunden. Auf nahezu allen Strecken in Thüringen wird ein stündliches Schienenpersonennahverkehrsangebot vorgehalten. Die Oberzentren sind direkt mit Schienenpersonennahverkehrsangeboten verbunden. Auch die Mittelzentren mit Teilfunktionen eines Oberzentrums verfügen über direkte Nahverkehrsanbindungen an die Oberzentren. Für die Mittelzentren Eisenberg und Schleiz stellen Buslinien Verbindungen zu den Oberzentren her.

Der weitere Ausbau des Schienennetzes sowie das Angebot im Schienenpersonenverkehr werden maßgeblich von der Entwicklung des Wettbewerbs im Schienenverkehr beeinflusst. Bereits sieben Eisenbahnverkehrsunternehmen erbringen die vom Land bestellte Verkehrsleistung im Nahverkehr. Damit sind rund 30 Prozent der Leistungen an Wettbewerber der DB Regio AG vergeben. Dies ist im bundesweiten Vergleich ein sehr hoher Wert.

Thüringen trägt so den Anforderungen der Europäischen Union nach Öffnung des ÖPNV-Marktes für den Wettbewerb Rechnung. Damit verbunden sind Verbesserung der Qualität im Nahverkehr sowie die Einsparung bei der Finanzierung der Angebote durch das Land. Der geltende Schienenpersonennahverkehrsvertrag mit der DB Regio AG läuft 2011 aus. Noch in dieser Legislaturperiode wird ein langfristiges, transparentes und diskriminierungsfreies Ausschreibungs- und Vergabekonzept erarbeitet. Ziel der Landesregierung ist es, die Verkehrsverträge mit den einzelnen Leistungserbringern zeitlich zu synchronisieren und sinnvoll abgegrenzte Vergabenetze zu definieren. In Thüringen wird es weiterhin ein bedarfsgerechtes Angebot im Schienenpersonennahverkehr auch in der Fläche geben. Das werden wir sicherstellen.

(Beifall CDU)

Unser Augenmerk gilt weiterhin dem Infrastrukturausbau im Schienenpersonennahverkehr. Dazu gehört der weitere zweigleisige Ausbau der für Thüringen wichtigen Mitte-Deutschland-Verbindung in den nächsten Jahren, um zusätzliche Leistungen zu bestellen

(Beifall CDU)

und einen qualitätsgerechten Nahverkehr anbieten zu können. Die DB Netz AG hat gemeinsam mit dem Freistaat die Planungen aufgenommen, um die vom Bund bereitgestellten 50 Mio. € effizient und zielgerichtet für diese Schienenverbindung einzusetzen.

Für die Verkürzung der Reisezeiten haben sowohl der Ausbau der Hauptmagistralen als auch der Ausbau der Regionalstrecken große Bedeutung. Nach

dem bereits im Jahre 2000 die für den Regionalverkehr wichtige Strecke Gotha-Leinefelde für Neigetechnikfahrzeuge bis 160 km je Stunde ausgebaut wurde, wird bis Ende 2008 auch der Streckenausbau Neudietendorf-Oberhof-Würzburg für höhere Geschwindigkeiten und für Neigetechnikfahrzeuge abgeschlossen.

Trotz aller Verbesserungen entspricht der Zustand des Regionalnetzes in Thüringen allerdings noch nicht auf allen Strecken den Erfordernissen. Der Abbau der Mängelstellen, die Erhöhung der Geschwindigkeit und die Beseitigung bestehender Langsamfahrstellen sind dringend fortzusetzen.

(Beifall CDU, SPD)

Geeignete Maßnahme, wie beispielsweise die Beseitigung von Bahnübergängen, Oberbaumängeln und Modernisierung der Sicherungstechnik müssen angegangen werden. Hier ist die DB Netz AG in der Pflicht. Sie hat zugesichert, die Zahl der Mängelstellen in den nächsten Jahren drastisch zu verringern, wobei das nicht bedeutet, dass die Mängelstellen aus dem Verzeichnis der Langsamfahrstellen in das Verzeichnis der zulässigen Geschwindigkeiten wechseln, sondern dass

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das wäre auch schlecht.)

mit Investitionen in die Infrastruktur die Geschwindigkeit deutlich erhöht wird und das Verzeichnis der zulässigen Geschwindigkeiten allmählich etwas geringer wird.

