Denn wenigstens zwei Elemente sind im Antrag enthalten, über die man sich von der Anhörung ausgehend weiter verständigen muss. Das ist einmal die Frage der Fixierung Kultur als Pflichtaufgabe. Wir meinen, und das seit längerer Zeit, dass in einem solchen Land wie Thüringen Kultur als Pflichtaufgabe festgeschrieben werden müsste.
Wir werden Ihnen in dieser Debatte dazu auch einen Vorschlag unterbreiten. Wir meinen auch, dass wir die finanzielle Belastung, die für die kulturellen Angebote, die in Thüringen zahlreich vorhanden sind, auf breite Schultern setzen müsste. Vor diesem Hintergrund Zustimmung zu den Ansätzen des Antrags.
Nun aber zur Kritik: Vor etwa 10 Jahren, und ich glaube sogar ein bisschen davor, haben wir damals als PDS-Fraktion in Anlehnung und in Beratung mit unseren sächsischen Kolleginnen und Kollegen versucht, diese Kulturraumfinanzierung per Gesetz in den Thüringer Landtag einzubringen. Diese Vorstellung wurde damals mit gewaltigem Nachdruck vom Juniorpartner SPD in der Großen Koalition abge
lehnt. Die Argumente, die wir aus dem sächsischen Modell nach Thüringen übertragen wollten, sind unter der damaligen Federführung des Ministers Schuchardt zum Teil vehement gegen uns eingesetzt worden, insbesondere auch die Vorstellungen zur Pflichtigkeit der Kultur in Thüringen. Das muss man auch anmerken, aber wir gestehen jedem zu, dass er oder sie auch lernfähig ist,
und deswegen sind wir bereit, mit diesen Vorstellungen offensiv umzugehen. Unter heutigen Bedingungen - das hat Frau Holbe aus der Anhörung, glaube ich, ganz gut dargestellt - geht die Einführung eines Kulturraumgesetzes nach sächsischem Vorbild nicht. Wir haben eine anders geordnete Kulturlandschaft. Wir haben keine urbanen Kulturräume, wie es sie in Sachsen gibt. Wir haben auch eine ganz andere Strukturierung unserer Thüringer Kulturlandschaft und wir haben andere Organisationsmechanismen. Was wir aber genauso wie die Sachsen haben, ist eine Knappheit an öffentlichem Geld für die Kultur. Demzufolge muss man sich darüber Gedanken machen, wie man Veränderungen herbeiführen kann und wie man das regeln kann. Ich weiß jetzt nicht, Frau Holbe, ob Sie aus der Anhörung noch einmal darauf eingegangen sind, vielleicht habe ich es nur überhört, aber ich möchte es gern noch einmal betonen, dass zahlreiche Anzuhörende gesagt haben, wir brauchen die Fortentwicklung des Landeskulturkonzepts. Sie haben auch kritisiert, dass dieses Konzept nie öffentlich und breit diskutiert worden ist. Von mehreren Anzuhörenden gab es die Anregung, dass man eine Art Expertenkommission einsetzen möge, die zur Unterstützung von Exekutive und Legislative dieses Kulturraumkonzept weiterentwickelt. In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass wir bei der Beratung des Landeskulturkonzeptes genau diesen Vorschlag einbrachten und formulierten, dass in der Erarbeitung eines Landeskulturkonzepts eine derartige Expertenkommission uns als Landtag und die Regierung als Exekutive berät. Dieser Vorschlag ging den Weg aller Oppositionsvorschläge - er wurde abgelehnt. Aber vielleicht, ich habe es der SPD-Fraktion zugestanden, ich gestehe es auch der CDU-Fraktion und der Regierung zu, sind Sie lernfähig und könnten aus diesen derzeitigen Beschreibungen der Situation und aus den Erfahrungen der Anregungen noch einmal über Ihre Handlungsweise nachdenken.
