Zweitens: Der Begriff „Kinderarmut“ ist, obwohl er leider überall so gebraucht wird, kein guter Begriff, denn er zeigt in eine falsche Richtung. Man kann die Situation „Kinderarmut“ nicht losgelöst von den Eltern sehen. Es handelt sich so gesehen eher um
Familienarmut; weil die Eltern das Geld nicht verdienen, leben die Kinder auch in Armut. Solange sich diese Situation der Familien nicht ändert, leben auch ihre Kinder in Armut. Ich denke, wir müssen alles tun, den Eltern zu helfen, z.B. Arbeitsplätze schaffen, dann leben die Kinder auch nicht mehr in Armut.
Ich möchte an dieser Stelle ein Zitat der „Ostthüringer Zeitung“ vom gestrigen Tag einfügen, vom 11.10.2007, das auch ein Stück weit den Antrag der SPD beschreibt. Ich zitiere: „Die Forderung der SPD hat neben dem Beigeschmack, dass da die PDS/ LINKE wieder links überholt und so Wählerpotenzial gewonnen werden soll, einen Haken: Sie verlagert die Verantwortung für die Kinder weg von den Eltern und hin zum Staat. Das aber ist falsch. Punktuelle Hilfe ist in Ordnung, eine komplexe Förderung verkehrt. Kinder sind kein Gemeingut. Wenn ja, wären Sorgerecht und Sorgepflicht der Eltern überholt.“ Ich brauche diesem Zitat wohl nichts hinzuzufügen.
Die PDS hat wahrscheinlich den „Braten gerochen“, mit dem Links-Überholen, deswegen haben Sie einen Antrag gestellt, den sie dann wahrscheinlich noch weiter nach links einordnen wollen. Ich denke, um noch einmal darauf zurückzukommen, solange sich die Situation der Familien nicht ändert, leben auch ihre Kinder in Armut. Die Situation von Kindern kann deshalb nur mit ihren Eltern und nicht gegen sie verbessert werden.
Drittens: Für die Situation von Armut gibt es viele verschiedene Definitionen. Es gibt die absolute und relative Armut. Absolute Armut gibt es in Deutschland wohl kaum, wenn man die Definition der Weltbank zugrunde legt. Nach dieser Definition gilt, wer weniger als ein bis zwei US-Dollar pro Tag zur Verfügung hat, als arm. Bei der Definition von relativer Armut will ich hier die Definition der UN zitieren. Relative Armut heißt dort: „Wer 50 Prozent unter dem durchschnittlichen Lohn der Bevölkerung als Äquivalenzeinkommen liegt, gilt als arm.“ Das wiederum heißt, je reicher eine Gesellschaft, je höher das Äquivalenzeinkommen, umso mehr Arme könnte es demzufolge auch geben. Das heißt, relative Armut ist eben auch wirklich relativ. Deshalb stellt die Bundesregierung im Jahr 2001 in ihrem Armutsbericht fest - in 2001 war es die rot-grüne Bundesregierung: „Der Begriff ‚Armut’ entzieht sich wegen seiner Vielschichtigkeit einer allgemeingültigen Definition.“
Ich sage das deshalb am Anfang, weil sich daraus natürlich alle folgenden Aussagen zur Armut in dem Bericht, den ich späterhin noch halten werde, relativieren.
Viertens will ich noch anmerken: Armut lässt sich nicht nur auf materielle Güter festschreiben. So gesehen wäre ich nämlich in der DDR bitter arm ge
wesen. Wir mussten nur von einem nicht sehr üppigen Gehalt meines Vaters leben. Meine Mutter war sehr lange zu Hause. Wir lagen damit garantiert unter 50 Prozent des Durchschnittseinkommens der üblichen Zweiverdienerhaushalte in der DDR. Ich will das nur sagen, weil eben auch hier unterschiedliche Sichtweisen eine Rolle spielen. Ich habe mich in der DDR nicht arm gefühlt, das sage ich ausdrücklich. Und wenn Sie so wollen, muss man die gesamte soziokulturelle Situation einer Familie oder einer Person beachten. Es gibt nämlich auch Lebenskonzepte, die alternativ sind, die ganz bewusst in Armut leben, die ganz bewusst sich in die Armut begeben und dabei sogar auch noch glücklich leben. Ich will das sagen, weil der Begriff „Armut“ immer in eine Ebene gebracht wird, die ich in der öffentlichen Debatte sehr einseitig empfinde. Ich denke, es ist wichtig, dass man auch einmal noch die anderen Aspekte wenigstens mit erwähnt.
