Protocol of the Session on February 28, 2008

Darüber hinaus arbeiten wir daran, eine Betreuungsplatz-Garantie schon ab dem ersten Geburtstag einzuführen. Für die ganz Kleinen gibt es bereits vielfältige Angebote, die wir ausbauen wollen. Dabei hilft auch das gemeinsam vereinbarte Bundesprogramm, das, Gott sei Dank, auch für die neuen Länder einsetzbar ist. Der Ausbau und die Sanierung der Kindertagesstätten wird bis 2013 in Thüringen mit jährlich etwa 9 Mio. € bezuschusst. Diese Chancen werden wir umfassend nutzen.

Die Thüringer schätzen das ausgezeichnete, gut ausgebaute Betreuungsangebot. Ihnen liegt das Wohl der Jungen und Mädchen selbstverständlich sehr am Herzen. Dafür spricht, dass für die Eltern laut Thüringen-Monitor Qualität und Angebot bei der Kindertagesstättenwahl die größte Rolle spielen. Dank den Kommunen, den Trägern, den Erzieherinnen und Erziehern, denn sie tragen und leisten eine erfolgreiche und, wie man hier erneut sieht, wertgeschätzte Arbeit.

(Beifall CDU)

Das differenzierte Schulsystem steht auch nach dieser Studie außer Frage. Die Thüringer Eltern wollen ihre Erziehungshoheit - auch wenn der Nachwuchs

in die Schule kommt - wahrnehmen. Die überwältigende Mehrheit, nämlich 93 Prozent, handelt verantwortungsbewusst und sagt, die Verantwortung für die Kindererziehung darf nicht allein die Schule übernehmen oder der Schule überlassen bleiben. Aber in ebenso großem Maße haben die Schulen eine entscheidende Mitverantwortung bei der Erziehung.

Die Thüringer sind zu Recht anspruchsvoll, sie erwarten viel von den Schulen im Freistaat, zum Beispiel Erziehung zur Leistung; das ist eine Forderung, die neun von zehn Thüringer stellen. Dass rund die Hälfte aller Befragten die Leistungsanforderungen in den Schulen für zu niedrig hält, ist in diesem Zusammenhang eine motivierende Nachricht. Die Thüringer sind ausgesprochen leistungsbereit.

(Beifall CDU)

Das zeigt auch die hohe Zahl derjenigen, die an der Möglichkeit, ein Schuljahr zu wiederholen, festhalten wollen, um zum Erfolg zu kommen - rund vier Fünftel. Quer durch die Bevölkerung gilt, die Thüringer verlassen sich auf die Qualität ihrer Schulen. Zwei Drittel der Thüringer sagen, dass die Schule den Kindern das Wissen vermittelt, das sie für die Zukunft brauchen. Das sind mehr als in den letzten Jahren. Das heißt, gute Noten für das Schulsystem im Freistaat, gute Noten für die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer, denen ich herzlich für diesen besonderen Einsatz danke.

(Beifall CDU)

Das Lehrerbildungsgesetz, gestern vom Hohen Haus verabschiedet, wird für eine noch bessere Aus- und Fortbildung der Lehrer sorgen und mit dem Konzept der eigenverantwortlichen Schule werden die Schulen mehr Freiheit erhalten. Das wird von der Mehrheit der Eltern auch erwartet. Rund 60 Prozent der Befragten sagen, die Thüringer Schulen sollten beispielsweise noch stärker selbst über Stundentafel und Personal entscheiden können. Freilich haben die Schulen aber bereits jetzt schon vielfältige Freiräume bei Lehrplänen, pauschalen Lehrerstundenzuweisungen, Stundentafeln und Fortbildungsbudgets.

Die weitere Entwicklungsstrategie gibt den Thüringer Schulen einen zusätzlichen Freiraum, z.B. im Bereich Lehrerpersonal. In diesem Schuljahr ist ein Pilotprojekt an ausgewählten Schulen gestartet, bei dem ein Teil des Personalbudgets von den Schulen eigenverantwortlich bewirtschaftet wird. Ein Modell, das im folgenden Schuljahr auf weitere Schulen ausgeweitet wird und es besteht das Ziel, im Jahr 2010/2011 die Verantwortung flächendeckend in dieser Form einzuführen.

Natürlich brauchen die Schulen für diese Arbeit Unterstützung und Anleitung. Das ThILLM und die Schulämter als Qualitätsagenturen stehen an ihrer Seite.