Ich denke, wir sind alle gefordert vor dem Hintergrund dessen, was wir an kultureller Substanz bekommen und übernommen haben, von dem, was wir an kultureller Substanz weiterentwickeln wollen und was wir an nachfolgende Generationen übergeben
wollen. Wir sind gefordert zu überlegen, wie man Möglichkeiten in Thüringen erschließt, aus der Kraft des Landes und der Kommunen die Kultur weiterzuentwickeln und schlagen Ihnen heute erst einmal in der Idee das Projekt eines Kulturlastenausgleichs vor. Wir würden Sie darum bitten, dass wir im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen dazu auch positive Voten abgeben zur Fixierung solcher Vorstellungen für einen Kulturlastenausgleich im Doppelhaushalt 2008/2009. Was meinen wir damit? Ausgangspunkt für den in unserer Fraktion entwickelten Kulturlastenausgleich ist die Verfassung des Freistaats Thüringen wenigstens in zwei Positionen - wir könnten auch weitere hinzufügen -, und zwar der Anspruch nach gleichwertigen Lebensverhältnissen und der Anspruch aus Artikel 30, die Kultur unter besonderen Schutz zu stellen. Wir verstehen Kultur als wesentlichen Bestandteil der Daseinsvorsorge. Demzufolge und aus der Konsequenz aus diesem müssten nach dieser Lesart Kultur und Kulturplanung kommunale Pflichtaufgabe sein.
Darüber müssten Sie jetzt nachdenken. Das ist nicht so und - ich sehe den Innenminister im Moment nicht - das wäre eine Kabinettsaufgabe, dass man darüber miteinander berät, wie
man das übergreifend über die Ministerien organisiert, weil wir für eine solche Entscheidung eine politische Festlegung bräuchten. Diese müsste natürlich mindestens von einer Mehrheit getragen werden. Aber wenn sich die CDU-Fraktion entscheidet und wir uns dazu entscheiden würden - und das kann ich Ihnen ja versichern, wir haben uns das ja gewissermaßen ausgedacht -, hätten wir schon eine große Mehrheit.
In Vorbereitung der Haushaltsberatungen für das Jahr 2008/2009 wäre also die Möglichkeit geschaffen, von den Sonntagsreden über Kultur zur Alltagshandlung zu kommen. Wir brauchen dazu die Verständigung zu einem Kulturbegriff, mit dem wir umgehen wollen, und wir brauchen dazu die Verständigung über Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Aber ich hoffe, dass auch die gewählten Volksvertreter sich dazu entschließen können. Wir brauchen dazu die Verständigung, dass Kultur diskriminierungsfrei zugänglich sein muss für jeden Bürger und jede Bürgerin dieses Landes.
Da gestatte ich mir noch mal eine Replik auf die Debatte gestern zum Weltkindertag, weil ich unsere junge Kollegin hier sehe, die auf die Frage der UNESCO-Kinderrechte, die kulturellen Zugänge auch für jedes Kind zu sichern, gesagt hat, einen Vorschlag zu bringen, kostenlos ins Museum und in Ausstellungen zu gehen, genügt da nicht. Stimmt, Frau Meißner, aber es wäre ein erster Schritt.
Vielleicht können wir uns in diesem Zusammenhang auch darauf verständigen, dass alle öffentlich finanzierten Kulturangebote im Freistaat Thüringen, weil wir ein Kulturland sind, von frühesten Kindesbeinen an bis zum Eintritt in die erste Erwerbstätigkeit für Kinder und Jugendliche kostenfrei nutzbar sind, damit diese Barriere, dass man erst mal Geld abgeben muss oder es sich von jemandem holen muss, für Kinder und Jugendliche entfällt.