Ich betone noch einmal ausdrücklich, es ist eine ständige Aufgabe der Landesregierung und auch aller übrigen Verantwortlichen, die Rahmenbedingungen aller Kinder weiter zu verbessern. Es gibt bei uns tatsächlich zahlreiche Kinder und Familien, denen es nicht so gut geht, wie anderen Familien. Sie erhalten in unserem Sozialstaat eine Fülle von verschiedenen Leistungen, um ihre schwierige Situation möglichst bald überwinden zu können. Ich will es noch einmal ausdrücklich sagen, dass der Erhalt der sozialen Leistungen nicht immer ein Kennzeichen von Armut ist, sondern ein Instrument, um drohende Armut zu bekämpfen. Viele andere Länder der Welt, auch Nachbarländer der Bundesrepublik, kennen solche Instrumente nicht. Ich will an dieser Stelle auch noch einmal daran erinnern, dass sich Ministerpräsident Althaus seit langer Zeit für die schrittweise Einführung eines Bürgergeldes einsetzt.
Das Bürgergeld, wie es von Ministerpräsident Althaus ins Gespräch gebracht worden ist, wäre aus meiner Sicht die beste Armutsprävention gerade auch für Kinder.
Ich denke, diese Diskussion muss bundesweit fortgeführt werden, und zwar gerade wegen aller Mitbürgerinnen und Mitbürger - ich betone das -, die von Armut bedroht werden könnten. Wir werden die Augen jedoch nicht davor verschließen, dass es auch bei uns in Thüringen eine große Zahl von Kindern und Jugendlichen gibt, die tatsächlich Probleme haben, bestimmte Grundbedürfnisse zu befriedigen. Mit dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE möchte ich mich nicht im Detail beschäftigen, das ist letztlich bei dem vorhergehenden Tagesordnungs
punkt ebenso diskutiert worden. Es handelt sich dabei um völlig unerfüllbare Versprechen, die vorsichtig geschätzt mehrere 100 Mio. € kosten würden. Letztlich geht diese Hilfe dann auf Kosten der Kinder und Jugendlichen in der Zukunft. Unsere Kinder müssten dann die Schuldenberge bezahlen, die wir heute anhäufen. Deshalb brauchen wir zur Lösung der Probleme keine Almosenpolitik, sondern wir brauchen gestaltende Strukturpolitik.
Der Vorschlag der Kindergrundsicherung in Ihrem Antrag klingt zunächst wie ein Versatzstück aus der Bürgergeldkonzeption von Ministerpräsident Althaus. Ihr Antrag hat jedoch im Gegensatz zur Bürgergeldkonzeption kein Gegenfinanzierungskonzept. Ich denke, das muss an dieser Stelle auch beigelegt werden. Gleiches lässt sich auch von dem von der SPD vorgelegten Antrag bezüglich der kostenfreien Verpflegung der Kinder in Kindergärten und Schulen sagen. Die finanzielle Belastung würde mindestens 50 Mio. € in den Kindergärten bzw. 60 bis 70 Mio. € in Schulen betragen. Diese beträfe nicht nur das Land, sondern auch die Thüringer Kommunen. Aber wenn es die Thüringer Kommunen betrifft, betrifft es auch wieder das Land; wegen des Konnexitätsprinzips müssten wir dieses Geld dann auch wieder ersetzen. Außerdem würde die Lage der tatsächlich armen Schülerinnen und Schüler durch eine solche flächendeckende Landesfinanzierung des Essens in Einrichtungen nicht automatisch besser. Ich halte das nicht für einen sehr optimalen Vorschlag, die Kinderarmut zu bekämpfen, wie es ja in der Überschrift steht. Hier geht es nur um ein Detail, das eben gerade nicht die Kinderarmut als solches bekämpft. Es würden nur die Eltern aus ihrer Verantwortung zur Pflege und Erziehung der Kinder entlassen. Wenn Eltern in ihrer Gesamtheit erst aus der Verantwortung entlassen werden, ihre Kinder auch zu ernähren, dann werden sie mittelfristig auch bei der Verantwortung der Kindererziehung entlassen. Ich glaube, das ist ein falscher Weg.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme nun zu einigen Zahlen, wie es im Antrag verlangt worden ist. Ich beziehe mich dabei auf die von der UN gemachte Definition für Armut - ich wiederhole das noch mal -, danach liegt relative Einkommensarmut vor, wenn weniger als die Hälfte des nationalen Durchschnittseinkommens im Haushalt zur Verfügung steht.
