Protocol of the Session on December 14, 2007

Eine Vorbemerkung sei mir noch gestattet: Ich glaube, bei allen hier im Landtag vertretenen Parteien gibt es immer ein gesundes Spannungsverhältnis zwischen Kommunal- und Landespolitikern. Ich kann mich daran erinnern, dass die CDU-Kommunalpolitiker nicht alles mittragen, was Landespolitik macht. Die Diskussion zum Kommunalen Finanzausgleich ist dafür ein Beispiel. Ich bin froh, dass wir bei uns solche Leute wie Steffen Harzer haben, die aus ihrer praktizierenden Sicht als Kommunalpolitiker relativ kritisch auch unsere Arbeit begleiten.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Der mag dich besonders gern.)

Da bin ich froh. Bei uns ist das ein konstruktiver Dialog und Streit und wenn Sie unseren letzten Parteitag verfolgt hätten, dann wären Sie auch zu dieser Erkenntnis gekommen. Natürlich machen gerade kommunale Mandatsträger ihre politischen Angebote aus ihrer Sicht heraus. Wir haben vom Grundsatz entschieden, wir nehmen zunächst den Bürger in den Blick, wenn wir kommunalpolitische Konzepte entwickeln, und da gibt es immer ein gesundes Spannungsverhältnis.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Land erstarrt zunehmend, weil Landesregierung und CDU nicht handeln und sich trotz Bereitschaft auf kommunaler Ebene einer tatsächlichen Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform verschließen, und das insbesondere auch auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte. Das wurde heute in der Haushaltsdiskussion mehrfach gesagt, dass die CDU nicht bereit ist, sich dieser Sache zu stellen. In einer solchen Situation müssen wir handeln, weil wir erkannt haben, dass es auch auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte Bewegungen geben muss. Diese Verweigerungshaltung der CDU gab es auch sehr lange Zeit auf der gemeindlichen Ebene, dass gesagt wurde, außer Freiwilligkeit bewegt sich dort nichts. Zwischenzeitlich hat hier bei der CDU ein Umdenken angefangen mit ihrem Modell der Landgemeinden. Aber die CDU hat nicht von allein angefangen umzudenken, sondern eine Voraussetzung für das Umdenken bei der CDU bestand darin, dass wir damals noch als Linkspartei.PDS bereits 2005 unser Diskussionsangebot für eine Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform auf den Tisch gelegt haben.

(Beifall DIE LINKE)

Da geriet natürlich die CDU unter Druck und musste jetzt ein Konzept vorlegen. Wir sind davon überzeugt, wenn wir die Diskussion auf der Ebene der Land

kreise und kreisfreien Städte weiterhin forcieren, wird die CDU auch über kurz oder lang gezwungen sein, ihre Vorstellungen auf den Tisch zu legen - wenn nicht, hat die CDU tatsächlich völlig abgewirtschaftet und der Zug in Thüringen fährt ohne CDU weiter. Das ist Ihre Alternative, meine sehr geehrten Damen und Herren, und da können Sie selbst jetzt entscheiden, ob Sie sich in diese Diskussion einbringen oder hinterherlaufen und dann wieder jammern. Selbst in Wirtschaftskreisen wird zwischenzeitlich über eine Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte diskutiert. Vor wenigen Tagen hat der Wirtschaftsbeirat z.B. ein Diskussionsmodell für einen größeren Landkreis Westthüringen auf den Tisch gelegt und auf der Wartburg zur Diskussion gestellt. Wenn Sie schon nicht auf uns hören, meine Damen und Herren von der CDU, aber doch zumindest - eigentlich ernennen Sie sie selbst als Partner - können Sie mit denen dann in die Diskussion treten. Dort gibt es erstaunliche Parallelen zu unserem Konzept, nur dass unser Konzept inzwischen drei Jahre alt ist. Es ist sicher gut so, wenn dort vernünftige Elemente herausgegriffen werden. Wir nehmen für uns nicht in Anspruch, dass unser Modell fehlerfrei ist, sondern wir haben gesagt, es ist ein Diskussionsmodell. Was wir aber doch von der Landesregierung erwarten können, ist, dass sie sich in die Diskussion einbringt und nicht einfach sagt, solange sie die Regierungsverantwortung hat, diskutiert sie einfach nicht darüber. Das ist letztlich Arbeitsverweigerung; im Privatbereich ist das ein Entlassungsgrund, und zwar fristlos, nicht mal mit Kündigungsfrist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben klare Vorstellungen. Bei uns stehen die Bürger und die Wirtschaft im Mittelpunkt. Bei uns gilt der Grundsatz: Die Verwaltung ist für den Bürger da und nicht umgekehrt.