Dann entwickelt sich in dieser Generation ein Kulturbewusstsein und wir könnten in dem Zusammenhang auch etwas mehr für Kinder und Jugendliche tun. Da müssen wir nicht das Licht unter den Scheffel stellen. Es gibt viele Angebote, das wissen wir, aber wir müssen mehr daraus machen. Denn 26 Prozent, das ist gestern gesagt worden, der Kinder, die in Armut leben, sind in der Regel ausgeschlossen von solchen Kulturangeboten, nicht nur, weil sie vielleicht nicht hinter die Türen eines Museums oder einer Ausstellung kommen, sondern weil es in diesen Elternhäusern außerordentlich schwer ist, so etwas als Sonntagsausflug oder als Ferienfreizeit überhaupt zu unternehmen. Wenn wir diese Kinder ausschließen, dann ist es eine Elterngeneration, die ausgeschlossen wird. Dann verbindet sich dieser Teufelskreis von sozialer und Bildungsarmut. Da müssen Sie, weil Sie so außerordentlich jung sind, an unserer Seite streiten, damit wir dort etwas verändern. Ich muss das einfach noch mal sagen in Replik auf die gestrige Debatte.
Aber ich wollte ja dem Minister oder dem Kabinett weiter erklären, natürlich auch meinen Kollegen von den anderen Fraktionen, wie wir es mit diesem Kulturlastenausgleich meinen. Wir sind alle in verschiedenen Orten wohnhaft und wir wissen, dass die kulturellen Angebote immer schwer zu fassen sind, ob es nun rein kommunale, ob es regionale oder überregionale Angebote sind. Das ist oft schwer auseinanderzuhalten und diejenigen Einrichtungen, die Fördermittel beantragen oder die auf die Unterstützung des Landes überhaupt angewiesen sind, sind natürlich dann auch immer bestrebt, ihre überregio
nale Ausstrahlungskraft zu entwickeln und zu dokumentieren. Das wäre ein Punkt, über den wir uns fachlich tatsächlich auch noch einmal miteinander verständigen müssten, weil aus diesem wiederum sehr differenzierte Belastungen für die einzelnen Kommunen entstehen. Nun haben wir eine Misere, nämlich die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs, aber wir haben auch eine Chance mit der Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs. Vor dem Hintergrund der angemessenen Finanzausstattung der Kommunen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben müssten wir einfach noch einmal neu über die Ausstattung der Mittel für Kultur nachdenken.
Sie wissen es natürlich genauso wie wir, die Kommunen müssen nach dem Willen der Landesregierung für die Jahre 2008/2009 ihre Kulturausgaben aus der sogenannten angemessenen Finanzausstattung - 135 Mio. € jährlich sind das - finanzieren. Ich hoffe, dass Sie wissen, dass das ein unzureichender Betrag ist, weil aus diesen Mitteln alle freiwilligen Aufgaben und die Eigenanteile für die Investitionen genommen werden müssen. Demzufolge haben wir eine ungeheure Last auf den Kommunen liegen und für die regionalen und überregionalen Aufgabenstellungen ist eigentlich kaum die Möglichkeit gegeben, aus dieser Masse etwas noch in eine größere Solidargemeinschaft zu geben. Demzufolge müsste man sich überlegen: Wie organisiert man ein solches Solidargefüge? Denn auch das ist in der Anhörung zum Ausdruck gebracht worden - und zwar, glaube ich, durch den Landkreistag -, dass sich eine ganze Reihe von Landkreisen und auch eine ganze