Protocol of the Session on November 15, 2007

Wir stimmen ab über den bisherigen § 14. Wer ist dafür? Danke. Wer ist dagegen? Danke. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung, eine Reihe von Gegenstimmen. Damit ist der bisherige § 14 mit Mehrheit angenommen.

Wir stimmen jetzt insgesamt über die restlichen Paragraphen des Gesetzentwurfs der Landesregierung, also die bisherigen §§ 15 bis 22 in zweiter Beratung ab. Wer ist für die §§ 15 bis 22, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? 2 Stimmenthaltungen und eine Reihe von Gegenstimmen. Damit sind die §§ 15 bis 22 angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung. Ich bitte Sie wie immer bei der Schlussabstimmung, Ihre Stimme durch Erheben von den Plätzen abzugeben. Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der Landesregierung. Wer ist für diesen Gesetzentwurf, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. Danke. Wer ist gegen diesen Gesetzentwurf? Wer enthält sich der Stimme? Bei 6 Stimmenthaltungen und mehreren Gegenstimmen ist dieser Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung angenommen worden.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 4/3533. Wird Ausschussüberweisung beantragt? Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir direkt über den Antrag in Drucksache 4/3533 ab. Wer ist für diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? 2 Stimmenthaltungen. Mit Mehrheit ist dieser Antrag abgelehnt.

Damit beende ich diesen Tagesordnungspunkt und ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 3 a

Thüringer Gesetz über die Helferberufe in der Pflege Gesetzentwurf der Landes- regierung - Drucksache 4/3323 -

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 4/3526 - ZWEITE BERATUNG

Das Wort hat Frau Abgeordnete Jung aus dem Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zur Berichterstattung.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, wie in der Beschlussempfehlung dargelegt, hat sich der Ausschuss am 5. Oktober und am 9. November mit dem Gesetzentwurf befasst. In der ersten Beratung haben wir eine schriftliche Anhörung vereinbart. Die zweite Beratung war im Wesentlichen bestimmt von den Fragen der Oppositionsfraktionen an die Landesregierung in Auswertung der Anhörung und deren Beantwortung, insbesondere zu § 13 - Zugangsvoraussetzungen - und § 24 - Ausbildungsvergütung -. Der Gesetzentwurf wurde im Ausschuss mit 5 Jastimmen, 1 Gegenstimme und 3 Stimmenthaltungen angenommen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Kubitzki, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der uns heute vorliegende Gesetzentwurf könnte ein Beitrag zur Gewährleistung hoher Qualität in der Pflege sein. Er könnte dies sein, wenn er nicht gekennzeichnet wäre durch viele Ecken und Kanten und vor allem viele Fragen, die in der laufenden Debatte gestellt wurden und unbeantwortet blieben. Hinzu kommt, dass seit Einbringung des Gesetzes die Anregungen aus den schriftlichen Anhörungen in dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf nicht beachtet und auch nicht eingearbeitet wurden. Unklar ist auch die hektische Eile, mit der dieses Gesetz verabschiedet werden soll, obwohl auf Grundlage dieses Gesetzes erst im September 2008 mit realen Handlungen begonnen wird, dieses Gesetz umzusetzen.

Grundsätzlich möchte ich zum Gesetzentwurf sagen, natürlich ist es für die Qualität in der Pflege immer besser, wenn die in der Pflege eingesetzten Hilfskräfte auch über fachliche Grundkenntnisse für ihren Einsatz in der Pflege verfügen. Aber man muss auch deutlich sagen, das A und O in der Pflege sind gut ausgebildete Pflegefachkräfte und die Pflegefach