(Beifall DIE LINKE)

Wir gehen davon aus, aus Sicht der Bürger ist der dreistufige Verwaltungsaufbau in Thüringen nicht länger hinnehmbar - aus den unterschiedlichsten Gründen. Die Mittelbehörden in Thüringen sind ein Raum, der kaum einer demokratischen Kontrolle und Steuerung unterliegt. Wir als Landtag haben dort keinen Einfluss, die kommunale Ebene hat keinen Einfluss. Auch auf kommunaler Ebene gibt es den großen Bereich des übertragenen Wirkungskreises, der einer demokratischen Kontrolle und Steuerung weitgehend entzogen ist. Wenn wir aus Sicht des Bürgers Politik machen, ist es nur logisch, dass wir den dreistufigen Verwaltungsaufbau schrittweise in einen zweistufigen überführen. Und wer das will, der muss über Kommunalisierung von Aufgaben nachdenken, wenn wir nicht wollen, dass Aufgaben auf Landesebene zentralisiert werden. Wenn wir aber

Aufgaben kommunalisieren wollen, können wir das nur verantwortungsbewusst aus Sicht der Bürger und der Kommunen machen, wenn wir leistungsfähige kommunale Strukturen haben. Sonst ist das verantwortungslos. Gegenwärtig zeigt sich, wie verantwortungslos hier die CDU handelt, indem Aufgaben der Umwelt- und Versorgungsverwaltung kommunalisiert werden, und das in kommunale Strukturen hinein, die offenbar nicht dauerhaft als leistungsfähig gelten. Das macht die kommunale Ebene selbst deutlich, indem sie sagt, es ist verantwortungslos, den 17 Landkreisen, sechs kreisfreien Städte die Aufgaben der vier Staatlichen Umweltämter und drei Versorgungsämter im Wesentlichen zu übertragen. Das geht nicht. Diese Überlegungen sind für uns Anlass gewesen, zu sagen, wir müssen auch auf der Landkreisebene und der Ebene der kreisfreien Städte reagieren.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Gentzel, jetzt komme ich dazu: Mit unserem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir diese Diskussion der Notwendigkeit von Veränderungen auf der Ebene der Landkreise und der kreisfreien Städte dynamisieren und auf den Weg bringen. Wir wollen gleichzeitig dafür Sorge tragen, dass ein aktuelles Problem, nämlich das Problem der Stadt Eisenach, dauerhaft gelöst wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Kreisfreiheit von Eisenach - 1998 in Kraft getreten, 1997 hier im Landtag diskutiert - war ein schwerer politischer Fehler. Der Fehler ist durch zwei Fraktionen zu verantworten - CDU und SPD. Deswegen kann ich jetzt verstehen, Herr Gentzel,...

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Was, was? Sie sind so blind, das waren CDU und FDP und die SPD hat dagegen ge- stimmt.)

Da war die Große Koalition. Ja, dazu komme ich noch, ich zitiere mal. Nein, es war aber die Zeit der Großen Koalition und Sie haben...

(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Nein, war es nicht.)

Einen kleinen Moment mal bitte. Im Moment hat Abgeordneter Kuschel das Wort. Sie alle haben die Möglichkeit, sich noch mal zu Wort zu melden. Ich bitte auch zu später Stunde noch ein bisschen um Ruhe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich mache das an der Zeit der Großen Koalition fest, als die PDS in der 2. Wahlperiode 1997 einen Gesetzentwurf zur Änderung der ursprünglich in der 1. Wahlperiode beschlossenen Kreisgebietsreform einbrachte. Das heißt, die Große Koalition hatte 1997 die Möglichkeit, ihre damals fragwürdige Entscheidung, die ja zum 01.01.1998 erst in Kraft treten sollte, aufzuheben - und das meine ich damit, dass Sie damals 1997 in der Großen Koalition die Chance verpasst haben, das zu korrigieren. Ich zitiere jetzt mal aus dem Protokoll, Frau Präsidentin. Frau Doht hat dort gesprochen.

(Zwischenruf Abg. Lemke, DIE LINKE: Deswegen kreischt sie ja so.)