Reihe von Gemeinden nicht an der gemeinsamen Finanzierung der Kulturlast in ihren Regionen beteiligen. Wenn man sich jetzt überlegt, dass wir ein Modell haben, nämlich den Soziallastenausgleich, in dem die unterschiedlichen Belastungen nivelliert wurden, könnte man dieses Modell wiederum übertragen und einen Kulturlastenausgleich konzipieren. Dann hätten wir eine Ebene und eine kommunale Kulturförderung für den Bereich, der ausschließlich Dorffeste, Vereinsförderung, Heimatstuben auf der kommunalen Ebene umfasst, und hätten diesen als rein kommunale Aufgabe. Für die regionalen und überregionalen Angebote würden wir diesen Kulturlastenausgleich konzipieren wollen, der nach der ersten Vorstellung zu 50 Prozent aus Landesmitteln und zu 50 Prozent aus Mitteln aus der Entnahme der kommunalen Gelder besteht. 60 Mio. € könnten wir aus der Landesseite dafür einsetzen, weil wir ja auch schon etwa 60 Mio. € gebunden haben für die Theater und Orchester. Dieses Geld ist ja sowieso vorhanden und wir könnten letzten Endes dieses Geld in einen gemeinsamen Topf geben und könnten aus der Finanzmasse, die den Kommunen zugehörig ist, ebenfalls 60 Mio. € hinzupacken, könnten die Aufgabe vorerst an die regionalen Planungsregionen geben und sagen, ihr müsst euch verständigen, welche regionalen
und überregionalen Kulturangebote ihr dort vorhalten wollt. Das Land hätte dann die Möglichkeit zu sagen, aber die Theater und Orchester, die wir in der vertraglichen Fixierung haben, müssen auf alle Fälle in den jeweiligen Planungsregionen enthalten sein. Man hätte natürlich gestaltenderweise auch die Möglichkeit, auf die eine oder andere größere Kultureinrichtung hinzuweisen, auf die man ganz besonderen Wert legt.
Sie kämen damit übrigens auch aus dem Dilemma heraus, überhaupt nicht mehr zu wissen, wie Sie mit der Philharmonie Gotha-Suhl umgehen. Sie wissen, dass Sie uns wahrscheinlich bis zum Haushalt nicht vorlegen können, wie die weiter finanziert wird. Aber Sie kämen aus diesem Dilemma heraus und Sie hätten ein Modell, welches durchaus auch praktisch anwendbar wäre.
Dann gäbe es eine weitere Möglichkeit, dass man aus den Mehreinnahmen des Landes noch einmal 3 Prozent bindet - das sind jetzt erst einmal Vorschläge - und hätte zudem eine Finanzmasse, die das Kultusministerium in der Hand hätte für besondere Aufgaben, die das Kultusministerium, weil es sich ja vor die Kultur im Freistaat stellt oder dahinter, den Einrichtungen oder Projekten zur Verfügung stellt. Das heißt, man hätte sogar noch einen eigenen Handlungsspielraum. Dann könnte man über die Haushaltsjahre 2008/09 z.B. in den Planungsregionen Kulturentwicklungskonzepte oder Kulturleitpläne anregen und nach diesem Model eine Evaluierung auch der regionalen und überregionalen Kulturangebote vornehmen und als Belohnung gewissermaßen diese paritätische Finanzierung aus Landes- und kommunalen Mitteln zur Verfügung stellen. Ich glaube, ein solches Modell geht. Wir haben uns in der Fraktion lange Zeit darüber verständigt und sind durchaus in der Lage, das über die Ressortgrenzen miteinander zu beraten. Da sitzen bei uns die Finanzer, die Kommunalen und die Kultur- und Bildungsleute am Tisch. Das können Sie im Ministerium auch organisieren.