kräfte spielen die dominierende Rolle und bestimmen, wie der Pflegeprozess durchgeführt wird. Ich möchte aber noch mal wiederholen: Natürlich ist es besser, wenn auch Hilfskräfte über fachliche Grundkenntnisse verfügen. Das ist das Positive an diesem Gesetzentwurf, aber ich habe gesagt, dieser Gesetzentwurf hat viele Ecken und Kanten und viele Mängel. Ein Beispiel sind unter anderem die Ausbildungsinhalte, die im Gesetzentwurf genannt wurden. Dazu möchte ich anmerken, dass gerade diese Ausbildungsinhalte bei den Auszubildenden hohe Erwartungshaltungen wecken können, die dann nach Abschluss der Ausbildung für sie nicht erfüllt werden in ihrer weiteren beruflichen Entwicklung, weil nämlich die Frage nach wie vor im Raum steht, wie viele Pflegehilfskräfte werden denn in Thüringen überhaupt benötigt, was für ein Bedarf ist dort vorhanden. Diese Bedarfsanalyse wurde nicht durchgeführt. Ich hatte das schon hier an dieser Stelle betont. Auch in den Ausbildungsinhalten sind Ausbildungsziele formuliert, zum Beispiel Behandlungspflege, in denen diese Pflegehilfskräfte besonders im ambulanten Bereich niemals eingesetzt werden können und dürfen. Die andere Seite, was mich dann eigentlich verwundert, ist, dass bei den Ausbildungsinhalten zum Beispiel der Bereich Demenzbetreuung fehlt, weil es allgemein bekannt ist und es wurde auch von der Landesregierung und hier von diesem Haus positiv bewertet, dass in den bisherigen bekannt gewordenen Eckpunkten der Pflegeversicherungsreform besonders der Betreuung demenzkranker Menschen höhere Aufmerksamkeit geschenkt werden soll. Auf der einen Seite steht im Gesetzentwurf, sie werden ausgebildet in Fragen der Behandlungspflege, aber diese Demenzfrage fehlt. Was generell fehlt und was in den schriftlichen Anhörungen auch gefordert wurde, von der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege zum Beispiel, ist, dass der Rahmenlehrplan nach wie vor für dieses Gesetz und für diese Ausbildung noch nicht steht und uns im letzten Ausschuss unter anderem auch kundgetan wurde, der Rahmenlehrplan hat noch Zeit, die Ausbildung beginnt ja erst im September. Sinngemäß hat das, Herr Minister, Ihr Staatssekretär geäußert. Dann muss ich wieder die Frage stellen: Warum diese Eile für dieses Gesetz?

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Sozia- les, Familie und Gesundheit: Was wir haben, das haben wir, das ist doch in Ordnung.)

Ja, das kann ich mir vorstellen, was wir haben, das haben wir. Wie wir es haben, das spielt dann später erst eine Rolle. Dann muss ich Ihnen eines sagen, Herr Minister, wenn schon bei den Ausbildungszielen Probleme enthalten sind, zum Beispiel Behandlungspflege sollen sie machen und es ist Ihnen bekannt, dass sie das gar nicht dürfen, zumindest im ambulanten Bereich nicht, dann trägt das Gesetz

auch nicht dem Prinzip Rechnung, „ambulant vor stationär“, weil nämlich mit dem Einsatz der Pflegehelfer die ambulanten Pflegeeinrichtungen kaum gestärkt werden können, weil dort der Einsatz nicht möglich ist. Das übrigens wurde von Ihrem Staatssekretär und Mitarbeitern des Ministeriums im letzten Sozialausschuss ebenso gesehen.

Eine weitere Frage und eine weitere Befürchtung besteht darin, wir werden mit Inkrafttreten dieses Gesetzes im Land Thüringen unterschiedliche Qualifizierungen und unterschiedliche Klassifizierungen von Pflegehelfern haben. Wir haben auf der einen Seite schon ausgebildete Familienpfleger und -pflegerinnen in einer dreijährigen Ausbildung, die vor vielen Jahren auch schon ausgebildet wurden. Dieser Prozess läuft schon seit längerer Zeit, aber diese Pflegehelferinnen mit einer dreijährigen Ausbildung sind auch nicht als Pflegefachkräfte anerkannt und werden deshalb in letzter Instanz auch nur als Pflegehelfer eingesetzt, um diese Tätigkeiten durchführen können. Auf der anderen Seite werden wir in Zukunft staatlich anerkannte Altenpflegehelfer mit einer einjährigen Ausbildung haben. Da sehe ich doch schon eine große Diskrepanz, die Sie uns erklären müssen, Herr Minister.