Wenn man sich in Deutschland auf ein nationales Durchschnittseinkommen als Basisgröße bezieht, dieses Beispiel habe ich vorhin bereits gesagt, dann steigt gerade in den neuen Ländern die Wahrscheinlichkeit für eine relative Einkommensarmut von Kindern, weil dort das Lohnniveau niedriger liegt. Dieses Beispiel zeigt nur eine von zahlreichen Schwierigkeiten, einen wirklich brauchbaren Begriff von Armut in Anwendung zu bringen.
Ich will dennoch auf die Zahlen kommen. Fakt ist, dass im Mikrozensus 2004 des Thüringer Landesstatistikamtes das Einkommensniveau der Familien bewertet wurde. So verfügen 23 Prozent, das sind 90.200, der Familien mit Kindern in Thüringen über ein Nettoeinkommen unter 1.300 €. Über ein Einkommen bis unter 1.500 € verfügten mit 30.500 Familien weitere 8 Prozent der Familien. Also hier handelt es sich wieder um die Familien. Dass in diesem knappen Drittel der Familien auch der Anteil armer Familien nach jeder möglichen Definition mit enthalten ist, dürfte dabei unstreitig sein. Dies gilt unabhängig davon, ob das Einkommen aus Erwerbsarbeit oder Transferleistungen erzielt wird. Erkennbar wurde in dieser Untersuchung auch, dass Familien mit einem erwerbstätigen Elternteil in der Regel über ein vergleichsweise niedriges Nettoeinkommen verfügen, weil nur ein Erwerbseinkommen zum Lebensunterhalt beitragen kann. Dies gilt für Alleinerziehende und Alleinverdienerpaare gleichermaßen.
Die Selbsteinschätzung der Thüringer verrät auch einiges zum Thema Armut. Nach dem Thüringen-Monitor 2006 befinden 15 Prozent der Befragten die eigene wirtschaftliche Situation für schlecht, 54 Prozent schätzten sie mit gut oder sogar sehr gut ein. Die individuelle Bewertung nach dem Monitor der eigenen wirtschaftlichen Situation ist abhängig von der Beteiligung am Erwerbsleben. 12 Prozent der befragten Erwerbslosen bewertet sie mit gut, 57 Prozent der Erwerbstätigen mit sehr gut. In ca. 48 Prozent, also weniger als der Hälfte der Thüringer Haushalte, wird allerdings das Haupteinkommen durch Erwerbsarbeit erzielt.
Um die Armutssituation richtig einschätzen zu können, ist Folgendes wichtig zu wissen: Die Mehrzahl dieser erwerbstätigen Haushalte wiederum stellen Familien mit Kindern, dies vor dem Hintergrund, dass in nur einem Drittel der ca. 1,1 Mio. Privathaushalte Thüringens Kinder leben. Es sind also mehr Eltern erwerbstätig als es ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung entspricht. Ich denke, diese Schlussfolgerung ist auch wichtig.