Damals waren Sie in der SPD und das war, wenn das Protokoll stimmt, die 61. Sitzung, 10. Juli 1997. Ich weiß nicht, ich habe in Erinnerung, in der jüngsten Geschichte von 1994 bis 1999 waren SPD und CDU in diesem Lande in der Regierung. Ich weiß überhaupt nicht, warum Sie dann hier so … Da sagt Frau Doht, das ist hier geschrieben, ich zitiere: „Frau Dr. Wildauer“ das war die damalige kommunalpolitische Sprecherin der PDS „ich gebe Ihnen recht,“ Frau Doht hat die Möglichkeit, das zu mir dann auch zu sagen,

(Heiterkeit DIE LINKE)

„was die finanziellen Auswirkungen der Kreisfreiheit auf die Stadt Eisenach betrifft.“ Und jetzt kommt der Satz: „Ich lehne die Kreisfreiheit ab.“ Da gibt es zwar Entwicklungen, Irrungen, Wirrungen, aber offenbar waren Sie 1997 weiter als heute. Sie haben gesagt, Sie lehnen die Kreisfreiheit ab.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das ist doch Blödsinn.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir bleiben dabei, es war ein schwerer politischer Fehler.

(Beifall DIE LINKE)

Das wurde damals schon durch den Gesetzgeber erkannt. Er hat nämlich damals zulasten der anderen Gemeinden in Thüringen festgelegt, dass Eisenach zusätzliche Finanzhilfen bekommt. Das waren Millionenbeträge und es hat trotzdem nicht dazu geführt, dass Eisenach die dauerhafte finanzielle Leistungskraft erlangen konnte. Warum soll also gerade zum jetzigen Zeitpunkt die Kreisfreiheit aufgehoben werden? Eisenach ist offensichtlich gegenwärtig handlungsunfähig und wir machen - ich sage es noch einmal - hier nicht Politik aus Sicht einer Verwaltung,

sondern aus Sicht des Bürgers, und der ist davon betroffen. Oberbürgermeister Doht hat vor wenigen Tagen öffentlich erklärt, ohne zusätzliche Finanzhilfen des Landes im Rahmen von Bedarfszuweisungen ist die Stadt nicht in der Lage, die Finanzkrise zu bewältigen. Also er hat die weiße Fahne gehisst. Das ist gar kein Vorwurf an die Stadtverwaltung in Eisenach, es ist ein strukturelles Problem. Mit weniger als 50.000 Einwohnern kann ich nicht dauerhaft die Aufgaben einer kreisfreien Stadt bewältigen. Die Kreisfreiheit kostet die Stadt gegenwärtig im Saldo jährlich 6 Mio. € - und das allein im Bereich der Sozialverwaltung und der Schulträgerschaft. Das ist nachgewiesen, und zwar im Saldo, da haben wir schon gegengerechnet, wenn Eisenach wieder eingekreist wäre, dass ein Teil über die Kreisumlage mitfinanziert werden muss - aber 6 Mio. €. Der Sanierungsbedarf an Schulen wurde von Frau Wolf schon dargestellt, das sind 17 Mio. €. Das Gravierende sind nicht die 17 Mio. €, sondern was Eisenach dieses Jahr im Haushalt für die Sanierung von Schulen drin hat? Das sind 480.000 €. Das heißt, 35 Jahre bräuchte die Stadt Eisenach auf jetzigem Niveau, um den Investitionsstau in den Schulen abzubauen, aber in 35 Jahren entsteht ein neuer Investitionsstau und es gibt kein Konzept, wie man da herauskommt, außer dem Ruf nach dem Land. Das Land soll wieder mehr Mittel zur Verfügung stellen - und das möglichst im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs zulasten der anderen Gemeinden. Das kann doch aber nicht die Lösung sein. Das ist für uns nicht die Lösung.