Ein dritter Kritikpunkt: Abzuwarten bleibt auch, wie die Einrichtungen diese Ausbildung zum Altenpflegehelfer in Anspruch nehmen werden, weil nämlich die Kosten, wie Sie auch in der Begründung Ihres Gesetzentwurfs sagen, letzten Endes auf die Einrichtungen zukommen werden und die Einrichtungen werden die Kosten, was zumindest auch die Ausbildungsvergütung betrifft, auf die Pflegesätze umleiten. Damit bezahlen die zu Pflegenden letzten Endes die Ausbildung zum Altenpflegehelfer und die Ausbildungsvergütung für diese. Und jetzt werden sich natürlich viele Einrichtungen die Frage stellen, was bilde ich denn nun aus: Bilde ich lieber Pflegefachkräfte aus - ich muss es ja sowieso umlegen auf die Patienten - oder bilde ich Pflegehelfer aus? Ich kann mir vorstellen, der Trend wird dazu gehen, dass die Einrichtungen sagen, von einer ausgebildeten Pflegefachkraft habe ich mehr als von einer Altenpflegehelferin. Also werden sie vorrangig - davon bin ich überzeugt - Pflegefachkräfte ausbilden. Eine Doppelausbildung werden sie sich nicht leisten können, weil nämlich die Pflegesätze noch höher werden für die Einrichtung und damit letzten Endes für die zu Pflegenden.

Was ich an dieser Stelle erst einmal nicht befürchte, wie das mehrfach auch von anderen Seiten geäußert wurde, eine Verdrängung von Pflegefachkräften aus der Pflege, weil es hier eben die unterschiedlichen Anforderungsprofile gibt. Ich sagte, gegenwärtig befürchte ich dies nicht, weil die gesetzlichen Rahmenbedingungen ganz konkret festschreiben, dass

diese Pflegehelfer nicht in allen Bereichen eingesetzt werden dürfen. Aber wehret den Anfängen, sage ich an dieser Stelle, Herr Minister. Es steht ja noch aus und das wird kommen, auch wenn Sie das jetzt erst mal nicht wollen, aufgrund der Föderalismusreform wird auch die Landesregierung nicht umhinkommen, die Heimgesetzgebung neu zu gestalten. Sie haben im letzten Plenum versichert, Herr Minister, dass der Fachkräfteschlüssel so bleiben soll - mindestens 50 Prozent - wie er jetzt ist. Ich hoffe, Sie halten Ihr Wort. Aber dieses Gesetz lässt zumindest die Möglichkeit befürchten, dass man auch sagt, wir schrauben den Fachkräfteschlüssel herunter, weil wir jetzt Hilfskräfte haben, die auch eine Ausbildung haben. Ich sage an dieser Stelle, wehret den Anfängen.

Was ich befürchte, ist eine Verdrängung von ungelernten Pflegehelfern, die jetzt schon in der Pflege eingesetzt sind und eine langjährige Berufserfahrung haben, weil dann nämlich die Einrichtungen sagen werden, wenn schon Helfer, dann mit einer gewissen Grundqualifizierung. Deshalb meine Forderung an Sie, Herr Minister, wenn dieses Gesetz umgesetzt werden sollte, dann brauchen wir auch die Möglichkeit, dass diese Pflegehelfer mit langjähriger Berufserfahrung ohne Ausbildung berufsbegleitend diese Ausbildung absolvieren können, dass sie die gleichen Voraussetzungen, die gleiche Qualifizierung haben wie die hier beabsichtigten auszubildenden Pflegehelfer und Pflegehelferinnen.

Insgesamt, Herr Minister, gibt es viele Fragen, die dieses Gesetz hat, die auch in der Debatte nicht beantwortet werden können. Aus diesem Grunde wird unsere Fraktion dem Gesetz nicht zustimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten. Wir sind der Meinung, Grundkenntnisse sind wichtig in der Pflege, auch bei Helfern, aber dieses Gesetz beinhaltet noch viele Gefahren und unbeantwortete Fragen, die Sie nicht beantworten konnten. Schönen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort Abgeordneter Eckardt, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, beim Thema „Pflegehelfergesetz“ zeigt sich einmal mehr, dass gut gemeint nicht gleichbedeutend ist mit gut gemacht. Die Intention, die mit dem Pflegehelfergesetz verfolgt wird, nämlich die Helferberufe in der Pflege besser zu qualifizieren, ist im Hinblick auf die Zukunft in der Pflege, der sich verschärfenden Pflegesituation richtig und gut und wäre im Hinblick

auf Qualitätssteigerung und Qualitätssicherung ein wichtiger Schritt.