Der Begriff „Armut“ kann durchaus nicht nur Mangel an Einkommen oder Vermögen bezeichnen, erschöpft sich auch keineswegs in rein finanziellen Kriterien. Genau aus diesem Grund gibt es aber auch nicht die Möglichkeit, mithilfe eines Königswegs staatliche Maßnahmen Armut schnell zu beseitigen. Es gibt eben kein Patentrezept. Wer das verspricht, ist im höchsten Maße unglaubwürdig. Alle Experten, auch diejenigen, die an Thüringer Universitäten und Fachhochschulen lehren, sind sich darüber einig, dass Armut kein thüringen- oder ostspezifisches Phänomen ist. Armutsbekämpfung durch eine Landesregierung ist nur begleitend möglich. Es geht um die Verbesserung der Rahmenbedingungen. Dies gilt am Ende insbesondere für den Bund. Er hält dazu wichtige Schlüssel in der Hand, beispielsweise die Zuständigkeit für das Sozial- und das Steuerrecht.
Die Thüringer Landesregierung hat es sich durch zahlreiche Maßnahmen zu ihrer Aufgabe gemacht, Eltern und Familien in ihrer Kompetenz zu stärken und Kindern und Jugendlichen bestmögliche Lebenschancen zu eröffnen. Es gibt verschiedene Gründe für Kinderarmut und deshalb auch verschiedene Ansätze, um diese zu lindern. Der erste Baustein zur Verhinderung - da sind wir uns sicherlich einig - von Armut ist Arbeit. Die Menschen müssen in die Lage versetzt werden, ihren Lebensunterhalt durch Arbeit absichern zu können. Der wirtschaftliche Aufschwung und die Neuregelungen für Lohnersatzleistungen - ich denke, das Stichwort „Fördern und Fordern“ hat in der letzten Zeit in der Öffentlichkeit sehr die Runde gemacht - zeigen positive Wirkung; die Arbeitslosenzahlen gehen zurück. Allerdings ist es immer noch bedrückend, wie viele Kinder noch von Sozialleistungen abhängig sind. Obwohl Thüringen die niedrigste Arbeitslosenquote in den jungen Ländern hat, bleibt es dabei: Es ist bedrückend, wie viele Kinder von Sozialleistungen noch abhängig sind. Ich stelle aber auch fest, dass die überwiegende Zahl dieser von Sozialleistungen abhängigen Menschen letztlich auch - und das kann ich auch in meinem Umfeld sehen - bei sich selbst spart, um ihren Kindern und Enkelkindern ein unbekümmertes Leben zu ermöglichen. Also im Zweifelsfalle werden viele Eltern selbst auf vieles verzichten, um ihren Kindern vieles auch zu ermöglichen.
Eines muss aber auch klar gesagt werden: Wir können Menschen Hilfestellungen geben, beispielsweise zur Arbeitsaufnahme oder den Umgang mit Geld zu lernen, wir können aber nicht die Eigenverantwortung der Menschen für ihr Leben durch staatliches Handeln ersetzen. Auch Menschen mit hohem Vermögen können beispielsweise durch hohe spekulative Geschäfte in Armut kommen. Das entspricht aber der Eigenverantwortlichkeit der Menschen auch für ihr Leben. Der Staat kann in der Regel nur Hilfe zur Selbsthilfe anbieten.
Hier komme ich auf den zweiten Baustein zu sprechen neben dem Baustein „Arbeit“, das ist der Baustein „Bildung“. Wir müssen Eltern bei ihrem Erziehungsauftrag helfen, die Angebote der Elternakademie sind hier ebenso ein Baustein. In Thüringen besteht darüber hinaus ein flächendeckendes Angebot von Familienberatungsstellen. All dies kann aber die Familie selbst nicht ersetzen. Durch die Familie werden wichtige Grundwerte vermittelt wie Liebe, Mitgefühl, Vertrauen, Solidarität und Verlässlichkeit. Ich denke, staatliche Kindereinrichtungen sind wichtig, sie können diese frühkindliche Förderung ergänzen, aber sie können die Eltern nicht ersetzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Kinder haben die gleichen Startbedingungen in Thüringer Schulen für ihr späteres Leben. Aber auch hier gilt: Eltern müssen ihre Kinder auf diesem Wege begleiten.