(Beifall CDU)

Bei der Fahrzeugbeschaffung im Thüringer Schienenpersonennahverkehr konnten in den vergangenen Jahren gute Erfolge erzielt werden. Über 130 Fahrzeuge wurden im Wesentlichen in den Jahren 2000 bis 2005 beschafft und mit Fördermitteln in Höhe von rund 115 Mio. € unterstützt. Damit wurde die Voraussetzung für einen attraktiven Fahrzeugeinsatz mit entsprechendem Fahrgastkomfort und erforderlicher Leistungsfähigkeit geschaffen. Zugang und Nutzbarkeit des Schienenpersonennahverkehrs für in ihrer Mobilität eingeschränkte Fahrgäste wurden deutlich verbessert. Für die Laufzeit der bestehenden Verkehrsverträge werden keine neuen Fahrzeuge benötigt.

Meine Damen und Herren, die andere Säule des ÖPNV, der Straßenpersonennahverkehr, konnte durch die Förderung im Rahmen des ÖPNV-Investitionsprogramms umfassend erneuert und stabilisiert werden. Für die Thüringer ÖPNV-Infrastruktur wurden allein in den Jahren 2004 bis 2007 insge

samt 218 Mio. € durch den Freistaat investiert.

(Beifall CDU)

Mit der gezielten Förderung der Modernisierung hat der Freistaat die Verkehrsträger fit gemacht für die zukünftigen Herausforderungen und dabei ist die Barrierefreiheit zu einem unverzichtbaren Förderkriterium geworden. Hervorzuheben sind außerdem der Ausbau und die Erhaltung der Straßenbahnnetze in den fünf Thüringer Straßenbahnstädten. Das Land wird die für den Straßenpersonenverkehr zuständigen kommunalen Aufgabenträger auch künftig unterstützen. Im Rahmen der ÖPNV-Investitionsförderung stehen 2008 insgesamt weitere 44 Mio. € zur Verfügung und beim investiven Ausbau des ÖPNV gibt es bis 2009 eine Reihe von Förderschwerpunkten. Dazu gehört der Stadtbahnausbau in Erfurt, Jena und Gera, der Neu- und Ausbau von Omnibusbahnhöfen und Haltestellen, die Förderung der Beschaffung neuer Linienomnibusse und Straßenbahnwagen, die Fertigstellung der Straßenbahnbetriebshofanlagen in Erfurt, Gotha und Jena-Burgau. Dazu gehören aber auch Vorhaben zur Verbesserung der Qualität im Regionalnetz des Schienenpersonennahverkehrs einschließlich der Zugangsstellen. Die Förderschwerpunkte werden sich in den kommenden Jahren von den Neubaumaßnahmen bis hin zu Erneuerungs- und Erhaltungsinvestitionen verschieben.

Die Verknüpfung der Verkehrsträger ist und bleibt uns ein wichtiges Anliegen. Eine Vielzahl von Verknüpfungspunkten wurde errichtet oder erneuert, beispielsweise in Heiligenstadt und in Sonneberg; geplant sind Vorhaben in Eisenach, Heldrungen und Zeulenroda. Als Beispiel einer gelungenen Verknüpfung von öffentlichem Schienen-, Straßen- und Individualverkehr möchte ich auf den Neubau des Verknüpfungspunkts Gera-Hauptbahnhof verweisen. Diese Infrastrukturmaßnahme hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Bundesgartenschau im letzten Jahr erfolgreich durchgeführt werden konnte.

(Beifall CDU)

Eine ebenso gute Verknüpfung der Verkehrsangebote wird Ende 2008 am Bahnhof Erfurt-Hauptbahnhof erreicht werden.