Dann überlegen wir, wie so etwas gemacht wird. Dann finden wir auch, dass es in Niedersachsen ähnliche Modelle gibt. Die sprechen dort übrigens von überregionalen Kulturangeboten bei einer Größe von 10.000 € Bedarf. Ich weiß jetzt nicht, ob das ein für Thüringen anwendbares Modell wäre, das müsste man einfach in einem extra Anhörungsverfahren noch einmal abprüfen. Da müssten Sie uns nur mitteilen, machen Sie es als Ministerium oder sollen es vielleicht die Fraktionen machen oder wollen wir es gemeinsam als Landtag machen? Dazu müssten
wir uns schon irgendwo verständigen. Aber, ich denke, die kreative Kraft der Kultur auf die politische Gestaltung der Kultur umzumünzen, wäre eine Aufgabe, die uns allen zustünde. Da würden wir den SPD-Antrag, der gut gemeint war, aber nicht zu realisieren ist, nicht komfortabel beerdigen, sondern wir würden uns mühen, aus dem Gesamten etwas zu machen, was die Kulturlandschaft in Thüringen in den nächsten beiden Jahren wenigstens sichert, was den Museen, den Bibliotheken und den Musikschulen die Kraft gibt, diese Jahre zu überstehen. Ab dem Doppelhaushalt 2010/11 könnten wir dann in ein ganz solides Modell gehen, welches durchdiskutiert wäre, welches ausfinanziert wäre und welches modellhaft für Deutschland sagen würde, Thüringen ist ein Kulturland und die wissen mit ihren Schätzen umzugehen.
Insofern habe ich natürlich nicht mehr ganz zu dem Antrag der SPD gesprochen, aber, ich denke, vielleicht kann auch diese Fraktion unseren Vorstellungen einige Freude abgewinnen. Der Minister hat ganz viel mitgeschrieben, so dass ich mir fast sicher bin, wir werden mit diesem Modell auf einen guten Weg kommen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das beste Argument für die Einführung der Kulturraumfinanzierung in Thüringen bietet die Haushaltspolitik der Landesregierung. Die Neugestaltung des KFA hat ja für den Kulturbereich zur Folge, dass die dort bisher mit Zweckbindung eingestellten Mittel für die Musik- und Jungendkunstschulen sowie auch für die öffentlichen Bibliotheken künftig als bloßer Bestandteil der KFA-Schlüsselmasse fungieren sollen. Was das heißt, ist jedem, der sich ein bisschen mit der kommunalen Finanzlage und den Realitäten der Haushaltsumsetzung vor Ort auskennt, nur allzu klar. Da die KFA-Schlüsselmasse ihrem Volumen nach viel zu gering ausfällt und es innerhalb der Schlüsselmasse auch keine Zweckbindung mehr gibt, wird die kommunale Förderung der Musik- und Jugendkunstschulen sowie auch der öffentlichen Bibliotheken vielerorts - und das lässt sich absehen - das Nachsehen gegenüber anderen Aufgabentiteln haben und schlimmstenfalls sogar zum Erliegen kommen.
Besäße die Kulturpflege dagegen den Rang einer kommunalen Pflichtaufgabe - darauf hat ja auch die Kollegin eben abgehoben, und das ist auch in un
serem Antrag zur Kulturraumfinanzierung vorgesehen -, könnte es zu einem solchen Szenario nicht kommen. Die kulturrelevanten Einzeltitel des KFA könnten dann von der Landesregierung nicht einfach in dem viel zu kleinen Topf der Schlüsselmasse zugeschlagen und damit faktisch gestrichen werden und die kommunale Seite - auch das ist wichtig - könnte sich der Kulturfinanzierung nicht so ohne Weiteres entziehen.
Meine Damen und Herren, auf diesen wichtigen Punkt haben in der Anhörung im Wissenschaftsausschuss auch die Vertreter der betroffenen Kultureinrichtungen ausdrücklich hingewiesen. Es verwundert daher nicht, dass sich der Landesmusikrat, der Bibliotheksverband, aber auch andere Thüringer Kulturinstitutionen positiv zu den Möglichkeiten und Chancen eines Kulturraumgesetzes positioniert haben. Aber auch die kommunalen Spitzenverbände lehnen ja nicht grundsätzlich die Kulturraumfinanzierung ab. Der Gemeinde- und Städtebund hatte zwar in der Ausschussanhörung explizit erklärt, ich zitiere: „Die Umsetzung dieses Konzeptes sei auch in Thüringen zulässig und möglich, was zudem verfassungsrechtlich geprüft worden sei.“ Es gibt allerdings einen wichtigen Einwand der kommunalen Seite und den will ich hier auch gar nicht verhehlen; sowohl der Gemeinde- und Städtebund als auch der Landkreistag wenden sich vehement gegen eine Kulturraumfinanzierung unter den materiell völlig unzureichenden Rahmenbedingungen, die der KFA nach den Plänen der Landesregierung ab 2008 bieten soll.