(Beifall DIE LINKE)

Wir wollen, dass es auch in Eisenach ordentliche Schulen gibt wie im Wartburgkreis. Da kann ich nur appellieren, schauen Sie sich den Wartburgkreis an. Der Wartburgkreis ist der geringstverschuldete Kreis, der ist nächstes Jahr schuldenfrei, er hat die geringste Kreisumlage, er hat die höchste kommunale Steuerkraft in ganz Thüringen. Eisenach liegt mittendrin und weiß nicht einmal, wie es die notwendigsten Arbeiten an Schulen und an Straßen machen soll und da diskutieren wir noch groß über die Sinnhaftigkeit von Kreisfreiheit und Strukturen. Wenn uns wirklich an den Bürgern gelegen ist, müssen wir sofort handeln.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch das Landestheater ist aus unserer Sicht ein Opfer der Kreisfreiheit. Ich habe gesagt, wenn die 6 Mio. €, die die Kreisfreiheit kostet, zur Verfügung gestanden hätten, dann wäre vielleicht das Landestheater auch mit den geringeren Landeszuschüssen in der Lage gewesen, in der jetzigen Struktur zu überleben. Eisenach hat mit 600 € pro Einwohner die höchsten So

zialausgaben in ganz Thüringen, das ist kein Vorwurf an Eisenach, das sind Pflichtaufgaben. Das ist nur eine Feststellung. Der Wartburgkreis hat nur die Hälfte - 306 € pro Einwohner -, hat die geringsten Sozialausgaben. Das muss uns doch zu denken geben, weshalb in einer Region ein Krakenlandkreis die geringsten Sozialausgaben hat, die Stadt die höchsten Sozialausgaben. Und die können nicht miteinander, weil es dazwischen starre Grenzen gibt, die wollen wir aufheben. Wem nutzt denn die Kreisfreiheit, wenn wir sie nicht ausgestalten können, meine Damen und Herren? Zurzeit gibt es in Eisenach nicht einmal den Entwurf eines Haushaltsplans für 2008, weil die Verwaltung nicht in der Lage ist, unter den gegenwärtigen Bedingungen dem Stadtrat einen den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Haushaltsentwurf vorzulegen. Nach den gesetzlichen Bestimmungen, das weiß zumindest der Staatssekretär im Innenministerium, müsste der Haushalt schon längst beschlossen sein. Nach dem Vorjährigkeitsprinzip müsste er bis zum 01.12. beschlossen sein. Wir wissen, in der kommunalen Praxis sieht das oftmals anders aus, aber dass nicht einmal ein Entwurf da ist, also vorläufige Haushaltsführung. Und wer ist denn Opfer der vorläufigen Haushaltsführung? Das wissen alle, die auf kommunaler Ebene tätig sind, die Opfer sind nämlich die Betroffenen im freiwilligen Bereich, weil dort erst einmal alles gestoppt ist, bei der vorläufigen Haushaltsphase dürfen nur Pflichtaufgaben realisiert werden.

Meine Damen und Herren, es gibt eben Doppelstrukturen, die sich für den Bürger und die Wirtschaft immer als nachteilig herauskristallisieren, auf relativ engstem Raum. Die Aufgabe der Kreisfreiheit ist doch aus Sicht des Bürgers überhaupt kein großer Schritt in dieser Region, denn es gibt über 20 Zweckvereinbarungen zwischen der kreisfreien Stadt Eisenach und dem Wartburgkreis und damit ist natürlich der Schritt zurück zum Wartburgkreis gar kein großer. Wir wissen, unsere Vorschläge sind nicht unumstritten, auch in unseren eigenen Reihen nicht, auch nicht vor Ort, auch nicht im Kreisverband des Wartburgkreises und Eisenach. Wir sind ja ein Kreisverband. Auch dort treten natürlich unterschiedliche Positionen zutage. Es gibt Befürchtungen, es könnten weitergehende Entwicklungen verhindert werden, wenn Eisenach eingekreist wird. Damit haben wir uns auseinandergesetzt und sind zu der Erkenntnis gekommen - unabhängig, wie in dieser Region einmal künftig Kreisstrukturen aussehen werden, ob es also eher zu einer Entwicklung Richtung Gotha-Mühlhausen kommt oder eher Richtung Meiningen, die Zurückkreisung von Eisenach wird beides nicht behindern. Unabhängig, ob der Wartburgkreis einmal dauerhaft in eine andere Struktur überführt wird oder am Rennsteig wieder getrennt wird, wie sich das z.B. Kommunalpolitiker aus dem südlichen Wartburgkreis wünschen, dass sie sagen, die Kulturgren

ze Rennsteig soll wieder auch verwaltungsseitig dokumentiert werden, auch dort ist die Rückkreisung von Eisenach erst einmal überhaupt kein Hinderungsgrund. Natürlich hat unser Vorschlag auch nicht nur Begeisterung ausgelöst. Der Stadtverband der LINKEN in Bad Salzungen ist nicht begeistert, dass wir sagen, irgendwann stellen wir den Kreisstadtstatus von Bad Salzungen infrage. Wir haben erst einmal vorgeschlagen, für 10 Jahre soll es so bleiben, weil wir meinen, die Entwicklung von Eisenach ist vom Kreissitz nicht abhängig, weil Eisenach andere Entwicklungspotenziale hat, aber Bad Salzungen braucht noch übergangsweise den Kreissitz, wenn sie eine Brückenfunktion zwischen Rhön und Thüringer Wald wahrnehmen sollen.