Als dritten Baustein möchte ich erwähnen die Sozial- und Familienleistungen. Die Sozialleistungen hatte ich bereits vorhin angesprochen, deshalb möchte ich noch einmal insbesondere auf die Familienleistungen eingehen. Das Bundeselterngeld spielt dabei eine wichtige Rolle, um der Kinder- und Familienarmut entgegenzuwirken. Thüringen hat sich bei der Gesetzgebung insbesondere für einen angemessenen Grundfreibetrag eingesetzt. Das heißt, das Bundeselterngeld beträgt bei einer einjährigen Bezugsdauer mindestens 300 €. Dieser Mindestbetrag war in einem Referentenentwurf ursprünglich nicht vorhanden. Wenn man den Bezug über zwei Jahre verteilt, dann wird ein hälftiger Grundbetrag von 150 € ausgezahlt. Übrigens nutzen 23 Prozent der Thüringer diese Streckungsmöglichkeit. Wir hatten eine entsprechende Anfrage bereits in einer Plenarsitzung davor, diese Zahl ist mittlerweile verbürgt, dass fast ein Viertel der Thüringer Bürger bzw. der Thüringer Betroffenen diese Möglichkeit des Streckens über zwei Jahre auch nutzt.
In Thüringen gibt es im Anschluss für ein weiteres Jahr für die dann Zweijährigen das Thüringer Erziehungsgeld in Höhe von 150 € für das erste Kind, entsprechend 200 € für das zweite, 250 € für das dritte und 300 € ab dem vierten Kind. Dies ist auch
ein Beitrag des Freistaats zur Bekämpfung der Kinderarmut, auch wenn das in dem vorigen Tagesordnungspunkt bestritten worden ist. Ich denke, dass wir damit als eines von vier Ländern zu denen gehören, die damit einen zusätzlichen Betrag aufwenden, um gerade im Bereich der Bekämpfung von Kinderarmut einen Beitrag zu leisten.
Auf Bundesebene wird zurzeit der Kinderzuschlag für Familien mit geringem Einkommen neu ausgerichtet. Ziel soll es sein, dass zukünftig etwa eine halbe Million von Kindern erreicht werden. Die Regelungen sollen flexibilisiert und entbürokratisiert werden. Meines Erachtens hat das Bundeskabinett vor drei Tagen entsprechende Beschlüsse gefasst, so dass diese Anliegen auf einem guten Weg sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich verweise auch auf die Aktivitäten der Bundesregierung, der Bundesministerin Ursula von der Leyen, die sehr wichtige Weichen in Bezug auf die Kinderbetreuung gestellt hat und damit auch zum Thema „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ weitere Verbesserungen in Deutschland erwarten lässt. Allerdings will ich auch sagen, dass die Zahlen, die von der Bundesministerin von der Leyen angestrebt werden, in Thüringen bei Weitem übererfüllt sind.
Ich möchte dennoch aus der Haushaltsrede der Bundesfamilienministerin vom 13. September 2007 hier kurz zitieren: „Wir haben vereinbart, dass ab 2013 ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung besteht und ein Betreuungsgeld eingeführt wird. Es ist wichtig, dass Eltern darauf vertrauen können, dass sie Beruf und Kindererziehung miteinander vereinbaren können. Es ist mir ebenso wichtig, dass wir die Erziehung von Kindern zu Hause in hohem Maße wertschätzen.“
Ich verweise an dieser Stelle auf den bereits bestehenden Rechtsanspruch im Freistaat für Kinder ab zwei Jahren auf einen Betreuungsplatz. Damit ist Thüringen im Übrigen das einzige Land in der Bundesrepublik Deutschland, das einen solchen Rechtsanspruch entgegen dem, was bundesweit gilt, von drei Jahren auf zwei Jahre gesenkt hat, und zwar ohne Bedingungen. Sachsen-Anhalt, unser Nachbarland, hat ebenso den Rechtsanspruch abgesenkt, aber dort konditioniert. Wer in SachsenAnhalt als Familie einen Elternteil zu Hause hat, besteht nur ein Rechtsanspruch über fünf Stunden.