Die Ausführung jedoch ist mangelhaft. Zu viele Regelungen sind unausgegoren und bedürften dringend einer Überarbeitung. Ich möchte an dieser Stelle nur auf einige eingehen. Beispielsweise wird nichts über den Stundenumfang ausgesagt, der im Rahmen der Ausbildung absolviert werden muss. Dies passt jedoch ins Bild, denn ein Rahmenlehrplan liegt bis heute, wie von Herrn Kubitzki schon bemängelt, nicht vor. In anderen Bundesländern ist der Umfang der Lehrstunden hingegen im Gesetz festgeschrieben. Warum man das bis jetzt in Thüringen versäumt hat, verschließt sich meiner Kenntnis. Auch die Zugangsvoraussetzungen zu den Helferberufen sind uns nicht ganz nachvollziehbar. Um eine Ausbildung zu den Helferberufen aufzunehmen, muss man über einen Realschulabschluss oder eine andere gleichwertige Schulausbildung verfügen. Dagegen ist nichts zu sagen. Es wird auch festgeschrieben, dass Menschen, die die Hauptschule erfolgreich abgeschlossen haben und erfolgreich eine einjährige Berufsfachschule im Bereich Gesundheit und Soziales beendet haben, zugangsberechtigt sind. Auch hier gibt es von unserer Seite keinen Widerspruch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aber nun kommt der Knackpunkt. Wer über einen Hauptschulabschluss und eine abgeschlossene Berufsausbildung mit einer Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren verfügt, ist ebenfalls zugangsberechtigt. Wie darf man sich das vorstellen? Bedeutet das, dass jeder, der eine abgeschlossene Berufsausbildung hat, egal in welchem Bereich, sich zu einem Pflegehelfer ausbilden lassen kann? Das würde bedeuten, dass eine Bäckereifachverkäuferin oder ein Teilzurichter - nicht, dass ich hier falsch verstanden werde, dies soll nichts über die Bedeutung dieser Berufe aussagen -, die aber über keinerlei Erfahrungen im pflegerischen Umgang mit Menschen verfügen, diese Ausbildung beginnen können. Nicht, dass wir uns hier falsch verstehen, auch Menschen, die eine Ausbildung im nicht sozialen Bereich absolviert haben, können grundsätzlich dafür geeignet sein. Aber welche zusätzlichen Qualifikationen im Bereich der Pflege oder Allgemeinbildung hat zum Beispiel die Bäckereifachverkäuferin in den zwei Berufsschuljahren erworben? Die Zugangsvoraussetzungen sollten noch einmal überarbeitet und nachvollziehbar gemacht werden. Ich möchte an dieser Stelle auch darauf aufmerksam machen, dass für diejenigen, die bereits heute als Helfer im Bereich der Pflege tätig sind und nur über einen Haupt- oder gar keinen Schulabschluss verfügen, eine Regelung gefunden werden muss. Wer bereits über mehrjährige praktische Erfahrungen in einer Pflegeeinrichtung verfügt, dem darf der Zugang zu einer Ausbildung als Pflegehelfer nicht verschlossen bleiben. Wir weisen also