Meine Damen und Herren, der Oberbürgermeister von Eisenach sagt, der Status der Kreisfreiheit soll bestehen bleiben. Er sieht die Alternativen in weiteren Eingemeindungen, zumindest gegenwärtig.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Das stimmt doch gar nicht.)

Das wurde ja auch deutlich bei den erst im November hier diskutierten Gemeindeneugliederungen. Da sagen wir, das kann nicht die Lösung sein. Zum Schluss würde dort ein Gebilde entstehen, das vielleicht dem Altkreis Eisenach wieder entspricht. Da wird aber die Entwicklung des ländlichen Raums und des städtischen Raums aus unserer Sicht in einer Art und Weise nivelliert, die für die Entwicklung in einer Region nie gut sein kann. Die Kernstädte brauchen das Umland, aber das Umland braucht auch die Kernstadt, jedoch es muss noch Unterschiede geben.

Es gibt ja eine Studie von Professor Sedlacek zur Zufriedenheit der Bürger in den Ortsteilen. Da ist Eisenach weit abgeschlagen gegenüber Gera und Jena. Das muss doch Ursachen haben. Mit einer solchen Situation, wo offenbar die Bürger in den jetzigen Ortsteilen von Eisenach schon unzufriedener sind als woanders, dort noch über eine flächenmäßige Ausweitung von Eisenach die Lösung zu finden, halten wir für verkürzt. Wie groß soll denn Eisenach werden? Es müsste im Grunde genommen mehr als der gesamte Altkreis Eisenach eingekreist werden, um zu einem Gebilde zu kommen, dass eine kreisfreie Stadt entsteht, die normalerweise mit 100.000 Einwohnern und mehr überlebensfähig ist.

Die große Frage, die wir uns zu beantworten hatten, ist ja: Wie steht denn der Bürger in der Region zu diesem Vorschlag? Da gab es Umfragen der Lokalzeitungen, da war das Stimmungsbild fast gespalten und wir sind uns da auch nicht sicher. Deswegen sagen wir, wir wollen mit unserem Vorschlag, mit unseren Argumenten an die Bürger heran und

wollen aber den Bürgern zum Schluss die Entscheidung überlassen. Wir überlassen den Bürgern die Entscheidung, indem wir sagen, wir stellen unseren Gesetzentwurf unter den Zustimmungsvorbehalt eines Bürgerentscheids, und zwar nicht nur der Bürger von Eisenach, sondern auch der Bürger des Wartburgkreises, denn die Zurückkreisung wird insbesondere auch für die kreisangehörigen Gemeinden des Wartburgkreises einen finanziellen Mehraufwand bedeuten, selbstverständlich, weil sich die 6 Mio. €, die jetzt Eisenach zu tragen hat für die Sozialverwaltung und die Schulverwaltung, dann im Wartburgkreis insgesamt aufteilen. Das muss dann über Kreisumlage mitfinanziert werden. Deswegen halten wir es für sachgerecht, auch die Bürger des Wartburgkreises zu fragen.

In Thüringen ist dank der CDU ein Bürgerentscheid auf Landkreisebene nicht möglich, in anderen Bundesländern ist das selbstverständlich. Deswegen mussten wir in unserem Gesetzentwurf Einzelregelungen aufnehmen, um das zu ermöglichen. Ihnen wird das nicht neu sein. Wir haben schon im Fall der Gemeindefusion Triebes-Zeulenroda auf dieses Instrument zurückgegriffen. Damals haben Sie es abgelehnt. Damals haben Sie auch abgelehnt, den Bürgerwillen insgesamt zu respektieren. Zwischenzeitlich haben Sie dem Bürgerwillen eine höhere Priorität zugemessen, denn bei Langenwetzendorf/Vogtländisches Oberland haben Sie letztlich gesagt, dort ist die Stufe der Freiwilligkeit nicht mehr erreicht, wenn es massive Bürgerbedenken gibt. Insofern gehen wir davon aus, dass auch hier bei Ihnen ein Umdenken stattfindet und Sie keine Befürchtung haben vor der Entscheidung des Bürgers. Sie brauchen also keine Angst zu haben, Sie brauchen in diesem Hause gar nicht auf uns zu hören, denn Sie wissen ja, der Gesetzentwurf wird zum Schluss in die Entscheidungskompetenz der Bürger gegeben. Wir haben in unsere Argumente ein großes Vertrauen und stellen uns bewusst diesen Diskussionen.