Meine Damen und Herren, der soeben veröffentlichte Familienatlas der Bundesregierung bestätigt meines Erachtens ebenso unseren Kreisen und kreisfreien Städten in Thüringen, dass wir eine bundesweit überdurchschnittliche Stellung bei der Bildung, Betreuung und Freizeitangeboten für Jugendliche und Kinder einnehmen. Hier macht sich die seit Jahren
konsequent gemeinsam mit den Thüringer Kommunen und in Aufgabenübertragung an sie betriebene Familienpolitik des Landes bemerkbar. Mit einem Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz bereits ab zwei Jahren, hatte ich bereits gesagt, sind wir bundesweit Spitze und haben dazu auch beigetragen, dass das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ in einer guten Weise gelöst ist. Wenn jemand einer Arbeit nachgehen will, dann hat er die Möglichkeit, einen solchen Betreuungsanspruch als Rechtsanspruch in Anspruch zu nehmen. Unterhalb von zwei Jahren gilt, wer einen Bedarf hat, dem wird auch dieser Bedarf erfüllt. Wir können also auch sagen, dass der Bedarf unterhalb des Rechtsanspruchs von zwei Jahren in Thüringen zu 100 Prozent erfüllt wird. Ich will damit sagen, dass wir damit vorbildlich im gesamten Bundesgebiet sind entsprechend auch, was die Thüringer Bildungspläne in der Frage frühkindlicher Betreuung auch vorsehen. Laut Bildungs-Monitor 2007 zeichnet sich Thüringen durch eine überdurchschnittlich hohe Schulqualität und insbesondere durch die Vermeidung von Bildungsarmut aus. Wer Kinder fördern will, muss vor allem deren Familien fördern. Dies hatte ich bereits vorhin gesagt und das betrifft auch elementar ausreichende Rahmenbedingungen, damit Eltern selbst ihren und den Lebensunterhalt der Kinder verdienen können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, den ganzen Bildungsbereich will ich an dieser Stelle nicht weiter ausführen. Ich hatte vorhin gesagt, dass auch der Bereich Bildung dazugehört, um die gesamte soziokulturelle Stellung der Kinder entsprechend auch in einer günstigen Situation zu realisieren.
Meine Damen und Herren, damit will ich zum Schluss kommen, die Zahlen - das hatte ich vorhin bereits gesagt - muss man unter dem Blickwinkel sehen, dass der Begriff „Armut“ sehr relativ ist und dass wir in Thüringen aber dennoch alles dazu beitragen wollen, dass das Thema „Armut und Kinderarmut in Thüringen“ keine große Rolle mehr spielt. Vielen Dank.
Der Abgeordnete Kuschel wollte eine Frage stellen und Sie sagten zu, am Ende Ihres Berichts, diese zu beantworten. Bitte, Herr Abgeordneter Kuschel.
Danke, Frau Vorsitzende. Herr Minister, Sie haben ausgeführt, dass eine mögliche entgeltfreie Mittagsversorgung in Kindergärten und Grundschulen aus Ihrer Sicht die Verantwortung der Eltern für die Ernährung ihrer Kinder tangieren würde. Könnten Sie
mir mal erklären, wie Eltern, die unverschuldet im Arbeitslosigkeit-II-System sind, mit einem Tagessatz von 2,57 € verantwortungsbewusst ihre Kinder ernähren sollen?
Ich denke, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, Herr Kuschel. Ich will noch mal betonen, wenn wir die Verantwortung der Eltern bei der Ernährung ihrer Kinder abnehmen, dann haben wir schlechte Weichen gestellt. Wir würden sie nämlich für alle Kinder - unabhängig von ihrem sozialen Status - entlassen aus ihrer Verantwortung. Das war der Kern dieser Aussage, dass wir punktuell Eltern helfen müssen, die in schwierigen Situationen sind, dagegen habe ich nichts. Aber hier ist ein Antrag vorgelegt worden, der alle Eltern und alle Kinder freistellt von der Finanzierung der Versorgung. Das ist eigentlich der Kern der Aussage gewesen.
Danke, Frau Präsidentin, danke, Herr Minister. Wie erklären Sie denn in diesem Zusammenhang die einkommensunabhängige Auszahlung von Kindergeld?
Auch das hat miteinander nichts zu tun, meine ich. Was wollen Sie damit sagen, dann präzisieren Sie doch die Frage.