Sich den Anforderungen stellen, heißt auch, das Thüringer Gymnasium weiterzuentwickeln. Mit der Reform der gymnasialen Oberstufe und daran anschließend der Sekundarstufe I gehen wir wichtige Schritte. Zu den Kernzielen beider Reformen gehört die Stärkung der Allgemeinbildung in einer fundierten Sprachenbildung. Darüber hinaus geht es um das Verständnis von naturwissenschaftlichen Prozessen und Arbeitsweisen. Das neue Fach Mensch-NaturTechnik für die Klassenstufen 5 und 6 steht dafür beispielgebend.

Wer das Thüringer Abitur erfolgreich bestanden hat, kann sicher sein, damit ist er für jedes Studium, ob an einer Hochschule im Freistaat, in Deutschland oder europaweit, bestens gerüstet.

(Beifall CDU)

Wettbewerb, Elite, der Verzicht auf Studiengebühren, das wirft ein besonderes Licht auf die Thüringer Universitäten. Keiner anderen Institution vertrauen die Thüringer so sehr wie ihren Universitäten. Das ist eine gute Nachricht für die Universitäten und auch für Thüringen. Die Thüringer halten die Hochschulen im Freistaat für national und international wettbewerbsfähig, Wettbewerbsfähigkeit, die sie an bestimmte Voraussetzungen knüpfen. Drei Viertel der Thüringer sprechen sich für Eliteuniversitäten aus.

Elite bedeutet: Auswahl der Besten. Damit der Wettlauf fair läuft, müssen aber die Ausgangsbedingungen vergleichbar sein. Hier wissen wir, dass wir aufgrund der jahrzehntelangen Teilung Defizite in den neuen Ländern haben. Bundesfinanzminister Steinbrück hat jüngst in Jena den ostdeutschen Universitäten unumwunden einen eindeutigen Nachholbedarf attestiert. Hier liegt ein Feld für politische Verantwortung, nicht nur im Freistaat, sondern auch insgesamt in der Bundesrepublik Deutschland.

Trotz der Nachteile, die 40 Jahre Sozialismus geschuldet sind, können wir auf beachtliche Erfolge verweisen. „Der Wissenschaftsstandort Thüringen kann sich sehen lassen“, lobt beispielsweise das Bundesländerranking 2007 der Bertelsmann Stiftung.

Thüringen hält bundesweit eine Spitzenposition im Bildungs- und Hochschulbereich. Der im September 2007 veröffentlichte Bericht des Statistischen Bundesamtes „Internationale Bildungsindikatoren im Ländervergleich“, eine Ergänzung zur OECD-Studie, stellt fest: Die Studienanfänger in Thüringen sind mit rund 20 Jahren deutschlandweit am jüngsten.

Die größte Gruppe der Thüringer Absolventen, nämlich beeindruckende 19 Prozent, machen ihren Abschluss in den Ingenieurwissenschaften. Der OECD-Schnitt liegt bei 12 Prozent und der deutschlandweite Schnitt bei 16 Prozent. Die Kritik der aktuellen OECD-Studie am deutschen Bildungssystem trifft demnach auf Thüringen eindeutig nicht zu.

(Beifall CDU)

Natürlich wollen wir noch besser werden. Hier liegen die Potenziale für unsere Zukunft. Deshalb haben wir, ergänzend zum Bund-Länder-Programm, unsere eigene Zukunftsinitiative „Exzellentes Thüringen“ ins Leben gerufen. Für die verstärkte Vernetzung von Hochschulen, Forschung und Mittelstand steht bis 2011 ein Finanzvolumen von knapp 2,9 Mrd. € zur Verfügung. Ich danke dem Landtag, der Mehrheit, der Fraktion der Union, dass sie dieses Programm durch die Beschlusslage des Doppelhaushalts unterstützt haben. Es ist eine Investition nicht nur in Forschung, Hochschule und Mittelstand, es ist eine wirkliche Investition in die Zukunftsfähigkeit unseres Freistaats.

(Beifall CDU)

Ein wichtiger Eckpunkt ist der Hochschulpakt, der bis Ende 2011 Planungssicherheit gibt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Landesprogramm „ProExzellenz“, wo Forschung, Innovation, Nachwuchs und Lehre besonders gefördert werden. Ich bin der Thüringer Wirtschaft, den Hochschulrektorinnen und -rektoren, der Berufsakademie und den Forschungseinrichtungen ausdrücklich dankbar, dass sie im Prozess der Erarbeitung dieser Zukunftsinitiative sehr aktiv mitgeholfen haben und dass sie einmütig diese Exzellenzinitiative Thüringens unterstützen und sie als Chance begreifen. Wir werden, meine sehr verehrten Damen und Herren, den Ausbau des Hochschul- und Forschungsstandortes Thüringen auch gezielt weiter vorantreiben, um die Attraktivität für Erweiterungen und Neuansiedlungen der Wirtschaft zu verstärken.