Neben der investiven Förderung unterstützt das Land die kommunalen Aufgabenträger des Straßenpersonennahverkehrs, also die Landkreise, kreisfreien Städte und die Stadt Nordhausen bei der Bereitstellung bedarfsgerechter Verkehrsangebote durch jährliche Finanzhilfen sowie gesetzliche Ausgleichsleistungen für den Schüler- und Schwerbehindertenverkehr. In den Jahren 2004 bis 2007 standen hierfür insgesamt über 250 Mio. € zur Verfügung. Im Haus

haltsplan 2008/2009 sind hierfür über 55 Mio. € jährlich vorgesehen.

Wir gewährleisten, dass der ÖPNV auch in den kommenden Jahren bedarfsgerecht angeboten und weiterentwickelt werden kann. Unser besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Vernetzung und Kooperation. Wir wollen, dass Verkehrsplanungen, -netze, Fahrpläne, Tarife besser aufeinander abgestimmt werden und ein gemeinsames Marketing für den ÖPNV durchgeführt wird.

2004 bis 2007 hat das Land 5,2 Mio. € für die Zusammenarbeit von Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen im ÖPNV eingesetzt. Ab 2008 stehen erneut Fördermittel im ÖPNV-Kooperationsprogramm von mehr als 800.000 € bereit, zum Beispiel für die Entwicklung eines gemeinsamen Tarifkonzepts im Raum Gera-Greiz und für die Durchführung einer Untersuchung zur Erweiterung des Verkehrsverbunds Mittelthüringen. Hinzu kommt die finanzielle Beteiligung des Landes an den Tarifverbünden in Mittelthüringen und in Altenburg in Höhe von gut 1 Mio. €.

Ungeachtet des demographischen Wandels muss der öffentliche Personennahverkehr bezahlbar, attraktiv und bedarfgerecht sein.

(Beifall CDU)

Er muss noch effizienter und kreativer erbracht werden. Daher fordere ich die Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen auf, das Verkehrsangebot ständig zu überprüfen. Dazu gehört die Vermeidung von Doppelverkehren ebenso wie flexiblere Angebote. Es geht aber auch darum, Infrastrukturen und Verkehrsangebote noch stärker zu vernetzen. Das Land wird die Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen bei dieser Zukunftsaufgabe begleiten und ihnen unterstützend zur Seite stehen.

Meine Damen und Herren, das Angebot einer leistungsfähigen Radverkehrsinfrastruktur wird immer wichtiger. Gerade auch für den Tourismusstandort Thüringen können attraktive Radverkehrsnetze in ihrer Bedeutung gar nicht hoch genug geschätzt werden.

(Beifall CDU)

Bereits in der Vergangenheit wurden Rahmenplanungen für den Bau von straßenbegleitenden Radwegen an Bundes- und Landesstraßen sowie für das touristische Netz der Radfernwege in Thüringen aufgestellt. Der erreichte Stand und der spürbar werdende Handlungsbedarf im Bereich des Alltags und des touristischen Radverkehrs haben uns zu dem Entschluss geführt, für Thüringen ein Rad

verkehrskonzept zu erarbeiten. Thüringen befindet sich hierbei sozusagen in der Spitzengruppe, denn bisher haben nur wenige Länder ein eigenes Radverkehrskonzept erstellt. Die Landesregierung leistet damit auch einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans 2002 bis 2012. Wichtig ist uns, dass die Landkreise und Kommunen dieses Radverkehrskonzept mittragen und auch mit umsetzen werden,

(Beifall CDU)

denn nur so können wir die Attraktivität des Radverkehrs in Thüringen dauerhaft verbessern. Ziel ist es, den Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehr zu steigern, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und den Radverkehr durch zahlreiche Maßnahmen attraktiver zu machen. Die Veröffentlichung des Radverkehrskonzepts wird noch vor der Sommerpause erfolgen.