dringend darauf hin, dass an dieser Stelle Regelungen gefunden werden müssen. Diejenigen, die zwar keinen Realschulabschluss haben, aber über Erfahrungen im pflegerischen Umgang mit Menschen verfügen, dürfen hier nicht benachteiligt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein weiterer Kritikpunkt am Gesetz ist § 20, der die Ausbildungsvergütung regelt. Die Vergütung soll dabei laut Gesetz angemessen sein. In der Begründung zum Gesetzentwurf heißt es, ich zitiere: „Der Rechtsanspruch auf Gewährung einer Ausbildungsvergütung soll zur Steigerung der Attraktivität der Ausbildung... beitragen.“ Dies ist in der Sache nachvollziehbar und lobenswert. Dem Ziel, eine angemessene Ausbildungsvergütung als Anreiz zu gewähren, widerspricht jedoch Absatz 2 des § 20. Dort heißt es nämlich, dass bis zu 75 Prozent der Vergütung in Sachkosten gezahlt werden können. Der Betreiber eines Heimes könnte demnach dem Auszubildenden ein Zimmer zur Verfügung stellen und ihn kostenfrei am Essen teilnehmen lassen und müsste dann nur noch 25 Prozent der Vergütung als Geld auszahlen. Die Vergütung der Ausbildung wird wohl leider ohnehin nicht sehr hoch sein. Gehen wir einmal von 400 € aus - und diese Zahl dürfte der Realität sehr nahekommen -, wenn davon nur 25 Prozent in Geld ausgezahlt werden, würde ich gern einmal von der Landesregierung wissen, wie dann 100 € ein Anreiz sein sollen, eine solche Ausbildung zu beginnen. Nun kann ich mir denken, was Sie gleich sagen werden, dass dieser Passus mit der 75-ProzentSachmittelregelung auch im Bundesaltenpflegegesetz enthalten ist. Aber hier möchte ich Ihnen antworten: Eine solche Regelung hätte nicht übernommen werden müssen, denn die Sachkostenbenennung ist unseres Erachtens völlig unsinnig und animiert geradezu zum Missbrauch. Deshalb fordern wir ganz klar, diesen Absatz zu streichen, denn erstens ist damit der Zahlung von Hungerlöhnen Tür und Tor geöffnet, zweitens widerspricht diese Regelung dem vorhin genannten Anspruch einer angemessenen Ausbildungsvergütung. Eine Anreizfunktion zum Ergreifen eines solchen Helferberufes in der Pflege kann ich darin nicht erkennen. Kurzum, der vorliegende Gesetzentwurf ist ein unausgegorener Schnellschuss geworden. Deshalb werden wir dem Entwurf nicht zustimmen können. Die LIGA und auch die Landeskrankenhausgesellschaft haben im Vorfeld starke Bedenken geäußert. Ich verweise auf die Anlage zum Protokoll der 42. Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit vom 5. Oktober dieses Jahres. Dort sind all die Bedenken in den Stellungnahmen nachzulesen. Auch meine Fraktion hat ausdrücklich auf einen anderen Umgang mit der Gesetzesvorlage gedrängt und eine eingehende Beratung gefordert. Die Bedenken sind jedoch durch die Landesregierung nicht ernst genommen worden. Stattdessen hat man ein Gesetz mit der „heißen Na

del“ gestrickt und will es nun durchpeitschen. Das ist besonders deshalb beklagenswert, weil der Bereich der Pflege, der bereits zum heutigen Zeitpunkt große Leistungen vollbringen muss, in Zukunft noch wichtiger werden wird. Die demographischen Veränderungen, die bereits im Gange sind, haben wir schon mehrfach in diesem Hause erörtert. Minister Zeh hat sich erst kürzlich wieder dazu an dieser Stelle geäußert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen bei steigendem Pflegebedarf dafür sorgen, dass auch in Zukunft ein hohes Niveau in der Pflege erhalten bleibt. Dazu ist auch ein Mehr an Personal mit einer fundierten Ausbildung notwendig. Ein gut gemachtes Pflegehelfergesetz wäre dazu ein wichtiger Schritt gewesen. Die Landesregierung war aber wieder einmal nicht in der Lage, ein stimmiges Gesetz zu erarbeiten. An Anregungen von Betroffenen hat es - wie bereits angesprochen - nicht gemangelt. Dass dies ignoriert wurde, offenbart eine erschreckende Gleichgültigkeit gegenüber den Trägern der Pflege und den Pflegebedürftigen. Meine Damen und Herren, das ist beschämend und - wie eingangs schon erwähnt - gut gemeint, ist nicht gut gemacht. Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD)