Nicht die von uns vorgeschlagene Finanzierungsmethode für Kultur ist also das Problem, sondern der allgemeine Finanzierungsrahmen. Nicht umsonst umkreiste die Debatte mit den kommunalen Spitzenverbänden in der Ausschussanhörung fast ausschließlich um diesen kritischen Punkt der künftigen KFA-Ausstattung.
Meine Damen und Herren, daraus eine generelle Absage an die Einführung der Kulturraumfinanzierung in Thüringen ableiten zu wollen, das halte ich für unangebracht.
Unser Antrag basiert in seinen Detailforderungen nämlich gerade nicht auf einem Rückzug des Freistaats bei der Finanzierung der kommunalen Aufgaben, sondern geht ganz im Gegenteil von einer wirklich ausreichenden materiellen Ausstattung der Kommunen und von einem langfristigen gesetzlich gesicherten finanziellen Engagement des Landes bei der Förderung kommunaler und regionaler Kulturaktivitäten aus. Das hat beispielsweise der Vertreter des Landkreistags während der Ausschuss
anhörung auch ausdrücklich anerkannt. Man kann den von der Landesregierung geplanten Kahlschlag im KFA und eine Kulturraumfinanzierung nicht zusammendenken; da gebe ich den Kommunen voll und ganz recht.
Meine Damen und Herren, doch dieses Negativurteil fällt allein auf die von der Landesregierung betriebene wichtige Zukunftsoptionen abschneidende Haushaltspolitik zurück. Es sagt nichts über die generellen Realisierungschancen eines Kulturraumgesetzes aus. Wir halten daher selbstverständlich an unserem Antrag fest.
Meine Damen und Herren, die Kulturraumfinanzierung funktioniert in Sachsen seit Jahren, und sie funktioniert auch gut, das haben die schriftlichen Stellungnahmen aus dem Nachbarland durchgängig erwiesen. Darin ist sich die sächsische Landes- mit der sächsischen Kommunalseite auch absolut einig.
Kurt Biedenkopf, Sachsens früherer Ministerpräsident, hat uns beispielsweise geschrieben: „Insgesamt hat sich die Gesetzgebung bewährt. Sie hat dazu beigetragen, dass sich die kulturellen Aktivitäten im Freistaat Sachsen nicht auf wenige Leuchttürme beschränken, sondern auch in der Breite des Landes ihre Bedeutung behalten haben.“ Und genau darin - in der Aufrechterhaltung bzw. Ermöglichung einer hohen Qualität kultureller Arbeit gerade in der Fläche des Landes - liegt auch für uns ein wesentlicher Vorteil der Kulturraumfinanzierung. Der von der Landesregierung beschrittene Weg seit Jahren andauernder Kürzungen im Kulturbereich und jetzt auch noch einer völlig unzulänglichen Neustrukturierung des KFA droht dagegen zu einem Ende der Kulturaktivitäten in der Region zu führen.