Aber zunächst gilt es natürlich, hier parlamentarisch zu diskutieren. Deswegen beantragen wir die Überweisung unseres Gesetzentwurfs an den Innenausschuss und da es ein Gesetzentwurf der Fraktion ist, auch formal an den Justizausschuss.

Eine letzte Anmerkung zu den Worten von Herrn Gentzel "Gewerbesteuer" und "Krauthausen": Herr Gentzel, ich bedaure das. Ich glaube, Sie wissen es. Ich hatte schon darauf verwiesen, der Wartburgkreis hat die höchste kommunale Steuerkraft und ist dadurch wenig verschuldet, hat die geringste Kreisumlage. Bei einer Zurückkreisung profitiert natürlich dann auch Eisenach von diesem höheren Gewerbesteueraufkommen, weil das Auswirkungen, und zwar unmittelbar, auf die Kreisumlage hat. Das ist halt so. Je stärker die Steuerstärke, die kreisangehörigen

Gemeinden sind, das Verhältnis untereinander, dann wird es mit berücksichtigt. Wenn der Landkreis Schulträger ist und Träger der Sozialverwaltung, dann ist natürlich die kommunale Steuerkraft auch entscheidend. Das haben wir mit unserer Begründung gemeint. Jetzt profitiert Eisenach überhaupt nicht vom Steueraufkommen des Umlands. Künftig profitiert es eben auch mit für die Aufgaben, die der Landkreis wahrnimmt und die den Bürgern der Stadt Eisenach zugute kommen. Also insgesamt sprechen alle Argumente für unseren Gesetzentwurf. Den Antrag auf Überweisung hatte ich gestellt. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt Abgeordneter Kölbel, CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete, überraschend wurde in den letzten Tagen die Drucksache 4/3559 von der Fraktion DIE LINKE, ein Gesetzentwurf, eingebracht, der sich in der Überschrift - ich habe schon gestaunt - für die Wiedererlangung der kommunalen Handlungsfähigkeit der Stadt Eisenach einsetzt. Das klingt zunächst sehr ehrenhaft, setzt aber vom Inhalt her voraus, dass der Stadt Eisenach die kommunale Handlungsfähigkeit verloren gegangen ist bzw. ihr irgendjemand diese genommen hat. Wenn ich jetzt den Vortrag des Abgeordneten Kuschel höre, wo er sagt, lasst es uns doch probieren, wir kreisen Eisenach wieder zurück und alles wird gut.

Zur Erinnerung, was steht tatsächlich in diesem Gesetzentwurf? Schnell ist im Gesetzentwurf der Grund gefunden, in der Entscheidung der Thüringer Neugliederung 1993/1994, die Stadt Eisenach als kreisfrei auszugestalten, liege die Ursache der unzureichenden Eigenfinanzierung. Das Abschneiden von den die Stadt Eisenach umgebenden leistungsfähigen Gewerbegebieten - und da sind Beispiele genannt worden von meinen Vorrednern - ist eine der Ursachen. Im Haushalt fehlten der Stadt jährlich 6 Mio. € - die Zahl ist schon des Öfteren genannt worden - und die sind auch perspektivisch nicht zu sehen. Darunter fallen die Infrastruktur der Stadt, es wurden die Beispiele vom Erhalt des Straßennetzes, der Schulen dargestellt oder auch die fragliche Erhaltung des Landestheaters. Die Feststellung, Herr Kuschel, dass im Wartburgkreis die Schulkonzeptionen alle so ideal sind, hat mich sehr gewundert. Das, was uns z.B. im Petitionsausschuss vorliegt, spricht eine andere Sprache. Es gibt dort ernsthafte Probleme, die erst einmal in die Reihe gebracht wer

den müssen.