(Beifall CDU)

Wissenschaft und Wirtschaft zu fördern, schafft Zukunft in Thüringen, schafft Arbeitsplätze und damit die Grundlage für soziale Gerechtigkeit.

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb unterstützen wir auch die Unternehmen im Besonderen bei der Suche nach geeigneten Fachkräften. Erstmals werden wir deshalb für das Jahr 2009 den Ausbildungspakt weiterentwickeln zu einem Fachkräftesicherungspakt. Das

ist mit den Kammern und Verbänden besprochen, denn es ist wichtig, dass die mittelständischen Unternehmen eng mit den Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten. In Thüringen haben wir damit bereits große Erfolge erzielt. Eine Studie einer großen deutschen Bank zum Thema „Innovation“ hat ergeben, dass im Freistaat - so wörtlich - „das Netzwerk praxisorientierter Forschung offenbar besonders gut geknüpft ist“. Der Freistaat zähle zu den wenigen - so wörtlich -„Innovationshochburgen“, die nicht im Süden der alten Bundesrepublik liegen“. Ich finde, das ist eine Wertschätzung, die der konkreten Situation gerecht wird und eine Wertschätzung, die wir nutzen können auch für das Marketing Thüringens national und international.

Wenn wir über die Zukunft des Hochschulstandorts Thüringen sprechen, dann müssen wir uns auch darüber verständigen, was die Studenten dazu beitragen. In Thüringen gibt es, wie Sie wissen, keine Studiengebühren. Lediglich diejenigen, die deutlich die Regelstudienzeit übersteigen, müssen Studiengebühren zahlen. Es ist erfreulich, dass diese Entscheidung von den Thüringern mitgetragen wird. Nur 12 Prozent der Thüringer sprechen sich aktuell für die Einführung von generellen Studiengebühren aus. Breite Unterstützung gibt es aber für die Einführung der Langzeitstudiengebühren. Die Studienanfängerzahl ist im Jahr 2007 erfreulich um 9 Prozent gestiegen, sehr deutlich über dem Durchschnitt in Deutschland, sehr deutlich deshalb auch die Anziehungskraft der Thüringer Hochschulen. Wir freuen uns darüber, dass trotz des gleichzeitigen Rückgangs der generellen Bewerberzahlen in ganz Deutschland für Thüringen ein deutlicher Zuwachs festzustellen ist.

(Beifall CDU)

Ich finde, das ist ein Beweis sowohl für die fachliche Anziehungskraft der Hochschulen, die Leistung der Lehrenden, aber auch die generellen Rahmenbedingungen in Thüringen von der Kultur über den Sport bis hin zur Natur und auch den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Chancengerechtigkeit sichern, Bildung für alle: Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen, Bildung muss für jeden zugänglich sein, Leistung ist entscheidend. Aber zwei von drei Thüringern empfinden, dass der Schulerfolg eines Kindes in Thüringen stark oder sehr stark von seiner sozialen Herkunft abhängt. Vor allem die gut ausgebildeten Befragten äußerten diese Kritik. Das heißt, die Kritik von denen, die eigentlich profitieren von einer Situation, die sie selbst so gar nicht an ihrer eigenen Person nachvollziehen können, diese Kritik entspricht nicht der Wirklichkeit. Im Freistaat Thüringen hat die soziale Zukunft einen geringen Einfluss auf die erzielten Leistungen.

Das bestätigen die regionalisierten PISA-Studien, Sie sollten sie zur Kenntnis nehmen. Fakten und nicht Ihre ideologischen Meinungen sind entscheidend.

(Beifall CDU)

Ich will Ihnen das zitieren aus der PISA-Studie. Da heißt es wörtlich: „Die günstige Kombination von hohem Kompetenzniveau und einer niedrigen Kopplung mit der sozialen Herkunft wird in Bayern, Sachsen und Thüringen erreicht“. Eindeutiger kann es nicht formuliert werden. Noch einmal: Nicht ihre Ideologien sind entscheidend, sondern die Fakten.