Das Wort hat jetzt Abgeordneter Gumprecht, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, „Japanischer Roboter übernimmt Altenpflege“ - so lautete eine Meldung im März des vergangenen Jahres. Das war kein Karnevalsscherz, sondern der Bericht eines japanischen Forschungsinstituts. Der 100 kg schwere künstliche Altenpfleger, den die Wissenschaftler auf den Namen RI-MAN getauft haben, misst 158 cm und soll laut dieser Meldung schon bald in der Lage sein, bis zu 70 kg schwere Personen aufzuheben oder auch herumzutragen. Darüber hinaus kann RI-MAN sowohl sehen als auch hören und soll den Forschern zufolge zwischen acht unterschiedlichen Gerüchen unterscheiden können. Unterstützung erhalten die japanischen Forscher übrigens von der eigenen Regierung, die angesichts der alternden japanischen Gesellschaft um Zukunftsperspektiven in der Altenbetreuung bemüht ist. Bei uns in Deutschland wird diese Meldung eher als Bedrohung empfunden. Pflege hat für uns einen sehr individuellen persönlichen Stellenwert, denn Pflege, speziell Krankenpflege, hat einen christlichen Ursprung und gehört zu den sieben Werken der Barmherzigkeit. Unsere Wertevorstellungen werden vom

Gleichnis des barmherzigen Samariters, der Kranken oder Verletzten hilft, geprägt. Darum verlangt Pflege Engagement, Mitgefühl, aber auch ein sehr fundamentiertes und umfangreiches Fachwissen.

Meine Damen und Herren, wir wissen nicht erst durch die aktuelle Diskussion um ein neues Pflegegesetz, dass Pflege nicht zum Nulltarif zu haben ist, sondern zunehmend Kosten für den Einzelnen, die Angehörigen und für die Gemeinschaft verursacht. Dieser massive Kostendruck wird vor Ort beklagt, denn er führt hier und dort zu Personal- und Zeitmangel bei der Betreuung. Für uns hat die Sicherung einer hohen Pflegequalität Priorität. Wir werden diese sicher in einem künftigen Heimgesetz regeln.

Meine Damen und Herren, ich möchte heute drei Schwerpunkte setzen. Erstens: Pflegehelfer ermöglichen mehr Pflege. Zweitens: Gute Ausbildung sichert eine gute Pflegequalität. Drittens: Der Pflegeberuf braucht Anerkennung.

Zum Ersten - Pflegehelfer ermöglichen mehr Pflege: Ich halte den Weg, mit Pflegerhelfern die Pfleger, nämlich die Fachkraft zu unterstützen - und ich sage nochmals zu unterstützen und nicht zu ersetzen - für richtig. Dies ist ein Weg, der übrigens nicht von uns in Thüringen erfunden, sondern von der EU vorgegeben wurde. Es ist für mich sinnvoll, in einer Situation, in der es einem Kranken- oder Altenpfleger durch minutiös vorgegebene Pflegezeiten immer schwerer möglich ist, sich um den ihm anvertrauten kranken oder pflegebedürftigen Menschen persönlich intensiv zu bemühen, nach Alternativen zu suchen. Ein Weg ist der Pflegehelfer. Er kann im Pflegeheim oder in Krankenhäusern helfen, er kann helfen bei der Betreuung, der Versorgung und bei der Pflege kranker oder älterer Menschen. Ich möchte jetzt bewusst - weil vorhin die Frage aufgeworfen wurde - auch noch mal aus der Berufsbeschreibung zitieren. Frau Präsidentin: „Altenpflegehelferinnen und Altenpflegehelfer übernehmen unter anderem die Körperpflege der älteren Menschen, das An- und Auskleiden, das Betten, das Lagern sowie das Anrichten und die Ausgabe von Mahlzeiten. Sie führen nach ärztlicher Verordnung auch Verbandswechsel durch, verabreichen Medikamente und sind für die Reinigung und Wartung der medizinischen Hilfsmittel verantwortlich. Darüber hinaus bereiten sie Zimmer für Neuaufnahmen vor, sorgen für Stationswäsche und halten Nachtwache. Neben diesen medizinischpflegerischen Aufgaben helfen sie älteren Menschen auch bei der Gestaltung von Beschäftigungs- und Freizeitaktivitäten.“ Dazu gehört für mich beispielsweise Musizieren, Basteln, Spazierengehen, Vorlesen, aber auch Feste arrangieren oder einfach Zuhören. Dazu braucht es persönliches Engagement, aber auch Teamgeist. Ich habe diese Berufsbeschreibung bewusst vorgetragen, weil beim letzten Mal

im Plenum, aber heute genau diese Frage aufgegriffen wurde. Darum, denke ich, war das noch mal wichtig.