Meine positive Einschätzung des sächsischen Modells bedeutet allerdings nicht - und das wird immer wieder falsch verstanden -, dass wir einer Eins-zueins-Übertragung der im Nachbarland etablierten Kulturraumgesetzgebung das Wort reden. Hier muss es natürlich zu einer den Thüringer Gegebenheiten angemessenen Lösung kommen, insbesondere im Hinblick auf den sicherlich schwierigen Zuschnitt künftiger Kulturräume. Auch wenn wir in Thüringen nicht diese urbanen Kulturräume haben, ist das kein Argument, zu sagen, wir können nicht Kulturräume entwickeln. Insofern fehlt den Argumenten, die ich immer höre - auf den ersten Blick erschlagen sie -, wenn man sich damit genau befasst, dann auch die Substanz. Genau dies, meine Damen und Herren, nämlich wirklich Kulturräume zu entwickeln, könnte Aufgabe einer unabhängigen Expertenkommission sein, die das konkrete legislative Verfahren zur Einführung der Kulturraumfinanzierung in Thüringen vorbereiten und auch sachkundig begleiten könnte. Der Antrag lässt die Bildung eines solchen Gremiums
zu und er vermeidet ganz bewusst jedwede politische Vorabfestlegung. Die wichtige Frage, wie viel Kulturräume wir in Thüringen brauchen und wie sie konkret beschaffen sein sollen, kann man nun einmal nicht einfach am grünen Tisch entscheiden; das sollte man dann schon Fachleuten überlassen und dann konkret diskutieren.
Meine Damen und Herren, auch wenn es nicht um ein Überstülpen sächsischer Finanzierungsmodalitäten auf Thüringen geht, muss doch konstatiert werden, dass die Ausgangssituation, die in Sachsen vor fast eineinhalb Jahrzehnten zur Einführung der Kulturraumfinanzierung geführt hat, mit derjenigen, in der wir uns derzeit befinden, durchaus vergleichbar ist. Anfang der 1990er-Jahre zeichnete sich in Sachsen nämlich bereits ab, dass die kommunalen Kulturträger immer größere Probleme bei der Finanzierung der Kulturpflege bekommen würden und dass die Kompensationsfunktionen des Landes an dieser Stelle angesichts absehbarer eigener Haushaltsschwierigkeiten auf Dauer nicht greifen würden. Deswegen hat ja der Freistaat 1992 die sogenannte Naumann-Kommission berufen, die dann in den folgenden Monaten die Grundzüge der Kulturraumfinanzierung im engen Kontakt mit den Kommunen erarbeitete. In Gesetzesform gebracht, wurde das Finanzierungsmodell schließlich 1993 dann vom sächsischen Landtag, und zwar ohne Gegenstimmen, verabschiedet. Seitdem ist dieses Gesetz in Kraft und es ist inzwischen mehrmals positiv evaluiert und auch in seiner ursprünglichen Geltungsdauer vom Landtag verlängert worden. Zudem wird dieses Gesetz von einer ganzen Reihe wissenschaftlicher Studien auch kulturpolitisch vorbildlich bewertet und die Erfahrungen mit den Kulturraumfinanzierungen sind in Sachsen umfassend positiv. Dort ist das neue Finanzierungsmodell bereits seit fast eineinhalb Jahrzehnten sozusagen erfolgreich erprobt. Es wird allseits geschätzt und wir haben es mit etwas zu tun, was nachweislich gut funktioniert und was insbesondere zur Zufriedenheit sowohl der Kommunen als auch des Landes funktioniert. Natürlich, das ist klar, sind die spezifischen Gegebenheiten unseres Freistaats bei der Kulturraumfinanzierung zu berücksichtigen und genauso klar ist auch, dass die neue Form der Kulturfinanzierung nur erfolgreich realisiert werden kann, wenn der KFA angemessen ausgestaltet ist. Wir können nicht den Kommunen auf der einen Seite das Geld wegnehmen und ihnen dann auf der anderen Seite neue Pflichten aufbürden. Meine Fraktion wird es deshalb nicht bei dem heute zur Debatte stehenden Antrag bewenden lassen, sondern während der weiteren Haushaltsberatungen auch ganz konkret Änderungsvorschläge im Hinblick auf den KFA stellen. Frau Dr. Klaubert, Ihren Vorschlag werden wir auch intensiv diskutieren. Ich hoffe, dass wir in nächster Zeit wirklich eine vernünftige Form der Kulturraumfinanzierung in Thüringen haben. Die