(Beifall CDU)

Das Thüringer Bildungssystem schafft, so sagt es auch die Bildungsstudie eindeutig, Chancengerechtigkeit - angefangen bei der Frühförderung in den ersten Lebensjahren über das differenzierte Schulsystem bis hin zu den Hochschulen. Thüringens Erfolge zeigen, dass letztlich Inhalt und Qualität des Schulsystems entscheiden. Von diesem Fakt lenken die Strukturdiskussionen, die wir immer wieder führen, ab. Selbst der PISA-Chef Deutschlands, Manfred Prenzel, ist skeptisch, ob durch einen Schulstrukturwechsel sozial benachteiligte Kinder größere Bildungschancen haben. Unsere Konsequenz in Thüringen ist demzufolge eindeutig bildungspolitische Kontinuität und weitere inhaltliche Qualifizierung.

(Beifall CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Fazit ist, dass der Thüringen-Monitor 2007 auch in seiner Kontinuität der vergangenen Jahre ein wachsendes Vertrauen zu der immer noch jungen Demokratie und auch zu den Institutionen deutlich macht. Der Thüringen-Monitor misst aber auch die Abweichungen von der demokratischen Mitte und gibt damit eine Chance, Handlungsaufgaben für uns alle zu definieren. Entscheidend sind nicht so sehr die einzelnen Prozentwerte; entscheidend sind die Entwicklungen der letzten Jahre. Bildung prägt Zukunft, Bildung als Schule der Demokratie, dies sind positive Feststellungen und Chancen, die wir auch weiter nutzen werden für Thüringen und für die Thüringerinnen und Thüringer. „Die Schulen bekommen“, so bilanzieren die Jenaer Wissenschaftler in der aktuellen Studie, „gute Noten“. Zwei von drei Thüringern glauben, dass den Kindern dort das Wissen vermittelt wird, das sie für ihre Zukunft brauchen. Dass in diesen Punkten weitgehend Einvernehmen unter den Befragten herrscht, zeigt, dass es in der Bildungspolitik einen beträchtlichen Konsens gibt.“ So weit das Zitat aus der Bildungsstudie.

Der Monitor 2007 fordert also heraus, er motiviert, er akzentuiert. Die Schwerpunkte habe ich genannt. Der Kampf gegen Extremismus, Ausländerfeindlichkeit und Gewalt, besonders gegen den Rechtsextremismus, wird konsequent fortgesetzt. Die Bildung wird als Schule der Demokratie, als Schule der Gesellschaft, als Chance für die Zukunft umfassend genutzt und weiter qualifiziert und die Thüringerinnen und Thüringer vertrauen der Demokratie und ihren Institutionen. Wir haben aber allen Grund, dieses Vertrauen als Grundlage für unsere Arbeit und durch unsere Arbeit positiv zu beantworten. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Hausold, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine verehrten Damen und Herren, verehrte Gäste! Herr Ministerpräsident, Sie haben ausgeführt: „Bildung prägt Zukunft“. Ja, dann ist jedoch Politik besonders in Verantwortung für die Bildung. Das heißt, die Landesregierung und Sie sind zuerst in dieser besonderen Verantwortung in unserem Land. Dafür, meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, ist allerdings Voraussetzung, ungeschminkt Realitäten wahrzunehmen und konsequent gegenzusteuern und vor allen Dingen dort gegenzusteuern, wo Ausgleich im Interesse von Chancengleichheit notwendig ist.

(Beifall DIE LINKE)

Ihre Regierungserklärung lässt - das will ich durchaus konstatieren - zwar Ansätze und Bekenntnisse erkennen in dieser Richtung, aber ich will erneut sagen, wirklich grundsätzlich stellen Sie sich dieser Aufgabe und damit der Verantwortung vor unserem Land nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Nun hat sich der Thüringen-Monitor 2007 dem Schwerpunkt Bildung angenommen. Es wurden zweifellos interessante Fragen gestellt und auch die Antworten geben Anlass zu wichtigen und sehr verschiedenen Interpretationen. Doch ich muss auch feststellen - und das hat mit der Verantwortung für dieses Land Ihrerseits zu tun -, wie bei Monitor-Vorgängern sind ebenso dieses Mal auch Fragen nicht gestellt, Fragen, die sehr wichtig gewesen wären aus dem Kontext. Es muss aber, denke ich, nicht verwundern, wenn manche Fragestellungen dann auch etwas merkwürdig und nicht unbedingt zu Ende gedacht

oder zumindest in fragwürdigen Zusammenhängen erscheinen. Es sei schon an dieser Stelle einmal die Frage erlaubt, ob dieser Landesregierung als Auftraggeber daran gelegen war, eine Reihe von Aspekten hier bewusst nicht in den Blickwinkel zu rücken und auszublenden, weil es ein geschöntes Bild von Thüringen und vor allen Dingen Ihrer Politik in der Öffentlichkeit dann ergeben hätte, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist nicht die notwendige Herangehensweise.