Wir wollen eine auf den Menschen, den Patienten ausgerichtete Pflege. Wir erwarten von allen Trägern eine hohe Pflegequalität. Pflegedumping können wir nicht zulassen. Dies war übrigens auch die Position von ver.di, die es leider versäumt hatten, auf die Anfrage des Ausschusses zu antworten. Gestern konnte ich bei der zuständigen Mitarbeiterin telefonisch nachfragen und habe Kontakt aufgenommen. Sie brachte ihr grundsätzliches Einverständnis, aber auch die Sorge nach einer Qualitätssicherung zum Ausdruck.

Meine Damen und Herren, ich sage es noch einmal, Pflegedumping darf es nicht geben. Nach wie vor gilt - und ich denke, das ist wichtig - die gesetzlich vorgegebene Fachkräftequote von 50 Prozent. Wir werden auf die Einhaltung dieser Quote achten. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen wird dies auch kontrollieren.

Zweitens: Meine Damen und Herren, gute Ausbildung sichert eine gute Pflegequalität. Um die Erstausbildung, aber auch den Zugang Berufsfremder in die Pflege zu ermöglichen, ist eine gesetzlich vorgegebene Ausbildung notwendig. Dieses Gesetz regelt das. Die konkreten Ausbildungsinhalte werden wir im Sommer in einem Rahmenlehrplan und einer Prüfungsverordnung vorgelegt bekommen, denn im Sommer werden die ersten Auszubildenden diesen Beruf wählen können. Ich bin sicher, wir werden uns im Ausschuss nach dem Vorliegen des Entwurfs auch damit befassen können.

Lassen Sie mich auf noch ein Thema eingehen. Die Festschreibung eines Mindestsatzes an Barmitteln im Gesetz, denke ich, ist ein vernünftiger Schritt. Er ist nicht aus der Luft gegriffen, sondern wird nicht nur im Altenpflegegesetz geregelt, sondern im Bundesbildungsgesetz, das für alle Berufe gilt. Vielleicht lohnt es sich, einmal nachzulesen. Dort steht in § 17 Abs. 2: „Sachleistungen können in Höhe der nach § 17 Abs. 1 Satz 4 Nr. 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch festgesetzten Sachwerte angerechnet werden, jedoch nicht über 75 Prozent der Bruttovergütung hinaus.“ Wir greifen hier nicht etwas Eigenes auf, sondern wir greifen hier auf das Berufsbildungsgesetz des Bundes zurück, das für alle Berufe gilt. Ich hatte ursprünglich gedacht, dieser Absatz wäre eigentlich entbehrlich. Nach der Debatte, denke ich, war es sinnvoll, dass wir uns nochmals darüber klar werden. Dies ist keine Aufforderung, das so zu tun, sondern es ermöglicht im Gegenteil den jungen Leuten, Barmittel in die Hand zu bekommen, wo Träger die Unterkunft und Versorgung sicherstellen. Ich habe im Vorfeld

mit Leuten gesprochen, denen es so ging. Die waren glücklich darüber, nämlich eine gewisse Unabhängigkeit zu haben.

Drittens: Meine Damen und Herren, Pflegeberuf braucht Anerkennung. Pfleger und künftig die Pflegehelfer nach unserem Gesetz leisten für unsere Gesellschaft eine wichtige und bedeutende Aufgabe. Sie helfen dort, wo der Einzelne oder die Familie überfordert ist. Der Pflegeberuf hat in den vergangenen Jahren an Anerkennung zugenommen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns alles tun, damit der Pflegeberuf auch in Zukunft attraktiv bleibt und junge Menschen darin eine Erfüllung finden und dass nicht die Nachricht vom Pflegeroboter RIMAN Realität wird. Meine Damen und Herren, ich halte das vorliegende Gesetz für ein gutes Gesetz. Ich darf Sie um Ihre Zustimmung bitten.

(Beifall CDU)

Entschuldigung, Herr Abgeordneter Gumprecht, lassen Sie noch eine Nachfrage des Abgeordneten Kubitzki zu?